Wie ich sehe steht Salah seit einigen Seiten fast auf verlorenem Posten. Darum wollte ich mich auch ein wenig in die Diskussion einschalten.
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Wenn es tatsächlich einen deutlich besseren Weg gäbe zu lernen, dann muss man sich schon fragen: Warum gehen sie ihn denn dann nicht? Wer wirklich will, der könnte innerhalb von 1-3 Jahren ein landesweites funktionierendes Schulsystem aufbauen. Wenn die westliche Art des Lernens also für Muslime die falsche Art ist, wer hinderte sie daran, das zu ändern?
Ich sehe es eher so. Es gab vorher kein funktionierendes Schulsystem. Dann führte der Westen ein Schulsystem ein. Und seitdem haben es die arabischen Staaten, so deine Aussage denn stimmt, offensichtlich dabei belassen. Das ist aber nicht mehr die Schuld des Westens, sondern liegt wenn, dann entweder an der Bequemlichkeit oder dem Unvermögen der arabischen Gesellschaften.
Wenn man das Ganze von dieser Warte aus betrachtet, dann muss wohl auch hinzugefügt werden, dass die "fortschrittlichen" Europäer seit dem 11. Jhd. einen Großteil ihres Wissens den Arabern zu verdanken haben. Ein richtiges (westliches) Schulsystem hat es am Beispiel von Ägypten in den arabischen Ländern so noch nicht geben. Und wenn dann war es kein demokratisches Schulsystem, sondern eines, dass von den Kolonialherren aufgedrängt wurde. Ägypten als eigenständigen Staat gibt es nun seit ~60 Jahren. Vorher gab es nur Joch und Unterdrückung durch andere Länder. Als europäische Staaten gegründet wurden habe sie auch nicht innerhalb von 60 Jahren ein super System aufgebaut. Ägypten ist noch ein relativ junges Land, welches selbstständig auf eigenen Beinen steht. Wie soll man innerhalb von 1-3 Jahren ein Schulsystem aufbauen, wenn es an essentiellen Dingen bereits mangelt? Nahrung, Infrastruktur, Arbeit, etc. Abgesehen davon, gibt es in Ägypten bereits genug Vorschläge und Ambitionen für ein reformiertes Schulsystem. Jedoch gibt es von führender Seite keine Zuschüsse oder primäre Gründe, dies momentan zu ändern. Also kannst Du nicht behaupten, dass der Wille nicht da ist. Es ist nicht alleine die Schuld des Westens, aber zu größten Teilen, da diese zu Herrschaftszeiten einfach keinen Grund darin sahen, den Arabern entwicklungstechnisch ordentlich unter die Arme zu greifen.
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Ich bezweifle nicht, dass es natürlich in allen diesen Ländern viele schöne und saubere Ecken gibt. Aber es gibt eben auch große Problemzonen. Solche Slums und Elendsviertel wie in Kairo oder Alexandria gibt es jedenfalls in Westeuropa nicht mehr.
Als Beispiel hierfür könnte man auch einfach mal nach Spanien oder Portugal schauen. Und auch in anderen Städten Europas sieht es so aus. Ein Grund für diese sogenannten Elendsviertel wie Du es nennst, ist, dass mehr als 50% der weltweiten Flüchtlinge in arabischen Ländern leben. Und in Ägypten davon extrem viele. Also, wenn das in Europa so weitergeht, können sich Deutschland und Ägypten deiner Aussage nach in ein paar Jahten gegenseitig Preise verleihen, wer die größeren Slums hat. Und die meisten Leute in den Slums und Elendsvierteln leben dort gar nicht mal schlecht. Es gibt dort reichere Leute in Kairo, als welche die außerhalb dieser Viertel wohnen. Freunde von mir in Kairo haben dort eben auch ihre "Wohnung".
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as ist richtig. Das hatte viel mit Bildung und Organisation zu tun. Und im Übrigen auch mit der Anerkennung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Nur: diese Erkenntnisse liegen nun schon seit ca. 150 Jahren vor. Auch die Araber könnten sie kennen. Ändern tut sich dort trotzdem nichts, oder sagen wir: viel zu wenig. Bei den Indern, Pakistanis, vielen Chinesen, in Lateinamerika usw. übrigens auch nicht. Und das hat viel mit der Mentalität in den dortigen Gesellschaften zu tun.
Und viele dieser Erkenntnisse hat man sich von der arabischen Welt "abgekupfert." Doch der Wille ist da, jedoch kann man nicht einfach so pauschal sagen, es tut sich nichts, weil die Mentalität dagegen spricht. Was ist denn das bitte für ein Argument? Es hat nichts mit der Mentalität als vielmehr mit den historischen Zusammenhängen zu tun. Die meisten der aufgezählten Länder waren Kolonien die nun auf sich alleine gestellt sind. Abgesehen davon, kann sich auch kein System aufbauen wenn ständig Unruhe in Form von Kriegen herrscht.
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Wieso hat sie sie verloren? Das ist doch die entscheidende Frage. Das lag aus meiner Sicht nicht am Westen. Da gibt es Gründe innerhalb der arabischen Welt. Und aus meiner Sicht ist der Hauptgrund dafür, der Umgang mit der Religion bzw. deren Einfluss auf jeden Bereich des Alltags. Ich würde es sogar noch anders ausdrücken. Die arabische Welt hat nichts verloren. Sie hat nur, im Gegensatz zum Rest der Welt, aufgehört sich weiterzuentwickeln. Sie ist im Stillstand verharrt und sie steht immer noch still. Sie entwickelt sich nicht weiter, weil sie nicht bereit ist, alte Traditionen zu hinterfragen und alte Zöpfe abzuschneiden. Nur dort, wo sie dies getan hat (z.B. Türkei) hat sie einen echten Sprung in die Moderne gemacht.
Die Türkei, bzw. die Osmanen hatten auch in Ägypten für einen Fortschritt gesorgt. Dann kamen die Engländer und alles war zunichte. Und jetzt sehen wir nach 60 Jahren auf den Staat Ägypten, zeigen mit dem Finger auf ihn und sagen ihr seid selbst Schuld? Das liegt einfach daran, dass ihr Moslems seid und keinen Willen habt euch dem Westen zu öffnen? Was hat das mit dem Westen zu tun? Achja stimmt, der Westen bringt der arabischen Welt heute noch genau so viele Probleme, sogar mehr, als er sich nicht eingemischt hatte. Das soll jetzt nicht heissen, sie sollen zukünftige Hilfe unterlassen. Aber es wäre schön, wenn man von seinem Podest einmal herunterkommen würde, sich mit lokalen, geografischen und historischen Gegebenheiten auseinander setzen würde, anstatt heranzutreten und zu sagen: "Hier, da habt ihr, jetzt macht was draus."
In Ägypten ist es der Wille des Volkes moderner zu werden, doch hapert es unter anderem an den finanziellen Möglichkeiten diese Pläne zu verwirklichen.