Es ging mir nicht darum die Verbrechen zu relativieren. Die Bilder von vom Fahrrad geschossenen Menschen sind eindeutig. Und Drohnenaufnahmen der Taten gibt es ja teilweise auch. Es ist unbestreitbar, dass die russischen Streitkräfte bewusst gegen Zivilisten vorgehen und damit Kriegsverbrechen begehen. Was furchtbar ist.
Es ging mir eher um die Pauschalisierung „Der Russe ist eben so.“ Ich glaube, dass das nicht etwas spezifisch „russisches“ ist, sondern dass solche Gewaltexzesse gegen Zivilisten leider in fast allen Kriegen immer wieder vorkommen und eher schon eine „Normalität des Krieges“ und der Enthemmung darstellen, teilweise sogar bewusster Teil der Strategiehandbücher sind, oft im Zusammenhang mit asymmetrischer Kriegsführung. Das internationale Kriegsrecht und der Traum von einem „sauberen Krieg“ haben es leider bisher nicht vermocht, derartige Verbrechen in irgendeinem Krieg zu verhindern. (Was nicht heißt, dass man es nicht dennoch versuchen sollte.) Nicht umsonst hat kaum ein Wort einen derart schrecklichen Klang wie „Krieg“. Und dass die Schonung von Zivilisten im Krieg oft nur eine erwünschte Fiktion ist, zeigen auch bspw. die Strategie der Atomwaffen. Oder die Strategien westlicher Aufstandsbekämpfung. Die keinesfalls weniger die Zerstörung von Städten oder das Vorgehen gegen Zivilisten usw. beinhalten. Letzteres wird freilich nicht an die große Glocke gehängt, ist dennoch aber für jeden überprüfbar, der es wissen möchte. Deswegen bleibt es so wichtig den Ausbruch von Kriegen zu verhindern und sei es nur durch militärische Abschreckung.
Operation Phantom Fury – Wikipedia
Operation Vigilant Resolve – Wikipedia
Französische Doktrin – Wikipedia
Asymmetrische Kriegführung – Wikipedia
P.S. Ich frage mich in diesem Zusammenhang auch immer, ob wir in unseren westlichen Gesellschaften nicht auch eine verzerrte Wahrnehmung des Krieges teilweise haben. In unseren Filmen und Medien werden solche Kriegsverbrechen nicht oft verarbeitet, wenngleich die Presse regelmäßig darüber berichtet, gerne mit der Einstellung, dass Derartiges „von anderen“ begangen würde, aber nicht von uns, da wir ja „aufgeklärt“ sind und Kriege „rational“ betrachteten. Ich bezweifle, dass diese Erzählung der Wirklichkeit standhalten würde. Wir klammern auch in unserer eigenen Geschichtserzählung die Hässlichkeiten des Krieges gerne aus, insbesondere bei als „gerecht“ empfundenen Kriegen.
So furchtbar die Nachrichten aus Butscha im Übrigen sind. Eins bleibt auch festzuhalten. Putins Streitkräfte haben hier offensichtlich eine schwere Niederlage erlitten. Kiew wurde erfolgreich verteidigt. Das ist eigentlich eine sehr, sehr gute Nachricht. Meine Gratulation an die Ukraine für diesen wirklich heroischen Sieg, errungen mit Zähigkeit und großer Tapferkeit!