
[spoil]Einen Tag, nach ihrer Ankunft auf Asuras, gingen Mirena und Aurelius über eine kleine Lichtung, die sich im Norden des Hauptkontinents befand. Während die Oberfläche von Lantia beinahe vollständig aus Wasser bestand, verfügte Asuras über 10 mal so viel Landmasse und war von dichten Wäldern bedeckt. Auf Lantia, bauten sie hauptsächlich Städte, die auf den Ozeanen schwammen. Das bisschen Festland ignorierten sie die meiste Zeit über, nach dem sie erkannten, dass sie in den letzten Millionen Jahren sämtliche nützlichen Rohstoffe aufgebraucht hatten. Noch ein Unterschied zwischen den beiden Planeten, denn Asuras verfügte laut ihren Bodenproben über reiche Erzvorkommen, unter anderem eine unerklärlich hohe Anzahl an Neutronium und Trinium. Beides Metalle, die sie für die meisten ihrer Projekte benötigten, unter anderem für die Außenhülle ihrer Schiffe.
Dass man Velius geschickt hatte, anstatt eines Abbauteams und einigen Transportschiffen, stürzte Aurelius noch immer in heillose Verwirrung. Trinium und Neutronium, waren in der Pegasus-Galaxie, in den letzten Jahrtausenden, rar geworden und alleine der Krieg gegen die Wraith fraß nach und nach die letzten Reserven ihres Volkes auf. Was das anging, profitierten die Wraith erheblich von der Dauer des Krieges. Zwar wusste man nichts spezifisches über den Vorgang an sich, aber angeblich wuchsen die Schiffe ihrer Feinde aus ihrem eigenen genetischen Material, ohne dabei groß auf natürliche Ressourcen angewiesen zu sein. Sie benötigten nur genug Energie.
Warum die Metallvorkommen auf Asuras unberührt blieben, würde Aurelius hoffentlich gleich herausfinden, denn Velius wollte heute sofort mit seinem Projekt beginnen. Drei dutzend Soldaten von der Invictus befanden sich schon seit fast zwei Wochen auf Asuras und hatten hier ihr Lager aufgeschlagen. Sie waren als Vorauskommando, durch das Sternentor, nach Asuras gereist. Die Invictus sollte nichts weiter tun, als getarnt um den Planeten zu kreisen und ihn zu bewachen. Im Falle eines unvorhergesehen Wraith Angriffs, sollten sie mit allem fertig werden. Niemand hielt es für wahrscheinlich, dass die Wraith ohne Grund eine Flotte aus mehreren Basisschiffen an den Rand der Galaxie sendeten und sonst gab es nichts, wovor ihre Schlachtschiffe sich fürchten mussten. Theoretisch hätte Velius auch gemeinsam mit den Soldaten durchs Tor gehen können, aber er musste sowieso noch einige Vorbereitungen treffen und hatte darauf bestanden, mit der Invictus zu fliegen. Vermutlich nur, weil es ihm Spaß machte Aurelius und Mirena in den Wahnsinn zu treiben.
Abgesehen von den hastig errichteten Unterkünften der Soldaten, befand sich nur ein einziges Gebäude in dem kleinen Lager. Die Oberfläche der Wände bestand komplett auf glattem Metall. Von weitem erinnerte es an einen silbernen, glänzenden Würfel, den irgendjemand mitten auf die Lichtung geworfen hatte.
Sie waren noch nicht weit gekommen, als Aurelius direkt vor einer jungen Soldatin mit kurzen, blonden Haaren stehen blieb, welche sie vor dem Metallwürfel erwartete.
„Lucia, schön dich zu sehen.“
„Kapitän.“ begrüßte sie ihn und neigte kurz respektvoll den Kopf vor ihm. Im Gegensatz zur normalen Besatzung, trugen die Männer und Frauen der Kampfeinheiten schwarze Uniformen, die sich ansonsten nicht groß von den herkömmlichen Uniformen unterschieden. Sie deutete ungefragt auf das kleinste Gebäude. „Acario befindet sich bereits die ganze Nacht da drin und wartet ungeduldig auf Sie. Seine Ausrüstung wurde vollständig aufgebaut und an einen Mithrae Core angeschlossen, danach...danach ist das Gebäude um ihn herum gewachsen. Keine Ahnung wie er das gemacht hat, aber immerhin mussten wir es nicht für ihn bauen.“
„Er kann es ja kaum erwarten loszulegen.“ murmelte Mirena beunruhigt vor sich hin, den Blick ängstlich auf die weißen Mauern gerichtet, für den Fall, dass sie jeden Augenblick explodierten und eine gigantische Flammensäule das ganze Lager verschlang.
„Niemand weiß was er die ganze Zeit macht und niemand traut sich nachzusehen.“
„Wo steckt eigentlich Victoria? Erstaunlich, dass sie uns gestern nicht sofort an Bord der Invictus aufgesucht hat.“ fragte Aurelius, der genau wie Mirena nach einem Grund suchte, das Ende des Gesprächs möglichst lange hinaus zu zögern.
„Auf einem Jagdausflug, schon seit zwei Tagen. Sie wird auch erst in ein paar Tagen zurück sein und Sie über die Lage informieren können. Bis dahin wird unser Statusbericht warten müssen.“
„Kannst du ihr nicht sagen, dass wir hier sind? Wenn sie erfährt, dass wir endlich angekommen sind, wird sie sicher sofort zurückkommen.“
Lucia fing an zu schmunzeln und hielt ihm eine winzige Scheibe aus rotem Kristall entgegen. Ein Kommunikationsgerät, das sich vorübergehend mit der Haut und dem Nervennetzwerk verband, so bald es mit ihr in Berührung kam. Wie die meiste lantianische Technologie, ließ es sich per Gedankenkontrolle aktivieren und erlaubte es den Trägern Gedanken über große Entfernungen auszutauschen, was es viel effektiver machte, als herkömmliche Kommunikationsgeräte. Victoria hasste es abgrundtief. Angeblich kratzte es furchtbar auf ihrer Haut und sie konnte es nicht für längere Zeit ertragen. Manchmal fragte er sich wirklich, wie ausgerechnet sie zur Vorzeigesoldatin der neuen Kampfeinheit werden konnte.
„Und ich nehme an, du kannst den Lagebericht nicht für sie übernehmen, oder?“
„Tut mir leid, Herr, aber so lebensmüde bin ich nicht.“ wehrte Lucia hastig ab, wobei sie sich panisch umsah, für den Fall, dass ihre Vorgesetzte gleich irgendwo auf die Lichtung sprang „Victoria freut sich schon seit einer Woche darauf, Euch Bericht zu erstatten, und wenn ich ihr das wegnehme...“
„Na schön. Sag mir Bescheid, wenn sie wieder auftaucht.“
„Ja, Herr.“ Lucia verneigte sich erneut, bevor sie verschwand.
Mirena schnalzte missbilligend mit der Zunge. Sie hatten Victoria ganz klar gesagt, an welchem Tag sie mit der Invictus eintreffen würden und trotzdem war sie nicht hier. Außerhalb einer Schlacht, konnte man sich nicht auf sie verlassen. „Deine Schwester hat sich also mal wieder abgesetzt. Hoffentlich bleibt sie nicht zu lange verschollen, wir haben nicht vor ewig zu bleiben.“
„Wollen wir es hoffen. Ich habe keine große Lust, den ganzen Planeten nach ihr abzusuchen, während Velius unbeaufsichtigt zurück bleibt.“ Aurelius überlegte kurz, ob es noch irgendeine Möglichkeit gab, das ganze zu verzögern und starrte dabei das quadratische Metallgebäude an. Leider ließ die rettende Idee noch auf sich warten. „Müssen wir eigentlich wirklich da rein gehen? Noch können wir zurück auf die Invictus und vom Orbit aus zusehen.“
„Von dort aus sind wir zu weit entfernt, um irgendetwas zu erkennen oder um einschätzen zu können, ob Velius Erfolg hatte.“
„Ach? Ich finde die Entfernung genau richtig.“
„So schlimm wird es nicht werden und falls doch, rennen wir einfach zu den Ringen und verschwinden.“
„Falls uns so viel Zeit bleibt...“ Mehr sagte er dazu nicht, sondern bereitete sich lieber darauf vor, gleich um sein Leben zu rennen.
Gemeinsam betraten sie widerwillig das Gebäude. Beide sahen nichts außergewöhnliches, was sie etwas überraschte, immerhin erwarteten sie eines von Velius übertrieben ehrgeizigen Projekten. Stattdessen erwartete sie nur ein einfacher, geräumiger Raum nach lantianischer Bauart. Mitten im Raum, erhob sich eine Art Liege mit glatter, weißer Oberfläche und rotem Rand. Sie war etwa so lang und breit wie ein durchschnittlicher Lantianer. An einer Seite, befand sich eine Konsole, an der Velius sie bereits aufgeregt erwartete.
„Da seid ihr zwei Schlafmützen ja endlich! Wurde auch Zeit, ich warte schon seit Sonnenaufgang auf euch!“ rief er ihnen fröhlich entgegen. Selbst sein Nanitenschwarm flog in heller Aufregung wie verrückt durch den ganzen Raum.
„Hast du alles was du brauchst?“ übersprang Aurelius brüsk jede Art von Begrüßung.
„Ja, ja, alles ist perfekt und jetzt stellt euch neben mir auf, haltet den Mund und seht einfach nur zu, wie ich den Krieg für uns gewinne.“
„Können wir auch etwas weiter weg stehen?“ warf Mirena ein. Ihre Augen suchten schon die ganze Zeit über nach einer potentiellen Gefahrenquelle.
„Weißt du, manchmal glaube ich, dass du einen etwas übertriebenen Hang zum dramatische hast. Als würden meine Forschungen jemals eine ernsthafte Gefahr für uns darstellen...“
„Deine Forschungen sind nicht das Problem, sondern du. Ohne den Hohen Rat, hättest du schon längst unser Volk ausradiert, Pegasus entvölkert und wärst dabei die Galaxie mit irgendeinem selbst erschaffenen, wahnsinnigen Volk zu besiedeln.“
„Daran habe ich tatsächlich schon gedacht. Es wäre relativ leicht sämtliches Leben in der Galaxie zu vernichten, deutlich leichter, als nur bestimmte Arten von Leben auszuradieren. Mit Sternentoren auf jedem bewohnten Planeten, ist es sogar ein Kinderspiel.“ Die Idee schien ihn für einige Zeit gefangen zu nehmen. Er starrte nachdenklich die Decke an und hatte sein wahres Projekt für den Augenblick vergessen. „Vielleicht wäre ein sauberer Neuanfang wirklich das beste für unsere Zivilisation. In Atlantis sollte ich mich eingehender mit der Materie beschäftigt. Ich spüre eine Menge unentdecktes Potential in der Idee.“
„Danke, Mirena. Du hast uns gerade umgebracht und unser Volk ausgelöscht.“
„H-hey! Das war keine Absicht...wer soll damit rechnen, dass Velius so etwas ernst nimmt!?“
„So ziemlich jeder der ihn kennt.“
Velius kam wieder zu sich, schüttelte kurz seinen Kopf und konzentrierte sich wieder auf seine derzeitige Aufgabe. „Wie auch immer, lasst uns endlich anfangen, bevor ich euch beide als erste auslösche.“
„Da wäre noch eine Kleinigkeit, die ich erledigen muss. Warte kurz.“ Aurelius konzentrierte sich auf die Kommunikationskristalle und auf sämtliche Mitglieder seiner Mannschaft, um sie alle gleichzeitig zu erreichen. Alle hörten einige Sekunden später seine Stimme in ihren Köpfen widerhallen. „An die Besatzung der Invictus. Höchste Alarmstufe. Ich wiederhole, höchste Alarmstufe. Das ist keine Übung. Sucht umgehend Schutz im Wald und entfernt euch so weit wie möglich von Velius Forschungsgebäude. Wir werden jeden Moment die neuste Erfindung von Velius Acario aktivieren. Wer an seinem Leben hängt, sollte einen Weg suchen dieses arme, unschuldige Sonnensystem zu verlassen...so lange es noch existiert.“ Aurelius räusperte sich kurz zufrieden und schenkte Velius, zum erstenmal seit einer Weile, ein freundliches Lächeln „Das wars, wir können loslegen.“
„Sehr witzig.“ spie Velius bissig aus, als er die Nachricht ebenfalls empfangen hatte.
„Finde ich nicht. Wäre nicht das erste Sonnensystem, dass dir zum Opfer fällt.“
„Musst du ewig auf der Sache mit dem schwarzen Loch herumreiten? Das ist über ein Jahr her!“
„Und ich werde es dir noch in hundert Jahren vorhalten.“
„Pff. Du musst endlich lernen zu vergeben und zu vergessen, ansonsten wirst du den Rest deines Lebens unausgeglichen bleiben und niemals den alles erfüllenden inneren Frieden finden können.“ griff Velius auf einen Satz der Aufstiegsfanatiker zurück, womit er Aurelius Laune endgültig nach unten zog.
„Komme bisher ganz gut ohne zurecht, trotzdem mal wieder danke für den überflüssigen Ratschlag. Kannst du jetzt endlich anfangen?“
„Denke schon. Die Kristalle sind alle richtig angeordnet, meine Programmierung ist fertig, Victoria´s Schlächter haben die Maschine mit genug rohem Neutronium gefüllt....da fällt mir ein, wo ist eigentlich Victoria?“ brach er verwirrt ab. Forschend sah er sich um, nur für den Fall, dass Victoria sich irgendwo versteckte, um ihn während seiner Arbeit zu erschrecken. Als er sie nirgends entdecken konnte, wirkte Velius überraschenderweise geknickt. „Ich nahm an, dass sie zusehen will, wie ich meinen genialen Erfolg feiere und mein überlegener Intellekt euch alle grün werden wird vor Neid, während ihr mich insgeheim für meine umwerfende Genialität verflucht. Das will se sicher nicht verpassen.“
„Victoria kommt nicht, sie war klüger als Mirena und ich, deswegen wandert sie gerade in sicherer Entfernung durch die Wälder und jagt. Wenn du so weitermachst, schließe ich mich ihr gleich an, nur um von dir wegzukommen.“
Velius entwich ein leises, enttäuschtes „Oh“ bei dem Mirena und Aurelius verwirrt die Augenbrauen nach oben zogen. „N-nicht...dass es mir so wichtig wäre ob sie hier ist oder nicht...es...es ist nur...sie könnte...“ stotternd brach er ab. Zum erstenmal seit langem, erlebten sie einen sprachlosen Velius, bevor es ihm gelang sich zu fangen und etwas sicherer weiterzureden „Wenn sie sieht, wie ich die Galaxie rette, wird sie vielleicht aufhören mich ständig zu belästigen. Es ist etwas nervig, die ganze Zeit überwacht zu werden. Ich würde meinen Schatten gerne loswerden und das geht nur, wenn ich sie davon überzeuge...“
„Sei endlich still und fang an.“ würgte Aurelius seine wirren Ausreden herzlos ab.
„Wie du willst.“ brummte Velius missmutig vor sich hin. Seine Begeisterung kehrte schnell wieder zurück, als er mit seiner Arbeit an der Konsole begann, obwohl er seinen schwunghaften Enthusiasmus vom Anfang verloren hatte. „Als erstes, eine kleine Einführung, in meinen komplexen Verstand. Nur so viel, dass ihr ansatzweise versteht, was ich hier entwickelt habe, mehr würde euch sowieso nur überfordern.“ begann er einen seiner gefürchteten, endlosen Vorträge. Beide ließen ein entnervtes Stöhnen hören und alles in ihnen drängte sie dazu, nach einem Fluchtweg zu suchen. „In den letzten Monaten, erkannte ich, wie rückständig und ineffizient unsere Vorgehensweise im Krieg gegen die Wraith ist. Statt mich weiter mit übergroßen Schlachtschiffen und Geschützen aufzuhalten, bin ich dazu übergegangen, immer kleinere und effektivere Waffen zu entwickeln. Irgendwann, wurden sie so winzig, dass sie mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen waren. Aus einer von ihnen, ist letztendlich das hier entstanden.“ Noch während er sprach, bildeten sich auf der Oberfläche seines Gerätes, winzige Metallstückchen, die sich nach und nach zu immer größeren Gebilden zusammensetzten. Anfangs wirkten sie nur wie silberne Sandkörner, die verloren über das Gerät schwebten, bis sie sich zu einer glatten, faustgroßen Kugel zusammensetzten. „Fertig. Eine einfache, simple Formation. Perfekt um zu sehen, ob alles in Ordnung ist.“
„Und was genau sehe ich mir da an?“ fragte Aurelius vorsichtig nach. Sicherheitshalber hielt er respektvoll Abstand zu der Kugel, auch wenn sie bisher nicht besonders gefährlich wirkte.
„Naniten. Wir setzen so ähnliche Nanoroboter bereits dafür ein unsere Schiffe zu reparieren. Ich habe eine Möglichkeit gefunden, sie weiterzuentwickeln und zwar zu etwas völligen Neuem. Meine Naniten, sind dazu in der Lage, sich zu komplexen Gebilden zu verbinden, zu einem undurchdringlichen und effizienten Netzwerk. Das hier war nur ein Testlauf, um zu sehen, ob Victoria´s Schläger auch alles vernünftig aufgebaut haben, ohne meine Ausrüstung zu beschädigen.“ er ließ seine Hände sacht über die Konsole gleiten und die Kugel fiel in sich zusammen „Ich zeige euch jetzt, was passiert, wenn ich aus dem rohen Neutronium eine ausreichend große Anzahl Naniten erschaffe und ihnen befehle sich zu einem komplexeren Körper zu verbinden.“ Er erschuf, scheinbar aus dem Nichts, mehr und mehr Naniten, die wie flüssiges Silber in der Luft schwebten und sich ständig in Bewegung befanden. Langsam und sorgfältig, verlieh er dem Strom aus Naniten die gewünschte Form, bis sie einen silbernen, menschlichen Umriss bildeten. Dann verfestigte sich die Figur plötzlich, schien zu erstarren und sich in eine liegende Statue zu verwandeln.
„Die einzelnen Nanitenzellen sind in der Lage miteinander zu kommunizieren, und erschaffen letztendlich ein unfassbar verworrenes und kompliziertes Netzwerk, das dem Zellgewebe eines echten Lebewesens ähnelt. Es ist vermutlich sogar unserem überlegen, da es so gut wie unmöglich ist die Verbindungen zu trennen. Heißt das Netzwerk ist in seinem endgültigen Zustand unzerstörbar.“ Kaum hatte er das ausgesprochen, fielen die Zellen kraftlos in sich zusammen, lange bevor sie sich zu einem größeren Körper formen konnten. „Mhm, die Verbindung ist noch nicht stark genug. Dauert nicht lange. Ich brauche nur noch etwas Zeit.“ Das ganze dauerte, trotz aller Versprechungen seitens Velius, noch immer ein paar Stunden, in denen die anderen beiden nur teilnahmslos zusahen, wie das silberne Metall sich langsam zu einem größeren Ganzen formte.
„Fertig, die Verbindung zwischen den Zellen sollte jetzt halten.“ verkündete er irgendwann und freute sich innerlich, über die erstaunten Blicke der anderen. Auf dem Gerät, lag eine schlafende, junge Frau. Aurelius schätzte sie auf jünger als zwanzig und wusste noch nicht genau, was er von Velius Ergebnis halten sollte. Das Mädchen hatte einen beinahe bronzefarbenen Hautton und ebenmäßige, friedliche Züge, die es Aurelius schwer machten, sie sich als tödliche Waffe vorzustellen. „Ich präsentiere, die Rettung von Atlantis! Asura!“ Präsentierte er sein Werk hochtrabend und zeigte mit einer dramatischen Geste auf das unscheinbare, schlafende Mädchen.
„Heißt der Planet nicht schon so ähnlich?“ warf Mirena zögerlich ein. Nebenbei, ging sie um das Gerät herum und betrachtete das Mädchen genauer. Wie schon Aurelius, konnte sie nichts ungewöhnliches feststellen. Die angebliche Wunderwaffe, wirkte wie eine gewöhnliche Lantianerin. Sie trug sogar eine ihrer weißen Uniformen.
„Und? Ich bin halt etwas faul, wenn es um Namen geht. Sie wird sich schon nicht darüber beschweren. Jetzt hör auf dich an dem Namen festzubeißen und sag mir endlich, wie genial ich...autsch!“ Aurelius Hand schoss von alleine nach vorne, ohne dass er darüber nachdenken musste. Unkontrolliert krachte sie gegen den Hinterkopf des Wissenschaftlers und verpasste ihm einen heftigen Klaps. Velius brach verdutzt ab und drehte sich aufgebracht in seine Richtung „Was soll der Mist?“
„Muss sie so gut aussehen? Du hättest ihr jede Gestalt geben können und entscheidest dich...dafür?“
„Was gibt es an ihr auszusetzen? Sie ist doch absolut perfekt und...“ Aurelius Hand machte inzwischen was sie wollte und traf erneut Velius Hinterkopf, diesmal etwas weniger fest „Hey! Lass das endlich!“
„Du sollst eine Waffe entwickeln und nicht unsere Zeit mit so etwas verschwenden!“ Als Aurelius erneut versuchte ihm auf den Hinterkopf zu schlagen, ließ Velius seinen Nanitenschwarm dazwischen gehen. Die winzigen, silbernen Roboter trennten und verbanden sich im Bruchteil einer Sekunde, bis sie ein halbes Dutzend spitze Metalldornen bildeten. Es gelang Aurelius nur knapp den Schlag abzubrechen und seine Hand hastig zurück zu ziehen. „Ernsthaft?“ fragte er, etwas beleidigt und funkelte die silbernen Dornen verächtlich an.
„Ernsthaft. Und jetzt lass mich endlich ausreden, bevor du gleich wieder alles schlecht machst.“
„Na schön. Rede. Schnell.“
„Dieses Mädchen, ist der erste Asuraner. Sie ist der erste Replikator, den ich jemals erschaffen konnte.“
„Glückwunsch, du hast dich selbst übertroffen. Die Wraith werden bestimmt genauso beeindruckt sein wie ich, wenn wir ihnen ein Androidenmädchen schicken.“
„Das beeindruckende an ihr, ist nicht ihr Aussehen, sondern ihre Programmierung. Sie ist darauf programmiert sich unendlich zu replizieren. Alles was sie braucht, um aus dem Nichts eine Armee aufzubauen, ist Neutronium. Asuras verfügt über gewaltige Neutroniumvorkommen, aus denen sich eine ganze Zivilisation aufbauen lässt.“ erklärte Velius, gereizt darüber, dass niemand in der Lage war von alleine hinter die Genialität seiner Erfindung zu kommen „In ein paar Monaten, wird es Zehntausende ihrer Art geben, in einem halben Jahr Millionen und in einem Jahr Milliarden. Natürlich wird keiner von ihnen sich mit der echten Asura messen können. Sie werden immer nichts weiter sein, als simple Kopien, die nicht an das Original heranreichen, aber es werden viele sein, unglaublich viele. In einem Jahr, sollten sie den ganzen Planeten bevölkern und schon lange vorher stark genug sein, um uns im Kampf gegen die Wraith beizustehen.“ Langsam ging er um die Konsole herum, betrachtete die erste Asuranerin und musste sich zurückhalten, um sie nicht sofort aufzuwecken und mit ihr zu reden. Sie würde noch für einige Stunden schlafen, bis er sich sicher sein konnte, dass die Verbindungen zwischen den Zellen diesesmal hielten. „Asura weiß bereits, wie man Kriegsschiffe baut und mit ihrer umfassenden Kontrolle, über eine unendliche Zahl an Naniten, kann sie hunderte Schlachtschiffe herstellen. Natürlich bestehen diese dann aus gewöhnlichen Materialien und nicht aus Naniten. Asura verfügt jedoch über unbegrenzte Arbeitskräfte und wird sich das Material schon selbst beschaffen. Wir müssen sie nur hier aussetzen und warten, das ist alles.“
„Sie weiß wie man unsere Schlachtschiffe nachbaut...“ Aurelius ließ sich den Klang dieses Satzes auf der Zunge zergehen und er hasste jedes einzelne Wort davon. Ihre Technologie, galt den Lantianern fast schon als heilig und sie wussten, dass die niederen Rassen nicht mit so viel Macht umgehen konnten. „das ist nicht gut, ganz und gar nicht gut. Diese Technologie ist nicht für andere Rassen bestimmt, selbst wenn man sie nach unserem Vorbild erschaffen hat. Diese Asura kann damit mehr Schaden anrichten als die Wraith.“
„Die Schiffe der Asuraner verwenden alte, längst überholte Baupläne, die heute nicht mehr viel wert sind. Mit unseren jetzigen Kriegsschiffen, kannst du sie nicht vergleichen. Selbst vor 10.000 Jahren waren wir mit unseren Schiffen schon weiter als Asura es jetzt ist. Ihre Drohnen besitzen deutlich weniger Durchschlagskraft, ihre Antriebe sind langsam und ineffizient...von den Schilden will ich gar nicht erst anfangen. Es ist so, als würde ein Kind versuchen unsere Schlachtschiffe nachzuahmen.“
„Also fliegen bald ein paar Schrotthaufen durch die Gegend. Die Wraith werde sich über die neuen Zielscheiben freuen anstatt vor Angst tot umzufallen.“
„Sie kann vielleicht keine zweite Invictus bauen, aber ihre Schiffen werden noch immer allem überlegen sein, was die Wraith aufbieten können. Stell dir tausende schwächere Versionen unserer Schlachtschiffe vor. Jedes von ihnen, wäre noch immer in der Lage, es mit zwei oder mehr Basisschiffen aufzunehmen. Wir versuchen schon zu lange diesen Krieg nur mit besserer Technologie zu gewinnen, es wird Zeit, es endlich einmal mit purer Masse zu versuchen. Die Wraith sind damit ziemlich erfolgreich.“
„Wir wären nicht mehr in der Unterzahl und könnten endlich zum Gegenangriff übergehen, ohne befürchten zu müssen dass die letzte freien Planeten in unserer Abwesenheit fallen. Zum erstenmal, seit Jahrzehnten können wir den Krieg zu ihnen tragen.“ schloss Mirena, die sich deutlich schneller mit der Idee anfreundete, in Zukunft diese Maschinen in den Kampf zu schicken. Ihr eigenes Volk, könnte sich dann endlich wieder ganz auf die Erforschung des Universums konzentrieren.
„Mehr als das! Wir wären nach einer Weile sogar deutlich in der Überzahl! Wenn wir erst technologisch und zahlenmäßig überlegen sind, ist dieser Krieg ein Kinderspiel. Übrigens solltet ihr euch keine Sorgen darüber machen, was die Asuraner angeht.“ wehrte er rasch die aufkommenden Fragen seitens Aurelius ab, noch bevor dieser sie stellen konnte „Nach der Vernichtung der Wraith, können wir die Asuraner umprogrammieren und den Großteil abschalten. Der Rest kann zur Belohnung auf dem Planeten leben oder wir schalten sie alle ab, kommt darauf an wie der Rat sich entscheidet. Fürs erste aber, müssen sie sich so oft replizieren wie sie können. Bis sie eine angemessene Zahl erreicht haben, dürfen sie den Planeten sowieso nicht verlassen. Asura weiß nicht, wie man einen funktionierenden Hyperantrieb baut, also sitzt sie hier fest, bis wir wissen, ob wir ihr trauen können.“
„Und dieses eine Mädchen, soll ein ganzes Volk erschaffen? Ein Volk dass größer ist, als das der Wraith und mächtig genug, um zu schaffen, was wir bisher nicht konnten? Du kannst dir hoffentlich vorstellen, wie unwahrscheinlich sich das anhört.“ zweifelte Aurelius weiterhin und wünschte sich, dass Velius lieber leichter zu kontrollierende Waffen erfinden würde, eine Waffe ohne eigenen Willen.
„Nein, kann ich nicht, denn im Gegensatz zu dir, ist meiner Vorstellungskraft keine Grenzen gesetzt, ansonsten wären wir nicht hier.“ Velius seufzte verzweifelt, hielt sich eine Hand an die Schläfe und tat so, als würde Aurelius Sturheit ihm wahnsinnige Kopfschmerzen bereiten „Weißt du was dein Problem ist, Aurelius? Du besitzt einfach keine Fantasie. Du siehst Asura und denkst sofort, dass ich nur Schwachsinn von mir gebe, weil du mit einer beeindruckenderen Waffe gerechnet hast. Du kannst dir nicht vorstellen, zu was für einer Zerstörung meine Naniten in der Lage sind, wozu sie in der Lage sein werden, an dem Tag, an dem sie ihre endgültige Entwicklung erreicht haben. Vertrau mir. Sie ist die perfekte Waffe, dafür habe ich gesorgt. Wenn sie voll entwickelt ist und ich ihr den Angriffsbefehl gebe, wird sie nichts mehr aufhalten können.“ verkündete Velius, mit vor Stolz geschwellter Brust. Erst als die nachfolgende Stille etwas zu lange andauerte und die beiden ihm besorgte Blicke zuwarfen, erkannte er, was den beiden jetzt schon wieder Sorgen bereitete. „Damit meine ich die Wraith. Die Wraith besitzen nichts um sie aufzuhalten. Wir sollten noch immer in der Lage sein, sie jederzeit zu stoppen, auch wenn töten ihr im Blut...in der Programmierung liegt.“
„Freut mich für uns.“ entgegnete Aurelius leise. Velius schien an alles gedacht zu haben und nahm sämtlichen Beschwerden sofort den Wind aus den Segeln, was Aurelius unglaublich aufregte. „Also schön, du hast mich zumindest ansatzweise überzeugt. Der Rat gibt dir eine Chance, also sollte ich es erst recht. Wir werden sehen, wie sich dein kleines Experiment entwickelt.“
„Sehr gut.“ grinsend klatschte sich Velius in die Hände und sprang voller Tatendrang zurück zur Konsole. Der Hohe Rat, hatte Aurelius die Befugnis erteilt, das Experiment jederzeit zu vernichten, falls er es für gefährlich hielt. Mit der Zustimmung des Kapitäns, stand dem Siegeszug der Asuraner nichts mehr im Weg. „Es ist unbedingt erforderlich, sie noch eine Weile zu überwachen und vor allem zu beschützen. Asura ist im Moment sehr schwach, das wird auch noch eine Weile so bleiben. Sie muss sich erst an ihre neue Form gewöhnen und lernen ihre Fähigkeiten zu kontrollieren. Im Prinzip wäre es so, wie ein Neugeborenes ganz alleine zurück zu lassen. Dazu kommt, dass die Verbindung zwischen den Naniten noch sehr instabil ist, was eigentlich nicht passieren sollte.“ Seine Finger flogen über die leuchtenden Bedienfelder der Konsole. Er konnte es kaum erwarten, sich auf seine Arbeit zu stürzen und die Anwesenheit der anderen auszublenden. Leise vor sich hin murmelnd, fuhr er abgelenkt fort. „Das muss ich mir noch einmal genauer ansehen. Man hat mir verboten, auf Atlantis einen Prototypen zu erstellen, also ist sie mein erster, richtiger Versuch. Ich brauche noch ein bisschen, um einige kleinere Fehler auszumerzen. Gib mir ein bisschen Zeit für die Feinarbeit.“
„Glaube nicht, dass uns so viel Zeit zur Verfügung steht. Die Wraith haben seit Wochen keine Offensive mehr gestartet, aber ihre Flotten befinden sich ständig in Bewegung und sammeln sich langsam.“
„Laut unseren Informationen, gibt es wieder einmal interne Probleme, die weitere Großoffensiven verzögern.“ meldete Mirena sich zu Wort. Als erste Offizierin, beschäftigte sie sich eingehend mit den Berichten der lantianischen Aufklärungsstationen und Vorposten. Es gehörte zu ihren Aufgaben, die feindlichen Flottenbewegungen für ihren Kapitän zu überwachen und ihn ständig auf dem Laufenden zu halten. „Eine Königin alleine ist nicht in der Lage genug Schiffe aufzustellen, um einen Sieg zu erringen. Angeblich streiten sie sich schon seit einer Weile um einige Planeten, tief in ihrem eigenen Territorium. Die vorherige Besitzerin verstarb in der letzten Schlacht.“
„Müssen wichtige Planeten sein, wenn die Königinnen sich dafür schon wieder gegenseitig zerfleischen.“ flüsterte Velius abgelenkt vor sich hin. Konsole und Asura erforderten seine ganze Aufmerksamkeit und er hörte nicht richtig zu. „Zwei Wochen, dann sollte sie weit genug entwickelt sein, um ohne uns auszukommen.“.
„Und bis dahin machen wir was genau? Sitzen hier rum und beobachten sie?
„Ich beobachte. Ihr geht Asura am besten aus dem Weg. Versucht so wenig wie möglich mit ihr zu reden.“ missmutig wandte er sich kurz von seiner Arbeit ab und funkelte Aurelius an „Vor allem du.“
…
Die nächsten vier Tage, tigerte Aurelius ungeduldig durchs Lager. Am liebsten wäre er augenblicklich abgereist. Im Falle eines Angriffs der Wraith, konnte er von hier aus niemals rechtzeitig zurück in Atlantis sein. Untätig rumsitzen, gehörte nicht zu seinen Stärken. Jede Faser seines Körpers, schrie danach, den Kampf zu den Wraith zu tragen, aber das würde der Hohe Rat niemals erlauben. Inzwischen war seine Laune so mies, dass selbst Mirena ihm aus dem Weg ging. Erst als gegen Mittag eine zerkratzte Gestalt aus dem Dickicht rollte, zeichnete sich auf seinen Lippen ein Lächeln ab.
Die junge Soldatin, war über eine Wurzel gestolpert und mitten auf der Lichtung gelandet. Hinter ihr schwebte etwas in der Luft, was wie ein toter Hirsch wirkte. Ein fast 5 Meter großer Hirsch mit hellgrünem Fell und gefährlich aussehendem Geweih, der knapp einen Meter über dem Boden hing. Genau wie Lucia, trug das Mädchen eine schwarze Uniform, allerdings wirkte ihre deutlich weniger ordentlich und herausgeputzt. Erde und einige hartnäckige Zweige, hatten sich an dem dunklen Stoff festgebissen und hingen teilweise sogar in ihren schulterlangen, braunen Haaren. An der Uniform selbst fehlten mehrere Knöpfe und sie trug ihre Uniformjacke deswegen die meiste Zeit über offen. Darunter hatte sie ein dünnes, hellblaues Hemd an. Auch wenn sie auf den ersten Blick etwas verwildert wirkte, war es unumstritten, dass sie gut aussah, jedenfalls wenn sie gerade nicht nach mehreren Tagen aus dem Gestrüpp stolperte. In ihrem Gang lag etwas leichtes, federndes, was dafür sorgte, dass sie bei jedem Schritt voller Energie und Lebensfreude wirkte. Alles in allem, wirkte sie wie das perfekte Gegenstück, zu Aurelius. Alleine schon die Tatsache, dass sie ständig lächelte und bei jeder Kleinigkeit vor Freude strahlte sorgte dafür, dass man sie niemals für Geschwister halten würde.
„Aurelius!“ schwankend kam Victoria wieder auf die Füße, während sie gleichzeitig ihre Beute zu Boden gleiten ließ.
Aurelius baute sich, mit vor der Brust verschränkten Armen, auf und musterte sie mit gespielter Ernsthaftigkeit. „Da bist du ja endlich, wurde auch Zeit.“ begrüßte er sie kurz. Sie hatte sich für fast eine Woche von der Gruppe abgesetzt, noch dazu einem fremden Planeten, er musste wenigstens so tun, als wäre er wütend darüber.
„Tschuldigung. War etwas beschäftigt.“ überging sie seine düstere Stimmung und strahlte ihn grinsend an. Bevor Aurelius zu einer Standpauke ansetzen konnte, ließ sie den Hirsch ein kurzes Stück durch die Luft gleiten und direkt vor seinen Füßen zu Boden knallen. „Du musst unbedingt so einen probieren! So etwas gutes hast du sicher noch nie gegessen und er ist frisch erlegt. Ist mir auf dem Rückweg über den Weg gelaufen und ich dachte mir ´Was könnte Aurelius Laune besser heben, als ein schöner Braten´.“ als sie kurz Luft holte, setzte Aurelius dazu an etwas zu erwidern, aber kam gar nicht erst dazu. Victoria sprach zu schnell weiter „Die richtige Antwort wäre natürlich eine lantianische Schokoladen-Arenia-Torte gewesen. Leider gibt es auf dem ganzen Planeten keinen einzigen Areniabaum...und auch keine Schokolade. Glaub mir, ich habe überall gesucht. Dafür sind mir ein paar andere Früchte begegnet, aus denen man auch tolle Kuchen machen könnte. Ein paar davon muss ich mit nach Atlantis nehmen, damit wir sie auf dem Festland anbauen!“
„Wenigstens einer von uns hatte seinen Spaß.“ brummte er nur vor sich hin. Wie immer, hatte sie es geschafft, einfach so lange zu reden, bis er es aufgab ihr böse zu sein.
„Du etwa nicht?“ fragte sie überrascht. Als er den Kopf schüttelte, starrte sie ihn ungläubig an „Mir gefällt es hier. Es ist so schön ruhig und...“ verdutzt brach Victoria ab. Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Ihr Bruder war hier, das konnte nur bedeuten...Velius befand sich ebenfalls auf ihrem neuen Lieblingsplaneten! Der Zerstörer der Welten! Panisch stolperte sie einen Schritt auf Aurelius zu und sah ihn besorgt an. „Hat...hat der Wahnsinnige schon mit seinem Experiment begonnen?“
„Er ist sogar schon seit zwei Tagen fertig.“
„Oh...“ entwich es ihren Lippen. Unsicher tastete sie ihren eigenen Körper ab und sah an sich herunter. „Oh, gut. Ich lebe noch.“ stellte sie nach einer Weile erleichtert fest. Als nächstes, stampfte sie fest auf dem Boden auf, und atmete sichtlich entspannt auf, als nichts passierte. Keine Schluchten, die sich plötzlich auftaten. Keine ausbrechenden Vulkane, auseinanderbrechende Landmassen oder Flutwellen. Keine bestialischen Mutanten die zwischen den Bäumen auftauchen und die Sonne, befand sich auch noch an ihrem angestammten Platz. „Und der Planet ist auch noch da und sieht aus wie immer. Ich mag diesen Planeten, wäre schade gewesen, wenn er einem Irren zum Opfer fällt.“
„Schätze ab und zu kann selbst Velius ein Experiment durchführen, ohne etwas zu zerstören.“
„Wir werden sehen. Noch hat er meinen Planeten nicht verlassen.“
„Dein Planet?“
„Darf ich keinen eigenen Planeten haben? Ich meine, er gehört niemandem, deswegen sind wir ja hier.“
„Tja, jetzt gehört er Velius neuem Projekt.“ erklärte Aurelius und berichtete ihr von Velius Plan, ein neues Volk zu erschaffen. Victoria hielt sich mit ihrer Meinung dazu zurück. Sie hielt sich generell aus Kriegsplanungen heraus. Ihrer Meinung nach, konnte sie sowieso nicht viel dazu beitragen und beschränkte sich aufs kämpfen, von daher begann sie unverzüglich mit ihrem Bericht.
„Das Sternentor wurde erfolgreich zerlegt. Wir sind bereit die Einzelteile mit den Ringen auf die Invictus zu bringen und sicher zu verstauen.“ begann sie erstaunlich ruhig und sachlich „So bald wir verschwinden, gibt es keinen Weg mehr den Planeten zu verlassen. Diese Asura wird hier festsitzen. Falls sie sich als Bedrohung herausstellt, sollte sie nicht in der Lage sein uns oder die Menschen anzugreifen. Jedenfalls, als das Tor demontiert war, haben wir den ganzen Planeten gescannt. Auf dem westlichen Kontinent, lebten ein paar ziemlich bedrohliche Tierarten. Da wir nicht genau wussten, wie das Experiment aussieht, mussten wir sie auslöschen.“
„Ich nehme an es ist schwierig nach möglichen Bedrohungen zu suchen, wenn man keine Ahnung hat, was man beschützen soll.“
„Richtig, aber wir sollten sämtliche Gefahren auf Asuras beseitigt haben. Solange Velius neues Projekt nicht so groß ist wie eine Maus, sollte es in der Lage sein hier zu überleben.“ nachdenklich legte sie eine kleine Pause ein, bevor sie hinzufügte „Außer natürlich die Wraith entdecken sie, oder hat unser teuflisches Genie das auch mit eingeplant?“
„Hat er. Du kennst ihn ja, er denkt an alles...naja, zumindest meistens. Sie werden diese Asura nicht finden, behauptet er zumindest. Ob er recht hat, werden wir hoffentlich nicht rausfinden. Der Planet ist unbewohnt und ihre Lebenszeichendetektoren sollten Naniten nicht aufspüren können.“
„Dann mussten wir noch kleinere Überwachungsstationen rund um das Gebiet aufbauen, dazu mit den Torschiffen einen kleinen Satelliten im Orbit aussetzen. Velius plant den Planeten, von Atlantis aus, rund um die Uhr überwachen. Dazu noch sämtliche Neutroniumadern finden und die Stellen mit speziellen Sendern markieren, die er uns vorher gegeben hat. Wir konnten nicht den ganzen Planeten danach absuchen, aber auf diesem Kontinent genug Neutronium finden, um selbst ihn zufriedenzustellen.“ beendete Victoria ihren Bericht. Während Aurelius noch darüber nachdachte, wie sich Velius Projekt womöglich entwickeln konnte, streckte sie sich und gähnte müde. „Wie auch immer, ich brauche endlich wieder ein richtiges Bett. Wir sehen uns, Aurelius.“
So unvorhergesehen, wie sie reingeschneit war, tauchte sie auch wieder ab. Er sah nur noch, wie sie gleich einem Wirbelwind durch die gelangweilten Soldaten rauschte. Ihre Beute ließ sie liegen, in der Hoffnung, dass ihre Leute sich darum kümmerten.
Aurelius wollte hinter ihr her und sie zwingen, ihren Müll selbst irgendwo kühl zu verstauen, aber dann erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Velius Experiment, hielt direkt auf ihn zu. Bisher hatte er noch kein einziges Wort mit Asura geredet. Meistens saß sie nur irgendwo und starrte in die Luft. Abgesehen von Velius, ging die Mannschaft ihr aus dem Weg. Aurelius stand diese Option gerade nicht mehr zur Verfügung. Die erste Asuranerin, hatte ihn fast erreicht und hielt zielstrebig auf ihn zu. Erst seit sie wach war, fiel ihm auf, dass ihre roten Augen wie zwei funkelnde Rubine wirkten. Vermutlich etwas künstlerische Freiheit von Velius. Er liebte es, wenn seine Erfindungen etwas aus der Masse herausstachen.
„Hallo.“ begrüßte sie ihn zurückhaltend, als sie direkt vor ihm stehenblieb und ihn neugierig betrachtete. Aurelius antwortete nicht, stattdessen musterte er sie mindestens so prüfend, wie sie ihn. Asura wirkte wie ein normales, lantianisches Mädchen. Sie bewegte sich normal, ihre Stimme klang normal und abgesehen von ihren Augen, gab es nichts, was sie vom Rest ihres Volkes unterschied. Trotzdem konnte er spüren, dass sie keine von ihnen sein konnte. Jeder von ihnen, erkannte echte Lantianer auf den ersten Blick, sie konnten eine lose, unterschwellige Verbindung fühlen. Eine Verbindung, die bei Asura fehlte. Sie mochte vielleicht so aussehen, aber für Aurelius blieb sie trotzdem nur eine unbedeutende Kopie. „Es freut mich dich kennenzulernen, Aurelius Sverus. Bruder von Oberon Sverus, dem ehemaligen Kommandanten der lantianischen Flotte, Sohn von Ratsmitglied Melia, aus dem Hause der Naruner, und Kapitän der Invictus.“ fuhr sie fort, als er nach einer ganzen Weile noch immer schwieg.
„Anscheinend hat Velius deinen Kopf nur mit überflüssigen Informationen gefüllt. Er hätte den Speicherplatz lieber für etwas vernünftiges verwenden sollen.“ entgegnete er ungehalten.
„Was?“ irritiert sah sie ihn an und wusste nicht, wie sie auf seine schroffe Art reagieren sollte.
„Er hat auch behauptet du wärst intelligent, anscheinend hat er sich da geirrt.“
„Ahhh...ich verstehe jetzt, was mein Meister meinte.“ Ihre Miene hellte sich auf, der Schleier aus Verwirrung lichtete sich und Asura begann zurückhaltend zu lachen. Es klang hell und fröhlich, wie das Lachen eines echten, lebendigen Wesens
„Und was genau, hat dein Meister über mich gesagt?“ hakte Aurelius sofort nach.
„Nur, dass ich nicht mit dir reden sollte. Er meinte, du wärst immer schlecht gelaunt, weil du es nicht akzeptieren kannst, dass unser Volk dabei ist zu verschwinden und eines Tages nicht mehr existieren wird.“ begann sie in einem belehrenden Tonfall zu erklären und merkte nicht, wie Aurelius Augen sich mit jedem Wort zu kleineren, zornigen Schlitzen verzogen „Laut Meister, bist du trotz deiner Jugend bereits viel zu verbittert und lässt deine Angst, vor unserem Untergang, an den Lantianern in deiner Umgebung aus, da du nicht in der Lage bist etwas daran zu ändern. Eines Tages, wird auch der letzte von uns verschwunden sein, unsere letzte Stadt als Ruine auf dem Meeresgrund liegen und niemand sich mehr an uns erinnern. Selbst wenn wir die Wraith besiegen, liegt dieser Tag nicht mehr in weiter Ferne. Mehr und mehr von uns sterben oder entschließen sich dazu, den Weg des Aufstiegs zu gehen. Das weißt du und doch versteckst du dich davor.“
„Ah...das hat er gesagt, ja?“ er wollte schon seine eigene Meinung über Velius loswerden, bis ihm aufging, was sie gerade gesagt hatte „Du weißt was der Aufstieg ist?“
„In meinem Kopf, befindet sich die vollständige Datenbank von Atlantis. Ich weiß alles, was unser Volk jemals wusste, selbst Dinge, die für viele von uns längst in Vergessenheit geraten sind. Ich weiß, dass mehr und mehr von uns den Unannehmlichkeiten und Schmerzen dieser Welt entfliehen. Sie steigen zu einer höheren Form der Existenz auf, beginnen eine Reise, die ihnen letztendlich sämtliche Geheimnisse des unendlichen Universums offenbart. Es ist das große Ziel, eines jeden Lantianers, diesen Zustand der vollkommenen Perfektion zu erreichen und im Einklang mit den Energien des Universums zu existieren.“
Ihm gefiel nicht, wie sie ständig ´unser Volk` sagte. Glaubte diese Ansammlung aus Neutronium tatsächlich, sie wäre eine echte Lantianerin? Die felsenfeste Überzeugung, mit der sie davon sprach, ließ sogar ihn fast vergessen, dass sie keine von ihnen war. Velius sollte sie lieber schnell in ihre Schranken weisen und ihr klarmachen, was sie war. Eine Waffe. Mehr sollte sie niemals sein und das musste sie auch begreifen.
„Dir kann das egal sein. Der Aufstieg ist etwas, was außerhalb deiner Reichweite liegt. Du wirst dazu nie in der Lage sein, also hör auf dir darüber den Kopf zu zerbrechen.“ platzte es brüsk aus ihm heraus. Er hasste Waffen, die reden konnten.
„Wieso nicht?“ hauchte sie überrascht und legte den Kopf schief, um ihn verwirrt anzublinzeln. „Was braucht man noch für den Aufstieg? Die Datenbank enthält keine genauen Informationen dazu, welche Grundvoraussetzungen man für diese unbeschreibliche und endlose Reise benötigt, nur wie man sie beginnt und den Vorgang einleitet.“
„Tut mir leid, ich habe mich noch nie wirklich damit beschäftigt.“
„Tatsächlich? Deine Mutter ist eine Naruner. Ihr seid für eure spirituellen Kräfte berühmt. Nach allem was ich weiß, widmet dein Bruder sich derzeit seinen abschließenden Meditationen und Ritualen, die es ihm letztendlich erlauben, seiner sterblichen Hülle zu entfliehen und als pure Energie zu existieren. Ich hatte angenommen, dass du am besten über diesen Vorgang informiert sein musst.“
„Bist du nicht noch viel zu jung, um dir über den Aufstieg Gedanken zu machen? Immerhin existiert du jetzt seit etwa vier Tagen.“
„Also spielt das Alter eine bedeutende Rolle?“ Asura saugte jedes einzelne seiner Worte begierig in sich auf und war jetzt erst recht versessen darauf, sich ausführlicher mit ihm zu unterhalten „Faszinierend...wie alt muss man sein, um den Aufstiegsprozess einleiten zu können? Gibt es eine ungefähre Altersgrenze? Wie wird sie berechnet, bei einem Volk, dass so lange lebt? Richtet es sich nach dem tatsächlichen Alter oder nach der inneren Reife, danach wie weit man bereits entwickelt ist? Wenn man nur ein umfassendes Verständnis für das Universum braucht, sollte das Alter keine Rolle spielen, jedenfalls dachte ich das. Wozu gibt es diese Altersgrenze und kann man sie irgendwie umgehen?“
„So war das nicht gemeint.“ resigniert seufzend wünschte Aurelius sich auf einen anderen Planeten.
„Das Thema gefällt dir nicht.“ stellte sie mit ernster Stimme fest und wusste gleichzeitig nicht, was sie von Aurelius halten sollte. Er wirkte so viel anders, als alles, was sie über Lantianer wusste.
„Fällt dir das jetzt erst auf?“
„Es gab einige Anzeichen für deine Abneigung, gegenüber diesem Thema, aber ich bin noch nicht gut darin, die erhaltenen Informationen schnell und effektiv auszuwerten. Ich werde Velius bitten das zu überprüfen und...“
Aurelius verdrehte die Augen. Langsam hatte er genug. Barsch schnitt er ihr das Wort ab und nahm jetzt endgültig kein Blatt mehr vor den Mund. „Wozu? Es ist nicht deine Aufgabe, die Gefühle anderer Leute einzuschätzen oder aufzusteigen. Du bist eine Waffe und sollst einen Krieg für uns führen, mehr nicht. Konzentriere dich darauf, nicht auf Dinge, die jenseits deiner Möglichkeiten liegen.“
„Keine Sorge. Ich bin mir meiner Aufgabe durchaus bewusst. Aber eines Tages, sind die Wraith Vergangenheit und unser Volk benötigt keine Waffen mehr. Wenn es so weit ist, kann sich jeder von uns endlich der Suche nach seinem inneren Frieden widmen und eins mit dem Universum werden.“
„Aha, viel Glück.“
„Danke, Kapitän Aurelius Sverus. Ich wünsche dir ebenfalls viel Glück, in deinem Kampf.“
Damit verließ sie ihn endlich. Vermutlich eilte sie zu Velius und beschwerte sich über den großen, bösen Kapitän, aber das interessierte Aurelius wirklich. Er stand nur nachdenklich auf der Lichtung und sah ihr nach, während er leise etwas vor sich hinmurmelte „Eines muss ich Velius lassen. Seine künstliche Lantianerin, ist eindeutig lantianischer als ich...“[/spoil]