In der Welt der PC Rollenspiele gibt es viele Spiele die OK sind, manche sind zu kurz, zu simpel, zu hässlich; einige die gut sind. Einige die so gut sind das sie auch nach Jahren noch gespielt werden und es gibt... die Legenden. Baldurs Gate, Planescape Torment, Fallout. Nun hat ein bisher unbekanntes Entwicklerstudio, Owlcat Games, vor knapp einer Woche ein neues Spiel released, der etwas sperrige Name: Pathfinder: Kingmaker. Nun stellt sich die Frage: Gebührt Owlcat die Krone einer der besten RPG Schmieden? Ist Pathfinder OK? Gut? Sehr gut? Oder erleben wir hier den Beginn einer... Legende?
Hintergrund:
Der Hintergrund von Pathfinder ist großes Politik, große Reiche streiten sich und versuchen den entscheidenden Vorteil für einen kommenden Krieg zu erlangen. Der Vorteil nachdem alle gieren sind die verheerten Lande, eine Ansammlung von unregierten und unregierbaren Regionen in der Wildnis. In dieser Gegend sind schon mehrere Staatengründungen gescheitert. Der Held (oder die Heldin) wird nun von einer der um Macht und Einfluss ringenden Parteien, dem Haus Aldori, beauftragt die verheerten Lande urbar zu machen. Der Clou dabei: Ihr seit unabhängig! Alles was ihr erobert könnt ihr behalten. Kein anderer Staat kann sich direkt einmischen, ihr seit kein Vassal, niemand steht über euch. Zu schön um wahr zu sein? Stimmt...
Und so brecht ihr mit 4 Gefährten die ihr auf der Burg der Aldoris kennen gelernt (und die je nach Entscheidungen die ihr dort getroffen habt andere sind) habt, auf um den Hirschkönig, einen Banditenfürsten in den verheerten Landen zu stellen und den Grundstein für eure künftige Baronie zu legen.
Und bedenkt... das Spiel heißt nicht Baronmaker, es heißt Kingmaker...
Charaktergeneriergung:
Allein die Erstellung eines Charakteres dauert länger und ist komplexer als die meisten Spiele. Die Macher haben nämlich die Regeln des zugrunde liegenden Rollenspiels und Tabletops Pathfinder im Detail umgesetzt. Die Regeln sind dennen von D&D 3.5 (also NWN, NWN 2, eingeschränkt BG2) sehr ähnlich - aber nicht gleich. Die Auswahl ist erdrückend. 8 unterschiedliche Rassen, Menschen, Elfen, Halbling, Gnom, Zwerg, Halbork, Assimar (ein Mensch mit göttlichem Blutanteil), Halbelf. 14 am Start wählbare Klassen, vom Alchimisten über Kleriker, Krieger, Magier, Hexenmeister, Barden, Schurken usw. wovon JEDE Klasse noch einmal mindestens drei Unterklassen hat. Diese Unterklassen sind nicht nur im Detail von der Hauptklasse zu unterschieden sondern sind zum Teil auf ganz andere Aspekte spezialisiert. So ist der Schwertheilige, eine Unterklasse des Kampfmagiers, einer der am besten spezialisierten Nahkämpfer des Spiels der seine Magie vor allem der Verbesserung seiner Kampffähigkeiten unterordnet - aber keine Rüstung tragen kann. Als wenn dies nicht genug wäre kommen noch 6 weitere, im späteren Spielverlauf wählbare Spezialklassen dazu. Da es KEINE Möglichkeit gibt den Charakter im späteren Spielverlauf zu ändern oder zurückzusetzen, ist eine überlegte Charaktergenerierung hier Pflicht.
Dabei gibt es noch einiges mehr zu beachten: Soll mein Charakter Links oder Rechtshänder sein? Soll er am Anfang eine Rechtschaffen Gute Gesinnung haben? Chaotisch Böse sein? Irgendetwas dazwischen? Das Spiel bietet 10 unterschiedliche Moraleinstellungen an. Natürlich muss man sich im späteren Spielverlauf nicht daran halten.
Impressionen aus der Charaktererstellung
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Freunde fürs Leben...
Ein wichtiger Aspekt von Kingmaker sind die Gefährten mit dennen ihr reist, kämpft und ggf. auch liebt. Es gibt 11 Gefährten, jede(r) mit eigener Hintergrundgeschichte, Sidequest, Moral und Dialogen. Es gibt sowohl für einen männlichen als auch einen weiblichen Hauptcharakter jeweils 3 Romanzen, 2 hetero und 1 homosexuelle.
Die Gefährten sind eines der Herz und Glanzstücke von Kingmaker. Sie mischen sich häufig mit Kommentaren in die Unterhaltung des Hauptcharakters mit anderen NPCs ein, unterhalten sich am Lagerfeuer (komme ich noch zu) über den Tag und ihre Einstellung zum Leben und Tod (oder über Rüstungspolitur, die nächsten Ausflug in die Taverne... oder das Bordell) und gerade sind auch wenn ihr im Kern der Baronie seit als Ratgeber, Auftraggeber und sogar Antagonisten ( ! ) immer im Blick.
Dabei sind die Gefährten vielschichtig - und im Gegensatz zu Pillars of Eternity z.B. liebenswert.
Eine Auswahl:
- Linzi, die Bardin die sich als erste eurem Tross anschließt und so grün hinter den Ohren ist das diese erst nass werden müssen um trocken zu werden. Ein Energiebündel das noch an Heldentaten und Ritter in glänzender Rüstung glaubt.
- Vallerie, eine von der Göttin der Schönheit gesegnete Kriegerin die als Atheistin alle Götter ablehnt und vor einem Paladinorden auf der Flucht ist, der sie als Objekt der Bewunderrung, sucht.
- Harrim, ein Zwerg der der seinem Gott abgeschworen und sich dem Gott des Untergangs, der Entrophie und es Verfalls verpflichtet hat.
- Jubilost, ein Gnom und gefeierter Schriftsteller, selbsternannter klügster Mann der Welt und Weltklasseklugscheißer.
- Nok-Nok, ein Goblin der... Spass haben will.
... und noch Sechs weitere!
Wohl und Wehe einer Baronie und Kopfschmerzen für den Baron
Wenn ihr einmal den Hirschkönig besiegt habt, dann kommt es zu einer Krönungszeremonie, ihr werdet zum Baron geschlagen. Wer denkt das dies Probleme löst, der täuscht sich. Ihr seit nun Besitzer eines Stück Landes irgendwo im Nirgendwo. Ihr habt wenig Bevölkerung, keine Wirtschaft, dafür viele Wegelagerer, Monster und zu zähmendes Land. Eure Baronie besteht aus mehreren Abschnitten die es erst zu erobern und dann zu integrieren gilt. In jedem dieser Abschnitte könnt ihr dann eine Siedlung errichten und diese mit Gebäuden ausbauen. Diese Gebäude stärken dann die 10 Grundwerte eurer Baronie. Loyalität, Wirtschaft, Religion usw. Fällt einer dieser Werte auf 0, dann ist das Spiel für euch als Baron vorbei.
Die Werte können schnell fallen wenn ihr eure Gefährten nicht klug einsetzt. Es gibt Am Start der Baronie 5 Posten im Rat, Kämmerer, Rechte Hand, General, Priester und eine Art "Stimme des Volkes", diese Posten können mit euren Gefährten oder (wenigen) NPCs besetzt werden. Jeder hat andere Herangehensweisen an ein Problem. Ein Beispiel: Ein kätzerischer Priester kommt in die Baronie und predigt Dinge die eurer Herrschaft schaden können. Aber wenn schickt ihr? Vallerie die immer im Rahmen der Gesetze Handelt? Jubilost der Probleme mit Gold löst? Linzi die immer versucht eine Übereinkunft zu erzielen? Oder Nok-Nok der... entgültige Lösungen gut findet? Selbst wenn ihr eine Wahl getroffen habt heißt es nicht das das Ereignis von Erfolg gekrönt ist. Sollte es scheitern hat es unterschiedliche Konsequenzen. So mag Nok-Noks Methode zwar radikal sein, die Belohnung bei Erfolg ist aber größer, natürlich auch die Strafe bei Misserfolg.
Die Baronie generiert kein Gold sondern Baupunkte (BP) mit dennen ihr nach und nach Landstriche dazugewinnt und Gebäude baut. Ihr habt dankbarerweise die Möglichkeit Gold das ihr durch Monstertöten und Gegenstände verkaufen erwerbt in BP umzutauschen um die Entwicklung der Baronie zu vorran zu treiben.
Aber was bringt einem das in einem Rollenspiel?
Zum einen Atmosphäre, Kingsmaker spielt sich nicht wie ein Friedefreudeeierkuchen Simulator sondern jedes angegliederte Gebiet, jede gelöste Kriese, jeder gewonnener Kampf ist ein Erfolg, ist ein kleines Puzzleteil auf dem Weg zum mächtigen Königreicht - oder einfach ein weiterer Tag den ihr überlebt habt.
Zum anderen... Gegenstände - siehe nächster Punkt.
Ein paar Impressionen aus den dem Baroniemodus, bedenkt das die Bilder zu verschiedenen Zeiten gemacht wurden. Mehr in den Bildunterschriften.
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Kurz vor der Krönung zum Baron.
Die Karten in der linken Hand sind Projekte, Dinge die der Baronie helfen, aber erst gekauft werden müssen. Ereignisse sind hingegen "kostenlos", müssen aber gelöst werden damit sie keine Nachteile nach sich ziehen (wobei es dort noch die Untergruppe der Chancen gibt, Ereignisse mit Chancen, ohne Risiken).
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Diablo 3.5?
Nein! Wer dies hofft sollte lieber Grim Dawn spielen. Alle Gegenstände sind per Hand in der Spielwelt plaziert worden. Zufälligen Loot gibt es nur bei Zufallsbegegnungen, dieser ist aber immer minderwertig. Wie versprochen: Wertet ihr eure Baronie auf, dann werden nach und nach, pro Gebiet einer, Handwerker bei euch vorstellig die euch ein besonderes Einzelstück fertigen können - was immer mit Aufwand, Kosten und Mühen verbunden ist aber sich lohnt. Sind diese Items doch wiederrum auf einen von euren Charakteren zugeschnitten.
Eine Sonderrolle nimmt ein alter elfischer Seher in eurem Thronsaal ein. Der unglaublich alte Mann tauchte einfach auf und ging nicht wieder, kurz nachdem der Thronsaal fertig gestellt war. Glück für euch! Er kann nämlich zerbrochene, überall in der Spielwelt verstreute Gegenstände wieder zu einem einzelnen, extrem mächtigen Gegenstand zusammensetzen.
So sind die mächtigsten Gegenstände im Spiel nicht dem besten Monstertöter (wobei Bosse oft auch mächtige Waffen und anderen Tand fallen lassen) sondern dem umsichtigen Baronieverwalter zugänglich.
Grafik
Für die Grafik ist die Unity Engine zuständig. Im Vergleich zum Konkurrenten Pillars of Eternity 2, sieht das Spiel oft weniger gut aus. Die Grafiken sind Gröber, die Texturen wirken wie LowResVarianten. Die Karte ist wie bei Poe2 und im Gegensatz zu z.B. Blades of the Shogun, nicht drehbar. Dafür ist der Hardwarehunger des Spiels sehr bescheiden. Solange eine SSD vorhanden ist, kommen auch ältere Systeme mit dem Spiel gut zurecht. Ohne es groß zu betonen bringt Kingmaker zwei Grafikfeatures mit das seine Konkurrenten deklassiert: Wetter und Tag und Nacht, Regen bei Nacht, Unwetter gar? Kein Problem. Sonnenschein und etwas Wind? Gern. Das wohl überraschenste für mich war: Jahreszeiten! Gerade Sommer und Winter sehen komplett unterschiedlich aus und auch den Frühling erkennt man (Herbst wirkt wie Sommer). Das gab es bis jetzt nur in sehr wenigen Rollenspielen.
Mittlere Grafikeinstellungen, man beachte das die Macher ziemlich viel Wert auf die inneren Werte gelegt haben, hier sind die inneren Werte eines erlegten Rochs (eine Art gigantischen Adlers)... Geflügel.
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Musik
Die Musik ist einer der großen Schwachpunkte von Kingmaker, keine treibender Soundtrack wie bei Tyranny, keine Chantys wie in Pillars of Eternity 2, nicht mal die leise aber tragende Epik des (für damalige Verhältnisse fantastischen) Soundtracks von Baldus Gate. Nur selten spielt Kingmaker hier die stärken einer schönen Soundkulisse aus. Ganz im Gegenteil. Die (Kampf)Geräusche die eure Gefährten machen klingen oft blechern und sind eintönig. Einzig die Wettereffekte und die Gespräche am Lagerfeuer sind sehr gut vertont und tragen viel zur Atmosphäre bei.
Kampfsystem
Das Spiel basiert, wie der Name schon sagt, Pathfinder. Pathfinder basiert auf D&D 3.5. D&D arbeitet mit einem W20. Also einem zwanzigseitigen Würfel. Dieser entscheidet im Spiel über Wohl und Wehe. Ein Beispiel: Vallerie schlägt einen Angriff gegen einen Feind mit einer Parade von 15. Sie hat keine Ahnung von dem Knüppel den sie benutzen muss und benutzt ein Turmschild. Das bedeutet einen Malus von -3. Sie hat also einen Würfel W20-3 zur Verfügung. Sie trifft also nur bei einer 20 (20 ist die Glückszahl und immer ein Treffer) und einer 19. 9 von 10 Schlägen gehen vorbei. Im Gegensatz dazu: Vallerie benutzt ihr geliebtes verbessertes Bastardschwert: +1 vom Schwert, sie ist erfahren damit +1. Das Turmschild gibt einen Malus von -2. Somit hat Vallerie einen W20 zur Verfügung, trifft also von 16-20, in 25% der Fälle.
So spielen schon kleine Boni von 1 oder 2 Punkten durchaus eine große Rolle. Sämliche Würfe, auch Würfe auf Diplomatie, Schleichen usw. werden auf einen W20 geprobt.
Gerade am Anfang ist der Frustfaktor hoch, da viele Proben ein reines Glücksspiel sind. F5 und F8 (Schnellspeichern und Laden) sind die wohl am häuftigsten gedrückten Tasten im Spiel (zumindest bei mir). Die Situation wird im späteren Spielverlauf, wenn sich über Gegenstände und Fähigkeiten Boni ansammeln (mein Dieb hat einen Fallenerkennenwert von W20+38 z.B.) entspannt sich die Lage deutlich.
Das Rasten
Im Gegensatz zu anderen Spielen wie PoE2 z.B. regenerieren sich die Fähigkeiten eurer Gruppenmitglieder (wie Zauber, Sonderangriffe wie Kampfrausch usw.) nicht nach dem Kampf sondern nur beim Rasten. Auch eure Lebenspunkte können zwar von einem Priester oder Barden geheilt werden - aber nicht unendlich. Daher ist das taktisch kluge Rasten ein Kernelement im Spiel. Ihr braucht dafür Proviant der zwar günstig aber auch sehr schwer ist. Zwar könnt ihr in wilden Gegenden jagen gehen um eure Reserven zu schonen - nur kostet dies wieder Zeit (bis zu einem Tag!) und in Dungeons ist dies natürlich nicht möglich.
Bei eurer Rast könnt ihr eure Gruppenmitglieder einteilen: Ihr braucht Jäger, jemanden der euer Lager tarnt, einen Koch, Wachen und wenn noch jemand Zeit hat kann dieser noch eine jedem Gefährten einzigartige Fähigkeit einbringen. Jubilost z.B. organisiert die Gruppe so effizient das ihr eine Stunde weniger braucht, Vallerie hingegen reduziert die Rüstungsmali für den nächsten Kampf um einen Punkt. Das alles wird abgerundet von insgesamt 12 verschiedenen Rezepten. Einem generischen und 11 einzigartigen, für jeden Gefährten Eins. Wenn ihr dies kocht und diesen in eurer Partie habt, bekommt dieser einen großen Bonus auf seine Fertigkeiten.
Ihr könnt beim Rasten übrigens jederzeit überfallen werden - wobei die Chance bei einem gut getarnten Lager natürlich viel niedriger ist als bei einem Fehlschlag im Tarnungswurf.
Ein Glanzstück beim Rasten sind die Unterhaltungen eurer Gefährten. Ich habe mitlerweile über 100 mal gerastet und bis jetzt noch keine einzige Unterhaltung zwei mal gehört. Wohlgemerkt: Gehört, die Unterhaltungen sind komplett vertont.
Schauts euch an.
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Ein Spiel gegen die Uhr
Einen Aspekt den man lieben oder hassen kann, schon das erste Quest. Das besiegen des Hirschkönigs, ist an ein Zeitlimit gebunden. Auch später werdet ihr immer wieder Quests erleben die zeitlich begrenzt sind. Bei manchen ist dies mit einem Timer kenntlich gemacht, bei anderen erfahrt ihr von dem Fehlschlag erst durch das Questlog. Aber es ist auch nicht ganz unlogisch, der Stamm der das entführte Kind hat wartet kein Jahr darauf das der Baron zurück kommt und ihnen das Lösegeld zahlt. So bekommt die Mutter am Ende nur noch die Leiche ihres kleinen Jungen. Dabei kostetet alles Zeit. Das reisen durch das mittelalterliche Hinterland kann Tage, z.T. Wochen dauern. Reisen durch Wald und Gebirge dauern naturgemäß länger als das gemütliche Wandern durch Gras und Hügelland. Dabei kostet auch das Rasten nicht wenig Zeit. Je nach Verletzungen und Leere im Zauberbuch des Priesters sowie dem Geschick des oder der Jäger, kann eine Rast schon einmal zwei Tage verschlingen.
Schwierigkeit und Bossgegner
Der Hauptpunkt warum das Spiel bei Steam bis jetzt nur 65% begeistern konnte ist der gesalzne Schwierigkeitsgrad. Vorweg: Normal ist hier wirklich schwer. Kein Kampf kann damit gewonnen werden das man seine Gruppe den Feind niederknüppeln lässt und sich einen Kaffee machen geht. Jeder Kampf kann in einer Niederlage enden wenn man nicht aufpasst. Gerade Bosskämpfe wollen mit den richtigen Verstärkungszaubern vorbereitet werden und wenn möglich muss das passende Gebiet für den Kampf gewählt werden. Dann ist es immer machbar. Sollte es das nicht sein, der Schwierigkeitsgrad ist detailiert und dynamisch im Spiel anpassbar. Ein anderer Aspekt ist Grips, ein Beispiel: Viele Spieler finden den Kampf gegen den ersten Großen "Boss", den Hirschkönig zu schwer. Er selbst ist ein extrem starker Gegner und hat noch ein Dutzend Helfer dabei. Diesen Kampf verliert man auf jedem Schwierigkeitsgrad. Wenn man aber die Schwester der Wirtin eurer Ausgangsbasis am Leben lässt, dann hat man schon mal 8 Kämpfer mehr auf der eigenen Seite. Wenn man dann noch vorsichtig durch das Lager des Hirschkönigs schleicht und die Unterführer seiner Räuberbande erledigt (mit List, Geld oder Gewalt) dann hat er nur ein halbes Dutzend schwache Schergen auf seiner Seite. Ohne Probleme schaffbar. Wichtig ist hier das der Spieler die Lösungen finden muss. Das Questlog presentiert sie nicht um auch den dümmsten darauf zu stoßen.
Einen niedrigen Schwierigkeitsgrad zu wählen lässt übrigens (fast) keine Erfolge bei Steam ungültig werden. Das einzige was hier verletzt wird ist der eigene Stolz.
Ein Beispiel für einen Bossgegner (ohne große Spoiler) und den Detailreichtum des Spiels im Spoiler.
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Ein riesiger Eulenbär (und seine Kumpels) zerstören eines der Dörfer der Baronie, der Baron und seine Gefährten, ziemlich leergezaubert und z.T. schwer verwundet stellen sich zum finalen Kampf.
Die Helden, unterstützt von einigen überlebenden Wachen (die auch schon tot sein könnten, je nachdem wie umsichtig man vorher war und wie man seine Baronie regiert) bieten alles gegen den Hausgroßen Eulenbär auf was sie haben.
Nach einem erfolgreichen Kampf, hat es auch sein gutes. Die Baronie besitzt in der örtlichen Taverne nun den größten Kaminvorleger der Welt!
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Lachen und Weinen
Das Spiel bietet viel. Vor allem viel Emotion den man dem Titel erst nicht zutraut. Gerade der hohe Schwierigkeitsgrad und die Komplexität der Welt und Charaktere, verbunden mit einem (gefühlten) ständigen Überlebenskampf in der Wildnis trägt dazu bei das sich Erfolge nicht nur wie Wegmarken zum "nächsten großen Ding" sondern wie ein Erfolg anfühlt. Nach dem Sieg über den im spoiler abgebildeten Eulenbären bin ich erst einmal aufgestanden und habe verschnauft (und habe zugegebenermaßen eine Faust in die Luft gereckt). Sieg! Im Nachgang untersützt das Spiel dies auch, nicht mit großartigen Belohnungen sondern mit Kommentaren einiger NPCs die das zerstörte Dorf wieder aufbauen, dem Eulenbärenpelz im Gasthaus usw.
Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten. Soviele Menschen ihr rettet, soweit ihr euer Reich auch auf und ausbaut, ihr errichtet es immer auf den Knochen und Tränen derer die dafür ihr Leben lassen mussten. Vertreibt ihr den Goblinstamm, schlachtet ihn ab? Oder verzichtet ihr auf die Uralte Zwergenfestung die ihr sonst als neues Gebiet eingliedern könnt und im Notfall vielen eurer Untertanen das Leben retten könnte? Lasst ihr Gerbereien einige euer Flüsse verseuchen, was vielen Tieren und einigen Menschen das Leben kosten wird, euch aber das dringend benötigte Kapital bringt um eure Siedlungen aufzubauen?
Und da gibt es die Begleiterquests. (Wohlgemerkt, ich bin bis jetzt noch bei keinem am Ende angekommen) Jeder Begleiter erzählt eine mehr oder weniger tragische Geschichte. Wie auch im wahren Leben geht es hier nicht unbedingt um das Siegen - machmal muss man überleben und intakt bleiben um es einen anderen Tag besser machen zu können.
Auch die Romanzen sind insofern aussergewöhnlich als das das Objekt der Begierde nicht einfach nur mit Geschenken und flotten Sprüchen erobert werden will. Es gibt auch nur selten eine direkte Rückmeldung. Z.B. mag ein leichtfertiges Kompliment mehr schaden als nutzen, man muss sich in den "gegenüber" hineindenken.
Humor
Das Spiel zeichnet sich durch einen mehr oder weniger trockenen, zum Teil skuriellen aber immer verständlichen Rollenspielerhumor aus. Im Spoiler gibt es einige zusammengewürfelte Beispiele ohne weitere Erklärungen - um nicht zu Spoilern.
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Ups?
Wozu Drachen töten (viel wahrscheinlicher: sich töten lassen) wenn man sie auch einfach bestehlen kann?
Jubilost im "Ichbingeilmodus".
Quatschcomedyclub auf Winzlingisch, wer hat gesagt das die keine Kultur haben?
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Umfang
Mein Sozialleben liegt seit dem 25.09. total brach. Ich habe gerade 60 Spielstunden auf der Uhr, bin Level 10 von 20 und habe knapp 40% des Spielgebiets gesehen. 100 Stunden sind locker drin. Der Umfang ist schon allein was die Quantität angeht riesig. Die Qualität hat in den 60 Stunden nicht abgenommen. Einzig der Einstieg bis zum besiegen des Hirschkönigs war etwas zäh, ein Manko das viele Reviews ankreiden und was mit Hotfix 3 schon angegangen wurde.
Owlcat und Bugs
Owlcat Games, das russische Entwicklerstudio, das seit zwei Jahren an dem Spiel arbeitet, ich muss es nochmal betonen, hat kein perfektes Spiel abgeliefert. Ich habe selbst einige Zeit pausieren müssen weil ein Bug das Weiterspielen unmöglich gemacht hat. Aber nur kurz. Nach meiner Übersicht sind sämtliche großen Bugs innerhalb von 4 Tagen in 3 Hotfixes beseitigt worden und es wird schon an einem regulären Patch zur Spielqualitätsverbesserung gearbeitet. Auch waren Communitymanager und sogar Entwickler fast rund um die Uhr im Steamforum und im Firmenforum aktiv.
Absolut vorbildlich.
Pro und Contra:
Pro
-Spieltiefe
-Spielzeit
-Charaktere
-Charaktererstellung
-"Hybridmodus" aus klassischem RPG und Aufbausimulation
-Geschichte(n)
-an den ersten drei Contrapunkten arbeitet der Entwickler mit Hochdruck
Contra
-viele viele viele Ladebildschirme
-unbeständiger, teilweise Knüppelharter Schwierigkeitsgrad - selbst auf Leicht, Schwierigkeitsspitzen
-einige (nicht mehr Spielzerstörende aber nerfende) Bugs
-fehlende Vertonung
-Soundkulisse ist sehr dünn
Mein Fazit:
Ich bin natürlich noch nicht durch. Und um es vorweg zu nehmen: Ich bin als klassischer Pen and Paper Rollen- und alter BG(2 und bigWorld) Spieler einiges gewöhnt und kenne die Mechanismen. Aber ich bin kein "Fanboy" von Owlcat oder Pathfinder, im Gegenteil. Bis vor 10 Tagen kannte ich sie nicht.
Wenn ich es in einem Satz sagen müsste: Willkommen zurück Baldurs Gate 2! Willkommen zurück. Es hat 15 Jahre gedauert aber da bist du wieder. Für mich ist Pathfinder: Kingmaker das beste Spiel seit The Witcher 3. Quantität und Qualität sind bestechend (wobei mir sowas wie Grafik nicht so wichtig ist wie manch anderen hier). In allen Aspekten außer dem Sound und mit Einschränkungen schlägt Kingmaker Branchengrößen wie PoE2 und Co. um Längen. Viel mehr kann man dazu auch nicht sagen. Spielt selbst!
Wertung: für mich: 94% (Jemand der kein Rollenspieler ist sollte 10% abziehen. Jemand der Autowin bevorzugt nochmal 10%. Jemand der das Spiel absolut Bugfrei haben will kann ein Jahr warten oder 5% abziehen)
3333 Wörter. Reicht, selbst für mich.
Beste Grüße
TauPandur
P.S.: Wenn jemand Fragen hat, raus damit!