Das braunschweigische Korps in der Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815


  • Das braunschweigische Korps
    in der Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815


    Autor: K. Jahn 2000


    Das Braunschweigische Korps traf am 17. Juni 1815 unter der Führung durch Oberst Olfermann bei
    der zehn Kilometer weiter nördlich stehenden Armee Wellingtons ein. Das Korps verbrachte eine
    stürmische, von Gewittern durchzogene regnerische Nacht auf den 18. Juni 1815, in der der Regen
    die umliegenden Felder aufweichte und Bewegungen für Mensch und Pferd zur Qual werden ließ.
    Trotz der schlechten nächtlichen Wetters marschierte am Morgen des 18. Juni 1815, einem Sonntag,
    die französische Armee in einem farbenprächtigen Schauspiel zur Schlacht auf, und als die Soldaten
    ihr donnerndes „Vive L´Empereur!“ auf den Kaiser ausbrachten, gab es für Napoleon scheinbar
    keinen Zweifel mehr, dass es ihm gelingen würde, nach dem zwei Tage zurückliegendem Sieg über
    die Armee Marschall Blüchers nun auch die Armee Wellingtons entscheidend zu schlagen.


    Das Schlachtfeld und die Vorbereitungen zur Schlacht bei Waterloo


    Das Schlachtfeld von Waterloo entspricht einer weitläufigen Senke, die zwischen zwei Höhenrücken
    verläuft. Bei einer durchschnittlichen Breite von 1000 m hat sie eine Länge von 4000 m. Vom
    Grund der Senke steigen beide Höhenzüge ohne starke Steigungen sanft an. Die Hauptstraße von
    Charleroi nach Brüssel zerschneidet die Senke von Nord nach Süd verlaufend, und teil das
    Schlachtfeld in zwei Teile. In der senke befindet sich an der Straße im Norden der Ort Mont St.
    Jean., mittig in der senke das heftig umkämpfte Gehöft La Haye Sainte, südlich davon der Ort La
    Belle Alliance. Ca. 2000 m westlich der Straße liegt das Schloß Goumont, während 2000 – 3000m
    ostwärts die Ortschaften Papelotte, La Haye und Frichermont liegen. Quer zur Hauptstraße verlauft
    auf dem nördlichen Vorderhand ein Weg von Papelott bis Ohain, der teilweise in kleinen Einschnitten
    etwas tiefer als das umliegende Gelände verläuft.
    Wellingtons Armee stellte sich auf der nördlichen Höhenrippe, den Höhen bei Mont St. Jean, beiderseits
    der Straße nach Brüssel mit rund 68.000 Mann und 156 Geschützen auf, den Ort Mont St.
    Jean im Zentrum im Rücken. Wellingtons erklärte Absicht war es, die Höhenrandstellung bis zum
    Eintreffen der Preußen zu halten, und Napoleon so den Zugriff auf Brüssel zu verwehren. Er vermutete
    den französischen Hauptstoß aus südwestlicher Richtung im Zuge der Hauptstraße mit dem ziel,
    ihn von Blücher abzuziehen und eine Vereinigung mit der preußischen Armee zu unterbinden. Er
    befiehlt den Schwerpunkt der Verteidigung rechts, westlich der Straße nach Brüssel, und biegt den
    rechten Flügel so nach hinten, dass eine Umgehung durch die Franzosen kaum möglich schien. Zum
    Schutz der rechten Flanke entsendet er ein Streifkorps von 17.000 Mann in den Raum um Hal, etwa
    15 km westlich des Gros.


    Der Herzog hatte in Kenntnis seiner personellen und materiellen Unterlegenheit das Gelände zur
    Aufstellung seiner Armee sehr sorgfältig ausgewählt. Die etwa 4000m lange Front verlief überwiegend
    im Zuges des Höhenkamms, der gute Beobachtungs- und Wirkungsmöglichkeiten in das leicht
    abfallende Vorfeld bot. Darüber hinaus boten die Höhen Schutz vor feindlicher Beobachtung und
    Waffenwirkung. Zudem war das verschieben von Truppenteilen für den Gegner nicht einsehbar, ein
    großer Vorteil, den Wellington zu seinem Gunsten intensiv nutzen sollte.
    Außer der schweren Artillerie stellte Wellington nur einen teil seiner Truppen auf den Kamm der
    Höhenrippe, die Masse hielt er für die Franzosen dahinter verborgen. Vor seiner Front befahl er,
    drei vorgeschobene Stellungen zu beziehen. Vor dem linken Flügel die Gehöfte Papelotte und La
    Haye, im Zentrum das an der Straße liegende Gehöft La Haye Sainte, dass die Hannoveraner Majors
    von Baring besetzten, und es zu einem Bollwerk ausbauten. Britische Garde zog in das auf dem
    rechten Flügel liegende Gut Goumont, dass mit seinen ausgedehnten Wirtschaftsgebäuden, den hohen
    Mauern mit Schießscharten, dem umliegenden Wald und Obstgarten für eine Verteidigung als
    „Wellenbrecher“ hervorragend geeignet war.


    Die französische Armee Napoleons marschiert im Raum der Ortschaft La Belle Alliance beiderseits
    der Straße von Charleroi nach Brüssel mit 72.000 Mann und 246 Geschützen auf. Sie ist den Briten
    um 90 Geschütze überlegen. Napoleons Absicht war es, mit einem frontalen Stoß auf den schwachen
    britischen linken Flügel bis zum Ort Mont St. Jean durchzustoßen, um so das Ausweichen des
    rechten Flügels zu verhindern, um so die Voraussetzung zu schaffen, die englisch – deutsche Armee
    zu zerschlagen.


    Am Morgen des 18. Juni hörte der regen langsam auf, doch der aufgeweichte, schwere, lehmige,
    teilweise grundlose Boden behinderte beide Armeen beim Aufmarsch. Die französische Artillerie
    kommt im Schlamm der Senke nicht heran, und Napoleon sieht sich gezwungen, den Angriffstermin
    auf 09.00 Uhr zu verschieben. Leichter Wind ließ den Boden nur langsam abtrocknen. Kurz vor
    11.00 Uhr gibt der französische Kaiser die letzten Befehle, bevor er gegen 11.00 Uhr als Zeichen
    des Angriffs 21 Kanonenschüsse abfeuern lässt. Die französische Artillerie eröffnet mit dem Vorbereitungsfeuer
    auf gesamter Breite die Schlacht.


    Die erste Phase (ab 11.30 Uhr)


    Gegen ca. 11.30 Uhr setzt Napoleon das Korps Reille westlich der Straße nach Brüssel zum Angriff
    auf den Gutshof Goumont an. Reilles Auftrag ist es, den rechten Flügel Wellingtons zu binden, den
    Herzog von Wellington über den eigentlichen Schwerpunkt der Franzosen zu täuschen und damit
    günstige Voraussetzungen zu schaffen für den Hauptangriff auf das Zentrum und den schwächeren
    linken Flügel Wellingtons. Reilles erster Angriff wird unter hohen Verlusten abgewiesen, doch im
    Bemühen, Goumont zu nehmen, werden immer mehr Kräfte hier in das Gefecht geführt. Aus dem
    Täuschungsangriff vor der Front entwickelt sich eine kräftezehrende „Schlacht als Teil der
    Schlacht“, die zunehmend französische Kräfte bindet, diese vom eigentlichen Schwerpunkt fernhält
    und hohe Verluste kostet. Wellingtons Gradeinfanterie muss zwar im Verlauf der Angriffe zunächst
    das Wäldchen und den Garten von Goumont aufgeben, schließlich hält sie den gesamten tag unter
    hohen Verlusten das Gehöft als eine Artillerie „Wellenbrecher“, an dem die Franzosen nicht vorbeikommen.
    Während das Korps Reille um Goumont kämpft, hat Napoleon den Angriff auf seinem rechten Flügel
    vorbereitet, und eine Batterie von achtzig Geschützen vor der Front des Korps D ´Erlon auffahren
    lassen.
    Bevor der Kaiser den Befehl zum Hauptangriff gibt, erkennen er und die Offiziere seines Stabes in
    der ferne auf der rechten Flanke der Armee bei den Höhen von Chapelle Saint Lambert, in etwa acht
    Kilometern Entfernung, eine größere Truppenansammlung. Es stellt sich die Frage, ob es das Korps
    Grouchy oder möglicherweise schon preußische Regimenter sind?
    Napoleon setzt sofort Aufklärung an, und wenig später werden die Hoffnungen auf baldige Verstärkungen
    durch das Korps Grouchy zunichte gemacht. Die Gefangennahme eines preußischen Meldereiters
    brachte die Gewissheit: Bei den Truppen auf den Höhen von Chapelle Saint Lambert handelte
    es sich um die Vorhut des IV. preußischen Armeekorps des Generals von Bülow, dass, aus
    Wavre anmarschierend, in die rechte Flanke der französischen Armee herangeführt wurde.Napoleon erkannte, dass die preußische Armee entgegen der Meldung Grouchys vom frühen Morgen
    nicht geschlossen auf Brüssel ausgewichen ist, sondern mindestens mit Teilen dem Herzog von
    Wellington zu Hilfe eilte. Damit entstand für Napoleon eine neue Lage. Er konnte sich nicht mehr
    nur auf die Armee des Herzogs von Wellington konzentrieren, sondern war gezwungen, der Bedrohung
    seiner rechten Flanke zu begegnen. Dass zwang ihn nun, an zwei Fronten zu operieren.
    Aber noch war er zuversichtlich: „Wir hatten heute morgen neunzig Chancen gegen zehn“, sagte er
    zu seinem Stab, „durch die Ankunft Bülows haben wir dreißig verloren; aber wir haben noch sechzig
    gegen vierzig; und wenn Grouchy den entsetzlichen Fehler wieder gutmacht, den er gestern beging,
    indem er bei Gembloux herumspazierte, dann wird das Bülowsche Korps gänzlich verloren
    sein.“


  • An Marschall Grouchy erging der Befehl, seine Truppen schnellstmöglich seine Kräfte zur Unterstützung
    der rechten Flanke heranzuführen und das preußische Korps des Generals Bülow im Rücken
    anzugreifen. Zur Sicherung der rechten Flanke befiehlt Napoleon zunächst zwei Divisionen
    Kavallerie auf die Höhen südostwärts Frichermont. Wenig später verstärkt er diese durch zwei Infanteriedivisionen
    des Korps General Lobau, dass er als Reserve hinter der Mitte seiner Kräfte bereitgehalten
    hatte. Damit waren rund 10.000 Mann zum Schutz der rechten Flanke gebunden, die für
    den Angriff auf die Stellungen Wellingtons nicht mehr zu Verfügung standen.

    Die zweite Phase (ab 13.00 Uhr)


    Mit der Feuereröffnung der vor der Front des Korps D `Erlon zusammengezogenen französischen
    Artillerie mit achtzig geschützen auf das Zentrum und den linken Flügel der Armee des Herzogs
    von Wellington begann kurz nach 13.00 Uhr die zweite Phase der Schlacht. Nach ca. dreißigminütiger
    Artillerievorbereitung traten die rund 17.000 Mann Infanterie des Korps D `Erlon unter der Führung
    von Marschall Ney ostwärts der Straße nach Brüssel zum Angriff an. Es gelingt ihnen, den Ort
    Papelotte zu nehmen und La Haye Sainte zu umgehen und in das 1. Treffen Wellingtons einzubrechen.
    Ihr Angriff wird jedoch durch die in gedeckter Aufstellung zurückgehaltenen Infanterie des
    General Picton, der den linken Flügel der Alliierten befehligte, im Gegenangriff aufgefangen und
    zurückgeworfen. Picton fällt dabei.
    Als die Franzosen weichen, setzt Wellington die Kavalleriebrigaden Somerset und Ponsonby zur
    Attacke an. Unter ihrer Wucht bricht der französische Angriff vollends zusammen und die französischen
    Kompanien und Regimenter wenden sich zur Flucht. Die englische Kavallerie setzt der französischen
    Infanterie nach und stößt bis zur französischen Artillerie durch. Dieser feuert frontal mit
    Kartätschen und französische Kavallerie fasst die zwei britischen Kavalleriebrigaden in der Flanke
    und wirft sie. In heilloser Flucht erleiden sie hohe Verluste, Ponsonby selbst fällt.
    Kurz vor 15.00 Uhr erreicht Napoleon eine Meldung von Grouchy, mit der seine Hoffnung auf
    rechtzeitiges Eintreffen des Korps zur Verstärkung auf dem Schlachtfeld endgültig zerschlagen
    wird.
    Napoleon steht vor einer Entscheidung: Abbruch der Schlacht oder Konzentration der Kräfte zum
    entscheidenden Durchbruch des britischen Zentrums?
    Sein Entschluss fällt für die Fortsetzung des Angriffs zum Durchbruch durch das Zentrum der Armee
    des Herzogs von Wellington.
    Marschall Ney erhält den Auftrag, den „Stachel im Zentrum“, das Gehöft La Haye Sainte, dass noch
    immer von den Hannoveranern der Kings German Legion um Major von Baring verteidigt wurde,
    um jeden Preis zu nehmen, um so die Voraussetzung für den Durchbruch des gegnerischen Zentrums
    zu schaffen.


    Die dritte Phase (ab 15.30 Uhr)


    Mit dem Infanterieangriff Marschall Neys auf La Haye Sainte beginnt gegen 15.30 Uhr die nächste
    Phase, doch bleibt dieser zwischen den britischen Stellungen liegen. Ney glaubte, ein Nachlassen
    des gegnerischen Widerstandes zu bemerken und missdeutete die Bewegungen hinter der Front
    Wellingtons als den Beginn des alliierten Rückzuges. Um diese kritische Situation des Gegners zum
    Durchbruch auszunutzen, setzt er kurz nach 16.00 Uhr ca. 5000 Mann Kavallerie ohne Artillerieund
    Infanterieunterstützung zur Attacke westlich der Straße nach Brüssel auf Wellingtons Stellungen
    im Zentrum an. Dieser geschlossenen Kavallerieangriff stößt zwar bis zu den britischen Artilleriestellungen
    durch, doch können die französischen Kürassiere auf Grund der Geländebeschaffenheit,
    des Schlammes und des weinigen Raumes keine Geschwindigkeit und damit keine Durchschlagskraft
    entwickeln. Die Infanterie Wellingtons bildete Quarrées, und die französische Kavallerie
    ritt zwischen den festen Quarrées durch, von allen Seiten mit heftigem Feuer überschüttet. Ney
    lässt den erfolglosen Angriff abbrechen, sammelt die Kavallerie und führt sie erneut gegen Wellingtons
    Stellungen vor.
    Bis 18.00 Uhr setzt er schließlich auf einer Front von ca. 1000m Breite zwischen La Haye Sainte
    und Goumont1 9000 Kavalleristen in mehreren Attacken ein, die örtliche Erfolge erzielen, doch
    nicht den erhofften Durchbruch erzwingen können. Wellingtons Quarrées beginnen zu wanken,
    schmelzen in sich zusammen, aber stehen gegen die französische Kavallerie und weisen sie endgültig
    ab.
    Ohne eine Schwerpunktbildung kämpft Napoleon entgegen seinen eigenen Grundsätzen nun auf
    zwei Flügeln und gerät zunehmend in Zeitdruck. Er muss den Durchbruch der Stellungen des Herzogs
    von Wellington zur Herbeiführung einer Entscheidung erzwingen, bevor die Masse der preußischen
    Armee auf dem Schlachtfeld wirksam werden kann.
    Marschall Ney erhält erneut den Befehl, das Gehöft La Haye Sainte frontal anzugreifen und zu
    nehmen, um so die Voraussetzung für den Durchbruch zu schaffen. Mit der Bereitstellung dazu befohlener
    französischer Kräfte beginnt die nächste Phase der Schlacht bei Waterloo. Wellingtons
    Zentrum ist erschüttert, Reserven und Kavallerie sind nicht mehr vorhanden, er erwartet sehnlichst
    das Eingreifen der Preußen.


    Die vierte Phase (ab 18.00 Uhr)


    Den Angriffskolonnen des Marschall Ney, erstmals an diesem Tag von Artillerie und Kavallerie
    unterstützt, gelingt es, die Hannoveraner Barings aus La Haye Sainte zu werfen. Eine französische
    Artilleriebatterie wird bis auf 250m an das englische Zentrum herangeführt und feuert mit Kartätschen.
    Für Wellington beginnt nun die Krise des Tages, denn er hat bereits seinen Kulminationspunkt
    überschritten. Keine Kavallerie, nur noch schwache Reserven waren verfügbar. Ney erkannte
    nun die Gelegenheit , Wellingtons Stellungen zu durchstoßen. Um sie nutzen, bedurfte es des raschen
    Heranführens der noch frischen französischen Reserven, vor allem der Garde, die napoleon
    mit rund 12.000 Mann bei dem Ort La Belle Alliance bereithält. Ney beantragte sofort deren Einsatz
    nördlich von La Haye Sainte, doch Napoleon lehnte den Antrag ab!
    Für ihn bestand zu diesem Zeitpunkt der Schwerpunkt der Schlacht nicht im Zentrum, sondern auf
    dem rechten Flügel, wo sich das Eingreifen der ersten preußischen Regimenter des 1. preuß. Armeekorps
    in die Schlacht bedrohlich entwickelte.
    Blüchers eigentliche Absicht war es, erst nach Eintreffen der Masse seiner Kräfte den Angriff auf
    Napoleons rechte Flanke zu beginnen. Als er Kunde erhält von den wütenden Kavallerieattacken
    Neys am frühen Nachmittag, dem drohenden Angriff im englischen Zentrum und dem Wanken der
    alliierten Quarrées, ändert er seinen Operationsplan.
    Gegen 16.00 Uhr entschließt sich Blücher zum Angriff mit sofort verfügbaren Kräften zur Entlastung
    Wellingtons. Er befürchtet einen Durchbruch der englisch – deutschen Stellungen, bevor seine
    Korps versammelt ist, deren Anmarsch von Wavre durch Friktionen und vom Regen aufgeweichten,
    grundlosen Wegen stark verzögert wurde.
    1 Fast überall fälschlicherweise als Hougoumont bezeichnet.


    Er befiehlt dem General von Bülow gegen dessen Einwände den sofortigen Angriff mit seinen beiden
    nordostwärts Plancenoit stehenden Brigaden in Richtung La Belle Alliance. Dieser Angriff gewinnt
    Boden, nachdem auch die beiden nachfolgenden Brigaden des Korps in das Gefecht eingriffen.
    Das französische Korps Lobau weicht kämpfend auf den Raum um Plancenoit aus und besetzt
    das Dorf.
    Da dessen Besitz Voraussetzung für die Fortsetzung des Angriffs auf die tiefe französische rechte
    Flanke ist, entwickelt sich hier der Schwerpunkt des preußischen Angriffs. Nach verlustreichem
    Kampf nehmen die Preußen gegen 18.00 Uhr den Ort Plancenoit, und Napoleon ist gezwungen, der
    Bedrohung seiner tiefen rechten Flanken nun mit Truppen zu begegnen. Dazu muss er weitere Kräfte
    aus der bisher geschonten Reserve freigeben, die ihm im Zentrum fehlen. Er setzt zunächst die
    junge Garde ein, wirft dann die Alte Garde ins Gefecht und nimmt Plancenoit erneut in Besitz.
    Nachdem die rechte Flanke so gesichert schien, richtete er seine Aufmerksamkeit erneut auf die
    Reste von Wellingtons Armee. Dieser hatte die Gefechtspause genutzt, um die verbliebenen letzten
    Reserven zur Bereinigung der Krise im Zentrum in das 1. Treffen heranzuführen. Die Chance für
    einen französischen Durchbruch war damit endgültig vertan.
    Inzwischen griffen auch das I. und II. preußische Armeekorps an der rechten französischen Flanke
    in den Kampf ein. Blücher hatte das II. Korps zur Unterstützung des Angriffs des IV. Korps auf
    Plancenoit angesetzt. Die Spitzen des I. Korps näherten sich zur Verbindungsaufnahmen und zur
    Unterstützung des bedrängten linken Flügels Wellingtons dessen Stellungen nördlich der Ortschaft
    La Haye.
    Napoleon erkannte wohl, dass sich das Kräfteverhältnis zu seinen ungunsten entwickelte, aber er
    beurteilte die Lage nicht als hoffnungslos. Die Preußen waren gerade aus Plancenoit geworfen, damit
    die rechte Flanke der Armee gesichert. Wellingtons Stellungen waren zurückgenommen, seine
    Truppen erschüttert, Reserven nicht mehr verfügbar. Wellington hatte seinen Kulminationspunkt bei
    weitem überschritten. Napoleon hatte mit der Alten Garde noch frische Reserven zur Verfügung.
    Sein Entschluss, nun die letzten Reserven freizugeben und alle frei verfügbaren Bataillone der Garde
    zum alles entscheidenden Durchbruch anzusetzen, hatte ihn bereits nicht nur eine Schlacht gewinnen
    lassen. Mit dem berühmten Angriff der französischen Kaisergarde begann die letzte Phase
    der Schlacht.


    Die fünfte Phase (ab 19.00 Uhr)


    Gegen etwa 19.00 Uhr treten ca. 4000 Mann der Garde aus dem Raum um La Belle Alliance unter
    der Führung von Marschall zum Angriff an. Sie stoßen zwischen Goumont und La Haye Sainte in
    zwei Kolonnen gegen Wellingtons rechten Flügel vor. Dem Angriff schließen sich auf beiden Flügeln
    der Front die noch gefechtsfähigen Teile der französischen Infanterie an. Während die Kavallerieangriffe
    Neys am Nachmittag ohne Infanterieunterstützung mit nur begrenztem Erfolg vorgetragen
    wurden, greift nun die Infanterie der kaiserlichen Garde ohne Kavallerieunterstützung an. Dieser
    Angriff trifft mit Schwerpunkt auf General Maitlands britische Garde – Regimenter und auf General
    Adams leichte englische Brigade.
    Auf befehl Wellingtons hatten sich die Engländer hinter dem Höhenkamm zu Boden geworfen, um
    dem verheerend wirkenden französischen Artilleriefeuer zu entgehen. So sahen die angreifenden

    Franzosen zunächst keinen Feind vor sich. Erst als sie den Höhenkamm überwinden, richtet sich die
    erste englische Linie auf und eröffnet auf 40 m Entfernung überraschend das Feuer. Danach feuern
    die hinteren Glieder über dieses hinweg und bringen die Angriffskolonnen, die nun über Tote und
    Sterbenden hinweg steigen müssen, zum Stehen. Anschließend greifen den Engländer mit dem Bajonett
    an. Die Garde wird zurückgeworfen und weicht schließlich vor den nachstoßenden Engländern.
    Etwa zur gleichen Zeit stoßen die Verbände des 1. preußischen Armeekorps überraschend in die
    rechte Flanke des französischen Angriffsflügels. Sie werfen die Franzosen aus den Dörfern La Haye
    und Papelotte heraus, und greifen weiter auf La Belle Alliance an.
    Der zur Unterstützung der Garde vorgetragene französische Angriff auf dem rechten Flügel stockt,
    die Formationen beginnen sich langsam aufzulösen und wenig später weichen die Franzosen auf
    ganzer Frontbreite zurück.
    Wellington gibt kurz nach 20.00 Uhr durch Schwenken seines Hutes den Befehl zum Gegenangriff
    auf ganzer Linie, wobei dazu nur noch ausgebrannte Reste einzelner Regimenter befähigt sind. Sie
    stoßen meist auf die zum Teil noch gegenüber stehenden Franzosen und nehmen sie gefangen.
    Die Verbände des IV. und III. preußischen Armeekorps nahmen Plancenoit endgültig und stießen in
    die tiefe Flanke und den Rücken des französischen rechten Flügels. Sie beschleunigen so die Auflösung
    der Regimenter und verwandeln den Rückzug zur Flucht.
    Drei Quarrées der Alten Garde, decken im Zuge der Straße nach Brüssel langsam ausweichend, den
    Rückzug der Armee und des Kaisers. Der Rest der französischen Armee flüchtet in Auflösung nach
    Süden, von teilen der preußischen Armee unter der Führung Gneisenaus über zwanzig Kilometer
    weit in die Nacht hinein verfolgt.
    Der Herzog von Wellington und Generalfeldmarschall Blücher treffen am späten Abend bei La Belle
    Alliance zusammen.
    Die Verfolgung der regellos fliehenden französischen Regimenter, einzig von der Garde gedeckt,
    übernahmen die Preußen. Das Braunschweiger Korps hatte bei Waterloo abermals heftige Verluste
    erlitten.


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