Gruppenverhalten oder: Metapolitik(psychologie) für die ganz Harten

  • Ich wurde in der Vergangenheit immer mal wieder durch die Blume darauf hingewiesen das meine Beiträge etwas zu lang und zu unsortiert sein würden. Nur wer hat nicht gern den (bzw. die) längsten?
    Habe vor allem schon lange keinen guten Beitrag mehr geschrieben und möchte das langsam mal wieder tun.


    Ich werde mich um Neutralität, pointenhaftes Zusammenfassen und ein wenig Witz bemühen, euch kann ich nur sagen: Es wird lang, es wird hart, das ist kein Peniswitz, lasst euch einfach mal darauf ein.


    ---


    Ohne Medien ist gesamtgesellschaftliche Kommunikation nicht möglich. In einer idealen Medienlandschaft wird jedes gesellschaftlich auftretende Problem von allen Seiten zufriedenstellend beleuchtet und jede Person hat jederzeit Zugang zu allen Informationen jegweder Beleuchtung.


    Nun sind die Phänomene Trump und AfD ohne das Mitwirken, im Gegenteil durch die radikale Zurückweisung der Medien groß geworden. Es gibt offensichtlich eine Schieflage zwischen öffentlicher Kommunikation und den Interessen bzw. Auffassungen erheblicher Teile der Bevölkerung. Dieses Phänomen ist nicht neu sondern zeichnet sich schon seit 15 Jahren immer stärker ab und findet mitlerweile in den Verkaufszahlen der Massenmedien stark Niederschlag. [Auflagen bzw. Verkaufszahlen von Printmedien]


    Das ist insofern problematisch da alles was nicht in Medien frei diskutiert und entschieden werden kann sich aufstaut und als Problem oft verstärkt.


    Aber womit ist dieses Komunikationsmoratorium (Mitteilsungsverbot) zu erklären?


    Die These: Weil politische Positionen religöse Bedeutung angenommen haben.


    In Religösem Denken ist immer die Vorstellung von einer entgültigen Lösung bzw. Erlösung vorhanden. Es kann also, wenn dem jeweiligen Denkmodell gefolgt wird ein perfekter Zustand erreicht werden. Im wissenschaftlichen Denken ist dies nicht so.


    Bei Linken ist dies der Zustand absoluter Gleichheit. Hier gibt es dadurch auch keinerlei Unterdrückung. Dieser Zustand wird durch die "political correctness" vorweg zu nehmen versucht.
    Die Rechten wünschen sich eine Volksgemeinschaft. Für sie die natürliche Ordnungsform. Diese ist natürlich im Moment nicht perfekt sondern von unterschiedlichen Parteien verdorben (Linke, Ausländer, Schmarozer usw.).


    Das ist natürlich nur eine sehr grobe Einteilung, derer gibt es viele mehr. Christen, Muslime usw. kennen z.B. das Pardies, sie glauben das auch in dieser Welt alles besser wäre wenn alle Menschen ihre Religion teilen und nach den Regeln der Religion leben würden. Und beim heiligen Atheismo, das gilt auch für Atheisten die ihren Glauben missionarisch verbreiten wollen.


    Religöse, nur noch als politische Einstellung getarnte Meinungen erkennt man sehr gut an der Einteilung in ein Gut - Böse Schema. Ich, meine Meinung, meine Ansichten, Überzeugungen und Taten sind gut, die der anderen - böse. Ich habe absolut Recht, mein gegenüber absolut Unrecht.
    --> Dies führt zu einer ebenso absoluten Unfähigkeit sich die Standpunkte der Gegenseite plausibel zu machen.


    Diese Unfähigkeit sich mit den Argumenten der Gegenseite beschäftigen zu können führt in der Regel zu 3 Deutungen.
    1. Die Gegenseite hat eine geheime Agenda
    2. Die Gegenseite ist Dumm
    3. Die Gegenseite ist Böse bzw. Unmorlisch, Korrupt, Verdorben


    Die Gegenseite hier hat aber auch nur einen Glauben, der nicht rational sein muss, und sich dem eigenen Glauben konträr verhält.


    Einer Gruppe von Gläubigen geht es nicht nur um die Feststellung von Sachverhalten oder die Lösung von Problemen sondern nur noch um die Verteidigung ihrer Werte. Wenn Fakten dabei helfen können werden diese gern benutzt, sind aber nicht mehr notwendig dafür. Wenn diese nicht vorhanden sind sind folgende Muster erkennbar: Halbwahrheiten (inklusive selbst erzeugter Fakten), die Verweigerung der Auseinandersetzung, Beleidungungen und schlussendlich: Gewalt.


    Dies führt wiederrum zu zwei Problemen:
    1. Es tritt ein Realitätsverlust ein
    2. Die Positionen verhärten sich und sind nicht mehr auflösbar


    Je mehr man sich also dem Glauben an seine eigenen guten Werte und Positionen hingibt, desto mehr predigt man und desto weniger setzt man sich mit der Realität auseinander. Für Journalisten ist dies besonders heikel, den ab einer gewissen "Glaubensstärke" werden sie nicht mehr als neutral sondern als Kreuzritter ihrer eigenen Agenda wahrgenommen die nicht mehr objektiv berichten. Schlagworte wie Lügen und Lückenpresse tauchen auf. Die Journalisten, in ihrem Glauben durch die Gegenwehr sogar noch gestärkt, verharren und verhärten ihre Position dann.


    Je moralischer man sich durch seinen Glauben hält, desto weniger wirklich moralisches, auch innerhalb der Vorstellungen des eigenen Glaubens, bewirkt man tatsächlich. [Je religöser Kinder religöser Familien sind, desto egostischer handeln sie, Studie 2015, link zum Paper]


    Ursache und Wirkung, das Grundprinzip jeder Handlung, ist es vollkommen egal was die die Person glaubt die handelt und damit eine Ursache darstellt. Wie wir heute wissen hat der Kommunismus nicht zur absoluten Gleichheit sondern zum Tod von Millionen Menschen und auch der Nationalsozialismus hat keine perfekte Volksgemeinschaft hervorgebracht sondern zum Tod von Millionen geführt.


    Bis jetzt waren die Ausführungen von religösem Verhalten durchzogen. Religion erwächst auf Moral (zur Herkunft von Moral komme ich noch), Moral fußt auf Intuition.
    Wenn wir moralisch entscheiden dann intutitiv. Die Sachargumentation folgt danach und KANN; MUSS aber nicht die Intuitive (übersprungs)Handlung unterstützen.
    Die Sachargumentation bildet hier eher die spätere Begründung für andere Personen, die eigenen guten moralischen Intentionen sind der Person ja in dem Moment der Handlung und danach vollkommen klar. Wenn es überhaupt nötig ist eine Sachargumentationskette zu bilden - wenn die andere Person das eigene Moralsystem teilt ist es das im Normalfall nicht nötig.


    Diese Moralische Inutition ist allen Menschen im Grunde gemein, da diese das Zusammenleben in menschlichen Gemeinschaften regelt (Evolutionspsychologie).


    Das Feld der Moralpsychologie ist noch recht neu und befindet sich noch in der Entwicklung.


    Es werden 6 Entscheidungsfelder der Moral angenommen:
    1. Fürsorge gegen Schaden: Das Bedürfnis Fürsorge auszuüben und Schaden von anderen abzuwenden.
    2. Fairness gegen Betrug: Das Bedürfnis das jeder das bekommt was ihm zusteht.
    3. Freiheit gegen Unterdrückung: Das Bedürfnis möglichst Frei leben zu können und die Abneigung gegen Eingriffe in die eigene Freiheit oder die anderer.
    4. Autorität gegen Subversion: Das Möglichkeit Hirarchien wahrzunehmen, in ihnen zu leben und mit ihnen zu Kooperieren gegen eine Ablehnung dieser.
    5. Loyalität gegen Verrat: Das Bedürfnis der Gruppe treu zu sein der man angehört und die Ahnung bei der Abwendung von dieser Gruppe.
    6. Heiligkeit gegen Verfall: Das Bedürfnis Dingen und Moralischen Grundsätzen einen Status der Unantastbarkeit zu verleihen.


    Schauen wir uns Moral mal bei Konserativen (rechten) und Progessiven (linken) Personen an.


    Personen die dem Rechten Spektrum angehören sind in der Regel alle 6 Punkte von überragender Bedeutung, während Personen aus dem Linken Spektrum die Punkte 1-3. bejaen, die Punkte 4-6. ablehnen.


    Nur an Hand von Punkt 1-3. und als Beispiel die Asylkrise in Deutschland möchte ich dies für die beiden Gruppen (links, rechts) beleuchten.


    Es sind 2015/16 viele Menschen nach Deutschland gekommen. Diese kann man grob in 3 Gruppen einteilen:
    1. Personen die vor Krieg und Verfolgung fliehen
    2. Personen die aus wirtschaftlichen Grünen migrieren wollen
    3. Personen die sinistere (kriminelle) Motive haben


    Wobei klar ist das Gruppe 3. die kleinste ist.
    1. Ist ein Asylgrund, 2. und 3. nicht.


    Hier setzt dann ein Wahrnehmungsfilter ein.
    Während die Linken der Gruppe 1. und Teilen der Gruppe 2. großes Gewicht verleihen, blenden sie einen Teil von Gruppe 2. und Gruppe 3. komplett aus. Sie argumentieren mit "Sie können sich schnell integrieren", "ein besseres Leben aufbauen", "es ist unsere moralische Pflicht".
    --> Die Opfer sind hier die Asylanten und deren Helfer.


    Die Rechte Gruppe blendet die Gruppe 1. und Teile von Gruppe 2 aus und konzentriert sich auf Teile von Gruppe 2. und die Gruppe 3. in Gänze. Sie argumentieren mit "Sexualstraftäter, Massenkriminalität, Terroranschlägen, Wertbild".
    --> Die Opfer sind hier die Einheimischen.


    Diese gegensätzlichen Positionen werden durch Geschichten unterstützt. Für die Meisten von uns sind Dinge wie "Krieg", "Vertreibung", "Asyl", "Organisierte Kriminalität" usw. zu komplex. Wir machen sie an Geschichten (Ankern) fest. Die Geschichte vom kleinen ertrunkenen syrischen Jungen, die Geschichte der misshandelten und vergewaltigten Deutschen Frauen in Köln.
    Wir bilden uns über diese Geschichten (Anker) Narrative die wir über unsere Entscheidungsfelder (siehe Oben, 6 Punkte) ableiten und uns zu einem Themenkomplex über diese Anker eine Meinung bilden.


    Wir zoomen also in ein an sich zu komplexes Thema, nutzen einen oder wenige Sachverhalte aus der Masse heraus und bilden uns dann, in dem wir wieder herauszoomen, zu dem komplexen Thema anhand von Bruchstücken (den Ankern) eine möglichst simple Meinung.
    Sind z.B. syrische Kinder in der Türkei (die schlecht behandelt werden) repressentativ für die syrischen Kinder in Deutschland?
    Ist der Umgang der Asylanten mit den deutschen Frauen in Köln zu Silvester prepressentativ für den Umgang anderer Asylanten mit deutschen Frauen?


    BEIDE Seiten, Links wie Rechts zeigen sich außerhalb ihrer eigenen selektiven Wahrnehmung vollkommen unempatisch.


    Woher kommt aber Moral?
    Individuen optimieren zuallererst ihre eigenen Chancen auf Nachwuchs und versuchen danach idr. die Chancen des Nachwuchses zu optimieren.
    Dieses Verhalten erfolgt natürlich oft komplett unbewusst.


    Nimmt man die Spieltheorie der klassischen Volkswirtschaft heran, in der, wenn zwei Personen aufeinander treffen beide überdurchschnittlich von Kooperation profitieren, der Betrug des einen an dem anderen aber noch mehr Profit verspricht, gibt es keine Kooperation.
    Wenn man dieses Kooperationsspiel aber von der einmaligen auf die Wiederhohlungsebene erweitert führt man den Faktor "Vertrauen" ein. Hier ist Kooperation die evolutionär günstigere Strategie. Menschen die kooperieren erhalten über 10 Spiele (z.B.) einen höheren Betrag als wenn sie versuchen zu Betrügen, die andere Seite wird die Kooperationsversuche nach kurzer Zeit einstellen.


    Aus diesem Grund sind wir bereit einen Teil unserer Einkünfte wegzugeben und so unsere Chancen für uns und unseren Nachwuchs zu optimieren. Dieses Spiel funktioniert aber nur so lange bis eine Seite beginnt als Spieloption Betrug zu wählen.
    --> Diese Schlussvolgerung ist sowohl Grundprinzip evolutionär angeboren, das Prinzip selbstlos zu handeln, aus dem Selbstzweck heraus die Chancen auf ein möglichst fruchtbares Leben zu optimieren. Es wird "moralisch" gehandelt.


    Dabei ist es gefählich von den moralischen Grundsätzen der Gruppe abzuweichen da man einen Ausschluss risktiert. Solange man sich aber gruppenkonform verhält hat man keine Probleme an die Resourcen der Gruppe zu gelangen.
    --> Moralische Werte sind das Grundprinzip der Gruppenbindung.


    Die Freund-Feind Rethorik in der öffentlichen Diskussion gibt dieses Bild wieder. Journalisten die einem Lager angehören beschimpfen/diskreditieren Kollegen die in das andere Lager wechseln oder der Neutralität zuneigen und sich keinem Lager anschließen möchten.
    Während die Argumente innerhalb der Gruppe vernümpftig und die der anderen unvernümpftig aussehen, ist das Verhalten für Aussenstehende unverständlich.


    Für Aussenstehende sieht sowohl die Argumentation der Rechten als auch der Linken in etwa so aus:
    [spoil][/spoil]



    Für frühzeitliche Gesellschaften war das Einteilen in Gruppen und das Lösen von Problemen in diesen nahezu wiederspruchsfreien Bedarfsgemeinschaften funktional.
    In der heutigen Zeit, mit weit komplexeren Problemen, ist dieser evolutionäre Mechanismus aber überkommen.
    Wenn das Wertesystem "Rechts" vom eigenen Wertesystem "Links" abweicht und anders herum (oder der Atheismus von der Religion oder die Religionen untereinander), dann ist das keine Ketzerrei und kein Grund mit Heugabeln vor dem Haus des anderen zu stehen.


    Das ist Pluralismus.


    ---


    Das war eine ganz kurze Kurzeinführung ins Feld der Moralpsychologie, aufgelockert durch die Anwendung auf aktuelle Themen. Die Grundlagen dazu stammen zu 75% aus dem Buch "The Righteous Mind" von Jonathan Haidt, zu 10% aus anderen Publikationen, zu 10% aus der Volkswirtschaft und zu 5% von mir.



    Ich habe diese Schemenhafte Zusammenfassung vor allem für Twiggels aber auch für andere geschrieben und hoffe das es einige verhärtete "Wir gegen Die"-Denker auf andere Ansätze aufmerksam macht.



    Beste Grüße



    TauPandur



    P.S.: Es war schon ein wenig Arbeit, ich wäre traurig wenn der Topic mit 0 Posts versinken würde.

  • Interresante Art das zu betrachten, danke für den Beitrag


    Vielem der Analyse kann ich zustimmen, allerdings sind mir auch ein paar Dinge eingefallen die sich damit nicht 100%ig erklären lassen:


    1: Die Leute die derart politische Interesiert sind, wie die hier im Politikbereich (oder sonstwo) postenden sind vermutlich nicht die Merhheit, auch wenn wir momentan in einer stärker "politisierten" Zeit leben.
    2: Die Unfähigkeit diverser Personen den Blickwinkel anderer als Legitim anzuerkennen ist ein Berechtigter Kritikpunkt. Man sollte dabei aber nicht in die Falle tappen alles zu relativieren, zwischendurch gibt es durchaus eine objektive Wahrheit, z.B. das Trump ziemlich viele Dinge sagt die schlicht und ergreifend Lügen sind.
    3: Die Bedeutung neuer Medien, einerseits erweiteren sie das Spektrum der veröffentlichten Meinungen ungemein, andererseits ist es schwer bis unmöglich sich bei dieser Überflutung mit Informationen zurechtzufinden, hinzu kommt die Gefahr der Meinungs-blasen, in welchen eine Gruppe ähnlich denkender Menschen sich gegenseitig aufstachelt.

  • Danke für die Ehrenrettung IWST. :)


    Zu 1: Dazu kann ich nicht viel sagen, meine ganz eigenen subjektiven Erfahrungen zeigen mir eher das Gegenteil, wirklich unpolitische Personen gibt es wenige. Aber das ist mein ganz persönlicher Wahrnehmungsfilter hier in der oberen Mittelschicht (der ich so nicht angehöre aber in der ich mich täglich bewege) in Berlin.
    Zu 2: Es ist sogar der Kern dessen was ich geschrieben habe. Es ist schwer die eigene Filterblase die man um sich aufgebaut hat zu verlassen und sich objektiv auf ein anderes Glaubensmodell einzulassen.


    Was Trump angeht: Big News, Trump lügt. Hat niemand bestritten, am wenigsten wohl er. Politiker lügen, erzählen schwachsinnige Storys und reden wie schwachsinnige weil sie ihr Publikum dafür halten. Trump ist da keine Aussnahme, nein er ist sogar exemplarisch. Clinton ist aber keinen Deut besser.
    Was Trumpgegner und "Angst" angeht, ich denke das passt hier ganz gut rein: "trump is trying to win the election by using fear mongering rhetoric." "and if he wins he will start ww3."
    Zu 3: Ja da hast du recht. Man muss sich maximal ein halbes dutzend Quellen raussuchen und das beste daraus machen. Ich kann nur empfehlen das so weit wie möglich zu diversifizieren damit die eigene Filterblase möglichst groß ist. Ich für meinen Teil benutze das Forum hier gern als Echokammer, die meisten hier sind Linksliberal bis Linksextrem, im Gegensatz zu vielen RL Freunden. Werfe ich hier eine Konserative Meinung in den Ring ist es für mich oft erstaunlich was daraus gemacht wird bzw. wie schnell es persönlich wird. Eine allumfassende Medienbildung zu unterstellen ist nicht realistisch, das ist aber die Krankheit der Volkswirtschaftler. Wir gehen ja auch von einem Konstrukt des homo oeconomicus aus, wohlwissend das dies eine unzutreffende Verallgemeinerung ist. Als VWLer oder in der Massenpsychologie oder Entwicklungs- und Moralpsychologie hat man das Problem das man a) selbst Subjekt und b) das zu beschreibende Sujekt so komplex ist das eine genaue Beschreibung nur von der Wirklichkeit geliefert werden kann. Eine gute Näherung ist das Maxima das man erreichen kann.



    Beste Grüße



    TauPandur

  • Ich kann jetzt nicht auf alle Einzelheiten eingehen. Vieles ist sicherlich treffend beschrieben. Allerdings läuft es mir zu sehr auf die Annahme hinaus, dass wenn alle Menschen nur ihre politisch-ideologischen Scheuklappen ablegen würden, man sich schon irgendwie auf eine tatsächlich vernünftige Lösung einigen könne. Hier liegt aus meiner Sicht eine falsche Annahme zugrunde.


    Der springende Punkt ist ja nicht, dass die Menschen nicht in der Lage wären objektiv Fakten zu bewerten, sondern dass sie diese Fakten NOTWENDIGERWEISE nicht "objektiv" bewerten WOLLEN und KÖNNEN. Denn es gibt nun einmal Grundpositionen die grundsätzlich unvereinbar miteinander sind, weil sie sich nicht nur grundlegend widersprechen, sondern sich gegenseitig ausschließen. Demnach gibt es immer wieder Situationen, in denen man eine grundsätzliche ENTSCHEIDUNG treffen muss, die dann quasi als Fahrplan alle anderen Positionierungen, Wertungen und Interpretationen mitbestimmt und unterordnet.


    Bin ich beispielsweise der Ansicht, dass alle Menschen gleichwertig sind und die gleichen Rechte genießen müssen oder bin ich der Ansicht, dass Menschen nicht gleichwertig sind und daher auch unterschiedlich behandelt werden können oder müssen.


    Ein guter Kompass für Moral bei solchen Entscheidungen ist zum Beispiel auch, ob eine politisch-gesellschaftliche Ansicht/Positionierung vor allem die Rechte anderer einschränkt, oder die Rechte anderer vor allem schützt und erweitert. Hier spielt übrigens auch die Stärke der Ausprägung altruistischer Positionen eine entscheidende Rolle. Wie wichtig ist mir das Wohlergehen Anderer? Das kann man individuell als auch gesellschaftlich betrachten. Egoismus, Neid und Missgunst wären hier die entgegenstehenden Triebe.


    Wie man daraus zudem erkennen kann, werden gesellschaftliche Grundentscheidungen häufig auf einer emotionalen Basis gefällt. "Wie soll die Gesellschaft aussehen, in der ich leben möchte?"; "Bin ich bereit, die Lebensführung meiner eigenen Gruppe zu Gunsten einer anderen Gruppe anzupassen oder sogar einzuschränken?" - Diese vor allem emotionale Grundpositionierung, wird dann lediglich logisch durch Argumente untermauert, wobei die eigene "emotionale Grundpositionierung" nicht all zu selten sogar gegenüber sich selbst verleugnet wird. (Wer würde sich selbst schon als ängstlich, naiv oder fremdenfeindlich bezeichnen?) Moralisch gut ist dann, was man für moralisch gut halten möchte. (Beispiel: Die Beschränkung der Rechte einer anderen Gruppe wird als "gut" wahrgenommen, weil sie im Ergebnis der eigenen Gruppe nützt, was als "richtig, gut oder zumindest als vernünftig" empfunden wird. Die Rechte der eigenen Gruppierung werden also stärker berücksichtigt, als die Rechte der Fremdgruppe.)


    Daraus resultiert, dass man sich früher oder später selbst entscheiden muss, welche Grundansichten man selbst für richtig hält bzw. genauer formuliert: als richtig empfindet. Alles andere ergibt sich dann notwendigerweise von selbst. Weichen die moralisch-ethischen Grundansichten grundlegend voneinander ab, ist auch die Auflösung eines "Wir gegen Die"-Denkens schlichtweg nicht möglich, weil es schon sachlich unmöglich ist, da die Grundpositionen miteinander unvereinbar sind und nicht parallel nebeneinander umgesetzt werden können. Ein sich "in der Mitte treffen" ist dann in bestimmten Fällen nicht mehr möglich.

  • Auf den ersten Blick stimmt meine Meinung mit Johns überein und kann jeden Punkt in seinem Beitrag unterstreichen.


    Ergänzend aus meiner Sicht: Objektive Wahrnehmung ist eine Illusion. Jeder der behauptet, er könne objektiv die Dinge betrachten, hat einfach nicht die Weisheit die Grenzen seiner eigenen Intelligenz zu sehen. Ansonsten hätten jene eine eine Ebene des Verstandes erreicht, die die Realität komplett erfassen könnte. Objektivität ist vielmehr eine Assoziation für weniger subjektives (also nur relativ nicht absolut), vernunftbasierteres und wissenschaftlicheres etc. Argumentieren. Jedoch entwickelt sich sowohl Wissenschaft als auch Vernunft, was wiederum bedeutet, dass diese nicht ohne Fehl sind, was sie auch selbst zugeben.


    Einen anderen Punkt würde ich hier noch herauspicken:

    Zitat

    In der heutigen Zeit, mit weit komplexeren Problemen, ist dieser evolutionäre Mechanismus aber überkommen.

    Die Probleme sind komplexer geworden, weil die Welt, also unsere Umgebung, komplexer geworden ist (im letzten halben Jahrhundert gar exponentiell (gefühlt)). Aber der große Trend ist, Probleme zu simplifizieren und großen Aufwand betreibt, um simple Lösungen zu finden.


    Man nehme nur die Globalisierung, ein fortlaufender Prozess, welcher höchstens durch eine "Katastrophe" aufgehalten werden könnte. Der Großteil der (westlichen) Menschheit wohnt diesem bei und akzeptierte die die Vorzüge (z. B. aus Konsumentensicht) und den Fortschritt, die die Globalisierung als erste Welle in die Gesellschaften bringt. Aber den Problemen, die mit einhergehen könnten, will man sich von abwenden.


    Die Menschen (sowohl Volk als auch viele Entscheidungsträger) haben einfach geistig nicht schritt gehalten. Allein die Idee in einer globalisierten und weiter globalisierenden Welt Probleme auf nationaler Ebene anzugehen, ist rückständig. Man betrachte nur die Wörter global und national. Das erste ist die Situation, in der wir uns befinden, und das zweite die vorherrschende bzw. dominante Vorstellung (für Gesetze, Regulierungen, Werte und Ziel des Nutzens etc. und Lösungsansätze für Probleme).
    Man sehe sich nur an, wie sehr Union die Europäische Union momentan wirklich ist.


    Und bei der Komplexität geht es nicht nur um Nationengrenzüberschritt. Die Verflechtung von Markt, Politik, Wissenschaft, Bildung usw. darf selbst innerhalb von Landesgrenzen nicht vergessen werden, welche wiederum schon fest im weltweit gespannten Netz mit hängen.


    Um meinen Hauptgedanken zu dem Thema nochmal zu formulieren: Der Großteil der Menschen adaptieren nicht vollkommen zu ihrer veränderten Umgebung, da in der heutigen Zeit der Wirkungsradius von Ereignissen viel größer geworden ist, aber der Radius der Aufmerksamkeit des Einzelnen nicht mit gewachsen ist.


    Dass die Versorgung für den einfachen Bürger erst von kommunalen Stammesgemeinschaften, dann von Staaten übernommen wurde, aber nun eben über die ganze Welt kommt, ist ihm schwerlich bewusst, da er nun mal versorgt wird und einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Was diese Entwicklung der Versorgung - was diese in sich birgt und mit sich bringt - jedoch bedeutet, ist ihm einfach nicht bewusst bewusst.

    Steam-Profil


    "When the world rots, we set it afire. For the sake of the next world. It's the one thing we do right, unlike those fools on the outside." - Corvian Settler (Dark Souls 3)

    "People are paying me to rob them." - Spiffing Brit playing M&B2

  • Gerade das Thema der "Versorgung" wirft extrem unangenehme Fragen gerade auch in Hinblick auf die Moral auf. Es wird ja vielfach vermutet, dass der aktuelle Rohstoffverbrauch in westlichen Ländern bereits jetzt die Kapazitätsgrenzen der Erde erreicht haben könnte. Nun haben wir aber noch Länder und Kontinente wie Indien, China oder Afrika, die ein Vielfaches der Bevölkerung der westlichen Länder haben und die ganz eindeutig das Ziel verfolgen, einen westlichen Lebensstandard zu erreichen. Wie übrigens ganz Osteuropa auch. Das heißt auch in diesen Ländern wird der Rohstoffverbrauch mutmaßlich stark ansteigen, um so weiter sie sich dem westlichen Lebensstandard annähern. Und das bei einer insgesamt sehr schnell steigenden globalen Gesamtbevölkerung. Es wäre sicherlich moralisch falsch, diesen Ländern den Erwerb eines westlichen Lebensstandards zu versagen. Es wäre aber genauso moralisch falsch, die Ressourcen der Erde sehenden Auges zu verpulvern. Und ebenso wäre es moralisch nur sehr schwierig zu vertreten, den Lebensstandard im Westen auf indisches Niveau herunterzufahren. Solange wir keine Möglichkeit finden, mit wesentlich weniger Ressourcen deutlich mehr Menschen einen wesentlich besseren Lebensstandard als bisher zu bieten, wird uns dieses Problem in sehr große Verteilungskonflikte und mutmaßlich zu moralisch eher zweifelhaften Entscheidungen führen.

  • Erstmal Danke für den interessanten Beitrag.
    Jetzt der, wie du es sicher erwartet hast,


    Widerspruch



    ---


    Zitat

    Ohne Medien ist gesamtgesellschaftliche Kommunikation nicht möglich. In einer idealen Medienlandschaft wird jedes gesellschaftlich auftretende Problem von allen Seiten zufriedenstellend beleuchtet und jede Person hat jederzeit Zugang zu allen Informationen jedweder Beleuchtung.


    Jedwede Beleuchtung in einer idealen Medienlandschaft?
    Nein.
    Offen rassistisch/volksverhetzender oder dergleichen argumentierende Beleuchtungen haben nichts in der veröffentlichten Meinung zu suchen.
    In keinem Falle.
    Das geht u.a. aus dem Konzept der wehrhaften Demokratie hervor das nicht ohne Grund eingeführt wurde.
    Es kann keinesfalls als in der Realität „ideal“ dargestellt werden wenn zu Hass aufgerufen wird.


    Ideal ist die Abbildung allenfalls wenn ich alles total wertneutral betrachte und jedwede Folgen und gruppenpsychologischen Erkenntnisse ignoriere.
    Auch in der Theorie sollte man allerdings die Folgen und den Gesamtkontext betrachten.




    Die deutschen Medien haben dazu in der Tat den Auftrag Wächter der verfassungsgemäßen Ordnung zu sein.
    Ein sehr konservativer Job im Übrigen.
    Verfassungsfeindliche Positionen haben in ihnen damit nichts zu suchen.










    Zitat

    Nun sind die Phänomene Trump und AfD ohne das Mitwirken, im Gegenteil durch die radikale Zurückweisung der Medien groß geworden. Es gibt offensichtlich eine Schieflage zwischen öffentlicher Kommunikation und den Interessen bzw. Auffassungen erheblicher Teile der Bevölkerung. Dieses Phänomen ist nicht neu sondern zeichnet sich schon seit 15 Jahren immer stärker ab und findet mitlerweile in den Verkaufszahlen der Massenmedien stark Niederschlag. [Auflagen bzw. Verkaufszahlen von Printmedien]


    Und im Gegenzug könnte ich dir eine Statistik präsentieren von Klickzahlen von Onlinemedien die deine These in weit höheren Maße widerlegt wie du deine These belegt hast.
    Aber ja. Es gibt natürlich die Lügenpresseschreier. Unzweifelhaft.
    Es gibt einen Unterschied zwischen veröffentlichter Meinung und öffentlicher Meinung.
    Allerdings auch das nur sehr begrenzt da durch das Internet die Pluralität der Medien ungemein gewachsen ist.
    Und natürlich gab es auch schon immer Zeitungen wie die Junge Freiheit und die Welt.





    Zitat

    Das ist insofern problematisch da alles was nicht in Medien frei diskutiert und entschieden werden kann sich aufstaut und als Problem oft verstärkt.


    Eins kann man den Medien nun nicht vorwerfen.
    Das Nichtdiskutieren von Trump/Flüchtlingen/AfD/Pegida
    Gerade das Diskutieren hat sie groß gemacht.
    Überall waren sie. In Talkshows, in Leitartikeln, überall.
    Sicherlich sind eher negativ konotierte Berichte zu Trump und AfD in den auflagenstärksten Medien dabei in der Überzahl.
    Das ergibt sich freilich aus derkonservativen Grundhaltung dieser Medien die die Werte der Bundesrepublik und die verfassungsgemäße Ordnung verteidigen.
    Aber auch hier gibt es unterschiedliche Abstufungen.
    Die Welt war dabei traditionsgemäß gegenüber der AfD weit aufgeschlossener als die Taz.
    Die Junge Freiheit oder Russia Today oder die tausend Blog und Co Angebote aufgeschlossener als die Welt.





    Zitat

    Aber womit ist dieses Komunikationsmoratorium (Mitteilsungsverbot) zu erklären?


    Musst du nicht erklären.
    Es gibt einfach keins. Darum muss man das nicht erklären.
    Kein Parteiprogramm wurde derart besprochen wie das der Afd. Kein Parteitag bekam mehr Aufmerksamkeit als der der AfD.
    Keine Minidemo in einer Provinzstadt wie die von Pegida mehr Sendezeit und Co.




    Zitat

    In religiösen Denken ist immer die Vorstellung von einer entgültigen Lösung bzw. Erlösung vorhanden. Es kann also, wenn dem jeweiligen Denkmodell gefolgt wird ein perfekter Zustand erreicht werden. Im wissenschaftlichen Denken ist dies nicht so.


    Zitat

    Die These: Weil politische Positionen religöse Bedeutung angenommen haben.


    Das Religiöse geht von einer durch eine göttliche Kraft gegebene Ordnungsrichtlinie aus.
    Der „Linke“ geht von einer anzustrebenden Ordnung aus die durch den wissenschaftlichen Prozess ausgehandelt wurde und wird.
    Einem Prozess der die Vor und Nachteile verschiedener Modelle und in Diskussion mit verschiedenen Modellen abwägend zu dem Schluss gekommen ist, dass das Streben nach Gleichheit dem Streben nach Ungleichheit vorzuziehen ist.
    Dabei ist die konkrete Ausgestaltung der Gleichheit ein offener Prozess in der Diskussion und ist keinesfalls religiös, da er durch den wissenschaftlichen Prozesses erreicht wurde und immer noch diesem unterliegt. Denn jeder Linke weiß. Absolute Gleichheit ist utopisch.


    Zitat

    Bei Linken ist dies der Zustand absoluter Gleichheit. Hier gibt es dadurch auch keinerlei Unterdrückung. Dieser Zustand wird durch die "political correctness" vorweg zu nehmen versucht.
    Die Rechten wünschen sich eine Volksgemeinschaft. Für sie die natürliche Ordnungsform. Diese ist natürlich im Moment nicht perfekt sondern von unterschiedlichen Parteien verdorben (Linke, Ausländer, Schmarozer usw.).


    Durch die political correctness wird vor allen versucht zu erreichen, dass niemand verletzt wird und sich negative Stereotypen in unseren Denken einnisten die dies fortan bestimmen und zum großen Nachteil der Menschen sind die derart stereotypisiert werden. Und das sind alle Menschen, da jeder vielen Gruppen angehört, die von anderen stereotypisiert werden.





    Zitat

    Religöse, nur noch als politische Einstellung getarnte Meinungen erkennt man sehr gut an der Einteilung in ein Gut - Böse Schema. Ich, meine Meinung, meine Ansichten, Überzeugungen und Taten sind gut, die der anderen - böse. Ich habe absolut Recht, mein gegenüber absolut Unrecht.
    --> Dies führt zu einer ebenso absoluten Unfähigkeit sich die Standpunkte der Gegenseite plausibel zu machen.


    Du relativierst hier alles.
    Es gibt Recht und es gibt Unrecht.
    Die Basis dies zu entscheiden sind dann diverse Philosophien, Weltanschauungen, Wertesysteme, Gesetze, Religionen.


    Sehr konservative Konstrukte zum größten Teile.
    Das Erschießen von Kindern die eine Grenze überschreiten wollen gilt in fast jedem dieser Wertesysteme als Böse.


    Ausnahmen sind hier faschistische und andere objektiv menschenverachtende Wertesysteme.
    Diese Wertesysteme sind aber nicht die Wertesystem einer der großen Weltreligionen, noch vereinbar mit den Menschenrechten, dem Humanismus...etc.
    Sie sind vor allen auch nicht nicht mein Wertesystem. Deins?


    Die Perversität eines derartigen Taten legitimierenden Wertesystems muss beschrieben werden können als objektiv falsch.
    Als moralisch falsch.
    In der Folge. Als Böse. Gerne auch als „banal Böse“ nach Frau Arendt, da die Forderung in uns allen stecken kann.
    Denn was ist es denn sonst als böse?
    Wenn ich nach einem Wertesystem lebe und so zwischen Recht und Unrecht entscheide, zwischen Gut und Böse muss ich dass Böse, so es denn auftritt, als solches benennen dürfen.
    Wenn ich kein Wertesystem habe, sei es religiös, durch den Logos und den wissenschaftlichen Prozess festgelegte wie das Westliche, ist alles beliebig. Wenn ich am Ende eventuell nur mir selbst verpflichtet bin, da es nichts böses gibt, da ich das entsprechende Wertesystem nicht anerkenne, kann ich vergewaltigen und morden und es ist nicht Böse. Warum auch? Es ist im Zweifel ja zu meinem Vorteil.




    Zitat

    Die Gegenseite hier hat aber auch nur einen Glauben, der nicht rational sein muss, und sich dem eigenen Glauben konträr verhält.


    Alles ist für dich Glaube. Sehe ich nicht so.
    Das Gebot nicht zu töten ist nicht nur Glaube.
    Das Gebot deinen Nächsten zu helfen ist nicht nur Glaube
    Es ergibt sich einfach logisch. Alleine aus Eigennutz.
    Keine Gesellschaft, keine Sicherheit, keine Kultur, nichts ohne das Schutzversprechen auf das Leben...etc.
    Darum finden sich diese Gebote in der Tat auch in jedem Glauben den ich kenne.




    Zitat

    Einer Gruppe von Gläubigen geht es nicht nur um die Feststellung von Sachverhalten oder die Lösung von Problemen sondern nur noch um die Verteidigung ihrer Werte. Wenn Fakten dabei helfen können werden diese gern benutzt, sind aber nicht mehr notwendig dafür. Wenn diese nicht vorhanden sind sind folgende Muster erkennbar: Halbwahrheiten (inklusive selbst erzeugter Fakten), die Verweigerung der Auseinandersetzung, Beleidungungen und schlussendlich: Gewalt.


    Dies führt wiederrum zu zwei Problemen:
    1. Es tritt ein Realitätsverlust ein
    2. Die Positionen verhärten sich und sind nicht mehr auflösbar


    Da verkennst du sogar die Religion und den religiösen Diskurs.
    Es kann so ausarten ist aber sogar in der Religion alles andere als zwingend.




    Zitat

    Je mehr man sich also dem Glauben an seine eigenen guten Werte und Positionen hingibt, desto mehr predigt man und desto weniger setzt man sich mit der Realität auseinander. Für Journalisten ist dies besonders heikel, den ab einer gewissen "Glaubensstärke" werden sie nicht mehr als neutral sondern als Kreuzritter ihrer eigenen Agenda wahrgenommen die nicht mehr objektiv berichten. Schlagworte wie Lügen und Lückenpresse tauchen auf. Die Journalisten, in ihrem Glauben durch die Gegenwehr sogar noch gestärkt, verharren und verhärten ihre Position dann.


    Jeder Mensch ist das Produkt seiner Umgebung.
    Absolute Objektivität kann es gar nicht geben.
    Alleine durch die Auswahl der Themen findet eine Subjektivierung statt.


    Dein Vorwurf sich nicht mit mehr mit Realität auseinanderzusetzen ist dabei falsch.
    Man bettet die Realität nur in seine Sozialisation ein. In seinen Wertekanon. Dadurch wird sie subjetiv? Natürlich. Es geht gar nicht anders.
    Und hier folgt darauf das was ich oben schrieb.
    Ist etwas innerhalb meines Wertekanons falsch ist es natürlich auch so zu benennen,.
    Das ist dann natürlich auch die Aufgabe der Medien. Diesen unseren westlichen bundesrepublikanischen Wertekanon abzubilden.
    Und natürlich kann und wird sogar die Gegenseite zu Wort kommen. Und das soll sie acuh.
    Aber kommt sie das nicht?
    Mullah Omar kam zu Wort.
    Osama kam zu Wort.
    Frau von Storch kommt ständig zu Wort.
    Ist es die Pflicht eines jeden Medienschaffenden sich dabei die Position von Frau von Storch oder Osama zu eigen zu machen? Nein.







    Zitat

    Ursache und Wirkung, das Grundprinzip jeder Handlung, ist es vollkommen egal was die die Person glaubt die handelt und damit eine Ursache darstellt. Wie wir heute wissen hat der Kommunismus nicht zur absoluten Gleichheit sondern zum Tod von Millionen Menschen und auch der Nationalsozialismus hat keine perfekte Volksgemeinschaft hervorgebracht sondern zum Tod von Millionen geführt.


    Was ist das denn für eine These? Für das Ergebnis ist es total egal was die Person für ein Wertesystem hat? Bitte was?


    Deine eigenen Beispiele widerlegen dich. Natürlich hat der Nationalsozialismus und der Stalinisums aufgrund seiner menschenverachtenden Ideologie zu derart vielen Toten geführt.
    Wenn wir bei deinen Beispielen bleiben hat der Kommunismus natürlich (neben vielen Toten) zu mehr Gleichheit geführt und im NS Reich wurde der „Volksstaat“ (vgl. Götz Aly: Hitlers Volksstaat) aufgebaut.






    So das war Teil 1. Lang genug. Teil 2 kommt die Woche wenn ich die Muße finde, aber wahrscheinlich schaffe ich es nicht mehr bevor du Freitag bei mir auf der Matte stehst.
    Bis dann.



    Dieser Beitrag ist zu 100% auf meinem Mist gewachsen unter dem Eindruck unzählbar vieler, nicht mehr genau zu benennenden Einflüsse meiner Sozialisation entstanden.

  • @Tau and the others.
    Danke für den Fred und die Beiträge. Muss ich mir im wachen Zustand erneut zu Gemüte führen. Der Spoiler fasst das Dilemma der Diskussion um Moral und Gruppenverhalten hervorragend zusammen. Die aktuellen Krisen haben neben der Verhärtung der Grenzen den politische, moralische Diskurs wiederbelebt und viele Menschen dazugebracht ihre althergebrachten Ansichten zu überdenken und zu hinterfragen. Die Gesellschaft ist insgesamt politischer geworden und auch in den ehemals uninteressierten Schichten, die vorher kaum wussten welche Partei regiert, hat der Diskurs Einzug gehalten.
    Interessant ist zu Beobachten wie alte Denkmuster und moralische Werte aufbrechen, sich ändern und vermischen. Die Irritationen im Fluss des ewig Gleichen führen zu Bewegungen in vielen Bereichen, die lange brachlagen. Vertreter mit zuvor unversöhnlichen Positionen gehen aufeinander zu und arbeiten miteinander. Gesetze und Regelungen die in Stein gemeißelt waren, werden erneuert und Wahrheiten neu definiert.
    Viele allerdings, auch und gerade die vormals Liberalen, werden von der Verwirrung überfordert und ziehen sich in ihr früher-war-alles-besser-Haus zurück. Blenden ihre alten Vorstellungen aus und kehren sich von der Vielfalt und der Diskussion ab -fangen an doktrinär, religiös zu argumentieren.

  • In einer idealen Medienlandschaft wird jedes gesellschaftlich auftretende Problem von allen Seiten zufriedenstellend beleuchtet und jede Person hat jederzeit Zugang zu allen Informationen jegweder Beleuchtung. [...]
    Die These: Weil politische Positionen religöse Bedeutung angenommen haben.Ohne Medien ist gesamtgesellschaftliche Kommunikation nicht möglich.


    Der einleitende Gedanke geht meiner Meinung nach von einem falschen Ansatz aus, nämlich, dass es eine gesamtgesellschaftliche Kommunikation gibt, die über eine scheinbar kleine, weitgehend homogenisierte Gruppe von Medien erfolgt.
    Das stimmt aber in meinen Augen nicht, da es eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Kommunikationsmedien und -räume gab und gibt, die aber erst mit dem Internet einen immens gewachsenen Kreis möglicher Adressaten gewonnen haben.
    Es hat sich demnach nicht das Meinungsspektrum erweitert, sondern es haben Meinungen eine breitere Öffentlichkeit gefunden, die früher eingeschränkt waren, weil sie auf der Ebene/mit der Reichweite, auf/mit der sie stattfanden, keine breitere Öffentlichkeit/keinen Konsens erreicht haben.


    Das Erkennen von Parallelen zwischen dem Politischen und Religiösen ist logisch, weil ähnliche Strukturen und Überschneidungen vorliegen. Beide wirken in der Gesellschaft, beide kennen Radikalismus, in beiden gibt es ideale und reale Positionen, beide können sich gegenseitig beeinflussen etc., aber der Unterschied liegt meiner nach darin, dass die die Religion mit dem Verweis auf das Jenseitige begründen will, während die Politik idealerweise auf die Ordnung des Diesseitigen abzielt. Besser wäre es meiner Meinung nach, von einer zunehmenden Ideologisierung der politischen Meinungen zu sprechen.


    Für den Rest kommt eventuell noch mehr wenn Kapazität, alternativ muss ich schauen, welcher Position hier ich folgen würde...

    ___ ___ ___ ___ ___

    And before he died, Taran-Ish had scrawled upon the altar of chrysolite with coarse shaky strokes the sign of DOOM.

  • Teil 2
    Ich habs versucht einigermaßen kurz zu halten und nicht auf alles in aller Ausführlichkeit einzugehen....




    [spoil]

    [/spoil]



    Ähm. Nein.
    Das hängt ganz davon ab wie du nun genau Konservatismus und linkes Gedankengut definierst, bzw. welcher Strömung du folgst..
    Auch finde ich interessant, dass du oben den Linken religiöse Dogmen vorwirfst, ihnen hier aber per se absprichst, moralischen Grundsätzen den Status der Unantastbarkeit zu verleihen.
    Ja was denn nun?




    [spoil]


    [/spoil]


    Das ist eine sehr stark ins extrem abdriftende und simplifizierende Beschreibung der Lage.


    Wüsste nicht, dass ein „Linker“ per se Verbrechen ausblenden würde die am „einheimischen Volke“ begangen wurden.
    Sogar die Grünen verlangen ein entschiedenes Vorgehen gegen Verbrecher unter Asylbewerbern.
    Dafür verlangen und setzten die Grünen unter anderen die Verstärkung von Polizeikräften auf Bundes und Landesebene durch.
    Der Unterschied ist in der Tat, dass begreifen, dass die Verbrecher in der Minderheit sind (wie du es ja auch schreibst) und man nicht aufgrund eines Aufenthaltsstatusses alle Menschen über einen Kamm schert. Jeden Mensch also erst einmal als Individuum begreift.



    Auch Gruppe 2 wird sicher nicht von den Linken ausgeblendet.
    Diese stellt sogar in der linken Argumentation oft ein Kernelement dar, da auch diesen Menschen einen Aufenthalt ermöglicht werden soll. (nicht immer)


    Nebenbei gesagt ist die Bereitschaft Asyl zu gewähren alles andere als ein Gegensatz zum Konservatismus zu verstehen.
    Denn an der Ablehnung von Asyl ist erst einmal nichts konservatives wie die katholische Kirche, einer der wohl konservativsten Organisationen in Deutschland, eindrucksvoll vorführt.
    Rechts ist diese Position sicherlich, man sollte dann hier aber Konservativ und Rechts nicht gleichsetzen.


    [spoil]

    [/spoil]


    Ja. Du hast recht mit deinen Ausführungen von den Narrativa.


    Unrecht hast du aber damit, dass sich die „Linke“ vollkommen unempathisch zeigt, genau so wenig wie der Großteil der Menschen die gegen Zuwanderung ist.


    Das Narrative "Köln" hat in der Tat auch bei den Grünen gewirkt.


    Zitat

    Woher kommt aber Moral?
    Individuen optimieren zuallererst ihre eigenen Chancen auf Nachwuchs und versuchen danach idr. die Chancen des Nachwuchses zu optimieren.
    Dieses Verhalten erfolgt natürlich oft komplett unbewusst.


    Ja. Das ist eine Theorie. Es gibt andere wie die, dass die Moral im Ganzen oder zu Teilen durch die Gesellschaft geprägt wird.




    Zitat

    Wenn das Wertesystem "Rechts" vom eigenen Wertesystem "Links" abweicht und anders herum (oder der Atheismus von der Religion oder die Religionen untereinander), dann ist das keine Ketzerei und kein Grund mit Heugabeln vor dem Haus des anderen zu stehen.


    Das ist Pluralismus.




    Richtig. Es gibt aber Grenzen in einer pluralistischen Gesellschaft.
    Diese Grenzen werden durch Moral/Gesetze/Wertesystem vorgegeben.
    Weder Ehrenmord noch Volksverhetzung ist als legitimes pluralistisches Handlungsmotiv zu akzeptieren.

  • Da ist ja einiges zusammen gekommen.
    Es liegt in der Natur der Sache das ich für diesen Post nicht so viel Zeit habe wie den Eingangspost. Werde aber versuchen ausführlich zu sein.


    Die Intention den Tread zu eröffnen war Personen die sehr in ihrer Filterblase von radikaler Weltanschauung festhängen das Handwerkszeug, ergo Denkmodel an die Hand zu geben um einfach mal 2-3 Schritte zurück zu machen und eben diese Filterblase von außen zu betrachten. Twiggels habe mir hier explizit, wegen unseres privaten Kontaktes UND weil er der radikalste Linke hier ist heraus gegriffen. Er hat mir dann auch gezeigt das er das Angebot nicht angenommen hat sondern als weiteren Kriegsschauplatz auf dem er seine Grundhaltung verteidigen muss aufgefasste.
    Ich habe mich von Anfang an um Neutralität bemüht, also sowohl Rechte als auch Linke Anschauungen aufgegriffen und direkt gegenüber gestellt, um zu zeigen das beide ihre Berechtigung haben wenn man es von einer Neutralen Position aus betrachtet.


    Gleich vorweg, ich habe einige Fehler gemacht, der größte war der einige Punkte als gegeben voraus zu setzen die dann nicht, bzw. falsch, verstanden wurden und einige Ausführungen zu weit einzukürzen. Das werde ich nun versuchen in Teil 1 zu korrigieren.
    In Teil 2 gehe ich auf "ja das ist schon richtig so aber ich finde das ist anders" ein, ich respektiere die andere Meinung, will mir aber die Chance erhalten euch von meiner zu überzeugen. ;)
    In Teil 3 nehme ich mir kurz die ganzen politischen Anmerkungen und Beispiele vor.



    Der Beitrag, weil länger, hat also 3 Teile:
    3. MISC - Politik, wobei ich nicht auf Meinungen eingehe, sondern auf Gedanken die ich mit Zahlen oder Ideen und Konzepten, wieder oder belegen bzw. aufwerten kann
    2. Replik auf Beiträge zum Inhalt von Beitrag 1


    1. Erklärungen von von mir schlecht beleuchteten Punkten



    Der einleitende Gedanke geht meiner Meinung nach von einem falschen Ansatz aus, nämlich, dass es eine gesamtgesellschaftliche Kommunikation gibt, die über eine scheinbar kleine, weitgehend homogenisierte Gruppe von Medien erfolgt.

    Jaein.
    Der Ansatz ist nicht für die Deutsche oder Österreiische Medienlandschaft, auch nicht für eine Weltweite sondern für die Ideale Medienlandschaft und dem Idealen Konsumenten gesetzt.
    Man geht in diesem davon aus das der Konsument anhand seiner Moralischen Entscheidungsfelder (siehe Beitrag 1), sich dann in die Sozialen Gruppen einordnet die dem am nächsten kommen.
    Medien sind in diesem Vorgang umfassend vorhanden und ihr Informationsgehalt ist so dicht das es kaum einen Unterschied macht was er genau konsumiert.


    Diese Annahme ist wirklichkeitsfremd, aber auch die die am einfachsten auszudrücken, mathematisch zu modelieren und per Experiment überprüfbar ist. Es ist auch die am einfachsten zu erklärende Variante.
    Sie ähnelt dem Volkswirtschaftlichen Modell des Homo oeconomicus, das ist nichts anderes als eine Person die ihren Nutzen anhand der ihr vorliegenden Information optimiert (ein sogenannter "rationaler Agent"), in der Antwort auf IWSTs Beitrag habe ich das ganze zu einem zeitkonsistenten Erwartungsnutzenmaximierer aufgeweicht, eine Person die vollkommen rational handelt und versucht den besten Deal in der besten Zeit zu finden.



    Was die Medien angeht will ich die Ausführungen aus Post 1 nochmal anders zusammenfassen.



    Stellt euch die Konsumenten von Medien als Zahlen von 1 bis 9 vor, diese werden gleichmässig beleuchtet, die Beleuchtung ist das mediale Wirken. In einer idealen Medienlandschaft sieht es so aus:



    1 2 3 4 5 6 7 8 9



    Alle 9 Gruppen werden gleichmässig von den Medien beleuchtet.
    Nun die Schieflage


    1 2 3 4 5 6 7 8 9


    Hier entsteht dann dementsprechend ein Gefälle was rational nicht zu rechtfertigen ist. Da Personen die 7, 8 und 9 sich nicht mehr representiert fühlen verweigern diese die öffentliche Debatte. Und auch die Personen 4, 5 und 6 fühlen sich nicht mehr genug informiert da sie die Mediale Beleuchtung der Meinung von Person 1,2,3 genauso schätzen wie die Beleuchtung der Meinung von Person 7,8 und 9.




    Ohne Medien ist gesamtgesellschaftliche Kommunikation nicht möglich. In einer idealen Medienlandschaft wird jedes gesellschaftlich auftretende Problem von allen Seiten zufriedenstellend beleuchtet und jede Person hat jederzeit Zugang zu allen Informationen jegweder Beleuchtung.


    Nun sind die Phänomene Trump und AfD ohne das Mitwirken, im Gegenteil durch die radikale Zurückweisung der Medien groß geworden. Es gibt offensichtlich eine Schieflage zwischen öffentlicher Kommunikation und den Interessen bzw. Auffassungen erheblicher Teile der Bevölkerung.


    In der Praxis führt das, wie man in Deutschland so wunderbar gesehen hat zu folgendem: Die Medien beginnen einen Teil der öffentlichen Meinung zuerst komplett zu ignorieren, dann, nachdem Proteste aus dem Lager laut wurden ganz massiv anzugreifen um ihren eigenen Standpunkt zu legitimieren. Daraufhin bilden diese Meinungsschichten mediale Alternativstrukturen, diese werden dann wiederrum von den etablierten Medien nicht akzeptiert, es kommt zum Bruch da beide Seiten die Kommunikation einstellen. Glaubenssätze bilden und verfestigen sich. Am Ende gibt es eine Realität aber mindestens 2 Lager mit 2 Glaubenssätzen die aufgehört haben miteinander zu kommunizieren.


    Ihre Glaubenssätze fußen wiederrum auf ihren moralischen Überzeugungen die in die 6 Entscheidungsfelder für Moral aufgebrochen werdne können.


    Kleiner Exkurs, sowohl in der Psychologie als auch in der Volkswirtschaft versucht man solche Strukturveränderungen/Wanderbewegungen z.B. mit agentenbasierter Modellierung (siehe rationaler Agent), in diesem Fall, Sozialsimulation abzubilden.
    (Ist ein spannendes Thema, mit dem quäle ich mich auch gerade rum)




    Es hat sich demnach nicht das Meinungsspektrum erweitert, sondern es haben Meinungen eine breitere Öffentlichkeit gefunden, die früher eingeschränkt waren, weil sie auf der Ebene/mit der Reichweite, auf/mit der sie stattfanden, keine breitere Öffentlichkeit/keinen Konsens erreicht haben.

    Auf Deutschland bezogen: Früher haben die Medien aber auch einen weit breiteres Meinungsspektrum abgedeckt. Es gab klar links und rechtslastige Zeitungen, Zeitungen die sich in der Mitte zu positionieren versuchten usw. Klientelzeitungen. Auch der Spiegel war z.B. in den 70 und 80ern weit konserativer als er es heute ist. Ich empfehle mal ins Nationalarchiv zu gehen und einfach auf Zufall einen Tag herauszugreifen und sich 4-5 Medienblätter aus einem beliebigen Tag aus den 70ern bringen zu lassen. Du würdest staunen. Gleiche Meldung, komplett anderer Tenor. Dann leg dir die gleichen Zeitungen (sofern es sie noch gibt) von vor einem Jahr mal nebeneinander.
    Ich hatte mal beruflich mit der Auswertung von großen Mengen nicht digitalisierter Informationen aus Zeitungen der 30er und 40er Jahre zu tun, seitdem beschäftige ich mich mit dem Thema.



    Das Erkennen von Parallelen zwischen dem Politischen und Religiösen ist logisch, weil ähnliche Strukturen und Überschneidungen vorliegen. Beide wirken in der Gesellschaft, beide kennen Radikalismus, in beiden gibt es ideale und reale Positionen, beide können sich gegenseitig beeinflussen etc., aber der Unterschied liegt meiner nach darin, dass die die Religion mit dem Verweis auf das Jenseitige begründen will, während die Politik idealerweise auf die Ordnung des Diesseitigen abzielt.


    Politik ist die Regelung des Gemeinwesens durch verbindliche Entscheidungen. Das ist eine mögliche Definition für Politik, derer gibt es aber hunderte. Die Frage ist wie die Entscheidungen getoffen werden sollen. Früher, als soziale Gruppen noch überschaubar waren, in Stämmen, Familiengemeinschaften oder Clangruppen organisiert, gab es nur einen Konsens. Das ist Monismus.
    Wie am Ende von Beitrag 1 festgestellt leben wir aber nicht im Monismus sondern im Pluralismus. Wir neigen aber zum Monismus, der Bildung einer Meinung und der Verteidigung dieser als allgemeingültiges Deutungsmodell für alle und alles. Je nach extremer Ausprägung spreche ich hier von Religion wenn dies eintritt:


    Religion ist für mich also eine extreme Form von Meinung die auf der unbedingten Bejaung eigener Ethik und unbedingter Verneinung der Ethik des anderen fußt. Wobei zur Verteidigung des eigenen Standpunktes auch irational gehandelt wird.




    Einer Gruppe von Gläubigen geht es nicht nur um die Feststellung von Sachverhalten oder die Lösung von Problemen sondern nur noch um die Verteidigung ihrer Werte. Wenn Fakten dabei helfen können werden diese gern benutzt, sind aber nicht mehr notwendig dafür. Wenn diese nicht vorhanden sind sind folgende Muster erkennbar: Halbwahrheiten (inklusive selbst erzeugter Fakten), die Verweigerung der Auseinandersetzung, Beleidungungen und schlussendlich: Gewalt.

    Dabei hast du mit deiner Ausführung: "der Unterschied liegt meiner nach darin, dass die die Religion mit dem Verweis auf das Jenseitige begründen will, während die Politik idealerweise auf die Ordnung des Diesseitigen abzielt." zwar im großen und ganzen recht, ich beziehe mich aber in bei der Nennung von Religion nicht auf die Trennung von Diesseits und Jenseits sondern auf Verhaltensweisen einer Person mit einem extrem ausgeprägten Meinugsspektrum.


    Vor allem ziehlt Religion auch darauf ab komplexe Probleme mit einfachen Antworten zu versehen. Wissenschaft nicht.
    Religion bietet jederzeit ein allumfassendes Erklärungsmodel mit teils extrem ausgerägten Antworten an derem Ende "Gott will es" steht. (Erinnert mich an "Wir schaffen das" oder "Ausländer raus", komplexe Probleme mit einfachsten Heilsversprechen lösbar)


    2. Replik auf Beiträge zum Inhalt von Beitrag 1






    Allerdings läuft es mir zu sehr auf die Annahme hinaus, dass wenn alle Menschen nur ihre politisch-ideologischen Scheuklappen ablegen würden, man sich schon irgendwie auf eine tatsächlich vernünftige Lösung einigen könne.


    Das wird man nicht immer können, dafür gibt es dann aber das Mehrheits- bzw. das Konsensmodell. Auf jeden Fall wird es einfacher zu einer rationalen Entscheidung zu gelangen wenn die politische Entscheidungsfindung nicht von religösen Dogmen bestimmt wird. Die religöse Überhöhung der eigenen Ethik ist in einer Demokratie z.B. leicht möglich, in einem auf Konsens aufgebauten Sozialsystem nicht da das religöse Dogma einer (oder mehrer) politischer Gruppen das komplette Gemeinwesen lähmt oder anderen Gruppen die Politik diktiert - wobei dann auch bei diesen dann eine Radikalisierung einsetzt.



    Der springende Punkt ist ja nicht, dass die Menschen nicht in der Lage wären objektiv Fakten zu bewerten, sondern dass sie diese Fakten NOTWENDIGERWEISE nicht "objektiv" bewerten WOLLEN und KÖNNEN. Denn es gibt nun einmal Grundpositionen die grundsätzlich unvereinbar miteinander sind, weil sie sich nicht nur grundlegend widersprechen, sondern sich gegenseitig ausschließen. Demnach gibt es immer wieder Situationen, in denen man eine grundsätzliche ENTSCHEIDUNG treffen muss, die dann quasi als Fahrplan alle anderen Positionierungen, Wertungen und Interpretationen mitbestimmt und unterordnet.

    Niemand kann vollkommen objektiv bewerten, du nicht, ich nicht. Wie oben schon geschrieben, für die Entscheidungsfindung bei konträren Interessen gibt es verschiedene Gesellschaftsformen die dies ermöglichen. In der westlichen Welt sind Demokratie und Konsenssysteme vorhanden aber im privat und privatwirtschaftlichen Bereich sind Autoritäre Strukturen nach wie vor das Maß der Dinge bei der Konfliktlösung.


    -----------------
    Das war vorher die Cutstelle, ich kann in meinen Edits seltsamerweise andere nicht mehr bequem zitieren. Da ich jetzt per Hand zitieren muss ist das natürlich alles nicht mehr so genau.
    -----------------



    Zitat von John

    Ein guter Kompass für Moral bei solchen Entscheidungen ist zum Beispiel auch, ob eine politisch-gesellschaftliche Ansicht/Positionierung vor allem die Rechte anderer einschränkt, oder die Rechte anderer vor allem schützt und erweitert. Hier spielt übrigens auch die Stärke der Ausprägung altruistischer Positionen eine entscheidende Rolle. Wie wichtig ist mir das Wohlergehen Anderer? Das kann man individuell als auch gesellschaftlich betrachten. Egoismus, Neid und Missgunst wären hier die entgegenstehenden Triebe.


    Moral ist der Kompass im Moment der Entscheidungsfindung, Moralfindung erfolgt eher über angeborene Verhaltensweisen die uns allen zu Eigen sind und durch Sozialisation. Deswegen empfinden wir Personen mit einer psychopatischen Persönlichkeitsstörung, bzw. aus der Neurologie: Soziopathie (das sind zwei Paar Schuhe, nicht zwei Wörter für denselben Begriff) als Krankheit. Weil dies ein von der Norm abweichendes Verhalten von Personen ist die Grundlegende Ethiken die der großen Mehrheit der Menschen gegeben sind nicht teilen.
    Schau dir bitte nochmal die 6 Entscheidungsfelder der Moral an, letztendlich enthalten sie Neid, Missgunst usw. Merkmal Schaden. Nahezu jedem Menschen sind sie im Grunde zu wieder. Wir entwickeln sie aber wenn z.B. Fairness aus unserer Sicht verletzt wurde. Es ist nicht so dass alle Moralfelder miteinander harmonieren müssen.



    Zitat von John

    Wie man daraus zudem erkennen kann, werden gesellschaftliche Grundentscheidungen häufig auf einer emotionalen Basis gefällt. "Wie soll die Gesellschaft aussehen, in der ich leben möchte?"; "Bin ich bereit, die Lebensführung meiner eigenen Gruppe zu Gunsten einer anderen Gruppe anzupassen oder sogar einzuschränken?" - Diese vor allem emotionale Grundpositionierung, wird dann lediglich logisch durch Argumente untermauert, wobei die eigene "emotionale Grundpositionierung" nicht all zu selten sogar gegenüber sich selbst verleugnet wird.


    Sieh mal hier:


    Zitat von TauPandur

    Bis jetzt waren die Ausführungen von religiösem Verhalten durchzogen. Religion erwächst auf Moral (zur Herkunft von Moral komme ich noch), Moral fußt auf Intuition.
    Wenn wir moralisch entscheiden dann intuitiv. Die Sachargumentation folgt danach und KANN; MUSS aber nicht die Intuitive (übersprungs)Handlung unterstützen.
    Die Sachargumentation bildet hier eher die spätere Begründung für andere Personen, die eigenen guten moralischen Intentionen sind der Person ja in dem Moment der Handlung und danach vollkommen klar. Wenn es überhaupt nötig ist eine Sachargumentationskette zu bilden - wenn die andere Person das eigene Moralsystem teilt ist es das im Normalfall nicht nötig.


    Schön das du den Gedanken übernommen hast. ;)


    Zitat von John

    Moralisch gut ist dann, was man für moralisch gut halten möchte. (Beispiel: Die Beschränkung der Rechte einer anderen Gruppe wird als "gut" wahrgenommen, weil sie im Ergebnis der eigenen Gruppe nützt, was als "richtig, gut oder zumindest als vernünftig" empfunden wird. Die Rechte der eigenen Gruppierung werden also stärker berücksichtigt, als die Rechte der Fremdgruppe.)


    Natürlich ist es für fast alle Menschen moralisch vertretbar andere soziale Gruppen zu diskriminieren und von Ressourcen abzuschneiden. So maximieren sie ihre Chancen auf Fortpflanzung es ist ein allgemein akzeptiertes Verhaltensmuster. Das sind nicht nur die Rechte die alle Araber aus Deutschland werfen wollen, das ist ebenso der Reiche der mit privatem Wachschutz den Armen aus „seinem“ Viertel beobachten/vertreiben lässt. Das ist genauso die linke Organisation die total für Massenmigration ist, sobald aber ihr besetztes Grundstück für genau diese Migranten geräumt werden soll gegen die Räumung und gegen Migranten protestiert.
    Diskriminierung anderer Gruppen ist weder ein Rechtes noch ein Linkes Phänomen, es ist gesamtgesellschaftlich. An alle die jetzt laut denken „NEIN! ICH DOCH NICHT!“ möchte ich eine Frage stellen: Habt ihr einen Gartenzaun? Wozu?

    Zitat von John

    Weichen die moralisch-ethischen Grundansichten grundlegend voneinander ab, ist auch die Auflösung eines "Wir gegen Die"-Denkens schlichtweg nicht möglich, weil es schon sachlich unmöglich ist, da die Grundpositionen miteinander unvereinbar sind und nicht parallel nebeneinander umgesetzt werden können. Ein sich "in der Mitte treffen" ist dann in bestimmten Fällen nicht mehr möglich.


    Allerdings kann man, wenn die Instinkthandlung „Wir gegen Die“ z.B. durch einen Medialen Diskurs ausgebremst bzw. aufgezeigt wird das es noch andere Ansichten nebst der eigenen Filterblase (Links wie Rechts) gibt, eine gewisse Seriosität verleihen und zumindest auf Grund von Fakten und nicht von Impulsen eine Entscheidung treffen.
    Ich zitiere hier mal Hans-Peter Friedrich über das Entstehen der AfD: „Wenn alle Parteien nur A durchdrücken kommt eine Partei mit B und wird gewählt, wenn Wähler auch B empfinden.“ – Es waren wohlweislich nicht nur die Parteien, auch die Medien haben auf das extremste einseitig berichtet. Herausgekommen ist wie schon beschrieben, eine Gegenöffentlichkeit mit entsprechender Partei. Ausgrenzung, verschweigen, lächerlich machen, kriminalisieren von Meinungen schafft immer eine Gegenöffentlichkeit, da diese sich eben nicht wie "gewünscht" die Fresse haltend in die Ecke stellt oder Lippenbekenntnisse abliefert sondern sich formiert. Das mag, als nur die radikale Rechte ausgegrenzt wurde nicht so stark ins Gewicht gefallen sein, da die Zahl nicht so hoch war. Über das letzte Jahr wurde aber ganz geziehlt ein riesiger Teil der Bevölkerung wie beschrieben behandelt, deren berechtigte und belegbare Sorgen und Daten komplett ausgeblendet. Und wie es so schön heißt: "Nun haben wir den Salat."




    Zitat von DarthFrankiboy

    Auf den ersten Blick stimmt meine Meinung mit Johns überein und kann jeden Punkt in seinem Beitrag unterstreichen.


    Und meinem nicht DarthFrankiboy? John und ich, wir haben fast genau das gleiche geschrieben, nur hat er andere Worte verwendet. ;)


    Zitat von DarthFrankiboy

    Ergänzend aus meiner Sicht: Objektive Wahrnehmung ist eine Illusion. Jeder der behauptet, er könne objektiv die Dinge betrachten, hat einfach nicht die Weisheit die Grenzen seiner eigenen Intelligenz zu sehen.

    Ich für meinen Teil (und das ist nicht die Lehrmeinung) denke das Objektivität in einem Bereich nur dann erreichbar ist wenn ich den Bereich in Gänze erfassen kann. Viele Personen mit Abschlüssen in MINT-Fächern halten sich Geisteswissenschaftlern überlegen, sie sind es gewohnt in ihrem Gebiet „die absolute Wahrheit“ zu kennen – das reicht von der genauen Vorausberechnen eines Stromflusses über die Tagfestigkeit eines Gebäudes bis zum Atomgewicht von Bor. Wenn man sich aber mit von Menschen verursachten Problemstellungen beschäftigt hat man es normalerweise nicht so einfach. Man kann zwar mit Agenten-Modellen verblüffende Näherungen an das menschliche Massenverhalten erreichen, allerdings bleiben es Näherungen. Wie schon bei IWST geschrieben, es gibt 2 Probleme: 1. Man ist selbst Subjekt und 2. Ein Modell was komplex genug ist um sämtliche Faktoren einzukalkulieren ist letztendlich die Wirklichkeit. Man kann nur Näherungen erreichen.



    Zitat von DarthFrankiboy

    Objektivität ist vielmehr eine Assoziation für weniger subjektives (also nur relativ nicht absolut), vernunftbasierteres und wissenschaftlicheres etc. Argumentieren. Jedoch entwickelt sich sowohl Wissenschaft als auch Vernunft, was wiederum bedeutet, dass diese nicht ohne Fehl sind, was sie auch selbst zugeben.


    Nun wie schon beschrieben bilden wir uns Meinungen über komplexe Themen mittels kleiner Ausschnitte die wir besser erfassen können. Ist die Bildung der Objektivität für dich damit die Erfassung von mehr subjektiven Eindrücken (z.B. statt 2 zur Meinungsbildung 100)? Oder das komplette Ausblenden von subjektiven Eindrücken und blindes Auswerten von vorliegender Datenbasis? Eine Mischung – und was ist wenn die subjektiven Gesamteindrücke der Datenbasis wiedersprechen? Übernimmt dann bei dir die Ethik und du entscheidest dich für den subjektiven Eindruck oder nimmst du es auf dich als asozial, weil gegen die allgemeine Ethik handelnd betrachtet zu werden?



    3. MISC



    Zitat von DarthFrankiboy

    Man nehme nur die Globalisierung, ein fortlaufender Prozess, welcher höchstens durch eine "Katastrophe" aufgehalten werden könnte. Der Großteil der (westlichen) Menschheit wohnt diesem bei und akzeptierte die die Vorzüge (z. B. aus Konsumentensicht) und den Fortschritt, die die Globalisierung als erste Welle in die Gesellschaften bringt. Aber den Problemen, die mit einhergehen könnten, will man sich von abwenden.


    Kennst du den „The Global 2000“ Report? Zugegeben, der ist alt. Da waren wir beide noch nicht geboren. Eine der ersten computergestützten Vorhersagen der menschlichen Entwicklung auf Basis der Mitte der 70er vorhandenen Daten. Ich will auch gar nicht auf die mittlerweile vollkommen überkommenen Hypothesen eingehen. Worum es mir geht ist das Endergebnis: Homogenität in einer Struktur beschleunigt Verfall, Optimierung eines Vorgangs erhöht je nach Komplexität die Chance zum Scheitern. Beispiel: Alle Computersysteme sind von Microsoft, also reicht ein wirklich hässlicher Virus der einen üblen 0-Day ausnutzt um den gesamten Bestand in ernsthafte Gefahr zu bringen. Das just-in-time Prinzip minimiert die Lagerkosten, wenn aber an der Straße von Singapur ein Krieg ausbricht (Und die Straße von Singapur gesperrt wird) und es keine Lagerhaltung mehr für produktionsrelevante Güter gibt bricht die Produktion zusammen.
    Aus Konsumentensicht mag die Globalisierung ein Vorteil sein, aus der Sicht der Arbeitnehmer sicher nicht. Wenn es günstiger ist Granit aus China zu importieren und ihn vorher um die halbe Welt zu transportieren mag das dem Steinbruchmitarbeiter in Mitteldeutschland nicht gefallen. Weiterhin gefällt es der Umwelt sicher auch nicht wenn jedes Jahr Millionen Tonnen Granit um die komplette Welt transportiert werden. Hier ist einfach das Problem dass der Schaden an der Umwelt nicht eingepreist wird in den Preis den der Granit (nur ein Beispiel. Wusstest du das sehr viele der Aufbackbrötchen die du im Supermarkt kaufen kannst aus China kommen und ebenso um die halbe Welt gebracht wurden?)


    Zitat von DarthFrankiboy

    Die Menschen (sowohl Volk als auch viele Entscheidungsträger) haben einfach geistig nicht schritt gehalten.


    Woran machst du das fest? Hast du dafür irgendwelche Belege? Mir ist klar dass man mit dem Urteil schnell an der Hand ist. Allerdings ist das Hauptproblem bei Politikern z.B. das sie wenig Zeit für Lösungen aufbringen können weil sie um so mehr Zeit für den Machterhalt (nicht gegenüber dem Wähler sondern gegenüber Konkurrenten innerhalb der eigenen Peergroup) verwenden müssen. Weiterhin gibt es ja durchaus Experten, auch unter Politikern. Wenn aber ein Schwarzgeldbetrüger und Anwalt, der genauso viel Ahnung von Volkswirtschaft hat wie ich vom Reiten, zum Finanzminister wird – dann ist das ein Problem. Wenn eine Frau Arbeitsministerin wird der von vielen unterstellt wird noch keinen Tag in ihrem Leben gearbeitet zu haben und die Germanistik studiert hat, dann ist das ein ebenso großes Problem. Ich würde mir auch einen technokratischeren Ansatz wünschen, immerhin werden in Unternehmen Posten nach Fähigkeit besetzt (im Idealfall), warum nicht in der Regierung?


    Zitat von DarthFrankiboy

    Allein die Idee in einer globalisierten und weiter globalisierenden Welt Probleme auf nationaler Ebene anzugehen, ist rückständig.


    Aber Weltweit wird selbst bei Dingen wie Abrüstung, Atomwaffensperrvertrag und der Ächtung von Landminen kein Konsens gefunden weil es immer Länder bzw. starke Fraktionen in diesen gibt die von einer Kooperationsverweigerung profitieren. Was willst du dagegen tun, dort einmarschieren? Auch internationale Probleme muss man zuerst auf nationaler Ebene erklären und eine Mehrheit dafür finden.



    Zitat von DarthFrankiboy

    Um meinen Hauptgedanken zu dem Thema nochmal zu formulieren: Der Großteil der Menschen adaptieren nicht vollkommen zu ihrer veränderten Umgebung, da in der heutigen Zeit der Wirkungsradius von Ereignissen viel größer geworden ist, aber der Radius der Aufmerksamkeit des Einzelnen nicht mit gewachsen ist.

    Jain, das Zerstörungspotential von Kriegen nimmt zu. Der Wirkungsradius? Sicher, der Erste und Zweite Weltkrieg waren schlimm, betrachtet man aber Konflikte nicht anhand der absoluten Zahl der Toten sondern bzgl. Der prozentualen Verluste war der Ukrainekonflikt für die Ukraine schlimmer als der Zweite Weltkrieg für Deutschland. Der 30. Jährige Krieg sowieso.
    Wir nehmen es so wahr weil wir in dieser Zeit leben während wir die politischen Ereignisse vergangener Epoche bloß noch mit einem Brennglas und einem Zeitraffer betrachten können.




    Zitat von John

    Gerade das Thema der "Versorgung" wirft extrem unangenehme Fragen […]


    Sorry John, diese Diskussion hätte sicher einen eigenen Tread verdient, an dem ich mich auch gern beteilige, allerdings würde das weitere Eingehen auf das Thema über die Antwort auf DarthFankyBoy für mich den Rahmen sprengen.



    Jetzt komme ich an den für mich absolut unangenehmsten Punkt, die Antwort auf Twiggels Beiträge. Der Tread war, wie Mittlerweile schon drei Mal geschrieben, schon aus meiner Sicht dafür gedacht mal 2-3 Schritte zurück zu teten und mal über die eigene Moral und damit die Einordnung in die eigene soziale Gruppe nachzusinnen. John, IWST, Draconarius, Likedeeler, DarthFrankiboy haben das Angebot ja auch angenommen und mich ganz schön ins Schwitzen gebracht.
    Leider hat Twiggels ja direkt am Anfang geschrieben:



    Zitat von Twiggels

    Ideal ist die Abbildung allenfalls wenn ich alles total wertneutral betrachte und jedwede Folgen und gruppenpsychologischen Erkenntnisse ignoriere.
    Auch in der Theorie sollte man allerdings die Folgen und den Gesamtkontext betrachten.


    Er hat das Angebot nicht angenommen mal 1-2 Schritte zurück zu machen. Dementsprechend besteht seine komplette Replik (beide Teile) aus einer Verteidigungsschrift für linke Positionen.
    Eine Antwort fällt mir argumentativ nicht schwer, im Gegenteil, ich könnte ihm fast jeden Satz den er geschrieben hat wiederlegen oder ihn zumindest angreifen.
    Nur will ich das nicht – denn ich habe mich, wie alle anderen hier, um Neutralität bemüht, um das ausklammern meiner eigenen kleinen Filterblase.




    Zitat von Twiggels

    Du relativierst hier alles.
    Es gibt Recht und es gibt Unrecht.
    Die Basis dies zu entscheiden sind dann diverse Philosophien, Weltanschauungen, Wertesysteme, Gesetze, Religionen.


    Dir sollte klar das sein das wenn du: „Du relativierst hier alles.“ Über ein recht komplexes Modell schreibst und dein Erklärungsmodell aus: „Es gibt Recht und es gibt Unrecht.“ besteht, dann hat dein „Modell“ den Wert eines Glaubenssatzes eines religiösen Menschen. Einfach, erklärt alles, ist absolut und teilt sofort in Gut und Böse ein.
    Ich zitiere mich ehrlich gesagt nicht gern aber nun stehe ich hier und kann nicht anders:


    Zitat von TauPandur

    Religöse, nur noch als politische Einstellung getarnte Meinungen erkennt man sehr gut an der Einteilung in ein Gut - Böse Schema. Ich, meine Meinung, meine Ansichten, Überzeugungen und Taten sind gut, die der anderen - böse. Ich habe absolut Recht, mein gegenüber absolut Unrecht.
    --> Dies führt zu einer ebenso absoluten Unfähigkeit sich die Standpunkte der Gegenseite plausibel zu machen.


    Nein Twiggels, ich habe den Kurzabriss über ein Model geliefert mit dem menschliches Verhalten sehr gut eingeordnet und auch in Masse (als Computermodel) beschrieben werden kann. Das was ich in Post 1 geschrieben habe mag nicht die Meinung jeder Psychologischen Strömung sein, ist aber State-of-the-Art und die sich immer mehr durchsetzende Meinung (die fachlich fundiert ist).



    Zitat von Twiggels

    Das Gebot nicht zu töten ist nicht nur Glaube.
    Das Gebot deinen Nächsten zu helfen ist nicht nur Glaube
    Es ergibt sich einfach logisch. Alleine aus Eigennutz.


    Lies bitte nochmal diesen Absatz von mir:




    Moral ist nicht Glaube, Glaube fußt auf der Moral die auf Entscheidungsfeldern fußt die für jeden Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Wobei Entscheidungsfeld 1-3. Für nahezu alle Menschen positiv ausgeprägt sind. Ist das nicht so nimmt man diese Menschen als „gestört“ wahr. Die Entscheidungsfelder sind nicht binär sondern jedes für sich genommen eine Skala mit sehr weitem Verlauf in beide Richtungen. Mord und Nächstenliebe kannst du unter Punkt 1 und 2 einordnen.




    Zitat von Twiggels

    Unrecht hast du aber damit, dass sich die „Linke“ vollkommen unempathisch zeigt, genau so wenig wie der Großteil der Menschen die gegen Zuwanderung ist.


    Im Gegensatz zu allen anderen hier, die sich ein Stück weit von ihrer Position in allen anderen Diskussionen entfernt haben, sehe ich das bei dir nicht. Ist das nicht genau ein Zeichen für mangelnde Empathie aus einem radikalen Blickwinkel heraus?


    Wie gehabt, ich hoffe, gerade weil ich ja heute bei dir auf der Matte stehe, dass du nicht allzu beleidigt bist. Allerdings kann ich, obwohl ich deine Beiträge wirklich ausführlich und mehrmals gelesen habe, auf nichts weiter antworten da alles zusammengefasst nichts weiter aussagt als: „Wir linken wissen alles besser, sind empathischer, kümmern uns um alles, sind grundsätzlich moralischer.“ Du verteidigst hier deinen Glauben – Was im Übrigen ein radikaler Glaubenssatz ist und somit genau das, was ich ansprechen wollte.
    seufz


    Beste Grüße


    TauPandur


    P.S.: Ich melde mich bis Montag erstmal ab. Ein schönes Wochenende euch allen! :)
    P.P.S.: Ich entschuldige mich für alle Aussagen die am Ende runtergefallen sind, inbesondere bei Likedeeler, hier wollte ich auch noch einen längern Absatz schreiben, schaffe es aber zeitlich nicht mehr.

  • Zitat

    Im Gegensatz zu allen anderen hier, die sich ein Stück weit von ihrer
    Position in allen anderen Diskussionen entfernt haben, sehe ich das bei
    dir nicht. Ist das nicht genau ein Zeichen für mangelnde Empathie aus
    einem radikalen Blickwinkel heraus?


    Ich sehe vor allen Sachen die du geschrieben hast, die so nicht der Realität (meiner wahrgenommenen Realität) standhalten, da sie in ein Extrem gehen das nicht realistisch ist und in der Tat von deiner Weltsicht, bis auf einige partielle Ausnahmen (Gratulation dazu), zu großen Teilen eingefärbt ist, bzw. in dieser Art als Erklärungsmodell für deine Weltsicht dient.
    Du grenzt dich dabei ab zur extremen Linken und zur extremen Rechten und setzt diese mit rechts und links gleich. Da behälst dabei deinen steten Habitus bei, die objektive Wahrheit zu haben die nur durch Fakten gespeist ist, dabei aber natürlich subjektiv ist. Hier erliegst du der Illusion der Objektivität.
    Das mag dir vielleicht nicht klar sein, du magst es vielleicht als objektiv betrachten und dies hier als Beweis für meinen Glaubenswahn der das neutral Objektive nicht aushält.
    Ich hingegen sehe deinen ganzen Aufsatz als Legitimierung deines Standpunktes den du von jeher eingenommen hast während du in eine Pseudoobjektivität verfällst in der eine subjektive Weltsicht aber in jedem Punkte durchscheint.



    Bis gleich.
    Ich freu mich.

  • Zitat

    Und meinem nicht DarthFrankiboy? John und ich, wir haben fast genau das gleiche geschrieben, nur hat er andere Worte verwendet.

    John bezog sich auf deinen Beitrag und bei den Punkten, denen ich John zustimme, war auch das gemeint. :D


    Zitat

    Ich für meinen Teil (und das ist nicht die Lehrmeinung) denke das Objektivität in einem Bereich nur dann erreichbar ist wenn ich den Bereich in Gänze erfassen kann. Viele Personen mit Abschlüssen in MINT-Fächern halten sich Geisteswissenschaftlern überlegen, sie sind es gewohnt in ihrem Gebiet „die absolute Wahrheit“ zu kennen – das reicht von der genauen Vorausberechnen eines Stromflusses über die Tagfestigkeit eines Gebäudes bis zum Atomgewicht von Bor.

    Nur ist diese Wahrheit auch nur eine vom Menschen selbst geschaffene Formulierung. Das will ich jetzt nicht weiter ausführen, da es vom Thema abweicht.


    Zitat

    Nun wie schon beschrieben bilden wir uns Meinungen über komplexe Themen mittels kleiner Ausschnitte die wir besser erfassen können. Ist die Bildung der Objektivität für dich damit die Erfassung von mehr subjektiven Eindrücken (z.B. statt 2 zur Meinungsbildung 100)? Oder das komplette Ausblenden von subjektiven Eindrücken und blindes Auswerten von vorliegender Datenbasis? Eine Mischung – und was ist wenn die subjektiven Gesamteindrücke der Datenbasis wiedersprechen? Übernimmt dann bei dir die Ethik und du entscheidest dich für den subjektiven Eindruck oder nimmst du es auf dich als asozial, weil gegen die allgemeine Ethik handelnd betrachtet zu werden?

    Schwer zu sagen, was es für mich ist, wenn ich es selbst nicht als objektiv betrachte. Es ist wohl entweder eine gewichtete Betrachtung für beteiligte/betroffene Parteien oder das Stützen auf einem wissenschaftlichen Modell/Theorie. Und "blindes Auswerten" ist wieder etwas, dass sich meiner Meinung nach widerspricht, da man ja auswertet und nicht die Rohdaten als solche belässt.


    Zitat

    Woran machst du das fest? Hast du dafür irgendwelche Belege? Mir ist klar dass man mit dem Urteil schnell an der Hand ist. Allerdings ist das Hauptproblem bei Politikern z.B. das sie wenig Zeit für Lösungen aufbringen können weil sie um so mehr Zeit für den Machterhalt (nicht gegenüber dem Wähler sondern gegenüber Konkurrenten innerhalb der eigenen Peergroup) verwenden müssen. Weiterhin gibt es ja durchaus Experten, auch unter Politikern.

    Indirekt an Handlungen mache ich das fest. Die schon erwähnte Rechts-Welle in Europa ist ein Beispiel davon. Und ich hoffe, es ist nicht so rüber gekommen, dass ich Politiker und weniger gebildete Menschen kategorisch verurteile. Und die Missere mit dem Machterhalt verlangsamt den geistigen Fortschritt nur noch mehr. Mag man die Gedanken einer globalen Gesellschaft teilen, sieht aber keine Perspektive, macht man das Beste aus dem, was man machen kann und wo man noch etwas machen kann. Doch das ist nur ein weiteres Indiz dafür, dass die Mehrheit in verschiedenen Ebenen der Gesellschaft grundlegend weniger fortschrittlich denkt. Viele werden dann auch mitgezogen in ihren Handlungen (mich eingeschlossen).
    Man bräuchte Personen, die genügend Macht haben (wirtschaftliche, politische, ...), um genügend Leute und Ressourcen hinter sich zu sammeln. Nur können Andere, mit selbiger Macht, aber gegensätzlichen Ideen/Vorstellungen wieder im Weg stehen. Am Ende entscheidet sich auf welcher Seite der Waage das Gewicht am Größten ist.


    Zitat

    Aber Weltweit wird selbst bei Dingen wie Abrüstung, Atomwaffensperrvertrag und der Ächtung von Landminen kein Konsens gefunden weil es immer Länder bzw. starke Fraktionen in diesen gibt die von einer Kooperationsverweigerung profitieren. Was willst du dagegen tun, dort einmarschieren? Auch internationale Probleme muss man zuerst auf nationaler Ebene erklären und eine Mehrheit dafür finden.

    Tja, das ist es eben. Man springt auf die Globalisierung auf, ohne eben Konsens mit jenen zu finden, die mit aufgesprungen und bevor sie mit aufgesprungen sind. Ich sage nicht, dass nationales Denken grundsätzlich schlecht ist, aber es steht entgegen der Entwicklung, die so willkommen aufgenommen und auch vorangetrieben wurde.


    Zitat

    Jain, das Zerstörungspotential von Kriegen nimmt zu. Der Wirkungsradius? Sicher, der Erste und Zweite Weltkrieg waren schlimm, betrachtet man aber Konflikte nicht anhand der absoluten Zahl der Toten sondern bzgl. Der prozentualen Verluste war der Ukrainekonflikt für die Ukraine schlimmer als der Zweite Weltkrieg für Deutschland. Der 30. Jährige Krieg sowieso.
    Wir nehmen es so wahr weil wir in dieser Zeit leben während wir die politischen Ereignisse vergangener Epoche bloß noch mit einem Brennglas und einem Zeitraffer betrachten können.

    Wirkungsradius ist vielleicht etwas das falsche Wort. Wohl eher Wirkungsradien, die über die Welt gehen, also die Intensität dieser/die Abstufungen. Der zweite Weltkrieg war ein globaler Konflikt und hatte somit auch auf dem relativ gleichen Level spürbare Auswirkungen. Nun Konflikte im nahen Osten, die doch so lokal scheinen, haben doch wieder globale Auswirkungen. Und ich meine mit Ereignisse natürlich nicht nur Kriege.

    Steam-Profil


    "When the world rots, we set it afire. For the sake of the next world. It's the one thing we do right, unlike those fools on the outside." - Corvian Settler (Dark Souls 3)

    "People are paying me to rob them." - Spiffing Brit playing M&B2

  • Ich hatte mir in der vergangenen Nacht aufgrund aktuer Schlaflosigkeit den bisherigen Thread - immerhin an die 30 Seiten DinA4 - ausgedruckt und ein paar Anmerkungen dazu niedergeschrieben. Da sich der Schlaf dann doch einstellte, konnte ich heute mit einem Teil meiner Anmerkungen nichts mehr anfangen, ihn nicht mehr entziffern oder mich daran erinnern, was ich gemeint habe. Einiges musste daher entfallen, anderes ist dazugekommen, wie auch immer...

    Jaein.
    Der Ansatz ist nicht für die Deutsche oder Österreiische Medienlandschaft, auch nicht für eine Weltweite sondern für die Ideale Medienlandschaft und dem Idealen Konsumenten gesetzt.

    Aber das ist in dem Fall doch genau das "Problem" der Themenstellung: Es wird eine ideale Medienlandschaft angenommen, auch im Sinn der angestrebten, weitgehenden Objektivität. Da es diese aber nicht gibt bzw. da jede These Beispiele braucht, landet man aber immer wieder bei der realen Medienlandschaft und öffnet dadurch nolens volens auch die Tür dafür, dass der theoretischen Diskussion eine starke praktische Komponente beigegeben wird, die in der Folge mitunter sogar ein dominierendes Element wird und die Theorie übertönt. Gleiches gilt auch bei der Frage nach "Rechts" und "Links". Wenn wir z. B. die 6 Entscheidungsfelder nehmen, die je nach Lager eine unterschiedlich starke Rolle spielen, so glaube ich im Gegensatz zu dir, die Punkte 4 bis 6 genausogut bei "Linken" wahrnehmen zu können. Es sind dann eben die auf Grundlage der eigenen Überzeugung/Ideologie geschaffenen Hierarchien, Loyalitäten und Heiligkeiten, die durch die Ableitung aus der eigenen ideologischen Basis per se gut sind.
    Ähnliches gilt, wenn Twiggels schreibt, dass die "„Linke“ von einer anzustrebenden Ordnung ausgeht, die durch den wissenschaftlichen Prozess ausgehandelt wurde und wird." Auch das ist mMn. kein "linkes" Merkmal. Wissenschaftliche Erkenntnisse können in der Regel immer dann instrumentalisiert werden, wenn sie den eigenen politischen Vorstellungen entsprechen. Tun sie das nicht, können sie auch schonmal übergangen werden. Siehe deine Aussage "Wenn Fakten dabei helfen können..." ;)


    Danke, dass du das aufgenommen hast. Das ist mMn. wirklich immens wichtige Ergänzung des Ausgangspostings. Ich würde sogar noch soweit gehen, die letzte Zahlenreihe zu
    1 2 3 4 5 6 7 8 9
    zu erweitern, um den Erosionscharakter eines solchen Prozesses zu betonen.


    Auf Deutschland bezogen: Früher haben die Medien aber auch einen weit breiteres Meinungsspektrum abgedeckt. Es gab klar links und rechtslastige Zeitungen, Zeitungen die sich in der Mitte zu positionieren versuchten usw. Klientelzeitungen. Auch der Spiegel war z.B. in den 70 und 80ern weit konserativer als er es heute ist. Ich empfehle mal ins Nationalarchiv zu gehen und einfach auf Zufall einen Tag herauszugreifen und sich 4-5 Medienblätter aus einem beliebigen Tag aus den 70ern bringen zu lassen. Du würdest staunen. Gleiche Meldung, komplett anderer Tenor. Dann leg dir die gleichen Zeitungen (sofern es sie noch gibt) von vor einem Jahr mal nebeneinander.
    Ich hatte mal beruflich mit der Auswertung von großen Mengen nicht digitalisierter Informationen aus Zeitungen der 30er und 40er Jahre zu tun, seitdem beschäftige ich mich mit dem Thema.

    Eine gute Universitäts- oder Staatsbibliothek reicht da auch aus. ;) Es ist mir durchaus bewusst, dass das Meinungsspektrum in den Printmedien früher breiter sein konnte, und, dass es teilweise auch innerhalb einer Verlagsgruppe unterschiedliche politisch ausgerichtete Zeitungen gab. Unschlüssig bin ich noch, wie das mit der Konzentration der Zeitungen bei überregionalen Medienkonzernen zu bewerten ist, die sich stark einer bestimmten politischen Anschauung verschrieben haben, wie etwa bei Hugenberg in der Weimarer Zeit, oder heutzutage, wenn Parteien Anteile an Verlagskonzernen halten und dadurch Einfluss ausüben können.
    Allerdings kommen bei den beobachteten Prozess der Meinungsverengung ja auch noch andere Faktoren zu tragen. Man müsste sich z.B. prosopographisch den Redaktionspersonal annähern und die Recherchemethoden beleuchten. Auch wäre es dann wiederum notwendig, sich näher mit der Rolle der Nachrichtenagenturen zu beschäftigten. Früher haben die häufig nur Stichworte zur Verfügung gestellt, die dann die Redaktionsteams in Artikel umgeschrieben haben, heute werden bei einigen Tageszeitungen, v.a. den regionalen, ganze Rubriken von den Agenturen ausgearbeitet und bereitgestellt. Kosten spielen dabei sicherlich eine Rolle...


    In Religösem Denken ist immer die Vorstellung von einer entgültigen Lösung bzw. Erlösung vorhanden. Es kann also, wenn dem jeweiligen Denkmodell gefolgt wird ein perfekter Zustand erreicht werden. Im wissenschaftlichen Denken ist dies nicht so.

    Im politischen Denken kann diese doch auch vorhanden sein, oder nicht? - "Endlösungen" lassen sich bekanntlich dort auch beobachten und gerade politisch Ideologien sprechen immer wieder von Idealzuständen, die erreicht werden müssen. Es ist ja auch logisch: Der Zustand bzw. die Verfasstheit des eigenen Staates muss gerechtfertigt werden gegenüber anderen, auch wenn das Eigene gemessen an weitgehend objektiven Maßstäben nicht unbedingt vollkommen bzw. in manchen Punkten auch alles andere als perfekt ist.


    Wenn diese nicht vorhanden sind sind folgende Muster erkennbar: Halbwahrheiten (inklusive selbst erzeugter Fakten), die Verweigerung der Auseinandersetzung, Beleidungungen und schlussendlich: Gewalt.

    Ergänzung: Gefühl- oder Moralappelle...an geeignet erscheinender Stelle einfügen. ;)



    Dabei hast du mit deiner Ausführung: "der Unterschied liegt meiner nach darin, dass die die Religion mit dem Verweis auf das Jenseitige begründen will, während die Politik idealerweise auf die Ordnung des Diesseitigen abzielt." zwar im großen und ganzen recht, ich beziehe mich aber in bei der Nennung von Religion nicht auf die Trennung von Diesseits und Jenseits sondern auf Verhaltensweisen einer Person mit einem extrem ausgeprägten Meinugsspektrum.

    So wie Fleischauer die Worte Augsteins an Grass wiedergibt: "Das ist keine politische Betrachtungsweise, das ist Religion."?


    Ich war erst fast soweit, deiner Gleichsetzung politischer Positionen mit Religion sogar zuzustimmen. Ursache hierfür war, dass ich meinte, etwas der beschränkte Meinungsabdeckung durch die großen öffentlichen Medien gleichendes im vorreformatorischen Deutschland zu erkennen. Die kirchlichen Strukturen waren aufgrund eigener Schwächen nicht in der Lage, die Vielfalt der religiösen (Frömmigkeits-)Formen in sich zu integrieren, was - so ein Erklärungsansatz - zur Spaltung der Gläubigen und zu Herausbildung der Konfessionen, im Sinne religiöser Ideologien führte. Allerdings brachte micht dieser Gedankengang wieder dazu, Ideologie als passenderen Begriff zu sehen, weil der eigentliche Glaubenskern unberührt blieb, aber die von ihm abgeleiteten Lehrsätze sich unterschieden.


    Es gibt einfach keins. Darum muss man das nicht erklären.
    Kein Parteiprogramm wurde derart besprochen wie das der Afd. Kein Parteitag bekam mehr Aufmerksamkeit als der der AfD.
    Keine Minidemo in einer Provinzstadt wie die von Pegida mehr Sendezeit und Co

    Das führt aber gleich zum nächsten Punkt: Es gibt ein Übermaß an Beachtung, warum ist dieses Übermaß an Beachtung da. Weil die "Medien" durch die Parteien die Verfassung gefährdet sehen und ihren Auftrag als Wächter dieser nachkommen, oder weil sie sich selbst in Frage gestellt finden?

    ___ ___ ___ ___ ___

    And before he died, Taran-Ish had scrawled upon the altar of chrysolite with coarse shaky strokes the sign of DOOM.

    Einmal editiert, zuletzt von Draconarius () aus folgendem Grund: Sprachliche Nachbesserungen und Schärfung an einzelnen Stellen.

  • Der Hintergedanke, der hier immer wieder auftaucht ist doch, dass "objektives" Handeln oder Denken verhindert würde, durch "ideologisch" eingeschränkte Sichtweisen und eingeschränktes Handeln bzw. einseitige Uninformiertheit. Demnach müssten alle für alles grds. Verständnis und Akzeptanz haben, damit man sich am Ende irgendwo in der goldenen Mitte treffen kann.
    Ich denke Demokratie funktioniert anders. Etwas einfacher und schwieriger zugleich. Es spielt aus meiner Sicht gar keine Rolle, ob der Einzelne objektiv betrachtet mit seinen Meinungen richtig liegt. Wichtig ist eigentlich nur, dass er überhaupt eine Meinung hat und für diese auch politisch eintritt. Die Demokratie besteht aus sich ständig streitenden "Parteien", die mit unterschiedlichen Konzepten und Ansätzen um "die beste" Lösung alias Zukunft kämpfen. Diese Konzepte wechseln sich immer wieder dann gegenseitig ab, wie auf einer Wippe, wenn sich ein Konzept als untauglich, unzureichend oder veraltet erwiesen hat. Das ständige hin- und herpendeln dieser Wippe führt letztlich durch das "Try and Error"-Prinzip zu den langfristig richtigen Erkenntnissen und Lösungen für die Gesellschaft, da mehrheitlich gut bewährtes meist beibehalten bleibt, während inhaltlich Überkommenes nach und nach ersetzt wird. Das kann bisweilen schmerzhaft lange dauern. Eine Demokratie lebt also geradezu von den unterschiedlichen bzw. gegensätzlichen Lösungsansätzen und Gesellschaftskonzepten sowie ihrem ständigen Kampf gegeneinander um eine gesellschaftliche Mehrheit. Wichtig dabei ist nur, dass die ständige gegenseitige Ablösbarkeit erhalten bleibt. Etwas was gerade in Teilen Osteuropas leider heftig eingeschränkt wird (Ungarn, Russland, Polen).
    Umso mehr die Gegensätzlichkeit politischer Positionen aufgehoben wird, um so eher droht ein Stillstand der Wippe, bis sie wieder zu einer Seite hin wegkippt.
    Es kommt also gar nicht darauf an, ob der Einzelne mit seiner Meinung und seinem Handeln kurzfristig richtig liegt, wichtig ist nur, dass die Wippe funktioniert, so dass langfristig nur die guten Lösungen erhalten bleiben. Das Problem bei Pegida, AfD usw. ist aber, dass sie das politische System der Bundesrepublik, also die Wippe selbst, angreifen, mit der erkennbaren Absicht, die Wippe nachdem sie die Macht erlangt haben, ähnlich wie in Ungarn, Russland oder Polen, anzuhalten, durch Gängelung der Medien usw..
    Ein anderes Problem ist die inhaltliche Annäherung der Volksparteien aneinander, die dazu führt, dass die Wippe nicht mehr ordentlich pendelt und vielen Bürgern auch die politische Begeisterungsfähigkeit nimmt, indem visionäre Konzepte sich stets unter dem Diktat des Machbaren verlieren.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!