Bei Afrika muss man stark differenzieren. Ich kann vor allem für die ökonomische und politische Situation sprechen. Diesbezüglich ist Afrika aber sehr eindeutig in drei Teile gespalten:
- Nordafrika
- Subsahara/Zentralafrika
- Südafrika mit Anrainerstaaten (v.a. Namibia und Botswana).
Nordafrika ist auf einem sehr guten Weg. Die Lebensumstände haben sich speziell in den Ländern des Maghreb (plusminus auch in Ägypten) in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert (höhere Einkommen, verbesserte Gesundheitssysteme, sinkende Geburtenraten, etc, etc.). Auch wirtschaftlich gehts da vorwärts, es wird investiert.
Deshalb kann man vor allem Tuniesen, Marokko und Algerien eigentlich aus dem "Problembereich" im Sinne dieses Threats (Europe or die) ausklammern. Aus diesen Ländern ist nur schon aus demografischer Sicht nicht mehr sonderlich viel zu erwarten. Tunesiens Bevölkerung wird bsp. bald anfangen zu altern (ähnlich wie die Bevölkerungen der westeuropäischen Länder). Der Prozess nach dem Motto "Bessere Lebensumstände => sinkende Geburtenraten => Stabilisierung" beginnt in Nordafrika also bereits durchzudrücken. Oder anders formuliert: Solange es nicht zu einer Katastrophe kommt (bsp. Bürgerkrieg) wird der demografische Druck aus diesen Ländern - der jetzt bereits verhältnismässig marginal ist - weiter nachlassen, weil die Ökonomien dieser Staaten ihre Arbeitskräfte für den eigenen Markt brauchen. Auch nicht zu vernachlässigen ist der stetige Transfer von Geld der europäischen Maghreb-Diaspora in diese Staaten (v.a. aus Frankreich). Dasselbe gilt übrigens auch für die Türkei, die rein demografisch gar nicht mehr dazu in der Lage ist, ein Bedrohungsszenario für Europa darzustellen. Da kann der Erdogan poltern wie er will, für ein neues Osmanisches Reich fehlen ihm die potenziellen Soldaten...
Ein "Brain Drain" ist nicht im Interesse dieser Staaten. Das regelt sich also wohl über kurz oder lang von selber. Ähnlich sieht es in Südafrika und seinen Anrainerstaaten aus, wobei der Staat Südafrika dort natürlich das Zugpferd dieser Entwicklung ist.
Dazwischen präsentiert sich die Lage anders. Soweit ich es überblicken kann, existieren dort strukturelle, ethnisch-politische (basierend auf willkürlicher Grenzziehung während der Kolonialzeit) und (das wird oft vergessen) klimatische Probleme, die nicht so einfach zu lösen sind und die eine Entwicklung wie in Nordafrika oder Südafrika bremsen. Aber nicht verunmöglichen!
Es gibt durchaus "bright glimpses", bsp. Staaten wie Gabun oder sogar das noch vor wenigen Jahren total bürgerkriegszerstörte Angola, die ein relativ hohes BIP und beeindruckende Wachstumsraten haben. Was ihnen aber noch fehlt ist schlichtweg die politische Erfahrung und vor allem die nötige Infrastruktur.
Gabun ist beim BIP zum Beispiel auf Niveau von Argentinien, was aber fast niemand realisiert (die meisten Europäer meinen, dass da nur Dschungel und Ebola ist...)!
Der relative Wohlstand verteilt sich aber leider nur sehr ungleichmässig, weil vorab vor allem jene profitieren, die im Ölgeschäft tätig sind. Das Land arbeitet aber rasant an der Diversifizierung, nicht zuletzt Dank Hilfe aus China. Die Chinesen vollbringen in Afrika generell eine enorme Aufbauarbeit, vor allem was die Infrastruktur angeht. In Europa wird das aber zumindest auf politischer ebene kaum gewürdigt, weil man gegenüber China derart mit moralisieren beschäftigt ist, dass man völlig den Blick für die Realität verloren hat.
Angola wiederum ist eines der fruchtbarsten Länder der Welt. Es gibt Studien die belegen, dass Angola - mit einer einigermassen gut gesteuerten Agrarpolitik - einen grossen Teil der Bevölkerung des afrikanischen Kontinents ernähren könnte. Angola ist auf einem guten Weg: Es hat derzeit das höchste Wirtschaftswachstum Afrikas und die Regierung arbeitet daran, die bis anhin stark auf Erdöl und Landwirtschaft fokussierte Wirtschaft zu diversifizieren. Die Angolaner machen das sehr clever, aber halt auf ihre eigene Weise. Sie arbeiten mit China oder der USA in gleicher Weise zusammen, wie mit den europäischen Staaten. Sogar mit der ehemaligen Kolonialmacht Portugal hat sich ein positiver Transfer von Wissen und Know-How entwickelt, mehr als 20 000 Portugiesen sind in den letzten Jahren aus wirtschaftlichem Antrieb nach Angola ausgewandert (!). Und alles wunderbar unideologisch und moralinbasisch.
Die Frage ist nun: Wie lässt sich das ausweiten?
Ich bin davon überzeugt, dass es funktionieren wird und dass wir bereits mitten in diesem Prozess stecken, der Afrika letztlich viel schneller als alle denken vorwärts bringen wird. Ich teile die negativen Einschätzungen diesbezüglich nicht.
Wie weitermachen?
Einfach die Türe zuzuschlagen und nichts mehr zu tun wäre blödsinnig. Das ist reine Sandkasten-Theorie. Millionen an Hilfsgeldern via NGOs in diese Staaten zu transferieren ist aber auch dumm. Das führt nachweislich nicht zu nachhaltiger Entwicklung, diesen Tatbeweis haben 30 Jahre unkontrollierte und unreflektierte Entwicklungshilfe längst erbracht..
Was hilft sind wirtschaftlich ausgewogene Kooperationsverträge, Handelsverträge und Investitionen (die sich auch reinvestieren).
Heisst: Die erste Welt darf und muss in Afrika Geschäfte machen. Sie darf dabei sogar Profit machen (das gehört zur Marktwirtschaft dazu). In vielen Ländern Afrikas gibt es bereits sehr viele positive Beispiele dafür.
Aber: Diese Kooperationen sollen verdammtnochmal endlich auf Augenhöhe stattfinden und zwar auch im öffentlichen Diskurs. Sprich: Nicht jede Firma, die in Afrika investiert und Geschäfte macht soll gleich automatisch in den Verdacht kommen, die arme Bevölkerung dort auszubeuten. Anders herum müssen die Europäer von ihrem hohen Ross herunterkommen und damit aufhören, Zentralafrika nur als dunklen Dschungel zu betrachten, in dem nur Kriege und Seuchen toben. Und sie müssen aufhören die Afrikaner zu bescheissen und zu benachteiligen. Das gilt nicht zuletzt auch für die EU.