Alles anzeigenIch befürchte, da muss du noch eine Null an die Zahl dranhängen. Der Mensch hat doch noch nie was in der Roten Armee gezählt. Die Russen hatten doch schon im Zweiten Weltkrieg den größten Blutzoll unter allen Kombattanten zu verzeichnen. Der Mensch als Wegwerfmaterial gehört in Russland daher wohl schon zum kulturellen Gedächtnis.
Der BBC hatte da eine Dokumentation zu einer Fallschirmjägereinheit.
Da kommen durchaus mal ganze Einheiten aus einer Kleinstadt, die Leute erfahren davon.
Was sie natürlich nicht haben, ist das große Ganze, aber dennoch führt es zu einem gewissen Druck auf die Regierung.
Noch kann sie den großteils ignorieren, auch wenn offen ist, wie dies in Zukunft aussehen wird, auch im sowjetischen Afghanistan-Krieg ist der Druck der Angehörigen erst langsam gewachsen.
Der politischen und militärischen Führung sollten die Verluste aber dennoch nicht egal sein, den Russland ist nicht die Sowjetunion.
Das russische Heer hat, wie zu Beginn des Krieges schon mal vor jemandem erwähnt, 280 000 Mann, ~die Hälfte davon Wehrpflichtige.
Solange Russland nicht mobilmacht, können die aber nicht in großer Zahl in den Krieg geschickt werden. Damit bleiben nur mehr die Berufssoldaten übrig, da kommen zusätzlich zu denen vom Heer zwar noch Fallschirmjäger und Marineinfanterie hinzu, insgesamt kommt Russland damit aber nur auf eine Zahl zwischen 240 000 und 260 000.
Und davon kann wiederum nur ein Teil an der Front eingesetzt werden (Offiziere in Stäben in Moskau, Ausbilder für die Wehrpflichtigen, Kommando- und Verwaltungspersonal für Militärbasen, Kontingente in Syrien, Georgien, Zentralasien, Armenien, Moldawien usw.).
Da fallen dann auch 10 000 Tote und 30 000 Verwundete massiv ins Gewicht.
Die Auswirkungen sind bereits sichtbar, teilweise werden Panzer mit 2 Mann Besatzung ins Gefecht geschickt, Infanterie-Gruppen haben oft nur 5 oder 6 statt 9 Mann etc.
Ohne Mobilmachung wird die derzeit laufende Offensive im Donbass Russlands letzte große Offensive in diesem Krieg werden, weil sie danach einfach nicht mehr die Soldaten für großangelegte Offensiven haben.
Wenn Russland mobil machen sollte, kann sich das natürlich wieder ändern, aber nicht von heute auf morgen.
Einerseits, weil die Ausbildung der Wehrpflichtigen zu wünschen übrig lässt, und die deren Wehrdienst schon länger zurückliegt erst einige Monate Auffrischungstraining benötigen, sondern auch wegen der bisherigen Verluste.
Denn die Berufssoldaten, vor allem die Berufes-Offiziere und Unteroffiziere die da sterben, hätten ja eigentlich eine Art Gerüst darstellen sollen, um die Wehrpflichtigen zu effektiven Einheiten zu formen.
Das ist halt etwas schwer, wenn die Berufskomponente derart ausgedünnt ist, dass musste bereits die KuK Armee im 1. Weltkrieg feststellen.
Das erinnert mich irgendwie an die Situation der kombinierten japanischen Luft- und Seestreitkräfte im Zweiten Weltkrieg. Nach der Schlacht von Midway war in meinen Augen die Versenkung der vier großen Träger Kaga, Akagi, Hiryu und Soryu ein herber Verlust der strategischen Iniative für das Kaiserreich Japan im Pazikfik, aber viel schwerwiegender wog der Verlust an fähigen Piloten auf der taktischen Ebene. Ich glaube, da gibt es sogar Statistiken wie stark der Trefferquote der Sturzkampf- und Torpedobomberpiloten bis hin zur Seeschlacht von Leyte 1944 zurückgegangen ist.
So richtig voran kommt Russland im Donbass ja nicht (Gott sei Dank). Die entscheidende Kesselschlacht findet momentan nicht statt. Der Faktor Personal in puncto Qualität und Quantität spielt nach wie vor wohl eine große Rolle in der Kriegsführung. Ich hoffe, dass Russland nicht die Generalmobilmachung einleiten wird. Andererseits wäre das aber auch ein Eingeständnis von Putin, dass die Mär einer "Spezialoperation" nicht mehr tragbar wäre und man offen gegenüber der eigenen Bevölkerung propagieren müsste, dass man sich mit seinem Brudervolk im Krieg befinde.
Mal sehen, welche Räuberpistole dann auf den Tisch gelegt wird, um der Weltöffentlichkeit zu demonstrieren, in welcher Art und Weise die Ukraine Russland zuerst überfallen habe. Wahrscheinlich muss da irgendeine ukrainische Ethnie als casus belli herhalten, die vor 500 Jahren ein Dorf Ivan des Schrecklichen überfallen hat.