Politische Theorien zu internationalen Beziehungen

  • Wie ich heute durch Twiggels und IWST erfahren habe, bin ich offenbar ein Anhänger des Neorealismus, ohne es zu wissen. Bin kein Politikwissenschaftler und gebe offen zu, dass ich dieser Theorien bisher nicht kannte. Klingt allerdings tatsächlich sehr passend zu meinen Überzeugungen. Ich fände es allerdings mal spannend, das grds. , also losgelöst von konkreten Konflikten zu diskutieren. Vielleicht lerne ich dabei ja was.


    Meine Grundüberzeugung ist zunächst mal, dass ich eine vorhergesagte Funktionsweise verstehen muss und nach meinen Lebenserfahrungen für wirklichkeitsnah halten muss, damit ich sie für mich als richtig akzeptieren kann. Man könnte sagen, ich habe da eine Vorliebe für möglichst einfache Konzepte, weil ich nur diese für realistischerweise auch tatsächlich umsetzbar halte. Wird es zu kompliziert, scheitert in der Regel auch für Möglichkeit zur Umsetzung, weil zuviele unbeeinflussbare Variablen mit ins Spiel kommen. Der Ausschluss von nicht mit Sicherheit beeinflussbaren Variablen ist überhaupt eine Grundtendenz bei mir, weil ich alles andere lediglich als Prinzip Hoffnung oder Glücksspiel bezeichnen würde. Kann klappen, kann aber genausogut auch in die Hose gehen.


    Was heißt das nun auf internationale Beziehungen übertragen? Defacto gibt es aus meiner Sicht kein funktionierendes Kontrollorgan der Staaten. Die UNO ist ein Versuch dazu, der aber letztlich durch die Macht des Faktischen, nämlich der tatsächlichen Supermächte konterkariert wird und wohl eher als globales Stimmungsbarometer und Weltbühne gesehen werden kann. Einen Richter über richtig oder falsch gibt es defacto nicht. Diese Position wird durch den oder die jeweils stärksten Mächte automatisch ausgefüllt, weil sie aus logischer Notwendigkeit und aus eigenen Interesse natürlich in diese Position rücken müssen, bis ein noch Stärkerer sie ablöst. Momentan stehen an dieser Spitze die USA.
    Wenn es aber kein für alle durchsetzbares "Recht" auf internationaler Ebene gibt, bleibt letztlich nur das Recht des Stärksten, bzw. des Siegers. Er bestimmt über die Bewertung von Konflikten, Handlungsweisen und über die Menschheitserinnerung via der Geschichtsschreibung. Um seine Rechte zu wahren muss der einzelne Staat also im Wettbewerb der Weltgemeinschaft überleben. Überleben tut er aber vor allem durch Sicherheit. Diese ist natürlich mit dem möglichst geringsten Aufwand zu erreichen. Das sind im Idealfall also freundschaftliche Win-Win-Situationen mit seinen Konkurrenzstaaten. Was aber, wenn die Verknappung von Ressourcen, äußere nicht beeinflussbare Umstände usw., eine Win-Win-Situation unmöglich machen und eine Win-Loose-Situation erzwingen? Je nachdem, wie stark die Not dann anwächst, wird damit zu rechnen sein, dass ein Staat sich auf Kosten eines anderen wird retten wollen. Solche Situationen können Staaten dann nur mit Sicherheit überstehen, wenn der mögliche Gewinn einer feindlichen Aktion durch die mit Sicherheit zu erwartenden Verluste völlig in den Schatten gestellt würde. Nur dann würde in einer solchen Extremsituation eine feindliche Handlung auch trotz einer Win-Loose-Situation keinen Sinn machen, weil sie die schlechte Lage nur noch verschlimmern würde. Eine, wie ich finde, sehr logische und plausible Theorie. Die Steigerung der eigenen Stärke hat vor allem den Vorteil, dass man sie ganz alleine in der Hand hat und nicht auf den Guten Willen anderer vertrauen muss. Man ist gewissermaßen für den Notfall autark. Zudem verhindert ein solcher Aufbau eigener Stärke ja zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, zusätzlich nach weiteren und besseren Lösungen zu suchen. Wenn diese klappen wunderbar, wenn nicht hat der Staat dann aber wenigstens Plan B in der Hand. Es geht hier selbstverständlich nur um ein defensives Verständnis.


    Überspitzt formuliert:
    Ich halte es für besser, einen großen Knüppel zu haben, als keinen Knüppel zu haben. (Erinnert mich an das Wasserloch in "2001 Space Odyssee")

  • Überspitzt formuliert:
    Ich halte es für besser, einen großen Knüppel zu haben, als keinen Knüppel zu haben. (Erinnert mich an das Wasserloch in "2001 Space Odyssee")

    Mich erinnert das an was ganz anderes, John, und ich glaube nahezu alle Männer, und wahrscheinlich alle Frauen auf diesem Planeten stimmen Dir in der Frage nach "dem großen Knüppel" zu. :lol5: Ganz ehrlich, ich musste gerade lauthals lachen und hätte mich vermutlich auf dem Boden gerollt, würde ich nicht gerade in meinem neuen Bürostuhl mit Rückenpolster sitzen ....


    Zu Deiner komischen Frage kann ich nur sagen, dass ich diesen "Neorealismus" eher als "Alterssturheit" erkannt hätte. Jeder hat so seine festgefahrenen Prinzipien, denen er sklavisch folgt, und deren Anwendung - oder Aufhebung - er nur mit einer für ihn einfach nachzuvollziehenden Begründung zulässt. Ich würde mir an Deiner Stelle daher nicht so viele Gedanken dazu machen, viel schlimmer wäre es nämlich, wenn Du in Deinem Alter ein hoffnungsloser Idealist wärst, der keinen Zoll von seiner Position abrückt, egal wie beschissen oder sinnvoll die Gegenargumente des Gegenübers sind.


    Den dicken Block zum Thema Außenpolitik kann ich eigentlich nicht wirklich kommentieren. Zum Einen liegt es daran, dass ich keinen Grund sehe, warum das Recht des Stärkeren, das bereits seit 100.000 Jahren in mehr oder weniger deutlich erkennbarer, dafür aber in zumeist erfolgreicher Art und Weise praktiziert wird plötzlich nicht mehr gelten soll (auch wenn diese netten Versuche das Ganze auf eine "humane" Ebene zu heben durchaus etwas für sich haben). Zum anderen liegt es daran, dass ich noch immer über Deinen finalen Satz lachen muss, den ich übrigens als aller Erstes gelesen habe (ein Fazit zu lesen ist meine Grundlage darüber zu entscheiden, ob ich Eure Gedankengänge in elendig langgeschriebener Form lesen will oder nicht, aber egal). Daher müssen sich erst einmal andere dazu äußern, falls das hier wirklich eine tiefschürfende Diskussion werden soll. ;)

  • Ich hatte mal 2 Vorlesungen zu dem Thema.


    Während ich sagen würde, dass der Realismus für die Zeit vor 1918 definitiv die bestimmende Größe war, bin ich der Meinung dass er doch viele Dinge ignoriert (Ideologie, Eigenheiten von handelnden Personen, Innenpolitik, die Existenz von EU und NATO), und daher für sich genommen nicht ausreicht. Auch die eher pessimistische Grundhaltung ist mir etwas unsympathisch.


    Die liberale Theorie hat ebenfalls ihre Schwächen, denn zu oft handeln Staaten entsprechend der Realistischen.


    Zur Zeit würde ich daher eher Konstruktivistischen Theorie tendieren (in einer gemäßigten Auslegung, nicht der radikalen), dass nämlich Staaten so handeln wie die Verantwortlichen Denken dass sie handeln sollten/müssen, sind die Staatenlenker von der realistischen Theorie überzeugt handeln ihre Staaten danach, sind sie oder ihre Berater Liberalisten hat diese Theorie stärkeren Einfluss.
    Denn im Grunde sind Staaten ja nicht an Naturgesetze gebunden sondern daran wie die Menschen ihr System aufgebaut haben und wie sie meinen dass es am besten ist sich darin zu bewegen.

  • Die Grage ist ja auch: Was macht den Staat? Ein Diktator, der seine Macht erhalten muss, weil er bei Verlust um sein Leben fürchten muss, wird bspw. demokratische Nachbarstaaten, die Demokratisierung in sein eigenes Land ausstrahlen als Bedrohung seines Systems, also seines Staates, empfinden und ergo versuchen, diese Bedrohung zu minimieren. Ich verstehe aber ehrlich gesagt nicht ganz, warum die neorealistische Theorie innerstaatliche Bedingungen nicht genügend abbilde. Muss sie das denn überhaupt? Ein Staat hat Interessen (s.o.) die er durchsetzen muss, um bestehen zu können. Kann er dies nicht, läuft er Gefahr unterzugehen. Reicht das nicht?

  • Um mal möglichst kurz auf Johns Post einzugehen und nicht grundlegend jetzt erst mal verschiedene Theorien ausführlcih zu erklären.


    Die Theorien der internationalen Beziehungen sind vor allen an der Beobachtung ausgerichtet.
    Mit ihnen versucht man Verhalten und Geschehnisse zu erklären,



    Unzweifelhaft ist hierbei, dass es das: Sicherheitsdilemma gibt, was soviel heißt, dass Staaten aufrüsten um sicher zu sein.
    Diese Aufrüstung führt aber dazu, dass es zu Instabilität und Krieg kommt, da die Nachbarn das Gleiche machen.
    Und je mehr der Andere aufrüstet, je mehr fühlt man sich bedroht...etc.
    Je weniger Vertrauen hat man, Je mehr wird eine Frontstellung eingenommen.
    Gerade doch mustergültig zu beobachten im Falle Russlands.



    Daher wird das Ziel verfehlt was eigentlich erreicht werden sollte, nämlich Sicherheit.
    Die Welt wird sogar wesentlich unsicherer durch das Streben nach Sicherheit in dieser Art und Weise, da es am Ende meist irgendeinen Anlass gibt in einer archaischen Welt (u.a. (neo)realistische Theorie) ohne Vertrauen und Instanzen um sich in einem kriegerischen Austausch zu begeben.



    Wie kann man nun dieses Dilemma überwinden?
    Hier gibt es freilich viele Ansätze die natürlich vor allen auf Verträge, Institutionen, Diplomatie, Vertrautheit/einer (demokratischen) Zivilgesellschaft...etc. beruhren und in der realen WElt beobachtbar sind. Z.b. sehr erfolgreich in Form der EU.


    Der Neorealismus hierbei leugnet, dass dies funktionieren kann.


    Da die EU aber nun existiert und so unzweifelhaft das Machtstreben und die Angst vor dem Anderen z.b. im Dualismus Franrkeich-Deutschland überwunden wurde, braucht man eine andere/weitere Theorien zur Erklärung der Wirklichkeit.


    Hier kommt z.b. die Regimetheorie ins Spiel, bzw. andere Theorien bzw. im Großen gesprochen der neoliberale Institutionalismus.



    Unzweifelhaft ist dabei auch, dass durch diese Strategie der EU eine unvergleichbare Friedensepoche in Europa begann, die beispiellos ist für all die Jahrhunderte davor in der man eben vor allen auch eben immer auf Aufrüsten und militärische Stärke setzte. (de facto gab es ja, neben der Hofhaltung, keine anderen "Haushaltsposten")



    Die Folgerung dabei die ich für mich ziehe ist einfach die (und die auch für die Grünen gilt):
    Wahrer dauerhafter Frieden kann nur geschaffen werden durch Verständigung und Überwindung der Gegensätze.
    Wettrüsten und Aufrüsten wirkt dabei in die gegenteilige Richtung.


    Dazu sind verschiedene Dinge wünschenswert:


    1) Durchbrechen der Rüstungsspirale,


    2) es muss global auf allseitige Abrüstung gedrungen werden
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    (gute Beispiele wo das schon erfolgreich gemacht wurde und die WElt dadurch sicherer wurde, sind z.b.verschiedene Russland/USA Rüstungsverträge die leider vor allen auch durch die USA verletzt wurden, was wieder zu größerer Unsicherheit führte und jetzt auch eben schlussendlich mit anderen Faktoren zu der aktuellen Krise)
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    3) Es sind starke Zivilgesellschaften in allen Ländern wünschenswert die ihrerseits ihre Interessen durchsetzen können (die meist andere als "Krieg" sind)


    4) Internationale Organisationen müssen gestärkt werden


    5) Dialog - Annäherung durch Dialog/Jugendaustausch...etc.



    John sagt jetzt oben.


    Ist ja alles gut und schön,. Ich will trotzdem autark sicher sein mit meiner starken Bundeswehr um bei Ressourcenknappheit meine Interessen durchzusetzen.


    Genau. Und hier liegt das Problem was Kriege auslöst, da dies nicht nur der John in Deutschland denkt, sondern auch der Wasili in Russland und der Mohammed in der Türkei.
    Und am Ende schlagen sie sich auf den Kopf, da sie schließlich alle die ganze Zeit misstrauisch wettgerüstet und eben kein Vertrauen, oder eine internationale Instanz, aufgebaut/gestärkt haben mit dem man dieses Problem auch hätte friedlich lösen können.


    Daher muss das Ziel einer deutschen Außenpolitik sein, das SIcherheitsdillemma zu durchbrechen und eben nicht fleißig mit mehr Aufrüstung mitzumachen.




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    P.S.
    betreffend des an anderer Stelle angebrachten Hochrüstens im Kalten Krieg was uns "Frieden" brachte.
    Erstens: Der Krieg war gar nicht so kalt da er sich in dutzenden Stellvertreterkriegen austobte mit abermillionen Toten.
    Zweitens: Er blieb vor allen auch kalt in Europa/USA, da die Angst vor der Atombombe bestand.
    Dies kann man als Erfolg verbuchen für die Wirksamkeit von Rüstung, jedoch gab es unzweifelhaft mehrere Gelegenheiten wo es fast zu einem Atomkrieg kam, der das Leben auf diesen Planeten eventuell fast unmöglich gemacht hätte.
    Daher war es in meinen Augen kein Erfolg. Es war/ist ein Tanz auf dem brodelnden Vulkan
    Brauche ich nicht. Ihr?


    Gerade die wieder stattfindende abermalige atomare Hochrüstung kann man einfach nur als wahnwitzig betrachten.
    Und da es Atombombem gibt in meinen AUgen auch die konventionelle. Denn was nützt der konventionelle Sieg wenn dir die andere Seite bei drohender Niederlage Atombomben auf den Kopf wirft.
    Daher gilt es, es gar nicht erst zum Krieg kommen zu lassen.


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    P.P.S.




    Zitat von John

    Ich verstehe aber ehrlich gesagt nicht ganz, warum die neorealistische Theorie innerstaatliche Bedingungen nicht genügend abbilde. Muss sie das denn überhaupt? Ein Staat hat Interessen (s.o.) die er durchsetzen muss, um bestehen zu können. Kann er dies nicht, läuft er Gefahr unterzugehen. Reicht das nicht?

    Nein, weil es unzweifelhaft Parteien und Interessensgruppen wie die Grünen gibt oder andere gesellschaftliche Akteure die ihrerseits Interessen haben die nicht nur auf das rein egoistische kurzsichtige Durchetzen von Machtinteressen ausgerichtet sind (neorealistische Theorie). Und dieser Wille drückt sich in einer Demokratie natürlich acuh in der Außenpolitik aus.


    Daher sind ja Gesellschaften mit funktionieren Zivligesellschaften auch aus dauerhafter Friedens und Verständigungsperspektive so wünschenswert.

  • Du setzt immer einfach voraus, dass man sich mit der Gegenseite verständigen kann. Dass man eben nur lange genug verhandeln müsse, um jegliche Interessenkonflikte zu überwinden. Das halte ich für eine grundlegend falsche Annahme weil gewisse Interessenkonflikte nicht lösbar sind. Beispielsweise dann nicht, wenn auf einer Seite Fanatismus (welcher Form auch immer) im Spiel ist. Du kannst nicht davon ausgehen, dass sämtliche Parteien immer rational handeln oder unter rationalem Handeln das Gleiche verstehen. Wenn bspw. die Gegenseite für Schwäche nur Verachtung empfindet, kannst du noch solange verhandeln, du wirst die Situation und eigene Gegährdung damit nur verschlimmern. Eine Annahme gilt aber sehr verlässlich immer. Man kann davon ausgehen, dass jede Gegenseite kein Interesse an der eigenen Vernichtung hat. Egal worum es geht. Gelingt es mir also glaubhaft zu vermitteln, dass ein massiver Angriff auf meine Interessen als Gegenreaktion unweigerlich die Vernichtung oder doch im Vergleich zum möglichen Erfolg völlig unverhältnismäßige Schäden nach sich ziehen würde, kann ich durchaus mit höchster Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass ein solcher Angriff auf meine Interessen dann ausbleiben wird. Das ist doch eine völlige logische und nachvollziehbare Sichtweise, weil hier der Selbsterhaltungstrieb als der stärkste menschliche Motivationsfaktor überhaupt, zum Garanten gemacht wird. Die Deutsch-Französische Freundschaft funktioniert übrigens auch gerade deshalb, weil beide Völker verstanden zu haben scheinen, dass ihre Selbsterhaltung bei weiteren Kriegen gefährdet wäre. Und sie funktioniert deshalb, weil beide Länder demokratische Staaten sind. Bei einer autokratischen Gesellschaft, wie bspw. Russland, sieht das hingegen komplett anders aus. Nationalismus und militärische Stärke haben dort eine völlig andere Bedeutung. Demokratie, Menschen- und Bürgerrechte werden nicht selten sogar als Schwäche interpretiert.


    P.S. Wobei ich die Diskussion gerne abstrakt und fern von konkreten Beispielen halten würde, damit wir möglichst die Richtigkeit der politikwissenschaftlichen Theorien diskutieren und nicht politische Überzeugungen oder Ansichten.


    P.P.S. Aber die Interessen eines bundesrepublikanischen Staates unter Grüner Führung wären dann doch die Interessen dieses Staates. Wenn die Grünen ihr Politikverständnis global durchsetzen wollen, müssen sie doch dafür sorgen, dass der nach ihren Ideen gelenkte Staat seine Interessen international durchsetzt. Gelingt ihnen dies nicht, wäre ihr Projekt gescheitert. Also auch ein "Grüner" Staat hat natürlich Machtinteressen, die er durchsetzen will und muss. Nur eben andere. Andernfalls würde sein Konzept ja scheitern. Die Interessen eines solchen Staates wären bspw. unvereinbar mit den Interessen eines Staates wie dem von Trump oder Putin. Bloß, welche Mittel hätten die Grünen, um ihr Model gegen diese Beiden Blöcke durchzusetzen? Ich sehe da keine realistische Möglichkeit.

  • Nachgewiesenermaßen kann man mit Russland verhandeln.


    Putin ist nicht Hitler.



    Und richtig. Parteien handeln nicht zwingend rational. Deswegen machen mir viele Waffen und die Modernisierung von Atombomben auch so Angst.
    Daher weniger Rüstung, wenn dann einer durchknallt/sich irrationale verhält, kann er einfach weniger Schaden anrichten.


    Ansonsten
    Die Nato ist nicht schwach. Ganz und gar nicht.
    Und sie wird gerade massiv mti der Aufrüstung der Deutschen und der anderen Länder stärker.


    Aber wir gehen wieder zu sehr ins Detail




    Zitat von John

    dass jede Gegenseite kein Interesse an der eigenen Vernichtung hat. Egal worum es geht. Gelingt es mir also glaubhaft zu vermitteln, dass ein massiver Angriff auf meine Interessen als Gegenreaktion unweigerlich die Vernichtung oder doch im Vergleich zum möglichen Erfolg völlig unverhältnismäßige Schäden nach sich ziehen würde



    Du hast gerade Fanatismus angeführt und die irrationalität des menschlichen Handelns.



    [spoil]"wenn auf einer Seite Fanatismus (welcher Form auch immer) im Spiel ist. Du kannst nicht davon ausgehen, dass sämtliche Parteien immer rational handeln oder unter rationalem Handeln das Gleiche verstehen"[/spoil]


    Der Fanatismus muss auch kein religiöser sein.
    vgl. Hitlers Befehl zur Zerstörung Deutschlands. Befehl Braun oder so. ("Das deutsche Volk hat nach der Niederlage nicht verdient weiterzuexistieren"


    Und wenn man dein Argument absolut gelten lassen würde, macht konventionelle Rüstung überhaupt keinen Sinn in einer WElt mit Atomwaffen.


    Du widersprichst dir also gleich mehrfach selbst.
    Was ist es denn nun?


    Die Beispiele in der Geschichte sind dabei Myriade wo ich dir das Gegenteil deiner These beweisen könnte.




    Recht geben würde ich dir mit Rüstung wenn es wirklich eine Bedrohung gibt mit einem Feind mit dem man nicht reden kann.
    Der IS zum Beispiel oder andere Bekloppte.
    Die drohen aber gerade nun wirklich nicht Deutschland zu überrennen.




    Und ja, eine stärkere russische Zivilgesellschaft wäre wünschenswert, Aber es gibt sie. Und es gibt auch Wahlen in Russland.


    Und in der Vergangheit gab es sehr gute Inititativen welche die westlich/russischen Beziehungen stark verbesserten.
    Leider wurde wieder der andere WEg gegangen mit Aufrüstung und co. und all die Annäherung wurde in die Tonne getreten.


    Derweil kann man die Ukrainekrise und alles was rundherum stattfindet hervorragend mit der Logik des Sicherheitsdilemma erklären.
    Vor allen sieht man hier auch mustergültig die steigende KRiegsgefahr.






    Um es abstrakter zu setzen-



    Mit einem diktatorischen, fanatischen Staat der seine Nachbarn per Führermeinung unbedingt domineren will gebe ich dir Recht. Aufrüsten sollte man.





    Wenn die Dinge aber anders liegen.
    Sollte man sich eben nicht in dieses Sicherheitsdilemma begeben und einen anderen Weg wählen.


    Denn dieser Weg wird aus den oben genannten Gründen viel eher zu Frieden führen.


    Das gilt noch viel mehr, wenn auch Atomwaffen beteiligt sind.

  • Hitler oder das faschistische Japan sind insofern gute Beispiele, weil beide Staaten tatsächlich glaubten, ihre Kriege gewinnen zu können. Man kann durchaus davon ausgehen, dass eine von vorneherein bestehende erdrückende militärische Übermacht Hitler und Japan von einem Krieg abgehalten hätte. Niemals hätte Hitler seinen Krieg begonnen, wenn die Alliierten schon bspw. die Atombombe besessen hätten. Denn sein ganzes Konzept eines Germanischen tausendjährigen Paradieses für Arier wäre dadurch unmittelbar bedroht gewesen. Dass er später, nach der feststehenden Niederlage irrational handelte, ist eine andere Geschichte. Bis zur sich abzeichnenden Niederlage handelte er, innerhalb seiner eigenen Wertmaßstäbe, durchaus rational. Übrigens auch danach noch, wenn man davon ausgeht, dass es ihm darum ging, noch möglichst viel Zeit für sich selbst rauszuschlagen.


    Mit Ghandi hingegen hätte Hitler sich vermutlich nichtmal theoretisch befasst. Geschweige denn, dass er mit Pazifisten verhandelt hätte.


    Und auch wenn Deutschland "gerade" nicht bedroht ist durch Fanatismus (wirklich nicht?), so könnte dies innerhalb der nächsten Jahrzehnte doch sehr leicht geschehen. Wer weiß denn heute überhaupt noch, in welche Richtung sich unsere Welt entwickeln wird? Ich würde da keine Prognosen mehr wagen. Ist überwältigende eigene Stärke vor diesem Hintergrund nicht eine wichtige OPTION, die man in der Hinterhand haben sollte? Sozusagen, als Brandschutzversicherung.

  • Zitat

    Ist überwältigende eigene Stärke vor diesem Hintergrund nicht eine wichtige OPTION, die man in der Hinterhand haben sollte? Sozusagen, als Brandschutzversicherung.




    Nein, weil sie, wie offensichtlich wie oben groß und weit geschildert kontraproduktiv ist für das Ziel Sicherheit zu schaffen. --> Sicherheitsdilemma
    Es werden eben die Kapazitäten für einen eventuellen Fall geschaffen der mit dem Aufbau der Kapazitäten selbst geschaffen wird.
    Eine selbsterfüllende Prophezeiung.


    Mal ganz von den Ausgaben abgesehen und von der Tatsache, dass die Nato das mit Abstand stärkste Militärbündnis ist, dass die Welt jemals gesehen hat. Dazu Atomwaffen und damit mehrere richtig dicke Brandschutzversicherungen.
    Es besteht also nun wirklich kein dringender Handlungsbedarf.
    [spoil]


    Zu Hitler: Rational war es nicht mit der ganzen WElt Krieg zu führen und auf Sieg zu hoffen.
    Rational war es nicht die SU anzugreifen und einen Mehrfrontenkrieg loszutreten.
    Rational war es nicht Russland "kurz" vorm Winter anzugreifen.
    Rational war es nicht fpr die Japaner/Deutschen weiterzukämpfen.
    Rational war es nicht der Judenvernichtung eine höhere Priorität zu geben als dem Kriegserfolg.


    Die anfänglichen Erfolge der Deutschen zu Beginn waren so gerade mal im NS Größenwahn wirklcih vorhersehbar. Das war mindestens hochriskant und hätte leicht zu einer schnellen Niederlage führen können, hätten die Franzosen/Briten eine offensive Strategie statt einer defensiven gefahren/ oder wäre die kaum erprobte Blitzkriegsstrategie so nicht aufgegangen.





    Ansonsten besaßen die Allierten nicht die Atombombe aber (nach Ansicht der deutschen Aufklärung) gigantische Mengen Giftgas.
    Hat ihm nicht davon abgehalten den Krieg zu erklären, noch haben sich die japaner nur Aussicht auf Erfolg ausgerechnet, wenn sie sofort die amiFlugzeugträger versenken.
    Haben sie nicht geschafft. War hochriskant. Haben keinen Frieden geschlossen,



    Daher stimmt deine These einfach nciht.
    Selbst bei drohender Niederlage/Vernchtung werden Kriege angefangen.
    Und sei es nur aus Selbstüberschätzung/Täuschung.
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  • Das Sicherheitsdilemma besteht natürlich unzweifelhaft, ist aber aus meiner Sicht auch nicht lösbar. Denn wenn die eine Seite sich entschließt, sich einen Vorteil durch Aufrüstung zu verschaffen und die andere Seite zöge NICHT nach, wäre das gleichbedeutend mit der daraus folgenden Selbstaufgabe, da es den nun jeweils Stärkeren ja in seinem Handeln bestätigen und ihm auch noch den Erfolg quasi garantieren würde.


    Bezüglich NATO usw. reicht es aber nicht, vom aktuellen Ist-Stand auszugehen, zumal bspw. Russland alles dafür tut, den aktuellen Status zu seinen Gunsten zu verändern. Vielmehr sind sämtliche Eventualitäten der kommenden 50 Jahre mit zu berücksichtigen, indem Sinne, dass man auch noch auf die schlimmstmögliche denkbare Konstellation wirksam vorbereitet wäre. Ähnlich wie bspw. beim Schutz eines AKWs, dass auch beim unwahrscheinlichsten kritischen Vorfall, trotzdem noch halten können sollte.


    [spoil]
    Deine Ausführungen zu Hitler halte ich für zu kurz gegriffen und zu vereinfachend gedacht. Hitler war skrupellos, aber er war bei Weitem kein Idiot. Wenn man Hitlers Handeln plausibel erklären will, indem Sinne, dass verstehbar wird, warum er das getan hat, was er getan hat, dann genügt es nicht, ihn einfach als irrationalen Spinner hinzustellen. Das war er nicht. Vielmehr ist es nötig, sich auf seine Denkstrukturen bis zu einem gewissen Maß einzulassen, um begreifen zu können, was er innerhalb seiner Gedankenwelt als zu erreichende Ziele ableitete. Dass Hitler zudem auch ein "Glücksspieler" war, der bei unsicherem Ausgang auf "die Vorsehung" vertraute/hoffte, kommt dann zwar noch verkomplizierend hinzu, macht sein Handeln deswegen aber noch nicht gleich irrational, wohl aber unmoralisch.


    Auch Nordkorea verhält sich bspw. innerhalb seiner systemimmanenten Logik höchst rational, wenngleich selbstverständlich in höchstem Maße unmoralisch. Moral ist aber eben keine Kategorie, die tatsächlich internationale Beziehungen bestimmt. Vielmehr ist zu beobachten, dass die Moral in der Regel den Umständen und Erfordernissen (meist nachträglich) angepasst wird.
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  • [spoil]Das Sicherheitsdilemma besteht natürlich unzweifelhaft, ist aber aus meiner Sicht auch nicht lösbar. Denn wenn die eine Seite sich entschließt, sich einen Vorteil durch Aufrüstung zu verschaffen und die andere Seite zöge NICHT nach, wäre das gleichbedeutend mit der daraus folgenden Selbstaufgabe, da es den nun jeweils Stärkeren ja in seinem Handeln bestätigen und ihm auch noch den Erfolg quasi garantieren würde.[/spoil]



    Nein, da Aufrüstung noch lange nicht Kriegserklärung und Eroberung heißt. Sie bedeutet erst einmal einen VErtrauensverlust/Angst...etc.
    Gerade wenn in einem Fall der weit schwächere aufrüstet und das System atomarer Abschreckung besteht.
    Vor allen sollte man acuh nicht gegenrüsten wenn die Aufrüstung des Anderen aus einem Bedrohungsgefühl erfolgt.
    Hier kann die Antwort nicht sein, die Bedrohungslage noch zu vergrößern.



    Wenn die Aufrüstung des Anderen klar aus imperialistischen / Eroberungsabsichten erfolgt.
    Dannn kann man bei eigener schwächerer Position aufrüsten.
    (das wäre dann im Übrigen die (empfundene) russische Begründung für die Aufrüstung)


    Und natürlich gilt das oben Gesagte.





    Meine Meinung die sich für mich aus der Beschäftigung mit internationaler Politik/der Spieltheorie/Geschichte ergibt.


    und erst mal das letzte hier, da wir uns wieder im Kreise drehen.

  • Ich will nicht das letzte Wort haben. Ich will wissen, ob du meine Überzeugungen ins Wanken bringen kannst, weil du Fehler in meiner gedanklichen Theorie aufzeigst, die ich nicht widerlegen kann bzw. welche diese ad absurdum führen würden. Bisher argumentierst du aber vom Schwerpunkt her eher "moralisch", während ich eher "technisch" an die Sache rangehe. Zumindest sehe ich das so. Vielleicht reden wir auch deswegen aneinander vorbei. Jedenfalls erscheint mir deine Behauptung, dass Aufrüstung das Kriegsrisiko eher verschärft noch nicht ausreichend belegt. Die Beispiele hinken mir zu sehr, bzw. lassen sich zu leicht durch entsprechende Gegenbeispiele entwerten. Zudem habe ich das Gefühl, dass dich das Thema eher "empört" und nervt. Warum?

  • Wo habe ich ein moralisches Argument?
    Bitte belegen.


    ok du hälst meine Thesenführung nicht für schlüssig.
    Tja. Da habe ich wohl versagt.


    Ansonsten
    Sicherheitsdilemma nicht belegt? Du hattest es doch schon an anderer Stelle anerkannt?
    Rufe dir doch bitte mal die ganze Geschichte mit Russland der letzten Jahre vor Augen.
    Und sage mir, dass das kein Beleg dafür ist.



    Als Stichpunkte:
    Abrüstungsverträge werden geschlossen.
    SU wird aufgelöst.
    Deutsch russische Freundschaft
    verwestlichendes Russland
    Zig Verträge zur Zusammenarbeit werden beschlossen
    Europa und Russland nähern sich an ---> eine immer besssere Beziehung
    Putin vorm Bundestag ... Reicht dem Westen die Hand
    Putin lobt hier den beiderseitigen militärischen Abbau als Basis für einen stabilen Frieden in Europa aus.






    und ab jetzt gehts bergab:


    USA halten am Aufbau des Raketenabwehrschildes fest ---> AUfrüstung, gegenseitige atomare Abschreckung wird in Frage gestellt --> massive Verschlechterung der NATO / Russland Beziehungen
    USA kündigen Atomwaffenabrüstungsverträge auf ---> Aufrüstung , weitere Verschlechterung der NATO Russland BEziehungen
    US Militärbudget steigt ins irreale
    USA modernisieren ihr Atomarsenal --> weitere Verschlechterung (Russen machen dann das Gleiche)
    Nato wird immer weiter nach OSten ausgedehnt und damit steigt die militärische Kraft der NATO und die Vorwarnzeit für Russland sinkt ---> weitere Verschlechterung
    Georgien soll Teil der Nato werden ...> abermals drohende de facto Aufrüstung der NATO. ---> Russland wird umkreist ----> Georgien wird in eine "Falle gelockt" und Georgien greift russiche Soldaten/Friedenstruppen an ---> Krieg .... von einer Beziehung kann man nun kaum mehr reden.
    Jetzt beginnt die große Investition ins russiche Militär....
    Es besteht die Gefahr dass die NAto abermals "aufrüstet" und die Ukraine einbindet (vom Westen geförderte Revolution in der Ukraine mit sehr merkwürdigen "Todesschüssen in den Rücken der Demonstrierenden und auf Polizisten" welche die Sache zum eskalieren brachten). Mehr Angst in Russland, berechtigte Furcht den sehr wichtigen Schwarzmeehrafen zu verlieren und so militärisch deutlich schwächer zu werdne, während die NATO stärker wird ---> Krieg in der Ukraine
    NATO Generalsekretär ruft de facto den Bündnisfall aus und will am liebsten Russland den Krieg erklären
    ...und noch vieles mehr...


    Und jetzt sag mir, dass diese ganzen (territorialen) und technischen Aufrüstungen der NATO gegenüber Russland den Frieden gestärkt haben.


    Oder andersrum entsprechende Maßnahmen der Russen wie die Panzer von denen du und IWST jetzt Angst haben, dass sie bald in Riga stehen und ihr daher abermals nach mehr Rüstung verlangt um dieser Logik immer weiter zu folgen....
    Wenn man dieser Logik und Eskalationsspirale weiter folgt, stehen wirklich bald russiche Panzer in Riga.
    Jedenfalls viel wahrscheinlicher als wenn man dieses Sicherheitsdilemma mit alternativen BEWÄHRTEN! Mechanismen auflöst.



    Mehr Rüstung = Mehr Sicherheit
    All diese oben aufgeführten AufrüstungsSchritte der Nato/ der USA, sollten dazu dienen die Sicherheit zu stärken
    Haben sie sie gestärkt?
    Sicherheitsdilemma belegt oder nicht?




    argh
    Warum schreibe ich noch was...

  • Wo habe ich ein moralisches Argument?
    Bitte belegen.

    Siehst du das wirklich nicht? Deine gesamte Herangehensweise an das Thema "Aufrüstung" und "internationale Politik" ist doch vor allem von moralischen Sichtweisen und Kategorien geprägt, immer darauf ausgerichtet, was wünschenswert wäre, viel weniger aber darauf, was tatsächlich auch möglich ist. Schau doch bspw. dein Mitterand Zitat in deiner Signatur an. Ist das etwa nicht ein vor allem moralischer und weniger ein faktischer Standpunkt? Aus deinen ganzen Äußerungen dringt immer wieder der Standpunkt hervor, dass es ungerecht wäre, die NATO weiter zu verstärken, weil man damit "den Russen unnötig Angst machen würde". Daraus leitest du dann eine mögliche aber keinesfalls bewiesene Kriegsgefahr ab. Die Tatsache, dass die Russen mindestens im selben Maße, wenn nicht sogar in viel größerem, versuchen Angst bei der NATO zu erzeugen, übergehst du dabei leider bisher überwiegend und deklassierst diese Befürchtungen als "lächerlich" (Stichwort: Russenangst in Skandinavien). Generell ist deutlich spürbar, dass du militärische Aufrüstung nicht als ein Instrument unter mehreren mit Vor- und Nachteilen betrachtest, sondern vor allem als ein unmoralisches Vorhaben, dass für dich an Wahnsinn grenzt. Du wägst da meiner Meinung nach zu wenig die Vor- und Nachteile ab. Und irgendwie ist auch eine gewisse Verachtung für militärische und sicherheitspolitische Denkweisen bei dir zu spüren, die du am liebsten ganz durch etwas komplett Anderes ersetzen würdest (Friedenspolitik, Mediatoren usw. usf.). Wobei der Beweis noch aussteht, dass das überhaupt funktionieren würde.

    Ansonsten
    Nicht belegt?
    Rufe dir doch bitte mal die ganze Geschichte mit Russland der letzten Jahre vor Augen.
    Und sage mir, dass das kein Beleg dafr ist.

    Gerade den von dir geschilderten Verlauf mit der Geschichte Russlands sehe ich komplett anders.


    Abrüstungsverträge werden geschlossen.
    SU wird aufgelöst.
    Deutsch russicshe Freundschaft
    verwestlichendes Russland
    Zig Verträge zur Zusammenarbeit werden beschlossen
    Europa und Russland nähern sich an ---> eine immer besssere Beziehung


    Bis hierhin kann ich nahezu folgen. Dann aber nicht mehr. Die UdSSR und Russland waren immer sehr fragil und die Position der Reformkräfte stets sehr gefährdet. Gegen Gorbatchow wurde geputscht. Bei Jelzin wusste man nie, wer da eigentlich wirklich regiert, da Jelzin ja schwerer Alkoholiker war. Dann kam Putin und schlagartig war es vorbei mit der Annäherung an den Westen. Putin hat direkt damit angefangen, den zweiten Tschetschenien-Krieg vom Zaun zu brechen und mit größter Brutalität Tschetschenien wieder unter die russische Knute zu zwingen. Putin hat auch sofort damit begonnen, den Demokratisierungsprozess in Russland zu beenden und stattdessen seine KGB-Kollegen in einflussreiche Positionen zu bringen. Schon hier war der grundsätzliche Bruch mit dem Westen LÄNGST festgeschrieben, weil Putin von vorne herein klar war, dass die westlichen Demokratien sein autoritäres Herrschaftsverständnis aktiv bedrohen. Nicht umsonst verfolgt Putin vor allem die NGOs und westliche Organisationen, die sich für Menschenrechte und Demokratie in Russland einsetzten. Er begann auch sehr schnell damit, seine politischen Gegner mit allen Mitteln auszuschalten. Nach und nach landeten diese in Gefängnissen oder starben unter mehr als mysteriösen und auffälligen Umständen. (Polonium-Morde, Morde auf offener Straße, Unfälle usw.). Gleichzeitig begann Putin mit massiven Aufrüstungen des russischen Militärs und knüpfte ideologisch an sowjetische Zeiten an (Hymne, Symbolik). Seitdem hat sich Putin Jahr um Jahr deutlicher anti-westlich positioniert. Er hat eine Gegenorganisation zur EU gegründet. Er lässt Manöver gegen den Westen starten. Er unterstützt immer wieder sichtbar Gegner-Staaten des Westens wie Kuba, Venezuela, Syrien, Libyen, (China) oder Nordkorea. Er finanziert Medienkampagnen und Fake-News-Meldungen um westliche Gesellschaften zu diskreditieren und zu verunsichern. Er versucht die EU aktiv zu spalten, indem er bspw. die ungarische Führung auf anti-EU-Kurs einstimmt. Er annektiert gewaltsam Teile eines souveränen Staates (Ukraine) und ignoriert dabei sämtliche Zusicherungen und Garantien, die Russland in internationalen Verträgen der Ukraine gemacht hatte, als Gegenleistung zur Abgabe ihrer Atomwaffen. Auslöser für den Konflikt mit der Ukraine, er möchte nicht, dass diese sich der EU annähert. Gleichzeitig lässt er Minderheiten wie Homosexuelle in Russland verfolgen und als "Pädophile" brandmarken und er fördert Tendenzen, die Homosexualität als eine "westliche Dekadenz" darzustellen. Er unterstützt aktiv Diktatoren wie Assad und ist bereit JEDES Verbrechen gegen die dortige Zivilbevölkerung mitzutragen und im UN-Sicherheitsrat zu decken. Er manipuliert vermutlich auch die US-Wahlen oder versucht es. Er versucht und wird versuchen auf die Wahlen in Frankreich und Deutschland Einfluss zu nehmen. Er bedroht durch Manöver regelmäßig die baltischen Staaten. Er versucht Erdogan darin zu bestärken, aus der Türkei eine Diktatur zu machen, mit russischer Rückendeckung und dem möglichen Ausscheiden der Türkei aus der NATO.


    Für mich ist das alles vor allem ein Beleg dafür, dass Putin eine autoritäre Herrschaft errichtet hat, die mit kalter Machtpolitik konsequent versucht, ihren Machtradius mit allen Mitteln zu erweitern und dabei die westlichen Demokratien soweit wie möglich zu destabilisieren und zu schwächen, damit diese, und das ist sein eigentliches Ziel, seiner absoluten Herrschaft in Russland nicht zukünftig gefährlich werden können, bspw. wenn er sich zum Präsidenten auf Lebenszeit machen lässt. Putin ist schon viel zu weit gegangen, als dass er jemals noch die Macht zu seinen Lebzeiten aus den Händen geben kann ohne dabei Gefahr zu laufen, in einer Zelle oder vor einem Erschießungskommando zu landen. Vor diesem Hintergrund halte ich es für völlig ausgeschlossen, dass man mit Putin eine "Verständigung" erreichen kann, weil das überhaupt nicht seinem Ziel entspricht. Putin WILL sich nicht dem Westen annähern, weil das unmittelbar seine eigene Herrschaft gefährden würde. Und er weiß genau, dass ihn dieser Umstand früher oder später sowieso zur Unperson in den westlichen Demokratien gemacht hätte. Also begreift er diese verständlicherweise als Feind und bekämpft sie sehr geschickt mit allen ihm möglichen Mitteln, ohne dabei selbst viel riskieren zu müssen.


    P.S. Auf die Rede Putins gehe ich jetzt aus Zeitgründen nicht mehr ein. Er ist ein geschickter Demagoge und weiß genau, welche Tasten er drücken muss, um bestimmte Ziele zu erreichen. Aber diese Rede ist nicht mehr aktuell. Putin selbst hat sie längst als veraltet bezeichnet. Er hat sich gewandelt.


    argh
    Warum schreibe ich noch was...

    Weil du vermutlich genau wie ich daran interessiert bist, deine eigenen Standpunkte in ihrer Überzeugungskraft abklopfen und hinterfragen zu lassen durch jemanden, der die Welt ganz anders sieht. Oder aber, weil du darauf hoffst, andere davon zu überzeugen, dass das ja mal gar nicht geht, was der John da so schreibt.


    Und jetzt sag mir, dass diese ganzen (territorialen) und technischen Aufrüstungen der NATO gegenüber Russland den Frieden gestärkt haben.

    Ja, gegenüber Russland ist Aufrüstung und Stärke gleichbedeutend mit einer klaren Botschaft: Bis hierhin und nicht weiter. - Und daraus resultiert Sicherheit für unsere Demokratien und unsere Gesellschaftsvorstellungen hier im Westen.

  • Ich steige mal quer ein.


    Es gibt eine Haufen Theorien mit vielen bunten Namen.


    Im Großen und Ganzen sehe ich jedoch ein sehr einheitliches Bild:


    a.) Selbsterhaltung: Wenn man selber der Schwächere ist.


    b.) Machterhalt, Expansion (muss nicht militärisch sein, kann auch wirtschaftlich oder kulturell beispielsweise sein): Wenn man selber der Stärkere ist.


    Ich denke man kann so ziemlich jede realistische (also auch praktisch anwendbar und nicht nur irgendwelche Hinterzimmer Blümchenfantasien) Art der Außenpolitik grob in diese Bereiche einordnen.

  • Nein John.
    Einfach nur Nein.
    ich kann dir glaube ich nicht mehr helfen.


    Meine Signatur hat mit dem Thema überhaupt nichts zu tun.


    Definiere doch mal bitte moralisch.
    Es scheint da unterschiedliche Auffassungen zu geben.



    Zitat von John

    , dass es ungerecht wäre, die NATO weiter zu verstärken, weil man damit "den Russen unnötig Angst machen würde".


    Nicht Ungerecht.
    Ungerecht interessiert überhaupt nicht.
    Es ist einfach dumm, da man die Spirale weiter dreht.
    Wo schrieb ich was von ungerecht?



    Zitat von John

    Die Tatsache, dass die Russen mindestens im selben Maße, wenn nicht sogar in viel größerem, versuchen Angst bei der NATO zu erzeugen, übergehst du dabei


    Nein. Nein.Nein Nein. Einfach nur Nein.


    Habe ich nie übergangen. Habe ich mehrfach als ebenso dumm angeführt.



    Außerdem ist dein Blickwinkel falsch. Es geht primär nicht um Angst beim anderen hervorzurufen, sondern um eigene Sicherheit.


    Das scheinst du für dich zu akzeptieren, aber nicht für die Russen selbst.


    Und das ist einer deiner Fehler.


    Zitat von John


    Nein.


    ich habe mehrfach gesagt wo militärische Rüstung sinnvoll ist.


    Und ebenso klar wo sie nicht sinnvoll ist.



    Moralisch wäre, wenn ich irgendwo sagen würde. Menschen töten ist böse. Die Amerikaner/Russen sind böse weil sie Menschen in Syrien töten.




    Nicht moralisch ist.
    Die beiderseitige Hochrüstung und der Kampf um Einflussphären auf allen Seiten führte zu einer Eskalation des Syrienkrieges in dem die Türkei/USA/Russland eingriffen und in der Folge zu einer weiteren Eskalationsstufe zwischen der Nato und Russland. Im Interesse der Sicherheit Europas sind hier weitere Eskalationsschritte zu vermeiden.








    Zu deinen Russlandausführungen.
    Ja auch die Russen haben innerhalb dieser Spirale Scheiße gebaut.
    Natürlich. Das ist keine einseitige von der Nato gedrehte SPirale -Habe ich ja auch genau so geschrieben. Gratulation du führst einige Punkte auf die die Russen verbockt haben., die dann wiederum zu Gegenreaktionen des Westens führten. Bestätigt mich nur.
    Ich könnte noch zig weitere von seiten der NATO/der EU/Russland aufführen die zu einigen von dir geführten führten. Eben Spirale. Dreht sich. Weißt du. Alle Schuld.
    Siehst du das denn nicht? (mal davon abgesehen, dass du zu sehr Außen und innenpolitik vermischst)
    Wer mehr Schuld hat oder weniger ist dabei ziemlich egal, wenn man die Eskalation stoppen will.



    Und der Tschetschenienkonflikt ist was, was man dem Westen genauso vorwerfen kann. Nannte sich Afghanistan oder Irak oder lybien oder oder oder.
    Kampf gegen Terroristen / Irre + geostrategische Interessen.


    Ach aber eigentlich total egal.






    .......


    Ok du hälst eine Verständigung mit Putin für unmöglich und für jemanden der von Anfang an die SU mit einer Art Diktatur wieder errichten wollte.
    Gut da haben wir eigentlich keinen gemeinsame Basis für diese Diskussion.
    Dann sollte man in der Tat aufrüsten. Da gebe ich dir vollkommen Recht, und eigentlich sollte man auch einen Präventivschlag führen.
    Das würde ich empfehlen, wenn man da wirklich nen Irrren Diktator in weißen Haus in Moskau hat mit dem man sich nicht verständigen kann und der seine Nachbarn, unsere Verbündeten also, erobern will...




    Die Beispiele jetzt aufzuzählen wo es zu einer Verständigung kam, werden dich erfahrungsgemäß sicher nicht überzeugen. Gut. Ist halt so. John. :pffft:









    Zitat von John

    Ja, gegenüber Russland ist Aufrüstung und Stärke gleichbedeutend mit einer klaren Botschaft: Bis hierhin und nicht weiter. - Und daraus resultiert Sicherheit für unsere Demokratien und unsere Gesellschaftsvorstellungen hier im Westen.




    Ok.
    Natürlich.
    Das zeigt eindeutig die Erfahrung der letzten Jahre.... :ironie:
    Russland reagiert nur auf Stärke und reagiert keinesfalls mit dem Zeigen von Gegenstärke was die Lage dann weiter eskaliert und weitere Stärkebekundungen erfordert.
    Ne keinesfalls. War nicht so. Die ganzen Beispiele wo das der Fall war, werden einfach ignoriert, WIrd auch nicht so sein. Die Russen werden dann bein Zeigen von Stärke schön mucken wenn die Nato klar macht, wo der Ziegenbock den Honig hat und brav sagen: Ja Homosexuelle finde ich toll und bitte hier ist all mein Öl.



    Sorry. Ich kann das nur noch mit Humor nehmen.


    Aber gut. Du hast deine Meinung
    Ich habe meine
    Wir kommen nicht zusammen.






    ach wegen des Themas will ich dann noch einen Begriff hineinschmeißen, in dem die EU weltweit führend ist:


    Soft Power mit der man meist viel mehr erreichen kann als mit einem Hard Power Ansatz.


    Vor allen wenn es darum geht so etwas wie Homosexuellenrechte durchzusetzen.

  • Was hat denn die Toleranz oder Nichttoleranz gegenüber Homosexuellen mit Außenpolitik zu tun? Da wird vielleicht hier und da ein bisschen moralisch mit Wattebäuschchen geworfen aber als festen Bestandteil von realer Außenpolitik hab ich dieses Thema jetzt noch nicht wahrgenommen.

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