Sinn und Unsinn der Hartz-Reformen

Zitat von Andragoras

Freiwilligkeit ist immer besser. Ich vertrete aber die Meinung, dass in Notsituationen vom Staat bezahlte Gruppen (Harzt4, Beamte) da eingesetzt werden können, wie gerade Hilfe benötugt wird.
Jetzt kann man mich gerne wieder steinigen. Ich finde weiter gut, wenn in einer normalen Situation zum Beispiel Harzt4-Bezieher 1x die Woche durch den Park gehen und Müll einsammeln. Für mich ist die Geldleistung Harzt4 eine Art Lohn des Staates, von der man eine Gegenleistung erwarten kann.

Aber das muss dann zuerst für die Leute gelten, die Kindergeld vom Staat beziehen. Denn auch das ist eine Geldleistung vom Staat, von der man eine Gegenleistung erwarten kann - und im Gegensatz zu Beamten, die für diese Leistung arbeiten müssen, bekommt man Kindergeld sogar ohne Gegenleistung quasi vom Staat geschenkt.

Es wird ja hier sehr intensiv darüber diskutiert, dass vom Staat finanzierte Gruppen einen "Beitrag" in Krisenzeiten leisten können, sollen und müssen, weil sie Leistungen erhalten.

Okay, wenn man das ganze ein wenig differenzierter betrachtet, dann wird es jetzt lustig. Es gibt nämlich noch weitere Gruppen, die massiv vom Staat profitieren, bzw. profitiert haben, und jetzt auch mal was zurückgeben können, sollen und müssen.

1. Die Landwirtschaft profitiert seit Jahren massivst durch staatliche und europäische Subventionen.

2. Die Automobilindustrie erhielt in schweren Zeiten (Finanzkrise 2008) staatliche Subventionen, damit ihnen schlichtweg der Hintern in schweren Zeiten durch Umsatzsteigerung gerettet wird. Stichwort ist hier die Abwrackprämie, die meines Wissens nach sogar noch deutlich aufgestockt worden ist, als der Rubel zu rollen begann.

3. Der Verband des Hotelgewerbes. Hier ist das Stichwort "Mehrwertsteuer". Da gab es doch mal einen lustigen Skandal um die FDP, die sich massiv für die Reduzierung der Mehrwertsteuer im Hotelbereich eingesetzt hatte, nachdem die Mövenpick-Geuppe eine bescheidene Spende von einer Million Euro hat an die FDP überweisen lassen. Die FDP peitschte das Gesetz mithilfe der CSU in Bayern durch, weil man den bayerischen Tourismusbereich vor der starken Konkurrenz aus Österreich "schützen" wollte.

4. Hatte ich das Jahr 2008 erwähnt? Ach ja, der Finanzsektor! Da war doch was mit "Rettungsschirm"........

Also, Bauern, Autobauer, Autoverkäufer, Kellner, Hotelmanager, Zimmermädchen, Banker, Angestellte der Versicherungsbranche Deutschlands vereinigt euch!!!!
Ran an den Spargel, ran die Obstbäume im Alten Land, rein in die Pflegerkluft, aufgesetzt die Schwesternhaube!!!!

Scheiß egal, ob Kinder zuhause! Kurzarbeit = viel Freizeit! Viel Freizeit = Zeit, dem Staat auch mal was zurückzugeben!

Und jetzt mal ernsthaft. Ich denke, Bob hat das schon sehr fundiert begründet, dass in erster Linie eine Freiwilligkeit wichtig ist. Wer kann, der soll helfen, wenn Bedarf besteht, und es seine Lebenssituation zulässt!

In der DDR haben sie sowas tatsächlich gemacht. Da hieß es zeitweise dann in allen VEB Betrieben, Schulen, Sparkassen, Behörden und Kasernen: „Raus aufs Feld. Ernteeinsatz.“

Richtig. Da war es Zwang. In unserer BRD bin ich mir ziemlich sicher, dass es auch auf freiwilliger Basis funktionieren würde. Die Jahrhundertflut an der Oder hat es ja eindrucksvoll gezeigt.

Im übrigen habe in dem Jahr nicht an der Oder ausgeholfen, sondern an der Elbe bei Lauenburg Sandsäcke geschleppt. Das Haus der besten Freunde meiner Eltern abgesichert und bei den Nachbarn auch noch die Bude wasserdicht gemacht. Da hatte ich aber auch Zeit ohne Ende gehabt. War noch Student damals.

Danke Lord Wolhynia,
das wollte ich mit meinem Beitrag auch ausdrücken. Wo soll denn die Grenze liegen? Zieht man diese gerecht, sind auf einmal fast alle Menschen mit drin, Beispiel Kindergeld. Das war übrigens auch der Hauptgrund, weshalb die Wehrpflicht ausgesetzt werden musste und warum wir bisher keine allgemeine Dienstpflicht haben, nämlich weil keine Wehrgerechtigkeit herrschte und die Behörden diese nicht auf die Reihe bekommen haben.

Beim Feldeinsatz würde dementsprechend auch keine Dienstgerechtigkeit herrschen und so lange diese nicht garantiert werden kann, sollte man davon Abstand nehmen.

Aber wenn sich jemand hin stellt und von seiner Gruppe aus mit dem Zeigenfinger auf eine andere Gruppe von Menschen zeigt und fordert, die sollten ihm doch umsonst den Arsch hinterhertragen, weil sie doch Geld von Staat beziehen würden, er selbst jedoch nichts tun möchte, obwohl er auch Geld vom Staat bezieht, dann geschieht das entweder aus Unwissenheit oder Egoismus.

Menschen die Kindergeld bekommen auf die Felder! Das schließt Hartz-IV Empfänger nämlich aus

Zitat von John

In der DDR haben sie sowas tatsächlich gemacht. Da hieß es zeitweise dann in allen VEB Betrieben, Schulen, Sparkassen, Behörden und Kasernen: „Raus aufs Feld. Ernteeinsatz.“

Kurzes OT: Gabs in der BRD auch und gibts noch. Nicht von staatlicher Seite. Mitglieder einer Sekte müssen nach einem Arbeitstag regelmäßig raus um bei der Feldarbeit zu helfen. Der mir bekannte Fall war/ist ein Büromensch - in wie weit das um sich greift bei den anderen Berufsfeldern und diese zur Feldarbeit "versklavt" werden ist mir nicht bekannt.

Zitat von John

In der DDR haben sie sowas tatsächlich gemacht. Da hieß es zeitweise dann in allen VEB Betrieben, Schulen, Sparkassen, Behörden und Kasernen: „Raus aufs Feld. Ernteeinsatz.“

War völlig normal, wir mussten auch mit der gesamten Schulklasse zum Ernteeinsatz. Hat glaube ich niemanden geschadet.

Doch, das System hat nicht überlebt. Sollten vielleicht auch mal alle überdenken die hier nach Zwangsarbeit schreien...

Zitat von Brocas Helm

War völlig normal, wir mussten auch mit der gesamten Schulklasse zum Ernteeinsatz. Hat glaube ich niemanden geschadet.

Ich verstehe was Du meinst. Dennoch glaubte ich, wenn du die gesamte Wirtschaft einen Lockdown machen lässt, damit alle auf die Felder können zum ernten, schadest der nationalen Wirtschaft damit enorm.

Meine Antwort bezog sich nicht auf das System, sondern darauf das es nicht schadet wenn Jugendliche auch diese Arbeit mal kennen lernen, ich denke das fördert Bewusstsein und Umgang damit.

Wenn es erzwungen wird kann es schaden, weil man dann negatives damit verknüpft.

Naja, Schule ist auch nicht freiwillig. Bisschen Zwang muss hier und da schon sein. Manchmal muss man die Menschen zu ihrem Glück zwingen. Sehe ich jedenfalls so. Unserer Schüler haben vor dem Abschluss auch immer noch zwei Wochen Außeneinsatz. Wiesen mähen. Obstbäume einzäunen. usw.. Ist ne Schulveranstaltung. Das verdiente Geld dürfen sie dann für die Abschlussfeier verbraten. Schadet keinem.

Zitat von John

Naja, Schule ist auch nicht freiwillig.

Und es gibt Tausende, wenn nicht Millionen, Schüler die Schule mit was negativem verbinden

Zitat von Gaius Bonus

Aber das muss dann zuerst für die Leute gelten, die Kindergeld vom Staat beziehen. Denn auch das ist eine Geldleistung vom Staat, von der man eine Gegenleistung erwarten kann - und im Gegensatz zu Beamten, die für diese Leistung arbeiten müssen, bekommt man Kindergeld sogar ohne Gegenleistung quasi vom Staat geschenkt.

Ich dachte eigentlich, dass mehr oder weniger klar ist, wo die Grenze liegt.
Die Rede war auch immer von Beziehern, wo aktuell (einige Beamte) oder immer keine Gegenleistung (Hartz4) erbracht wird.
Wer Kindergeld bezieht, hat schon eine Leistung für den Staat erbracht. Nämlich die zukünftigen Menschen, die (hoffentlich) die Wirtschaft auf laufen halten und unsere Rente bezahlen.
Des Weiteren sind die meisten Bezieher von Kindergeld normale Arbeiter, die fleißig ihre Steuern bezahlen. Es liegt hier eine Art der Steuerrückzahlung zur Unterstützung der Familien vor. Bei den meisten wird bei der Rechung "zu zahlende Steuern" minus Kindergeld ein dickes Minus übrig.
Diese Zahlung mit Hartz4 zu vergleichen erschließt sich mir nicht.

Den Zusammenhang Kinderfreibetrag und Kindergeld habe ich noch gar nicht weiter ausgeführt...

Zitat von Lord Wolhynia

Und jetzt mal ernsthaft. Ich denke, Bob hat das schon sehr fundiert begründet, dass in erster Linie eine Freiwilligkeit wichtig ist. Wer kann, der soll helfen, wenn Bedarf besteht, und es seine Lebenssituation zulässt!

Freiwilligkeit vor Zwang.
In Notsituationen, wenn benötigt, auch gerne Zwangsmaßnahmen.

Zitat von Fairas

Und es gibt Tausende, wenn nicht Millionen, Schüler die Schule mit was negativem verbinden

Kannst du dir vielleicht nicht vorstellen, ist in der Arbeitswelt genauso.
Bei der Auswahl A. 3.000 Euro mit Arbeit oder B. 3.000 Euro mit im Garten sitzen würden sich 98% für B entscheiden.
Die wenigsten gehen jeden Tag gerne zu Arbeit und stehen freudestrahlend um 5:30 Uhr auf.
Da muss man die Popobacken zusammen kneifen und durch. Oder als Alternative anderen auf der Tasche liegen.

Zitat von Andragoras

Ich dachte eigentlich, dass mehr oder weniger klar ist, wo die Grenze liegt.
Die Rede war auch immer von Beziehern, wo aktuell (einige Beamte) oder immer keine Gegenleistung (Hartz4) erbracht wird.

Aber gerade beim Kindergeld liegt ja gar keine Gegenleistung vor. Kinder in die Welt zu setzen hat nichts mit Leistung zu tun, das kann jeder.

Zitat von Andragoras

Wer Kindergeld bezieht, hat schon eine Leistung für den Staat erbracht. Nämlich die zukünftigen Menschen, die (hoffentlich) die Wirtschaft auf laufen halten und unsere Rente bezahlen.

Ja, die Hoffnung stirbt zuletzt. Das ist doch bei der aktuellen Entwicklung des Arbeitsmarktes sowie der Zuwanderung und der globalen Erwärmung Utopie.

Zitat von Andragoras

Des Weiteren sind die meisten Bezieher von Kindergeld normale Arbeiter, die fleißig ihre Steuern bezahlen. Es liegt hier eine Art der Steuerrückzahlung zur Unterstützung der Familien vor.

Die zahlen aber bereits weniger Steuern im Vergleich zu den jenigen, die sich in Steuerklasse I befinden. Bedeutet, die werden bereits von Leuten wie TauPandur oder John mitfinanziert.

Zitat von Andragoras

Diese Zahlung mit Hartz4 zu vergleichen erschließt sich mir nicht.

Beide beziehen Geld vom Staat ohne Gegenleistung. Man kann darauf übrigens freiwillig verzichten. Wer sich also hier hin stellt und über ALG II Bezieher schimpft, sollte auch den moralischen Anstand besitzen freiwillig auf das Kindergeld zu verzichten.

@Gaius Bonus

Das meine ich nicht persönlich und ich gehe kontroversen Diskussionen selten aus dem Weg. Hier aber schon.

Wenn du es genau nimmst, bezahlt TanPandur auch John, weil John Beamter ist. Und ich bezahle John auch, weil ich mehr Lohnsteuer bezahle als Kindergeld bekomme. Also mehr dem Staat gebe als zurück bekomme.

Wenn du auf Kindergeld verzichtest, greift steuerrechtlich der Kinderfreibetrag. Kann man auf den Verzichten?

Sorry, ich kann es leider nicht ernst nehmen, wenn Kindergeld und Hartz4 miteinander verglichen werden.

Können sehr gerne weiter diskutieren, so sehe ich aber keine Basis.

Du gibst dem Staat mehr, als du zurückbekommst? Autsch.
Also erstmal kriegst du nen Haufen Gegenleistungen. Zum Beispiel Lehrer, Richter und Polizisten, die gut ausgebildet und unbestechlich sind und auch nicht streiken, wie bspw. Lokführer oder Piloten.
Abgesehen davon wirst du kaum die Kanalisation zu deinem Haus selbst gebuddelt haben. Du nutzt Straßen, Wasseraufbereitung, Öffentliche Verkehrsmittel, Schwimmbäder, Schulgebäude, Telefonleitungen, TV-Anschlüsse, einen Rechts- und Sozialstaat usw. usf.. Du nimmst Schutz und Fürsorge tagtäglich in Anspruch. So selbstverständlich, dass es dir offenbar gar nicht mehr einfällt, wie viel Geld das alles kostet. Gemessen daran, was du beziehst, sind die Steuern und Abgaben die wir alle zahlen eigentlich ein Witz.

Man muss sich nur mal reinziehen, was es für eine unglaubliche Kulturleistung ist, dass du in Deutschland aus nahezu jedem Wasserhahn selbstverständlich trinken kannst, ohne das Wasser noch irgendwie aufbereiten zu müssen. DAS ist das Land wo Milch und Honig fließen. Und zwar für uns alle.

Zitat von John

Du gibst dem Staat mehr, als du zurückbekommst? Autsch.
Also erstmal kriegst du nen Haufen Gegenleistungen. Zum Beispiel Lehrer, Richter und Polizisten, die gut ausgebildet und unbestechlich sind und auch nicht streiken, wie bspw. Lokführer oder Piloten.
Abgesehen davon wirst du kaum die Kanalisation zu deinem Haus selbst gebuddelt haben. Du nutzt Straßen, Wasseraufbereitung, Öffentliche Verkehrsmittel, Schwimmbäder, Schulgebäude, Telefonleitungen, TV-Anschlüsse, einen Rechts- und Sozialstaat usw. usf.. Du nimmst Schutz und Fürsorge tagtäglich in Anspruch. So selbstverständlich, dass es dir offenbar gar nicht mehr einfällt, wie viel Geld das alles kostet. Gemessen daran, was du beziehst, sind die Steuern und Abgaben die wir alle zahlen eigentlich ein Witz.

Man muss sich nur mal reinziehen, was es für eine unglaubliche Kulturleistung ist, dass du in Deutschland aus nahezu jedem Wasserhahn selbstverständlich trinken kannst, ohne das Wasser noch irgendwie aufbereiten zu müssen. DAS ist das Land wo Milch und Honig fließen. Und zwar für uns alle.

Ich bezog klar auf den Vergleich der Geldleistungen.
Bei den Dienstleistungen hast du Recht, da "verlieren" die meisten von uns hier diesen Vergleich.

Ja, nur die kann man ja nicht voneinander trennen. Ist doch logisch.