Ich möchte mal ein Thema ansprechen, dass in letzter Zeit leicht angeschnitten wurde. Gleich vorweg, dies ist natürlich kein Aufruf zum Konsum, dieser Thread dient lediglich zum Informationsaustausch. Auch wenn in der Umgangssprache das Wort Droge ziemlich gebräuchlich ist, werde ich diesen Begriff soweit es geht vermeiden, da dieser zu negativ behaftet ist und eine Diskussion oft gar nicht erst ermöglicht. Ich habe allerdings nichts dagegen, wenn andere diesen Begriff Gebrauch machen. Gleich vorweg, ich bin für eine vollständige Legalisierung sämtlicher klassischer Substanzen, die bereits eine längere Geschichte aufweisen. Aus dem einfachen Grund, weil die Verbotspolitik bisher so gut wie nichts bewirkt hat bei näherer Betrachtung. Obendrein bringt sie auch weitere –teils verheerende- Probleme mit sich und ist in Ihrer Gesamtheit weitaus schädlicher als man anfangs annehmen möchte (sie richtet sogar mehr Schaden an als die Droge selbst in vielen Fällen). Generell denke ich, dass dies die einzige nachvollziehbare Haltung ist, die man nach intensiverer Recherche zum Thema erlangt. Natürlich nur, wenn man bereit ist die weitverbreiteten Klischees infrage zu stellen und sich die Fakten ansieht. Man muss sich eigentlich nur im Klaren darüber sein, dass eine drogenfreie Welt nichts weiter als eine unerreichbare Illusion ist und es nie an Nachfrage mangeln wird. Wieso dann nicht den Leuten „saubere“ Ware anbieten, die nicht bis zur (gefühlten) Unendlichkeit mit schädlichen Streckmitteln versetzt sind und so eine potenziell gefährliche Sache noch viel gefährlicher machen?
Das größte (negativ behaftete) Klischee ist IMO das mit den „süchtig machenden und gefährlichen Drogen“, welches man zu meiner Schulzeit noch den Kindern eingetrichtert hat (und wohl heute noch eintrichtert) und auch die weitläufigste Meinung ist. Natürlich rufen gewisse Substanzen eine körperliche Abhängigkeit hervor und können bei dauerhaftem bzw übermäßigem Konsum extrem schädlich oder sogar tödlich sein. Die Betonung liegt hierbei auf manche. Jedoch ist es kompletter Humbug, dass nach erstmaligem oder gelegentlichem Konsum einer verbotenen Frucht Substanz man in eine unausweichliche und schwere Sucht verfällt und zum Junkie verkommt. Über diese Darstellung kann ich mittlerweile nur noch müde lächeln. Zu aller erst einmal wird nicht zwischen den einzelnen Substanzen differenziert und sämtliche „Drogen“ werden von vornherein in denselben Topf geworfen und stigmatisiert. Ein großer Fehler. Denn jede Kategorie an bewusstseinsverändernden Substanzen benötigt eine andere Herangehensweise, da sie sich in Ihrem Wirkungsspektrum stark unterscheiden. Die einzige nennenswerte Gemeinsamkeit, die zb LSD und Crystal Meth besitzen ist die, dass beide illegal sind. Eine Unterscheidung zwischen zb Amphetaminen, Opiaten und Psychedelika ist für eine Neubewertung unvermeidbar. Was schwerwiegende und existenzgefährdende Süchte angeht, so haben diese nach heutigem Erkenntnisstand zumeist zwei Gründe:
- Soziale Isolation
- Traumatische Erlebnisse
Kokain, Heroin, Meth oder sonstige als süchtig machend geltende Drogen spielen zwar auch eine Rolle, sind jedoch nicht der entscheidende Faktor. Es kommt noch die Tatsache hinzu, dass nur ein geringer Prozentsatz an Konsumenten auch tatsächlich einer problematischen Sucht erliegt. Der Großteil jedoch hat Ihren Konsum (auch den vom harten Stoff) im Griff. Dies hat eine Studie der WHO aus dem Jahr 1996 ergeben (Quelle: Johann Hari’s „Chasing the Scream“, genaue Seite wird demnächst angegeben)
Dr. Bruce Alexander hatte in seinem „Rattenparkexperiment“ in Zusammenhang mit Kokain einige interessante Beobachtungen gemacht:
Koks galt (und gilt) ja als extrem süchtig machend und dies wurde in Experimenten an Ratten „bewiesen“. Das Problem an solchen Versuchen war häufig, dass die Ratten zumeist ein isoliertes und trostloses Dasein fristeten, so dass das Koks die einzige Abwechslung in Ihrem Leben darstellte. Schwups, waren in kürzester Zeit Junkie Ratten das Ergebnis. Man hatte scheinbar einen handfesten Beweis für Koks als extrem süchtig machende und existenzvernichtende Droge.
Dr. Alexander ging dem auf dem Grund und zog ein eigenes Experiment auf, bei dem es den Ratten in sozialer Hinsicht an nichts fehlte. Auch Beschäftigungsmöglichkeiten gegen Langeweile (Laufräder, Labyrinthe) waren vorhanden. Das Ergebnis war (wen wundert’s) ein komplett anderes als die vorangegangen. Der Drogenkonsum der im Rattenpark lebenden Ratten betrug lediglich ein Viertel des Konsums der Ratten in Einzelhaltung aus voran gegangenen Experimenten. Keine Ratte starb. Die Ratten konsumierten zwar gelegentlich immer wieder mal das mit drogen angereicherte Wasser, aber Ihr Konsum erreichte selten ein problematisches Niveau. Ein bekräftigendes Indiz für die neu aufkommende Suchttheorie aus sozialer Isolation + Traumata.
Eine weitere Beobachtung mit einer als vermeintlich stark abhängig machenden Substanz wurde im Vietnamkrieg gemacht. Knapp 20% der US Soldaten verfiel während des Krieges in eine Heroinsucht. Die mörderische Umgebung war hierfür natürlich der ideale Nährboden. Gegen Ende des Krieges wurde befürchtet, dass eine Welle von Junkies heimkehrt. Doch entgegen aller Erwartungen, stoppten 95% der ehemals Süchtigen Ihren Konsum oder wurden zu Gelegenheitskonsumenten.
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Trotz dieser Erkenntnisse wird selbst mir ein bisschen unwohl bei dem Gedanken, Heroin oder Koks von heute auf morgen vollständig zu legalisieren und freizugeben. Trotz allem sind es bei übermäßigem Gebrauch immer noch potenziell sehr schädliche Substanzen. Eine schrittweise Annäherung in Form von Entkriminalisierung > medizinische Freigabe > Legalisierung zum Eigengebrauch mit bestimmten Vorgaben könnte hierbei der richtige Lösungsansatz sein.
Eine Legalisierung von Cannabis ist seit Jahrzenten schon alternativlos und sollte eigentlich nicht mehr zur Debatte stehen. Da die Vor- und Nachteile schon unzählige Male durchgekaut wurden, möchte ich die Diskussion in die Richtung anderer Substanzen lenken. Falls jedoch das Bedürfnis besteht, eine Legalisierung von Cannabis auszudiskutieren, ist das auch in Ordnung.
Ich möchte im Laufe des Threads das Hauptaugenmerk jedoch eher auf Psychedelika (zb LSD, Zauberpilze, DMT) richten und erläutern, warum ich eine Freigabe und staatliche Regulierung auch hier für sinnvoll erachte.
In den nächsten Tagen hierzu mehr. Als Abschluss meiner Einleitung ein Interview mit Terence McKenna, der mich in vielerlei Hinsicht fasziniert, auch wenn er hier und da inhaltliche Schnitzer aufweist. Fällt aber IMO unterm Strich nicht ins Gewicht