Gesellschaft Heute; Spieglein, Spieglein an der Wand
Ich sitze alleine im Bus. Draussen regnet es in Strömen. Vor
Langeweile wische ich über die Fensterscheibe und schaue in mein
Gesicht, in den prasselnden Regen. Ich schliesse kurz die Augen und
versinke in Gedanken…
Spiegel sind eine wichtige Sache. Man benutzt sie in Fahrzeugen, um
den Verkehr zu kontrollieren, um die Energie von Licht zu bündeln und
ganz einfach um sich für den Ausgang fertigzumachen. Spiegel waren über
Jahrhunderte ein Zeichen von Wohlstand. Sie sorgten für Gepflegtheit und
dafür, dass der Besitzer genauso eine Augenweide wie der Spiegel selber
war. Doch mit der Erfindung des Spiegels erlangte der Mensch viel mehr
als nur das! Sie kommen in allen möglichen Farben und Formen vor. Sind
Hauptdarsteller mancher Bücher und Filme. Kurz, sie sind eine
Faszination. Egal ob in Märchen, Thriller oder Horrorstreifen, überall
sind sie zu finden. Sie sind ein grundlegender Teil unserer Gesellschaft
und des Individuum selber.
Egal ob Spiegel oder Seen, sie beide zeigen uns etwas, was wir sonst
nie zu Gesicht bekommen, von dem wir stets hören, es aber nie selber
sehen. Uns selbst. Dieser Umstand ist es, der uns so fasziniert und
fürchtet zu gleich. Es ist als würden wir durch ein Fenster blicken und
uns selber betrachten. All die guten und schlechten Äusserlichkeiten.
Vielleicht gefällt uns was wir sehen, vielleicht tut es das nicht. Wir
denken über unsere Frisur nach, oder gar über eine Operation. Aber was
viel wichtiger ist, wir machen uns Gedanken über uns selber! Nicht nur
äusserliche, sondern tiefgründige, seelische Gedanken. Wir fragen uns
vielleicht wer wir sind, was wir sind, wieso wir etwas getan haben, oder
gar all dies zusammen. Ist man in diesen Gedanken erst einmal
verstrickt, so nagen sie Stunde für Stunde und sind nur schwer wieder
loszuwerden.
Das ist der Reiz, das Furchterregende an den Spiegeln. Nach all diesen
Gedanken, glauben wir unsere Persönlichkeit offen da liegen zu sehen.
Wie ein Buch in dem wir blättern und uns verlieren können. All die guten
Seiten, auf denen wir lesen, wie nett wir sind, wie toll wir sind. Und
dann all die schlechten Seiten, mit nagendem Zweifel und Depressionen
beschriftet.
All diese Gedankengänge gipfeln wohl in diesem einem typischen Moment,
den wir alle kennen. Man sitzt alleine in einem Bus, draussen regnet es
in Strömen. Vor lauter Langeweile beschliesst man mit der Hand über das
Fenster zu fahren und eine freie, spiegelnde Fläche zu hinterlassen.
Man sieht sich selber, den Regen dahinter, und versinkt in Gedanken. Man
denkt daran wo man eigentlich hinwollte. Vielleicht ein
Geschäftsmeeting? Ein Date? Vielleicht die Schule? Aber dann alles ist
plötzlich egal und man schwimmt nur noch im Fluss der eigenen Fantasie.
Man denkt über längst Vergangenes nach, über Zukünftiges, stellt sich
alles Mögliche vor. Denkt über Spiegel nach.
Diese Momente sind jene, welche ein starkes Bewusstsein oder
tiefgründige Depressionen verursachen können. Uns selber
gegenüberzustehen und uns in die Augen zu blicken, eröffnet verschlossen
geglaubte Türen.
Du schaust in den Spiegel und dein Bewusstsein schaut zurück. Dein
Bewusstsein schaut durch den Spiegel und kehrt nie gleich zurück.
Wer intressiert an diesen Texten ist. Hier der Link zu der Seite, die mein Kollege und ich ins Netz gestellt haben.