Wie ich heute durch Twiggels und IWST erfahren habe, bin ich offenbar ein Anhänger des Neorealismus, ohne es zu wissen. Bin kein Politikwissenschaftler und gebe offen zu, dass ich dieser Theorien bisher nicht kannte. Klingt allerdings tatsächlich sehr passend zu meinen Überzeugungen. Ich fände es allerdings mal spannend, das grds. , also losgelöst von konkreten Konflikten zu diskutieren. Vielleicht lerne ich dabei ja was.
Meine Grundüberzeugung ist zunächst mal, dass ich eine vorhergesagte Funktionsweise verstehen muss und nach meinen Lebenserfahrungen für wirklichkeitsnah halten muss, damit ich sie für mich als richtig akzeptieren kann. Man könnte sagen, ich habe da eine Vorliebe für möglichst einfache Konzepte, weil ich nur diese für realistischerweise auch tatsächlich umsetzbar halte. Wird es zu kompliziert, scheitert in der Regel auch für Möglichkeit zur Umsetzung, weil zuviele unbeeinflussbare Variablen mit ins Spiel kommen. Der Ausschluss von nicht mit Sicherheit beeinflussbaren Variablen ist überhaupt eine Grundtendenz bei mir, weil ich alles andere lediglich als Prinzip Hoffnung oder Glücksspiel bezeichnen würde. Kann klappen, kann aber genausogut auch in die Hose gehen.
Was heißt das nun auf internationale Beziehungen übertragen? Defacto gibt es aus meiner Sicht kein funktionierendes Kontrollorgan der Staaten. Die UNO ist ein Versuch dazu, der aber letztlich durch die Macht des Faktischen, nämlich der tatsächlichen Supermächte konterkariert wird und wohl eher als globales Stimmungsbarometer und Weltbühne gesehen werden kann. Einen Richter über richtig oder falsch gibt es defacto nicht. Diese Position wird durch den oder die jeweils stärksten Mächte automatisch ausgefüllt, weil sie aus logischer Notwendigkeit und aus eigenen Interesse natürlich in diese Position rücken müssen, bis ein noch Stärkerer sie ablöst. Momentan stehen an dieser Spitze die USA.
Wenn es aber kein für alle durchsetzbares "Recht" auf internationaler Ebene gibt, bleibt letztlich nur das Recht des Stärksten, bzw. des Siegers. Er bestimmt über die Bewertung von Konflikten, Handlungsweisen und über die Menschheitserinnerung via der Geschichtsschreibung. Um seine Rechte zu wahren muss der einzelne Staat also im Wettbewerb der Weltgemeinschaft überleben. Überleben tut er aber vor allem durch Sicherheit. Diese ist natürlich mit dem möglichst geringsten Aufwand zu erreichen. Das sind im Idealfall also freundschaftliche Win-Win-Situationen mit seinen Konkurrenzstaaten. Was aber, wenn die Verknappung von Ressourcen, äußere nicht beeinflussbare Umstände usw., eine Win-Win-Situation unmöglich machen und eine Win-Loose-Situation erzwingen? Je nachdem, wie stark die Not dann anwächst, wird damit zu rechnen sein, dass ein Staat sich auf Kosten eines anderen wird retten wollen. Solche Situationen können Staaten dann nur mit Sicherheit überstehen, wenn der mögliche Gewinn einer feindlichen Aktion durch die mit Sicherheit zu erwartenden Verluste völlig in den Schatten gestellt würde. Nur dann würde in einer solchen Extremsituation eine feindliche Handlung auch trotz einer Win-Loose-Situation keinen Sinn machen, weil sie die schlechte Lage nur noch verschlimmern würde. Eine, wie ich finde, sehr logische und plausible Theorie. Die Steigerung der eigenen Stärke hat vor allem den Vorteil, dass man sie ganz alleine in der Hand hat und nicht auf den Guten Willen anderer vertrauen muss. Man ist gewissermaßen für den Notfall autark. Zudem verhindert ein solcher Aufbau eigener Stärke ja zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, zusätzlich nach weiteren und besseren Lösungen zu suchen. Wenn diese klappen wunderbar, wenn nicht hat der Staat dann aber wenigstens Plan B in der Hand. Es geht hier selbstverständlich nur um ein defensives Verständnis.
Überspitzt formuliert:
Ich halte es für besser, einen großen Knüppel zu haben, als keinen Knüppel zu haben. (Erinnert mich an das Wasserloch in "2001 Space Odyssee")