Was ich in den letzten Tagen teilweise gelesen und gehört habe, ist wirklich erschreckend. Einige Kommentare sind wirklich an Intoleranz und Unwissenheit kaum zu übertreffen.
Als Erstes scheint es dringend nötig zu sein, ein paar grundlegende Dinge zu klären, bevor ich mich zum eigentlichen Thema äußern kann:
1. Wer Spieler wie Saint Louis und Killerfisch (als Beispiel) auf eine Stufe stellt, scheint von deren Spielweisen keinerlei Ahnung zu haben.
Auf der einen Seite haben wir einen Spieler, der ausschließlich Kavallerie einsetzt und den Gegner durch stundenlanges Weglaufen zur Aufgabe zwingen will. Auf der anderen Seite steht ein Spieler, der seinen Fokus auf Kavallerie setzt (max. 50% Kav pro Armee) um damit schnelle und gezielte Angriffe zu führen.
2. Die Debug-Cam ist weder eine Cheater-Kamera, noch macht sie das Spiel in irgendeiner Weise unfair. Sie ist eine von 3 legitim im Spiel enthaltenen Kameratypen und für jeden verfügbar. Einzig das fehlende Auswahlhäkchen in den Optionen unterscheidet sie von den anderen beiden Typen.
Und wie Alpi schon richtig sagte, macht die Debug-Cam aus einen schlechten Spieler noch lange keinen besseren. Das Benutzen der Debug-Cam ist genauso viel Cheaten und unfaires Spielen wie der Einsatz der Unit-Cards-Mod oder das Herunterregeln der Grafik, beispielsweise um Gras oder Wolken zu entfernen um die Einheiten besser sehen zu können.
3. Die Unterscheidung von Hack, Cheat, Bug und Exploit.
Hacken ist das Umschreiben von Spieldaten und ganz eindeutig verwerflich, weil nicht von den Entwicklern vorgesehen. Hacks sind dank Kontrollsoftware durch Steam und CA weitgehend ausgeschlossen und äußerst selten, da umfassende Programmier- und Enginekenntnisse dafür notwendig sind.
Cheaten ist das Benutzen von mehr oder minder geheimen Codes, um sich das Spiel zu erleichtern, die aber vom Entwickler bewusst in das Spiel eingebaut wurden. Hierzu gehören Geldcheats, God Mode, usw. Cheats sind in Shogun 2 nicht vorhanden.
Bugs sind Fehler in der Spielprogrammierung, die bei der Endkontrolle der Spielfeatures übersehen wurden und meist nach einiger Zeit durch Spieler entdeckt und daraufhin durch einen Patch beseitigt werden. Bugs sind nicht gewollt und deren Verwendung ist deshalb allgemein verwerflich. Die Auswirkungen von Bugs können gravierend (beispielsweise Zerstörung von Spielständen) oder minimal (kleine Grafikfehler) sein. Inwieweit derartiges Bugusing geduldet wird, ist Ansichtssache und von den Auswirkungen abhängig.
Hierzu gehören u.a. das Verteilen von Fähigkeiten unterschiedlicher Clan-Spezialisierungen innerhalb einer Armee, das Besiegen einer Einheit durch Moralverlust beim bekannten Pull-Through-Bug (auch Durchziehen genannt) oder die Vergabe von Level 9-Fähigkeiten auf Level 8.
Als Exploiten wird die vorsätzliche und wiederholte Verwendung von Bugs bezeichnet. Bekanntestes Beispiel ist der Cav-Exploit, der das o.g. "Durchziehen" bis zur Flucht der gesamten gegnerischen Armee bezeichnet.
4. Kiten oder Hit-and-Run sind keine "Noob Kindergarten Taktik" (Zitat winnetou88), sondern genauso fair wie Hammer-and-Anvil, ein Nahkampf-Rush oder das Armee-Splitting.
Eine Fernkampf-Kavallerie ist dafür gemacht aus der Ferne anzugreifen, wieder auf Reichweite zu gehen, wieder angreifen, usw. Darin liegt der effektive Einsatz dieser Einheit. Wer Kiten verbietet, der müsste auch No-Dachis verbieten bergab anzugreifen, weil sie dadurch effektiver eingesetzt werden oder Yari-Einheiten verbieten gegen Kavallerie zu kämpfen.
Unfaire Taktiken sind in meinen Augen ein Cav-Spam, der wie oben genannt nur auf den Spielabbruch des Gegners abzielt oder das Red-Line-Camping, was dem Gegner aufgrund der Kartenbegrenzung das Flankieren unmöglich macht
Beide Taktiken werden durch den Gebäude-Siegtimer allerdings weitgehend neutralisiert, was die SIegbedingungen in Landgefechten mittlerweile fair macht.
Nachdem das nun geklärt ist, würde ich gern meine Meinung zum Thema äußern:
In Shogun 2 spiele ich seit einigen Wochen selbst häufig mit einer Kiter-Taktik und setze dabei bis auf einige kleine Änderungen (meist durch Turnierregeln oder die Map bedingt) auf einen gleichbleibenden Armeekern. Dieser beinhaltet einen Bogengeneral, 3-4 gute Nahkämpfer, mindestens 1 Lunteneinheit, mehrere Begleiter und 4-6 Kavallerieeinheiten, darunter häufig die Berittenen Schützen. Dieses Build und die dazugehörige Spielweise ist nach dem Vorbild von Braver Pleinair und Pastel Belle entstanden und ähnelt in der Grundidee auch der Spielweise von Killerfisch.
Mein Ziel war es, dem immernoch sehr häufig anzutreffenden Naginata-Rush (Fokus auf Samurai oder Mönche mit hohen Nahkampfwerten und Spezialfähigkeiten) entgegenzuwirken, da ich selbst weder die nötigen Gefolge noch die Veteranen und Clanmarken besitze, um mir selbst solche Elitevets heranzuzüchten.
Der Counter funktioniert schon ganz gut und hat sich in diversen Turnier- und Ranglistenspielen bewährt.
Die Kehrseite der Medaille: So oft die neue Taktik auch funktioniert, so häufig darf man sich auch abschätzige Kommentare darüber anhören. Hervorzuheben ist dabei aber, dass derartige Kommentare bisher nur von Spielern kamen, die einen Nahkampf-Rush verwenden und daher die idealen Gegner für meine Taktik sind.
Diese Leute, die ihre eigene Taktik für die einzig Richtige halten und alles davon abweichende verurteilen, sind im Singleplayer deutlich besser aufgehoben.
In Turnieren, wo man auf die wirklich guten Spieler trifft, kam bisher nur positives Feedback.
Ich bin der Meinung, dass es in einem Spiel Jedem selbst überlassen sein sollte, wie er spielt, solange er sich fair verhält. Dass man manchmal verliert, das gehört einfach dazu, aber man muss sich danach selbst hinterfragen um beim nächsten Mal besser zu spielen. Mit dem Abwälzen der Schuld auf den Gegner macht man es sich nur einfach und verliert den Spaß.
Ich persönlich habe den meisten Spaß sowieso nicht beim gewinnen, sondern beim Austüfteln und Entwerfen einer neuen Taktik.
Sorry für den langen Text, aber ich hatte das Gefühl, das musste mal gesagt werden.