Nur noch in Kürze. Ich muss dringend ins Bett.
Mit der Aussage, dass natürlich auch die Russen Angst haben, hast du natürlich Recht. Gerade darauf basiert ja das Prinzip der Abschreckung. Angst davor, einen Konflikt zu verlieren.
Ich sehe in Putin tatsächlich einen knallharten und extrem geschickt agierenden Diktator, der keinen Deut auf Menschenrechte usw. gibt. Und das ist der Kernpunkt und das Kernmotiv des aktuellen Ost-West-Konfliktes. Deswegen kann man Putin als den Macchiavelli der heutigen Zeit bezeichnen. Um ehrlich zu sein, halte ich das Russland Putins übrigens sogar für viel gefährlicher und skrupeloser, als es die UdSSR jemals gewesen ist. Putin handelt nämlich nicht im Sinne eines höheren Auftrags, um das Leben der Menschen zu verbessern, sondern er handelt ausschließlich und allein für sich und seine Machtposition. Ein solches System bedient sich lediglich moralischer Vorstellungen, um seine eigentlichen Herrschaftsinteressen durchzusetzen. (Beispiel: Putin wird plötzlich gläubiger Anhänger der Orthodoxen Kirche). Ich glaube z.B., dass Putin Homosexuelle vollkommen egal sind. Aber er weiß, dass es nützlich für ihn ist, gegen sie Stimmung zu machen, weil er damit eine Mehrheit der Russen hinter sich bringt. Und das wiederum macht ihm die Aufrechterhaltung seiner Herrschaft leichter. Das war auch das Motiv für die Krim. Und es wird in Zukunft das Motiv bei weiteren Konflikten sein. Putin wird die Probleme des Inlands durch Konflikte mit dem Ausland lösen, bzw. ablenken wollen. Und auch eine Schwächung der westlichen Demokratien würde eine solche Aufrechterhaltung seiner Herrschaft deutlich erleichtern, weil die Russen natürlich auch nach Westen schauen und sich und ihr Leben selbstverständlich mit dem Leben in Westeuropa oder den USA tagtäglich vergleichen.
Zum Thema der Rüstungsspirale übersiehst du in diesem Fall aber einen wichtigen Punkt. Russland ist gar nicht wirtschaftlich in der Lage, einen Rüstungswettlauf mit den NATO-Staaten dauerhaft durchzuhalten. Und das ist die große Chance der westlichen Demokratien, die sie nicht ungenutzt lassen dürfen. Durch die Stärke der westlichen Wirtschaft, sollte es dem Westen ein Leichtes sein, ein massives militärisches Übergewicht innerhalb weniger Jahre aufzubauen, dass sämtliche Träume in Russland, einen Konflikt gewinnen zu können, zu nichte machen sollte. Und das wiederum wird dann dazu führen, dass Russland es sich zweimal überlegen wird, ob es sinnvoll oder überhaupt möglich ist, die westlichen Demokratien zu destabilisieren oder zu attackieren. Putin wird nicht Beides können. Den Lebensstandard der Russen verbessern und aufrüsten.
Die westliche Botschaft für Russland muss aus zweierlei Botschaften bestehen:
1) Rückkehr zu echter Demokratisierung und Beachtung der Menschenrechte
=> Entspannung. Abrüstung. Einbindung. Wirtschaftsverträge.
2) Weiterer Ausbau einer Diktatur und Missachtung von Menschenrechten
=> Abgrenzung. Aufrüstung. Isolation. Embargo.
Es muss klipp und klar sein, dass wir unsere Demokratien und das Selbstbestimmungsrecht der Völker, in jedem Fall und unbedingt verteidigen werden. Insbesondere dann, wenn Putin mutwillig Konflikte schüren will, um bspw. die Stimmung im russischen Inland wieder hinter sich zu bringen.
Was hat denn die Toleranz oder Nichttoleranz gegenüber Homosexuellen mit Außenpolitik zu tun? Da wird vielleicht hier und da ein bisschen moralisch mit Wattebäuschchen geworfen aber als festen Bestandteil von realer Außenpolitik hab ich dieses Thema jetzt noch nicht wahrgenommen.
Mit Außenpolitik gar nichts. Aber mit russischer Innenpolitik und mit Abgrenzung zum vermeintlich "dekadenten Westen".