Mexiko - ein gescheiterter Staat (?)

  • So, das muss man sich mal vorstellen. Da veröffentlicht der Generalstaatsanwalt nach wochenlangen Protesten Aussagen von Ermittlungen, nachdem die Polizei auf Anweisung eines Bürgermeisters 45 demonstrierende Studenten festnahm, teilweise schon selbst erschoss, diese dann an Drogenbandenmitglieder übergab, woraufhin die Drogenbandenmitglieder (auf Anweisung der Polizei) die 45 Studenten umbrachten und bis zur Unkenntlichkeit verbrannt haben. Quelle: Tagesschau.de


    So eine unvorstellbare Schweinerei kann man ja kaum fassen. Ich verstehe nicht, warum da in Mexiko keine Revolution ausbricht. Dieser gesamte Staatsapparat müsste hinweggefegt werden. Aber wahrscheinlich ist das Land schon so sehr unter der Kontrolle der Drogenbanden, dass diese schon das Aufkeimen einer Revolution ersticken würden. Widerlich! Die Mexikaner tun mir leid. Ein von der Geschichte gebeuteltes Land.

  • Die USA sollen in Mexiko einmarschieren? Die Drogenpolitik der USA ist doch eine Wurzel des Übels. Zumal die USA in Mexiko nicht sehr beliebt sind, aufgrund früherer Kriege und militärischer Interventionen. Nein, die USA können das Problem dort, zumindest nicht mit Truppen lösen. Aber man könnte sehr wohl andere Maßnahmen ergreifen, um den mexikanischen Staat zu erneuern. Wobei das auch mit einer Ablösung der jetzt herrschenden Eliten einherginge.

  • Es ist einfach abartig was da passiert ist, das Land ist wirklich einfach nur hinüber und mit der letzten Wahl hat man fürchte ich das letzte aufbäumen gegen diese Entwicklung beendet. Nur wie man das wieder hinbiegen soll weiß ich auch nicht, der Militäreinsatz war wahrscheinlich gar nicht so verkehrt, nur bringt das auch nicht so viel wenn die Korruption durch alle Schichten geht.


    Ich kenne selbst Leute aus Mexiko und die sind bereits vor einigen Jahren aus Mexiko-Stadt, wo sie ein Haus hatten, weggezogen weil die Kriminalität einfach zu groß geworden ist. Jetzt leben sie in Texas obwohl sie nie vor gehabt hatten auszuwandern und es finanziell auch nicht nötig gewesen wäre.

  • [

    Zitat

    Von John
    Die USA sollen in Mexiko einmarschieren? Die Drogenpolitik der USA ist doch eine Wurzel des Übels. Zumal die USA in Mexiko nicht sehr beliebt sind, aufgrund früherer Kriege und militärischer Interventionen.


    Ja, wer denn sonst, es gibt keinen anderen Staat in der Region, der die Möglichkeiten hat, das Verbrechen in Mittelamerika einzudämmen. Das ist ja das Problem. Mit den USA macht man den Bock zum Gärtner, aber man hat doch keinen anderen Bock.

  • De Fakto herrscht in Mexiko seit vielen Jahren Krieg in vielen Regionen. Auch nach offiziellen Kriegsdefinitionen.
    Die 45 waren nur sehr plakativ und viele auf einmal, daher geriet es in die Nachrichten. 45 getrennt hätten niemanden interessiert.



    Mit Gewalt löst man kaum das Gewaltproblem in Mexiko. Erst recht nicht mit einem Einmarsch der US Army
    Wie sehr eine internationale Verwaltung organisiertes Verbrechen/Korruption bekämpfen kann, sieht man im übrigen sehr gut in Kosovo.
    --> gar nicht.


    Darf ich bei dieser Gelegenheit auch mal auf deutsche Verantwortlichkeit hinweisen? UNter anderen durch Waffenlieferungen von Sig und Heckler in die Krisengebiete? Übrigens gegen deutsches Recht.




    Die Legalisierung von Canabis in den USA ist wohl einer der besten Sachen die die USA machen können, um die Gewalt dort einzudämmen.
    Ansonsten ist da viel Arbeit vor Ort von Nöten. VOn Europa aus kann man da wenig machen, außer den Konfliktherd nicht weiter mit Waffen einheizen, auch auf die heimischen Firmen einwirken nicht dort weiter die Korruption zu fördern, auf die Verantwortlichen einwirken und Unrecht bennennen wo es geschieht.


    Ach ja. Eine Legalisierung von Cannabis in Deutschland wäre auch ein (kleiner) Beitrag weil es allgemein dem illegalen Drogenhandel weltweit weiter schwächen würde.

  • Mmh, weiß nicht.
    Die Legalisierung von Cannabis würde jetzt nicht signifikante Auswirkungen auf die Produktion von Opium, Kokain oder Crystal Meth haben.
    Cannabis ist verhältnismäßig billig, so gut wie gar nicht Ursache von Beschaffungskriminalität, man kann es für den Eigengebrauch selber herstellen und die Kiffer sind eigentlich zum größten Teil in die Gesellschaft integriert, fallen jetzt nicht "negativ" auf. Als Konsumment harter Drogen ist man oft überhaupt nicht in der Lage, am Gesellschaftsleben teilzunehmen, alleine schon aus gesundheitlichen Gründen; mit Cannabis geht das eigentlich ganz gut.
    Ob und wie Cannabis eine Einstiegsdroge sein kann, ist natürlich eine andere Sache.
    Was ich meine ist: ich sehe nicht, dass eine Legalisierung den Drogenhandel in irgendeiner Weise positiv beeinflussen könnte. Dazu ist es einfach zu günstig, zu akzeptiert, zu harmlos und es macht nicht abhängig, zumindest nicht in der Form, wie es harte Drogen tun.


    Mexiko als gescheiterten Staat zu bezeichnen, ist ein wenig arg hoch gegriffen. Mexiko hat eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft, enorme Einkommen durch Öl und den Tourismus und so gut wie keine ethnischen Konflikte aufgrund von zufälligen Grenzziehungen vormaliger Kolonialmächte. Nur leider eben drei Mankos: eine korrupte Politikerkaste, das geeignete Klima für Drogenanbau aller Art und die geographische Nähe zum größten Abnehmer dieser Drogen. Aber das trifft auf nahezu allen lateinamerikanischen Staaten zu, Costa Rica mal ausgenommen. Einen durch und durch korrupten Staat haben wir mit Italien direkt vor der Haustüre, auch ohne Berlusconi bestimmt die Mafia das gesamte Leben und die Wirtschaft südlich von Rom.
    Gescheiterte Staaten sind für mich Afghanistan, Somalia und der Jemen. Da ist für Mexiko noch ne Menge Luft nach oben.

  • Auch wenn ich wie Mogges sagen muss, dass Mexiko für mich noch lange nicht gescheitert ist, bin ich ebenfalls der Meinung dass es ein inakzeptabler Fakt ist, dass man vor der Polizei echt enorm Angst haben muss, auch als normal gutbürgerlicher Mensch. In diesem Land gibt es einfach Probleme die die eigene Bevölkerung nicht mehr bekämpfen kann, Hilfe von außen wäre da durchaus angebracht.


    Zur Cannabis Legalisierung: Mexiko würde etwas in dieser Richtung nicht sonderlich viel helfen da die Probleme bei den schwerwiegenden Drogen liegen. Dennoch bringt eine Legalisierung im Grunde immer was, sofern der Joint, was die rechtliche Seite angeht (Autofahren, Verkauf ect.) wie die Jack Flasche behandelt wird. ;)

  • Zitat

    eine korrupte Politikerkaste, das geeignete Klima für Drogenanbau aller Art und die geographische Nähe zum größten Abnehmer dieser Drogen.


    Mexiko nicht das Anbaugebiet für Drogen sondern Haupttransitland. Es ist weniger das Klima als die Lage zwischen den großen Anbaugebieten in Mittel und Südamerika und dem größten Abnehmer.

  • Entscheidend auf den Umsatz von Cannabis ist seine Verbreitung,.
    Die Anzahl der Opiumkonsumenten hält sich doch in Grenzen.
    Cannabis probiert nahezu jeder mal irgendwann.
    In den USA im Moment ca. 20 Millionen regelmäßige Konsumenten.
    DAS IST EIN MILLIARDENMARKT!!! Nur noch übertroffen vom legalen Drogenmarkt aus der Apotheke und dem guten alten Alkohol.


    So läuft dann eben viel über die Menge.
    Heroin sind dann "nur" noch etwa 300 000. obwohl auch das eine gigantische Menge ist.
    DrugFacts: Nationwide Trends | National Institute on Drug Abuse (NIDA)


    Den Kartellen ist es egal ob du dein regulres EInkommen als Banker dann dafür ausgibst oder das vorher per Blow Jobs erwirtschaften musst.
    Bares ist Bares.


    Wenn der Markt von ca, 20 Millonen Menschen den Kartellen wegbricht ist das ein Schlag gegen diese, an dem die zu knabbern haben.
    Klar wurde nicht das ganze Cannabis von den Kartellen geliefert, aber doch seit jeher der allergrößte Teil floss irgendwie durch ihre Hände.



    Es gibt in Mexiko durchaus übrigens ethnische Konflikte seit Jahrzehnten die Bürgerkriegsniveau haben ---> Chiapas Chiapas.eu » Angriff auf Zapatistas - Mexiko: Verwaltungssitz der Rebellen attackiert.
    Chiapas-Konflikt ? Wikipedia
    Übrigens ausgelöst durch das Freihandelsabkommen mit den USA, das die Indios mal so richtig "fickte", wenn ihr mir den Ausdruck gestattet.
    Interessiert nur keinen weil die Rebellen nicht von einer Weltmacht unterstützt werden und vor allen nicht vom Westen, und das in der Drogengewalt in Mexiko irgendwie untergeht. ;-).



    Klar ist Mexiko noch zu retten. Aber das ist kein land in dem ich ansatzweise wohnen wollen würde- Nicht umsonst werden sogar Dystopien wie Elysium in den VOrorten von Mexiko Stadt gedreht.- Da braucht man dann kein Set mehr.

  • Frei nach Beckenbauer: "A so a Schmarrn! Ich war schon öfters in Mexiko und habe noch nie brennende Hinterhöfe und marodierende Drogengangs auf den Straßen gesehen." :P
    Zum einen gibt es diese massive Kriminalität, v.a. in Großstädten, andererseits aber auch eine enorme Polizeipräsenz. Wenn man mal auf die Bank muß, um Geld zu wechseln und es ist zufällig der erste eines Monats, muß man erst einmal durch 3 Polizeikontrollen durch, um an den Schalter zu kommen. In Mexiko wird das Gehalt noch größtenteils per Lohntüte bar ausgezahlt und da kann es halt passieren, dass diese an der nächsten Straßenecke schon wieder weg ist.
    Ich war jetzt schon öfters dort, auch in Mexiko-Stadt, hatte wahrscheinlich Glück ( oder meine Rolex im Hotel gelassen ).
    Im Grunde genommen hat man doch schon verloren, wenn auch die Staatsgewalt ihre Finger im Spiel hat. Seien es korrupte Politiker oder Polizisten oder ein Richter, der aufgrund von Angst um sein eigenes Leben oder das seiner Familie seine Urteile mal eben anders fällt. Viele Kleinbauern und Tagelöhner verdienen sich als Kartellsupport auch noch mal ein wenig dazu. In Italien hat man sich scheinbar damit arrangiert, dass alles südlich von Rom von der Mafia gesteuert wird; solange die sich auch caritativ einbringt, drückt man wohl mal ein Auge zu. Wobei das in Mexiko schon andere Dimensionen hat, das stimmt wohl. Der Mord an den Studenten war ja auch nicht der erste und wird bestimmt nicht der letzte gewesen sein.
    Was man machen kann? Wohl nicht viel. Selbst wenn die Bevölkerung zu 10.000en auf die Straßen ginge, wäre das wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

  • Ich finde die Qualität in Mexiko ist eine ganz andere, als die in Italien. In Italien muss die Mafia verdeckt arbeiten und wird auch wirklich überwiegend konsequent durch den Staat verfolgt. Ich sage nur "Falcone". Eine Massenentführung und Hinrichtung ist auch in Süditalien zur Zeit nicht denkbar. In Mexiko hingegen, scheint der gesamte Staatsapparat unterlaufen und korrumpiert zu sein. Ich meine diese Studenten wurden ja von Polizisten an die Verbrecher ausgeliefert. Das muss man sich mal vorstellen. Und das ist ein gewaltiges Problem. Ich meine, selbst wenn ich die wirtschaftlichen Probleme mit einbeziehe: Wenn ich Kuba und Mexiko gegenüberstelle, dann schneidet Mexiko nicht sehr gut ab, bei diesem Vergleich. Alleine das ist doch schon bezeichnend.

  • Naja, wenn Kuba Dissidenten loswerden will, dann werden sie ganz offziziell vom Staat verschwunden.
    In Mexiko wird das immerhin an die Drogengangs ausgelagert und die Verantwortlichen müssen danach mit Folgen rechnen.



    Ansonsten was ist Schmarn?
    Dass es ethnische Konflikte gibt, oder dass die Vororte von Mexiki für dystopische Filmsets benutzt werden?

  • Ansonsten was ist Schmarn?
    Dass es ethnische Konflikte gibt, oder dass die Vororte von Mexiki für dystopische Filmsets benutzt werden?

    Nix is a Schmarrn; des woar a Widdz.....
    Deswegen auch der Smiley. :P


    Zu den verschwundenen Studenten: scheint ja irgendeine Zeitung herausgefunden zu haben, dass Regierungskader mit drinhängen; scheinbar ist noch nicht alles verloren, wenn zumindest DAS noch funktioniert.

  • Zu den verschwundenen Studenten: scheint ja irgendeine Zeitung herausgefunden zu haben, dass Regierungskader mit drinhängen; scheinbar ist noch nicht alles verloren, wenn zumindest DAS noch funktioniert.

    Wie meinst du das? Dass es zumindest noch ehrliche Journalisten gibt?
    Ich glaube nämlich ehrlich gesagt überhaupt nichts mehr, was zu den Studenten berichtet wird. Ganz ehrlich? Das kann von sonst wem kommen. Die Geständigen? Ein Bauernopfer. Mexiko bietet sich geradezu an, für jegliche Verschwörungstheorie offen zu sein.


    Ich glaube aber schon, dass eine gewisse Masse an Protestierenden etwas bewegen kann. Wenn die Regierung merkt, dass das Volk immer mehr aufbegehrt, dann werden sie vielleicht irgendwann mal einlenken. Aber ich fürchte, dass die Korruption ein Problem der Allgemeinheit in Mexiko ist. Als Außenstehender kommt es mir so vor, als ob es völlig normal ist, wenn man die Polizei bei einem Vergehen schmiert, oder selbst ein paar Ausnahmen macht, wenn man ein paar Pesos mehr bekommt. Da sollte in meinen Augen die Gesellschaft ansetzen. Jeder der selbst solche kleinen "Vergehen" begeht, müsste "geächtet" werden. Also nicht im mittelalterlichen Sinne, sondern eher, dass es halt nicht mehr salonfähig ist, wenn man die Polizei schmiert.
    "Ich bin gestern zu schnell gefahren, hat mich ganze 2000 Pesos gekostet, aber wenigstens keine Anzeige."
    Oh wunder dass die Korruption floriert. Deshalb hoffe ich, dass die Mexikaner noch etwas weiter protestieren und vielleicht auch etwas an ihrem eigenen Way of Life ändern, so dass in ferner Zukunft die Korruption etwas abnehmen kann.

  • Zitat

    ich finde gut, daß du das Thema angesprochen hast. Ja, der gesamte Staat müsste weggefegt werden, ähnlich wie in Guatemala und Honduras. Das wäre ja eine Aufgab der USA, warum tun die nichts? Solche Zustände sind das Ergebnis wenn Habgier, Armut und Bestechlichkeit überhand nehmen. :grübel:

    Lieber Rainald, warum sollten die USA in Mexico einmarschieren wenn die Mexicanische Armee - ganz offiziell, unter dem Oberbefehl der Amerikanischen Streitkäfte steht?


    Zitat

    Im Zuge der Kooperation bei der Drogenbekämpfung gelang es den Vereinigten Staaten ihren Einfluss auf das mexikanische Militär auszudehnen, so wurde Mexiko Teil des United States Northern Command und ist damit seit Oktober 2002 in das Area of responsibility der Vereinigten Staaten einbezogen.[35] Die neue Einsatzsituation führte zu Veränderungen des mexikanischen Militärs. Es verliert immer weiter den Rückbezug auf die mexikanische Revolution, nimmt immer mehr polizeiliche Aufgaben wahr, verstrickt sich zunehmend in Menschenrechtsverletzungen und ordnet sich immer weiter US-amerikanischen Sicherheitsinteressen unter. Zum Teil durchlaufen mexikanische Soldaten auch die US-amerikanische Ausbildung.

    Quelle ist die Wikipdia. [LINK]


    Zusammen mit NAFTA [LINK], dem Nordamerikanischen Freihandelsabkommen ist Mexico letztlich nichts anderes als eine Kolonie der USA. Militärisch und Ökonomisch komplett abhängig.


    Wenn also keine Änderungen stattfinden bzw. es auch keine ernsthaften Versuche dazu gibt, dann weil Mexico in genau der Position ist in der das Land gewünscht wird.


    Beste Grüße


    TauPandur

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