Die Germanen

  • Quellen


    Heather, Peter; Invasion der Barbaren; Klett-Cotta; 1. Auflage;Stuttgart;2011
    Wikipedia



    Vorwort


    "Ein König, ein Volk" So sollen die Germanenstämme durch ihre Invasion auf das römische Reich für dessen Bruch im Norden gesorgt haben. Angeblich...
    So eine allgemeine Aussage wäre aber zu einfach und zu verträumt. Sie waren weder die erbitterten Gegner Roms, die die Römern seit der Varusschlacht ständig strapaziert haben, noch die von Idealen gelenkten Völker, die zusammen hielten.


    Im Kontakt mit den Römern kamen sie erst mit dem Marsch der Kimber, Teutonen und Ambronen. Viele Wechselwirkungen bis zur Geburt Jesu Christi gab es nicht. Erst als sich die Rhein-Donau-Grenze festigte, wurden sie in der Geschichte der bekannten Welt immer wichtiger.


    Rom hat aber unwissentlich und ungewollt sein Grab im Norden ihres Reichs selbst gegraben...


    Quellenlage


    Es gibt nur wenige zeitgenössige Quellen um die Germanen. Einige, die noch am genausten und glaubwürdigsten sind, widersprechen sich sogar an einigen Stellen. Von den Germanen selbst gibt es keine weiteren Überlieferungen. Die Gesellschaft der Germanen konnte man nur bei den Alamannen und Terwingen weitesgehend aufklären. Auf die anderen germanischen Völker/Stämme kann man nur Rückschlüsse ziehen. Deshalb werde ich auch weniger auf die Gesellschaft eingehen.


    Germanisches Europa


    Im barbarischen Europa kann man grob drei Teile herausfiltern. Das keltische, das germanische und das skythische Europa. Von West nach Ost wurden die barbarischen Stämme immer primitiver, was Landwirtschaft, Handwerk, Bauwerke usw. anging. Hinzu kam, dass von West nach Ost die natürlichen Bedingungen für die Landwirtschaft immer schlechter wurden, da im Westen atlantisches Klima mit reichlich Regen herrschte. Die primitiven Techniken der Germanen in der Landwirtschaft führten dazu, dass sie das landwirtschaftliche Potenzial ihrer Regionen nicht vollends ausnutzen konnten. Das und der Fakt, dass auch die Natur den Germanen in die Hände pfuschen konnte, zwang sie förmlich dazu fast ausschließlich mit Holz zu bauen, um im Notfall umsiedeln zu können. Dabei sammelten sie über Generationen hinweg Erfahrungen mit Migration. Das sollte ihnen später dienlich sein und zum Bruch der Nordgrenze Roms führen.
    Um Christi Geburt war das germanischdominierte Europa ca. zwei mal so groß wie die heutige Bundesrepublik. Im Westen wurde es vom Rhein getrennt. Im Nordosten grenzte das Baltikum an. Der östlichste Punkt reichte ca. bis zum heutigen Länderdreieck Ukraine-Polen-Weißrussland. Die Südgrenze verlief dann von West nach Ost entlang der Donau bis kurz vor Budapest, da biegte sie nach Nordost ab.
    bis ins vierte Jahrhundert n. Chr. hatte sich das germanische Europa stark vergrößert. Es war nun komplett nördlich der Donau verbreitet, bis zum Schwarzen Meer. Man könnte, aufgrund archäologischer Funde eine Linie vom heutigen Königsberg (Kaliningrad) bis zur Nordspitze des Asowschen Meeres ziehen.
    So sah das germanische Europa vor dem Hunneneinfall in der zweiten zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts aus.


    Stämme


    Es gab zahlreiche dieser politischen Untereinheiten. Maßgeblich unterschieden sich einzelne Stämme durch ihren Kult. Sie waren aber in kaum einer Beziehung stabil. Zahlreiche Migrationen und Kriege unter den Germanen lässt keine beständige Landkarte zu. Stämme konnten sich zusammenschließen und wurden so durchmischt. Ebenso konnten einige Könige andere Verdrängen. Wenn das geschah ist aber nicht davon auszugehen, dass das Volk des besiegten Stammes ausgelöscht wurde. Das wäre in der Häufigkeit, wie dies passierte, zu wahren Ausrottungen und Ausdünnungen der germanischen Bevölkerung gekommen. Die Elite übernahm meist lediglich die Spitze des anderen Siedlungsgebietes. So kam es auch oft zum kulturellen Austausch und zur Mischung durch ganz Germanien. Zu ethnischen Säuberungen kam es wohl so gut wie nie, jedenfalls gehen Forscher davon aus. Stämme konnten sich ebenfalls zu Großverbänden/-stämmen, wie den Alamannen, zusammenschließen. Dies brachte mehr politische und gesellschaftliche Einheit ins germanische Europa und war auch notwendig, damit die Herrscher ihre Macht sichern konnten und vor allem im Fall der Fälle auch gegen römische Legionen ziehen konnten, obwohl dies wenig aussichtsreich war.


    Um 50 n .Chr.



    Mitte des 4. Jh. n. Chr.



    Aus "Invasion der Barbaren", S. 560

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  • Von Teutonen bis zum Teutoburger Wald


    Der Zug der Kimber, Ambronen und Teutonen


    Ein Marsch von mehreren Stämmen, von ganzen Völkern...dass dies unvergesslich in die Geschichte eingeht ist nur zu verständlich, jedoch weiß man kaum etwas über diese Wanderung von womöglich Abertausenden.
    Alles begann auf Jütland, um 120 v. Chr. Und plötzlich kommen mehrere Stämme dazu nach Süden zu wandern. Schlechte Ernten und Naturkatastrophen bzw. Klimaveränderungen scheinen die wahrscheinlichste Erklärung für solch einen Marsch. Immerhin ist vor allem im unterentwickelten Germanien sehr fruchtbarer Boden wichtig und Schutz vor den Kräften der Natur hatte man auch kaum. Sie zogen südwärts, über Böhmen, bis sie schließlich auf die Römer trafen. Sie hatten keineswegs Absicht gegen die Römer zu Felde zu ziehen. Sie wollten friedlich nach Westen weiter reisen, da sie im Süden dann eine Bedrohung für Rom dargestellt hätten. Bei Noreia (113 v. Chr.) sollte der Marsch jedoch in den Hinterhalt von zwei Legionen geraten, der vom dortigen Konsul geplant wurde. Auf 300.000 schätzt man die Zahl der Germanen, die gegen gerademal 30.000 Römer standen. Die Römer wurden geschlagen, wurden aber vor der völligen Auslöschung durch den Aberglauben der Germanen gerettet, da plötzlich ein Gewitter aufzog.
    Der Zug verlief nun weiter Richtung Gallien, wo sie drei mal alle zwei Jahre, beginnend mit 109 v. Chr., die Römer an deren Grenze schlugen. Dabei schlossen sich ihnen ein paar keltische Volksstämme an. Obwohl sie den Norden des römischen Reichs stark aufrütteten und sie die Gallier garantiert auf ihrer Seite gehabt hätten, zogen sie nicht ins Herz des Feinds, zur Stadt Rom, stattdessen verlief ihre Reise weiter nach Westen auf die Iberische Halbinsel.
    Als sie nach mehreren Jahren auf den Rückweg nach Italien waren, wahrscheinlich um doch dort einzufallen, trennten sich die Kimber von den zwei anderen Volksstämmen. Klar, dass irgendwann jedem einen Fehler unterläuft. Die Ambronen und Teutonen zogen erst südlich, um dann von Westen auf Italien zu zumarschieren. Die Kimber marschierten direkt vom Norden heran.
    Die Teutonen und Ambronen waren die ersten, die unter diesem Fehler leiden sollten. Nur durch Zufall wurde die barbarische Streitmacht 102 v. Chr. entdeckt. Sie konnte in ihr Lager zurückgedrängt werden. Rom provozierte eine offene Feldschlacht und die Teutonen gingen darauf an. Die kampferprobten Barbaren, die diesmal nicht mit zahlenmäßiger Überlegenheit einen Vorteil genießen konnten, hielten sich in der Hitze des Mittelmeerklimas wacker, bis sie eingekesselt wurden. Somit hörten die Volksstämme der Ambronen und Teutonen auf zu existieren, obwohl einigen die Flucht vor dem Tod oder der Sklaverei gelang.
    Den Kimbern ging es ein Jahr später ähnlich, obwohl sie wieder zu Hunderttausenden auftraten. Nur sprachen sich hier beide Parteien ab. Die Kimber wollten erst Frieden schließen, unter der Bedingung das Gebiet Norditaliens behalten zu dürfen. Dies wurde jedoch abgelehnt und den Kimbern wurde der gefangene Teutonenkönig gezeigt. Selbst eine gute Taktik, nutzte den Barbaren nichts, gegenüber der Hitze und den trainierten römischen Soldaten. Die Verluste der Römer im Vergleich zu den Kimbern waren kaum nennenswert.
    In beiden Fällen stand den Barbaren der Feldherr Gaius Marius gegenüber.


    Interessant finde ich, dass der Marsch so gut wie nie wirklich zum Stillstand gekommen ist. Richtige Ansiedlungen scheint es kaum gegeben zu haben. Natürlich trafen sie stets auf bereits besiedeltes Gebiet, aber es wäre für sie kein Problem gewesen, irgendwo sich niederzulassen. Auch würde mich interessieren, warum sie auf der bereits zum Großteil von Römern besetzten Iberischen Halbinsel umgekehrt und dann direkt nach Italien marschiert sind.


    Die Folgen des Marsches waren unter anderem, dass weitere germanische Stämme ins erschütterte keltische Europa vorstoßen konnten. Aber es dauert nicht allzu lang, bis ein bekannter Mann namens Julius Caesar Roms Grenzen im Norden ausweitete.



    Unruhen am Rhein - Die Varusschlacht


    Gallien war nun Teil des römischen Reiches, was bedeutete, dass Römer und Germanen nun vollkommen Nachbarn waren. Da ist es nur zu verständlich, dass im gesamten Rhein-Gebiet Unruhen herrschten. in den Jahrzehnten vor und nach Christi Geburt gab es immer wieder Feldzüge der Römer, die aufständige bzw. unabhängigkeitsbeanspruchende Stämme unterwerfen sollten. Aber entgegen der Absicht der Römer hielt dies bei vielen Stämmen nicht lang. Augustus beabsichtigte die Rheingrenze bis an die Elbe zu verlagern. Zahlreiche Feldzüge sollten bis ins tiefste Germanien reichen.



    Da der Sieg Roms in den Regionen zwischen Elbe und Rhein sicher schien, trat Publius Quinctilius Varus auf den Plan, Rom in Germanien zu sichern. Germanien war keineswegs vollständig erobert. Viel mehr als ein Besatzungszustand und einige römische Städte gab es noch nicht. Die Brutalität, die er den Germanen entgegenbrachte, sollte Roms Niederlage einleiten.
    Arminius, ein Cherusker, der eine römische Militärausbildung zum Offiziergenießen durfte, führte drei Legionen der Römer in einen Hinterhalt.


    „Quintili Vare, legiones redde!“
    „Quinctilius Varus, gib die Legionen zurück!“


    Der genaue Ort und die genaue Zeit ist nicht bekannt. Es war ca. das Jahr 9 n. Chr. Arminius nutzte alle natürlichen Bedingungen aus: ein dichtes, mooriges Waldgebiet, sowie eine tiefer gelegene Position der Römer. Zudem soll mehrmals Regen eingesetzt haben. Im Gegensatz zu den Römern, kannten sich die Germanen im Gebeit aus, was ihnen nochmal einen Vorteil verschaffte. Unter diesen Bedingungen gelang es den Römern nicht in Formation zu kämpfen und Formation ist bekanntermaßen die römische Stärke. In einigen Augenblicken der drei- oder viertägigen Kampfhandlungen sollen die Römer offenes Gelände erreicht haben. Ein Lager konnte auch errichtet werden, in dem sich Varus und einige andere Offiziere selbst das Leben nahmen. Nur wenige der über 20.000 Römer hatte überlebt. Ein wahrer Schock traf das römische Reich.


    Im zweiten Jahrzehnt nach Christus unternahmen die Römer, vor allem unter Nero Claudius Germanicus, viele Strafexpeditionen gegen die Germanen durch. Viele der Stämme wollten sich verbünden und eine Offensive starten, aber dies verhinderte zum einen die römische Vergeltung und zum anderen die Zwiste unter den Stämmen. Jedoch gelang es den Germanen fast alle Kastelle östlich des Rheins zu erobern.
    Den Germanen blieb somit eine römische Besatzung, außer den Germanen westlich des Rheins und zeitweise den zwischen Main und dem oberen Lauf der Donau, erspart. Das bedeutete jedoch nicht, dass ihnen weitere römische Feldzüge unterschiedlichster Motive nicht heimsuchen konnten.
    Als berühmte Grenzbefestigung wurde der Limes im frühen zweiten Jahrhundert n. Chr. erbaut.



    Die größte Ausdehnung Roms/Der Zenit zum Tode Trajans

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  • Markomannenkriege


    Als Markomannenkriege bezeichnet man die knapp 15 Jahre andauernden Grenzkonflikte von 166 bis 180 bzw. 182. Anders als der Name vermuten lässt, ist nicht nur der germanische Stamm der Einzige Gegenspieler Roms an der europäischen Grenze. Auch andere germanische und sarmatische Stämme waren darin verwickelt. Die Markomannen waren jedoch ein wichtiger Bestandteil dieser kriegerischen Auseinandersetzungen, dessen Ausmaße immer noch nicht abschätzbar sind.
    Es gibt bei ersten Betrachtungen einige Ungereimtheiten. Warum griffen Stämme, wie Markomannen oder Quaden, die langjährige Klienten Roms waren, plötzlich im großen Stil an? Und warum brach plötzlich überall gleichzeitig an der europäischen Grenze die Gewalt über die Römer herein?
    Als Ursachen nimmt man sich hauptsächlich Zwei an. Erstens war Roms Aggression bzw. ihre "aggressive Diplomatie" ein Grund um aus Furcht zu handeln. Und zweitens geht man von Migration und Expansion anderer Völker/Kulturen im Hinterland aus, welche in Richtung der römischen Grenze verliefen und damit auch in Richtung der Klienten Roms, welche um ihre Sicherheit fürchteten und Rom um Beistand oder gar um eine Aufnahme ins Reich baten. Man nehme sich nur das Erscheinen der Langobarden und Ubier 166 an der römischen Grenze als Beispiel. Diese zogen von der Ostsee den gleichen Weg (genauer Weg und Beweggründe sind nicht bekannt) wie die Teutonen und Kimber Richtung Süden. Das Aufeinandertreffen mit den Römern bildete den Auftakt der Markomannenkriege.
    Gab es aber noch einen Grund, warum das Chaos plötzlich zu diesem Zeitpunkt überall losbrach? Fakt ist, dass Marc Aurel (Kaiser 161-180) in den frühen 160er Jahren römische Legionen von der Rhein-Donau-Grenze in den Osten verschieben musste, da dort die Parther eine ernsthafte Bedrohung darstellten. Dieser für die Barbaren günstige Zufall, dass die römischen Grenzen ausgedünnt waren, ermöglichte es ihnen Vergeltung zu üben oder ihre Forderungen mit Gewalt durchzusetzen.
    Im Jahre 170 zog Marc Aurel Truppen in Pannonien zusammen, um die Terretorien der Quaden und Markomannen formell zu annektieren und somit wieder Stabilität zu erreichen. Doch die Truppen wurden geschlagen und ein Präfekt getötet (allein das zeigt, dass die Barbaren diesmal über eine große Streitmacht verfügten). Somit wurden auch verbliebene Truppen, die zum Schutze des römischen Reiches da waren, ausradiert. Dies sollte eine Katastrophe einleiten.
    Städte westlich des Rheins wurden verwüstet, Provinzen südlich der Donau geplündert. Sogar in Italien fielen die Barbaren ein, wo es seit dem dritten Jahrhundert v. Chr. keine solche Zerstörung und Plünderung mehr gab. Es brauchte ein paar Jahre, bis Marc Aurel genug Truppen für eine Gegenoffensive aufgestellt hatte. Erst 172 zog der Kaiser selbst los, um endlich wieder Sicherheit in sein Reich zu bringen und wäre beinah wie der Präfekt den Markomannen zum Opfer gefallen.
    Im Sommer griff Marc Aurel das Gebiet der Slowakei an, wo die Quaden ansässig waren. Der Feind kannte sich sowohl mit dem Gebiet als auch mit den Römern aus. Sie legten es nicht auf eine offene Konfrontation an. Die Barbaren waren zahlenmäßig weit überlegen und nutzten dies in gewisser Weise. Sie umzingelten die Römer und verhinderten, dass diese in der brütenden Hitze an Wasser kamen. Die Natur sollte ihnen den Rest geben und die römische Armee erneut zerschlagen. Doch in höchster Not ergoss sich ein Regenschauer über die Römer, welcher als "Regenwunder des Marc Aurel" bekannt ist. Die Barbaren gerieten in Zugzwang. Zeitgenossen schrieben, dass die römischen Soldaten gleichzeitig tranken und kämpften. Rom war vor einer noch größeren Katastrophe bewahrt worden.
    Es dauerte zwar, die Grenze wieder zu stabilisieren, aber letztendlich schaffte es Marc Aurel kurz vor seinem Tod. Er diktierte, wie üblich für einen Sieger, den Stämmen die Bedingungen. Dabei spielten z. B. Bevölkerungsverschiebungen auf der Landkarte eine Rolle, Stationierung von Legionären in den Siedlungsgebieten oder Verbote zu Treffen politischer Angelegenheiten.
    Viele Historiker sehen in den Markomannenkriegen den ersten Schritt bzw. die erste Phase zum Untergang Roms. Diese Ereignisse habe auch einige Parallelen zum dritten und vierten Jahrhundert n. Chr., als die Grenzen Roms wirklich kollabierten.


    Das Regenwunder auf der Marc Aurel-Säule in Rom




    Aus "Invasion der Barbaren", S. 561

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  • Der Wohlstandskuchen Rom


    Jeder mag Kuchen. Jeder will etwas vom Kuchen abhaben.


    Es ist vielleicht jedem bewusst, jedoch denkt man nicht sofort daran, warum diese ganzen Migrationsbewegungen in Richtung der römischen Grenze verliefen. Der Grund ist einfach: Wohlstand.
    Dass die Teutonen zu ihrem Aufbruch, wie auch Völker der eurasischen Steppe wohl nicht von Anfang an von Rom wussten, ist sehr wahrscheinlich. Über negative Migrationsmotive (Push-Faktoren) lässt sich meist nur spekulieren. Klimatische Veränderungen und Expansionen und politischer Druck im Hinterland könnten Auslöser für Wanderungsbewegungen sein.
    Aber der Wohlstand in und um Rom ist der plausibelste Grund und zugleich das wichtigste positive Motiv (Pull-Faktor) für solche Migrationen und vor allem für die Richtung dieser. Die Teutonen, Kimber und Ambronen sind nach dem Aufeinandertreffen mit den Römern auch nach Westen und nicht nach Osten gezogen, bis zur Iberischen Halbinsel. Und mit dem Teig nicht genug, wollten sie auch den fruchtigen Kern und sind zurück Richtung Italien gezogen. Auch die Hunnen haben spätestens nach ihren kleinen Vorstößen in den 370er Jahren, welche die gotischen Terwingen und Greutungen mit zur Flucht zwang, von der Peripherie erfahren, die sich bei der Näherung an römische Grenzen ergibt. Was wiederum die zweite größere Bewegung der Hunnen veranlasste und ihr Machtzentrum an den mittleren Lauf der Donau schob.


    Der Wohlstand Roms lockte wie süßes Gebäck die Bienen und Wespen an. Im Laufe der Festigung der Rhein-Donau-Grenze verbreiteten sich römische Handelswaren bis weit hinter den römischen Einflussbereich hinaus. Dass die Nähe zu Rom oder gar ein Klient von dem Reich zu sein, den Wohlstand vergrößerte war also vielen Stämmen bekannt. Diese Tatsache löste viele Verschiebungen auf der Landkarte aus bzw. bestimmte von vielen die Richtung.
    Fall 1: Ein König im Hinterland will Klient Roms werden und bewegt sich in Richtung der römischer Grenze. Der andere König wird aber nicht so einfach seinen Platz preisgeben. Und die richtige Militärelite umfasste von Königen umfasste nur ein paar Hundert. Aber um den anderen König zu verdrängen bedarf es einer größeren Streitmacht. Deshalb wird angenommen, dass auch die anderen Männer, Frauen und wehrfähige Kinder mit zogen und kämpften. Dieser Grund wird auch bei den Goten aufgeführt, die sich in vielen mal kleineren, mal größeren Zügen von der Ostsee Richtung Schwarzes Meer bewegten.
    Fall 2: Bedrohungen im Hinterland veranlasst die Umsiedlung an oder über die römische Grenze, was entweder bei ersterem wieder zu Fall 1 führen kann oder bei letzterem zur die Aufnahme ins römische Reich führen konnte.
    Fall 3: Die Instabilität der römischen Grenze oder aufgrund eines anderen Umstandes, bietet Möglichkeiten zu Überfällen. Hierbei bis hin aufgrund von Migration im Hinterland riesige Wanderungsbewegungen durch das römische Reich. Man nehme sich nur die Vandalen, Sueben und Alanen her, welche sich die Instabilität Roms im späten 4. und frühen 5. Jahrhundert zu Nutze machten. Letztere zogen immerhin von nördliche des Schwarzen Meeres durch Gallien bis nach Iberien und dann entlang der Nordküste Afrikas bis zum ehemaligen Karthago.


    Egal ob Söldnerdienste, Handel oder Plünderungen. Rom lockte durch seinen Wohlstand, den es versprach. Und leider war die Schaffung der Peripherie unumgänglich. Rom brauchte rein aus logistischen Gründen z. B. am Mündungsgebiet des Rheins Klienten, welche vor Ort Waren für die stationierten Truppen produzierten und diese versorgten. Ein Austausch vom römischen Reich und Germanien war unumgänglich und dies sollte auch maßgebend für den Zusammenbruch der europäischen Grenze sein.

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  • Vorwort


    Nun die folgenden Beiträge sind nun für Total War: Attila interessant, da wir nun in die Zeit kommen, die wir gemeinhin als Völkerwanderungszeit kennen und die Quellenlage über die Germanen und deren Entwicklung sich etwas bessert und jene Stämme bei der Neuordnung Europas eine große Rolle spielen. Jedoch muss ich mich auch hier kurz fassen, nun aber nicht wie vorher aufgrund fehlender Informationen, sondern wegen der Fülle dieser.
    Eine Quelle für erstes Vertiefen des Wissens ist im Eingangspost angegeben.


    Der Fall Roms


    Pushing Huns


    Bruch der Donau
    - Von Goten und Alanen -


    Kleine Vorbemerkung: Da große Teile der Alanen sich später mit Vandalen und Sueben zusammenschlossen und jahrzehntelang mit ihnen zogen, werden sie hier im Germanenthread natürlich mit erwähnt. Zudem dürften sich die Identitäten bei einer so lang anhaltenden Koalition etwas vermischen.


    Warum die Hunnen nach 370 nördlich des schwarzen Meeres auftauchen und Anfang des 5. Jahrhunderts an den mittleren Lauf der Donau ziehen, ist nicht geklärt. Sie hinterließen keinerlei Schriftzeugnisse und römische Quellen berichten erst eine halbe Generation vor Attilas Herrschaft ausführlicher über dieses eurasische Steppenvolk. Zwar praktizierten die Hunnen eine nomadische Lebensweise, jedoch beschränken sich nomadische Bewegungen auf keine großen Entfernungen, sondern eher auf das Durchwechseln von Weideland. Was sie nun zum Aufbruch bewogen hatte, ist spekulativ - es könnten politische Faktoren, wie Gefahren durch andere Steppenvölker, Klimaveränderungen oder anderes gewesen sein. Sicherlich besaßen sie Mitte des 4. Jhs. nicht über die Kenntnis von Rom und dessen Wohlstand.
    Sicher ist aber, dass ihr erstes Auftauchen nahe dem germanisch dominierten Europa einen Domino-Effekt ausgelöst hatte. Aber keineswegs ist hier von einer alles vernichteten Reiterhorde die Rede. Die Hunnen, die als erstes nach Westen zogen, waren kleine, voneinander unabhängige Kriegerverbände mit Häuptlingen - keinen König. Man schätzt, dass seit Mitte des 4. Jhs. von Osten aus Druck auf die ebenfalls nomadischen Alanen ausgeübt wurde. Dabei musste es sich aufgrund der geringen Zahl an Männern, die ein Hunnenverband besaß, auf Scharmützel und Raubüberfälle beschränken.
    Jedenfalls brachte es die Alanen dazu ihr Siedlungsgebiet nördlich des Asowschen Meeres zu verlassen. Einige von ihnen sollen sich den Hunnen früher oder später unterworfen oder angeschlossen haben. Die Alanen taten es den Hunnen aber beinah gleich, wenn auch in anderer militärischer Ordnung, denn diese wichen auf das Gebiet der gotischen Greutungen und übten ihrerseits Druck auf dessen Gebiet nordwestlich der Krim aus. Das Steppenvolk, was die Goten zum Aufbruch Richtung Donau brachte, waren also nicht in erster Linie die Hunnen, im Gegenteil gab es einige Hunnenverbände, die bspw. unter greutungischen König Vidimer den Goten - wohl unter Bezahlung - gegen die Alanen kämpften. Dies zeigt noch einmal die Unabhängigkeit der nördlich des Schwarzen Meeres marodierenden Hunnen voneinander. Die Goten konnten lang den Überfällen standhalten. Aber nach dem Tod der gotischen Führung und innere Uneinigkeit, bewog man sich zum Aufbruch.
    Im Jahre 375 brachen große Gruppen der greutungischen Goten ins Gebiet der terwingischen Goten, nördlich des Unterlaufs der Donau auf - einen der wichtigsten Klienten Roms. An dieser Stelle sei erwähnt: Die Goten siedelten noch nicht so lang am Schwarzen Meer, dass sie ihre Migrationstradition vergessen oder die Identität der unterworfenen Gruppen ausradiert hätten. Die Landstriche wurden keineswegs entvölkert und aufgrund ihrer Geschichte sind Migrationsbewegungen nicht schwer in Gang zu kriegen. Diesmal, ebenso bei den Terwingen, sind es aber wirklich größere Massen, aber kein Volk im eigentlichen Sinne (die Identität mehrere Gruppen ist generell schwer zu bestimmen). Familien wollte man nicht zurücklassen und ein zweiter Grund für ein größeres Kontingent, was zur römischen Seite zieht, wird später erläutert.
    Es dauerte nicht lang, dass die Terwingen ebenfalls zum Aufbruch bewogen wurden, jedoch war sich die terwingische Führung uneins. Athanarich weigerte sich über die Donau zu setzen und so zog er 376 Richtung Westen nach Dakien, während große Gruppen der Terwingen und Greutungen (nicht gleichzeitig) an der römischen Grenze auftauchten und um Aufnahme ins römische Reich baten. Der Eindruck, die Goten wären auf einer überstürzten Flucht und die Hunnen säßen ihnen im Nacken ist aber falsch. Die Goten mussten auf eine Antwort des oströmischen Kaisers Valens warten, der sich jedoch in Antiochia aufhielt. Dieser lehnte ihr Gesuch ab, was die Goten aber nicht hinderte über die Donau zu setzen.
    Denn zur gleichen Zeit führte Valens (einem von ihm angezettelten) Krieg gegen Persien und die Legionen waren somit zum Großteil im Osten gebunden. Es dürfte nicht schwer sein, als Nachbar Roms solche Dinge zu bemerken. Und so schlossen sich Greutungen und Terwingen zum Großteil zusammen und führten Krieg gegen Ostrom. Athanarichs Goten, die nach West-Dakien zogen, mussten die dort siedelnden Sarmaten verdrängen, welche ebenfalls 378/9 über die Donau zogen - südöstlich davon und ein paar Jahre vorher ebenfalls die Taifalen. Beiden letzteren Gruppen erging es aber nicht gut.
    Die Konföderation der Goten und ihre militärische Schlagkraft war Ostrom mehr als ein Dorn im Auge. Hier ist nebenbei zu bemerken, dass diesmal neben den kleineren Gefolgschaften der Könige, welche die Elite-Krieger der germanischen Armeen darstellten, auch eine große Zahl Freie rekrutiert wurde, wofür es in der Vergangenheit der Germanen sonst wenige Anlässe gegeben hätte. Aber die Siege über zwei oströmische Kaiser und den Tod von Valens (als ersteren) zwang Ostrom dazu 382 einen Friedensvertrag mit den Gotengruppen, welche in dieser großen Allianz zusammengeschlossen waren, einzugehen und sie im Balkan siedeln zu lassen.
    Dass es kein natürlichen engen Zusammenhalt zwischen den Goten gab, zeigt die geographische Besiedlung der einzelnen Gotengruppen. Greutungische und terwingische Gruppen verstreuten sich in dem ihnen zugesprochenen Gebieten, was Konstantinopel nur Recht sein konnte. Andere Gruppen, die sich nicht in großere Koalitionen zusammenschlossen oder ihr Glück auf eigene Faust versuchten, wurden meist geschlagen, versklavt, unterworfen oder zu den üblichen römischen Bedingungen einem Siedlungsgebiet zugesprochen.


    Über den Rhein
    - Von Alanen, Vandalen, Sueben und (West-)Goten -


    Kleine Vorbemerkungen: Die Identität der Sueben ist hierbei nicht geklärt. Es gibt Vermutungen, dass es sich um Quaden und Markomannen handeln könnte.
    Ich werde vor der Rheininvasion erst die Goten beleuchten, aber pack dies hierhin, da es zeitlich besser passt und weil die Rheinüberquerung mit den Ereignissen zwischen Ost- und Westrom zusammenhängen.


    Um den Jahrhunderwechsel drangen die Hunnen weiter nach Westen vor. Diesmal jedoch nicht mehr in kleinen Kriegergruppen und auch ist nicht mehr von Häuptlingen die Rede, sondern von Königen, jedenfalls werden sie schon von solchen regiert, als sie 411/2 an der mittleren Donau eintreffen. Da die Zeit viel zu kurz gewesen wäre, aus vielen unabhängigen Gruppen ein solches politisches System aufzubauen, muss der Hauptteil der Hunnen schon eine gewisse hierarchische Struktur aufgewiesen haben. Nachdem der große Hunneneinfall 395 über den Kaukasus ins östliche oströmische Reich - fast bis ins heilige Land - zu schwere Verluste erlitten hatte, zogen sie nun nach Westen. Die kleineren Vorstöße hatten ihnen nun auch die Informationen über das römische Reich und deren Grenzregionen gebracht. Und so verlagerten sie ihr Machtzentrum in die ungarische Tiefebene und damit an die mittlere Donau. Diese größere Bewegung hatte natürlich einen noch größeren Effekt auf verschiedene germanische Stämme und erst recht auf Rom.
    Zuerst jedoch werfen wir unseren Blick wieder auf die Goten im Balkan. Nach ihrem Friedensvertrag - da dieser es verlangte - kämpften die im römischen Reich siedelten Goten mit den Oströmern. Die beiden weströmischen Usurpatoren Magnus Maximus (383-387) und Eugenius(392-394) zogen in den Bürgerkriegen mit dem oströmischen Kaiser Theodosius. Dabei zogen sie Truppen von der Rheingrenze ab, was ihnen aber nichts half, jedoch den Germanen, die wenig später über die Rheingrenze zogen. Die Rheinverteidigung oblag im 5. Jh. somit zum Großteil den germanischen Klientelkönigen von Rom. Und auch nach 395 lag Westrom weiterhin im Streit Konstantinopel. Der Heermeister Stilicho brachte das weströmische Reich unter seiner Kontrolle, aber er hatte nicht vor die Regionen nördlich der Alpen zu befrieden. Seine Prioritäten galten dem Osten. Und ab 405 stritten sich Ost und West um Illyrien und Stilicho drohte mit Krieg. Dies verhinderte jegliche Hilfe von Ostrom für den Westen gegen die Rheininvasoren. Erst nach Stilichos Entmachtung 408 konnte militärische und finanzielle gewährleistet werden, aber da war es schon zu spät. Dabei noch erstaunlich war die Ruhe der Franken und Alemannen. Mit den inneren Unruhen Westroms kam auch der Geldverkehr ins Stocken, und damit auch die Subsidienzahlungen an die Klienten Roms.
    Aber nun zu den Goten. Sie hatten zwar gegenüber anderer barbarischer Gruppen im römischen Reich eine weitaus bessere Stellung, da sie sich militärisch behaupten konnten, aber irgendwann durchlief sie dennoch Unzufriedenheit. In den Kämpfen gegen den Usurpator Eugenius Westroms hatte man sie in den vordersten Reihen aufgestellt und dementsprechend waren die Verluste Ostroms hauptsächlich bei den Goten zu verzeichnen. Außerdem bekamen die Goten durch die Feldzüge im Westen auch an mehr Informationen, vor allem geographischer Natur. Schließlich mündete die Unzufriedenheit in einer Revolte 395 unter Alarich. Da aber der Friedensvertrag keinen Führer über alle Goten im Balkan anerkannte und die Goten auch nicht geschlossen hinter Alarich standen - welche zudem noch zerstreut lebten -, musste er zu dieser Zeit erst seine Konkurrenten ausschalten und sich seine Macht sichern. Die folgenden zwei Jahre verbrachten die Goten mit einem langen Zug durch Griechenland (nach Athen und über Peloponnes) - ihre Familien mit dabei. Danach zogen sie durch Epirus und schließlich nach Italien (401/2), kehrten jedoch 408 wieder in den Balkan zurück. Dabei ist das Motiv Alarichs ein recht eigenes gegenüber die anderen größeren Wanderungsbewegungen. Er wollte als Herrscher über seine Goten von Rom anerkannt werden, in einer guten römischen Provinz siedeln und den Vertrag mit Ostrom zu Gunsten der Goten revidieren, damit die Goten auch als teilautonome Gemeinschaft anerkannt wurden - Landnahme und durch Plünderung erzielte Geldeinnahmen spielten eine untergeordnete Rolle.
    Aber da sie mit Konstantinopel zu keinem Ergebnis kamen, versuchte Alarich sein Glück in Westrom. Und so zogen die Goten wieder nach Italien und verbrachten fast drei Jahre darin. Doch die imperialistische Einstellung und die entsprchende Haltung der Römer gegenüber barbarischen Gruppen, ließ eine Billigung auf eigenem Boden zu den geforderten Bedingungen nicht zu. Nachdem Alarich vor der Stadt Rom selbst stand und weiterhin nicht bekam, was er wollte, änderte er sein Verhalten etwas und er richtete nun gezielt Schaden an römischen Besitzungen an. Rom wurde somit auch geplündert. Da das Meer ihm den Weg nach Karthago und die reicheren römischen Provinzen in Nordarika zu sehr versperrte, musste er wieder nach Norden ziehen. Eine Übereinkunft war immer recht nah. Und mit Stilicho hatte Alarich kam es auch zu einer solchen, aber nach Stilichos Absetzung wurde diese für nichtig erklärt. Da die Goten sich nicht mehr in Italien halten konnten, gelangten sie nach Gallien. Und schließlich unter Alarichs Nachfolger und Schwager Athlauf erhielten die Goten zwischen 416 und 418 fruchtbares Land in Aquitanien an der Garonne. Geldzahlungen und politische Ämter bekamen sie aber nicht und praktisch gesehen, lebten sie wieder am Rand der römischen Welt. Und nun kämpften sie für Westrom gegen die Rheininvasoren, die schon auf der iberischen Halbinsel siedelten.
    Man müsste eigentlich meinen, dass nach so einem langen Zug (mit Kämpfen, Nahrungsmittelknappheiten) der Goten unter Alarich, deren Stärke rapide nachgelassen hätte. Jedoch wuchs die Gruppe sogar. Der stärkste Zuwachs waren wohl die Goten von Radagaisus, welche versklavt oder in die römische Armee integriert wurden. Radagaisus führte 405/6 eine Gruppe, die hauptsächlich aus Goten bestand, von den Karpaten nach Italien (ob von Ostrom angestiftet, ist nicht geklärt). Er unterlag jedoch der weströmischen Kraft - eine vernichtende Niederlage gegen Stilicho, der aber erst eine Weile brauchte, um eine römische Armee mit der nötigen Stärke aufzustellen. Angeblich sind über 12000 (vornehmere) Krieger in die römische Armee aufgenommen worden, der Rest wurde in die Sklaverei verkauft. Der Marktpreis für Sklaven verfiel daraufhin.


    Die Hunnen verursachten mit ihrem größeren Marsch nach Westen viele Migrationen von Gruppen und Clans in Richtung mittlere Donau - also Gruppen, die allein aus Tradition leicht auf Bedrohungen mit Migration reagieren konnten -, wo sich diese immer mehr konzentrierten. Zudem blieben die Zugeständnisse, die das römische Reich den Goten 382 gemacht hatte, nicht unbemerkt und so lockte römischer Boden um so mehr. Erstaunlich ist, dass die Invasoren zu diesem Zeitpunkt außer den Sueben von weit hinter der römischen Grenze stammten.
    Die bekanntesten Barbaren, die Anfang des 5. Jhs. römischen Boden betraten, war die Allianz aus Vandalen, Alanen und Sueben. Diese Völker waren zur Zeit ihres Aufbruchs keineswegs Nachbarn und hatten auch andere politische Systeme. Während die alanischen Untergruppen sich meist aus vielen autonomen Gemeinschaften zusammensetzten (was zumindest der Fall derjenigen Alanen war, die in den 370er Jahre nach Westen wanderten), waren die Vandalen in zwei größere Gruppierungen mit ihren Königen unterteilt - den Asdingen- und Silingen-Vandalen. Dementsprechend war dies nur ein Zweckbündnis zwischen diesen unterschiedlichen Identitäten, um im römischen Reich zu überleben und harte Verhandlungen untereinander gehörten gewiss zur Tagesordnung.
    Die Alanen waren schon beim ersten Hunneneinfall Richtung Westen gezogen und fanden sich in den westlichen Karpatenregionen wieder, bevor sie zu den Vandalen aufschlossen, dessen Siedlungsgebiet nördlich der Theiß, römischen Dakiens und der Slowakei war. Viele Silingen-Vandalen blieben jedoch in der Schlesien-Region zurück. Die Sueben kamen wie bereits erwähnt in dieser Zeit von der römischen Grenze; von der Donau-Biegung, welche sich dann nach Süden wendet.
    401/2 tauchten die Vandalen in Rätien auf - zur Zeit Stilichos Macht. Daraufhin zogen sie nördlich der Alpen weiter nach Westen über den mittleren Rhein. Die Asdingen-Vandalen erlitten jedoch bei einer Auseinandersetzung mit den Franken schwere Verluste. Zur Zeit der Rheinüberquerung Ende 406 stellten die Alanen die größte Einzelgruppe dieser Allianz dar.
    Im schon etwas destabilisierten Gallien verheerte die große Konföderation große Teile des Lands, bevor sie 409/410 über die Pyrenäen auf die iberische Halbinsel zogen, dort den größten Teil einnahmen und bis 412 unter sich aufteilten. Da sich das weströmische Reich in den 410er Jahren wieder stabilisierte, konnte es sich auf die Rheininvasoren in Spanien konzentrieren. Auch die Goten aus Aquitanien standen auf Seiten Roms. Den Silingen-Vandalen und Alanen wurde stark zugesetzt und diese mussten ihre Gebiete aufgeben und sich den Asdingen-Vandalen anschließen. In den 420er Jahren brach die Ordnung Westroms wieder zusammen, aber für die Überlebenden Barbaren auf der iberischen Halbinsel bestand nicht viel Aussicht dort zu Überleben. Außerdem lockte Nordafrika mit noch größerem Wohlstand und sie hatten viel Zeit, um Informationen über diese Regionen zu bekommen. Außerdem trennte nur die Straße von Gibraltar die beiden Landmassen. Außerdem wären römische Angriffe leichter abzuwehren, da diese über den Seeweg erfolgen müssten.
    429 setzten ein großer Teil der Vandalen und Alanen über diese und zogen nach Osten. 439 eroberten sie Karthago. Die Identitäten der Gruppen hatten sich nun stark vermischt bzw. ihre Identitäten im Laufe dieser immens langen Reise/Wanderung neu definiert.


    Nachbemerkung: Die Zerschlagung des Alanen-Vandalen-Reiches wird in einem späteren Kapitel kurz erwähnt.


    Der Zerfall des Hunnischen Reiches
    - Von (Ost-)Goten, Langobarden, Skiren, Rugier, Heruler und Gepiden -


    Im 5. Jh. erlebte der mittlere Lauf der Donau und die Karpaten eine starke Erhöhung der Konzentration von stark gerüsteten Gruppierungen. Es war seither undenkbar, dass so viele unterschiedliche Identitäten nebeneinander leben konnten. Die Erklärung liefert die endgültige Wanderung der Hunnen nach Westen und die Errichtung eines Reiches, oder viel mehr eines Einflussbereiches. Unter Rua und vor allem unter dessen Neffen und Nachfolger Attila erstarkte das Hunnenreich und befand sich in den 440ern auf dem Höhepunkt seiner Macht. Aber in den 460ern zerfiel es nach Attilas Tod und die Hunnen konnten sich nicht halten. Sie schlossen sich anderen Gruppen an oder versuchten ihr Glück im Oströmischen Reich. So auch die Attilas Söhne Dengizich und Hernak. Aber nur Letzterem wurde Asyl im Kaiserreich gewährt. Und als die Hunnen ihre Macht verloren und flohen, blieb die mittlere Donau dennoch Kriegsherd.
    Zuvor jedoch gab es reichliche Wanderbewegungen dorthin. Entweder die Flucht vor den Hunnen, als sie nach Westen kamen oder die Umsiedlung auf des Hunnenherrschers Befehl. Das Hunnenreich baute seine Macht auf die gewaltsame Unterdrückung der zahlreichen Gruppen in ihrem Einflussbereich - manche wurden mehr unterdrückt, manche weniger. Je näher man am Machtzentrum siedelte, desto stärker war die Hand der Hunnen. Attilas Arm reichte sogar bis zu den Franken, hatte aber mit ihnen so gut wie nichts zu schaffen. Nur in einem Erbfolgestreit mischte er sich ein, mehr ist nicht überliefert. Aber die Völker der inneren Peripherie seines Reiches sahen keine Chance auf Unabhängigkeit. Es wurden große Führer, wie Oberkönige, verhindert - wie es Rom schon zu pflegen versuchte - sodass Streitigkeiten innerhalb einer Gruppierung Widerstand nach Außen im Weg standen.
    Auch wenn das Hunnenreich eine multikulturelle Region, welche verschiedene Identitäten auf engsten Raum zwängte, blieben die Gruppenidentitäten erhalten. Die Spuren der richtigen Hunnen (um ihre Zahl) verschwamm, da die germanisch geprägte Bevölkerung deutlich in der Überzahl war und so Bräuche und Sprache übernommen wurden. Wenn man alle für die Hunnen kämpfenden und plündernden Gruppen als Hunnen bezeichnen würde, wäre die Streitmacht apokalyptisch groß gewesen. Aber anders als Rom gab es bei den Hunnen keinen bürokratischen Staatsapparat, der germanische Gruppen in ihr Reich eingebürgert hätte. Die Gruppenidentitäten blieben erhalten und sobald es die Chance zur Unabhängigkeit gab, ergriff man sie. Dies mussten Attilas Söhne feststellen, als sie der Aufgabe zur Etablierung der neuen Herrschaft über die unterdrückten Gruppen nicht nachkommen konnten. Auch Ostrom konnte mehrmals Gruppierungen aus dem Hunnenreich ziehen und ins eigene Reich gliedern, so zum Beispiel eine größere Gotengruppe, die in Thrakien angesiedelt wurde und somit Konstantinopel zusätzlich schützte. Dies verhinderte später Attila jedoch mit einem Vertrag mit Ostrom.


    Als der Flickenteppich nun auseinander riss, begann der Kampf um den Kuchen der Hunnen, denn die Goldvorkommen bzw. der Reichtum in der ungarischen Tiefebene war im Verlauf der Hunnenherrschaft rasant angestiegen. Und nicht nur Gruppen, die unter der Faust der Hunnen besonders litten - Skiren, Sueben, Rugier, Heruler und Gepiden -, richteten ihre Augen darauf.
    In den 450er Jahren zog Valamer mit den nun amalischen Goten vom schwarzen Meer in die westlichen Karpaten. Die Hunnen konnten nicht verhindern, dass Valamer so viele Kriegertruppen hinter sich einen konnte, indem er rivalisierende Anführer ermordete, verdrängte oder unterwarf. Skiren, Suebe, Rugier und Gepiden verbündeten sich in den 460er Jahren gegen die neuen Eindringlinge, unterlagen aber, was wiederum strake Abwanderungen zur Folge hatte, unter anderem die verbliebenen Hunnen in dieser Region. Der Konkurrenzkampf zersplitterte auch die Skiren. Unter anderem brach Odoaker (Sohn des besiegten Skirenkönig Edekon) nach einer weiteren Niederlage in den Kämpfen gegen die amalischen Goten 469/470 ins weströmische Reich auf und herrschte ab 476 über Italien. Im Verlauf der Kämpfe gegen die Skiren fiel Valamer - durch dessen Geschick sich auch die an der mittleren Donau siedelnden Gotengruppen anschlossen - und sein Bruder Thiudimir übernahm die Führung. Nachdem dieser in der Schlacht von Bolia (473) eine gegnerische Koalition besiegte, zog er aus der Region Pannonien in den oströmischen Balkan. Aber nicht alle Goten waren, wie so immer wenn es zu Entscheidungen in größeren Gruppen kommt, bereit zu folgen. So zog Vidimer, der dritte der Brüder, nach Westen, wohl ins westgotische Reich. In Folge der vielen politischen und geographischen Manöver in großen Teilen der Balkanregion des oströmischen Reich, kam Theoderich (später "der Große" und der wohl einzige Herrscher über das gesamtgotisches Reich) an die Macht. Auf dessen Stirn stand nicht nur Krieg geschrieben. Ostrom und Goten bekämpften zwar einander - so erbeutete Rom einmal über 2000 Wagen der Goten -, aber Krieg heißt nicht immer bis zum Letzten. Als Theoderich 479 Dyrrhachium an der Adria besetzt hielt hat er einen Teil seiner Streitkräfte in Verhandlungen für Feldzüge bereit gestellt.
    In einer Fehde lagen die Amaler auch mit den thrakischen Goten. Letztere hatten genug Leute, um selbst eine ausreichende Schlagkraft für Unabhängigkeit aufzubringen. Zwischen den zwei großen Gotenkontingenten entstand der Wettstreit, sich eine Position am Kaiserhof und bessere Subsidien zu sichern. Konstantinopel versuchte beide Gruppen gegeneinander auszuspielen, aber Theoderich gelang es, wohl vorrangig durch die Ermordung des kürzlich gewählten Gotenführers Recitach, den Konflikt 483/484 zu lösen und beide Gotengruppen zu verschmelzen, was seine Streitmacht fast verdoppelte. 484 erlangte Theoderich, unverwunderlich bei seiner Macht, die Position eines Konsuls. Und 488 zog er letztendlich nach Italien (auch wenn manche Goten Ostrom die Treue hielten und zurückblieben), was mit Ostrom schon seit 479 erörtert wurde, stürzte Odoaker und gründete das ostgotische Königreich.


    473/474 waren nach der Vernichtung und Vertreibung der Skiren und Hunnen und dem Abzug der Goten aus Pannonien die Rugier, Heruler und Gepiden an der mittleren Donau verblieben, die den Kampf unter sich fortsetzten. Die Rugier, welche im heutigen Niederösterreich siedelten, wurden zuerst Opfer. Odoaker schickte 486 eine Armee über die Donau und besiegte die Rugier und richtete ihren König Feletheus im darauf folgenden Jahr hin. Feletheus' Sohn Friedrich flüchtete auf den Balkan und schloss sich 487/488 den Goten an, mit denen sie nach Italien zogen. Dort wechselten sie in den Kämpfen mindestens zwei Mal die Seiten, sodass sie letztendlich doch wieder unter Theoderich standen.
    Das Machtvakuum im früheren Machtzentrum der Hunnen lockte die Langobarden aus Böhmen es zu füllen. Man vermutet, dass die Langobarden etappenweise von der unteren Elbe nach Süden gezogen waren. Ebenfalls vermutet man nicht, dass es einen plötzlichen großen Einfall an der Donau gab, sondern erste erfolgreiche Kriegerunternehmungen größere Vorhaben anlockten. Nachdem sie in das von Odoaker destabilisierte Gebiet der Rugier gezogen waren, besiegten sie 508 die Heruler, vertrieben Sueben und besetzten Pannonien. Die Heruler spalteten sich. Eine Gruppe zog nach Skandinavien und nachdem die andere nicht mit den Bedingungen der Gepiden zufrieden war, um bei ihnen Schutz zu bekommen, wandten sie sich an das oströmische Reich. Sie bekamen Land an der Donau. Als jedoch in den 540er Jahren ihr König ohne einen Erben starb und die Expeditionen nach Skandinavien fehlschlugen oder zu lang dauerten, bestimmte Kaiser Justinian einen Nachfolger. Aber ein Machtkampf entstand unter ihnen und so spalteten sie sich erneut auf. Somit ging ein Teil auf das Gebiet der Gepiden zurück, welche dann ihren früheren Landsleuten im Krieg zwischen Langobarden und Gepiden - die zwei verbliebenen Mächte im gefallenen Hunnenreich -auf Befehl der Byzanz zur Unterstützung ersterer gegenüberstanden.


    Nachbemerkung: Ein paar Worte werden später noch zum gotischen Reich verloren, wie auch zur Zerschlagung des Vandalen-Reiches.


    Sachsen und Angeln über die Nordsee


    Im Verlauf des ersten Jahrzehnts des 5. Jh. brach Britannien aus dem imperialen Gefüge Roms heraus. Innere und äußere Unruhen rüttelten an der Stabilität Westroms und allein schon aufgrund der geographischen Lage, war die Insel schnell von der römischen Zentralmacht abgekoppelt. 406 stellte die römische Armee in Britannien den Gegenkaiser Konstantin III. auf, welcher sich jedoch danach mit den Rheininvasoren in Gallien bis zu den Pyrenäen auseinandersetzte. Aufgrund der Nachlässigkeit gegenüber Britannien rebellierte diese römische Provinz 409 erneut.
    Wegen der Schwächung sahen sich natürlich die verbliebenen Nicht-Romano-Briten auf den Inseln versucht. Scoten und Pikten aus Schottland und Irland nutzten die schwächeren Grenzen aus (in den 390ern wurden regulär römische Truppen bspw. vom Hadrianswall abgezogen). Auch von jenseits der Nordsee kamen die funkelnden Augen herbei, die auf die reiche Provinz starrten. Immerhin hatte das britannische Tiefland eine florierende Villenwirtschaft. Diese Güter waren meist abgelegen und ein schmeichelhaftes Ziel für Plünderer.
    Aber nicht erst zur Zeit der Rheininvasion gab es Angelsachsen in Britannien. Schon seit dem dritten Jahrhundert fuhren sächsische Piraten Beutezüge gegen die Insel, was die Römer im 4. Jh. unter immensen Aufwand Befestigungen zu errichten und weitere Verteidigungsmaßnahmen durchzuführen. Und das nicht nur an der Süd- und Südostküste Britanniens, sondern auch an der gesamten Nordküste Galliens. Diese Maßnahmen sind namentlich als Litus Saxonicum (Sachsenküste) bekannt.
    Die Sachsen sammelten über die Jahrzehnte genügend Informationen; über die besten Seerouten, über die britannische Küste, aber auch über das innere Land, welches sie über die Flüsse zu Teilen erkunden konnten. Sie wussten also von dem Reichtum der Provinz. Aber ebenso wussten die Romano-Briten von den Angelsachsen. Als der Schutz der weströmischen Zentralmacht nicht mehr gewährleistet war, musste der Schutz der Provinz irgendwie organisiert werden. Und man fand wohl, die Steuern, die nicht mehr nach Rom flossen, für die Anheuerung angelsächsischer Söldner wäre sinnvoller, als dass diese ihr Geld sich durch die Plünderung des Landes verschafften.
    Irgendwann gingen diese Söldner aber zur Landnahme über und auch mehr Angelsachsen kamen über die Nordsee (auch Jüten und vielleicht noch einige andere Gruppen(von Dänen, Rugiern, Friesen)). Es war zwar eine massenhafte Migration, bei der auch viele Frauen beteiligt waren (die germanische Sprache war gar unberührt von der keltisch-römischen; und gerade Mütter geben Sprache an die Kinder weiter), aber nicht als riesige Schockinvasion. Es war eher ein stetiger Strom der von der ersten Hälfte des 5. Jhs. bis ins letzte Viertel des 6.Jhs. anhielt. Schon allein aufgrund der Logistik war die Bewegung riesiger Gruppen auf einen Schlag nicht möglich, so wie die über 20 000 Sachsen, die sich im 6. Jh. den Langobarden, welche später in Italien einfielen, anschlossen. Und auch ethnische Säuberungen gegen die Romano-Briten sind unwahrscheinlich, auch wenn deren Spuren in Sprache und Kultur verschwanden. Das dürfte vielmehr auf die Bestrebungen der sozialen und rechtlichen Gleichstellung zurückgehen, da sie sich nun in eine von angelsächsischen Eliten dominierten Gesellschaft wiederfanden.
    Aber die Migration zur und sozusagen die Übernahme der römischen Provinz hatte auch Hürden. Durch einen großen Sieg in der Schlacht von Badon Hill erreichte Ambrosius Aurelianus zwischenzeitlich einen Abbruch der Migration und sogar eine Rückwanderung, da in manchen Quellen von germanischen Migranten in Gallien die Rede ist, die von der britischen Insel kamen. Aber nach einer Weile wurde den Angelsachsen die Insel als Ziel wieder attraktiv. Die Tatsache, dass am Ende des 6. Jhs. viele angelsächsische Königreiche auf der Bildfläche standen, bestätigt, dass es in Britannien (anders als auf dem römischen Festland) nicht mehr nötig war, sich mit vielen anderen Gruppen zusammenzuschließen und große Streitkräfte zu bilden, um hier Fuß zu fassen.
    Die Migrationen der Angelsachsen mag gewinnorientiert gewesen sein, aber es gab auch gute Gründe einiger Gruppen (auch die erwähnten 20 000, die sich den Langobarden anschlossen) die Heimat zu verlassen. Der ansteigende Meeresspiegel war vielleicht ein Grund, aber eher untergeordneter Natur. Aber allen voran waren wohl die Franken das größte Negativmotiv. Die aufsteigende Merowinger-Dynastie streckte ihren Machtbereich auch in angelsächsische Regionen aus.


    Franken in Gallien und als neue Macht Europas


    Der Aufstieg Merovechs Sohn Childerich bereitete den Weg für eine mächtige Dynastie und eines fränkischen Königreiches. Seine Karriere ist dabei nicht ganz geklärt. Er wurde wohl wegen der Verführung der Frauen seiner Gefolgsleute verbannt und erarbeitete sich seinen Weg beim Zerfall der römischen Imperialmacht in Gallien nach oben. Er befehligte ein fränkisches Kontingent unter Aegidius, welcher gegen Rom meuterte und sich auch den Westgoten als Feind gegenüber sah. Woher Childerich die Macht nahm, um bei seiner Rückkehr die Merowinger-Dynastie zu stärken, ist wie gesagt nicht geklärt. Es ist möglich, dass er ein römisches Heer aus Gallien in den Wirren unter seiner Kontrolle bringen konnte. Er arbeitete auch noch mit Aegidius' Sohn und Erben Syagrius zusammen. Dieser wurde aber später von Childerichs Sohn Choldwig besiegt, welcher ca. ab 482 bis 511 regierte. Unter Chlodwig erfolgte die eigentliche fränkische Umwälzung. Er schaltete viele rivalisierende Franken aus, einte Kriegerverbände und während seiner Herrschaft schaffte er es sowohl östlich als auch westlich des Rheins weite Teile des Landes unter seine Kontrolle zu bringen. Im Osten verleibte er sich die Alamannen ein und östlich die Burgunder und eroberte große Teile des westgotisch besetzten Südost-Galliens.
    Aber was bezeichnete man eigentlich als Franken? Sie waren vor den Merowingern keinesfalls eine mit starken Zusammengehörigkeitsgefühl verschweißte Gruppe. Die eng zusammenlebenden Untergruppen mussten zwangsläufig politische Kontakte pflegen. Auch wenn sie sich zu Bündnissen zusammengeschlossen hatten, waren die fränkischen Gruppen erstmals unter Chlodwig von einer festen Hand regiert.
    Die fränkische Migration ins römische Gallien und die Machtübernahme verlief nicht sonderlich spektakulär. Interessant ist jedoch der kulturelle Unterschied zwischen Nord-und Südgallien, getrennt durch die Loire. Im Norden verlor recht schnell die gallo-römische Kultur an Dominanz, während im Süden noch mehrere Generationen die römische Aristokratie gefestigt war. Ein Grund dafür war, dass Nordgallien wie Britannien im Laufe der inneren Konflikte und Probleme Roms von der römischen Zentralmacht wegbrach. Im Streit zwischen dieser, lokalen Banden, barbarischen Invasoren und Siedlern und fränkischer Streitkräfte waren römische Güter für jeden ein leichtes Ziel und so wurde das Villensystem Nordgalliens nach und nach zerstört. Die südgallischen Römer kamen den Franken sehr entgegen, was ihnen ihre Positionen und ihr System schützte. Außerdem waren schon im 3. Jh. Überfälle auf das nördliche Gallien von den Franken ausgegangen. Ein sehr begehrtes Ziel also in ihren Augen, da Informationen vorhanden waren. Und wie bei den Angelsachsen in Britannien, musste Chlodwig seinen Gefolgsleuten auch eine lohnende Beute, also Land, zukommen lassen.
    So konnte die Kultur wesentlich schneller verbreitet werden, indem die dominierende Oberschicht sie praktizierte und die in der Gesellschaft tiefer Gestellten diese aus sozialem Druck übernahmen. Dennoch geht man von einer massenhaften Migration der Franken aus, auch wenn nicht in großen Trecks, sondern oftmals in kleineren Grüppchen, da diese Wanderungen nach dem militärischen Erfolg geschahen und in Nordgallien auch kein Ambrosius Aurelianus wie in Britannien wartete und daher die Bedrohungen für kleinere Wanderungen nicht so groß waren. Aber auch schon vor dem Zerfall des Imperiums erlebte Nordgallien Einwanderungen und auch Zwangsansiedlungen von fränkischen Gruppen. Deren Rolle in der kulturellen Umwälzung ist jedoch wahrscheinlich zu vernachlässigen.


    Um 500 war das weströmische Reich mehreren Nachfolgereichen gewichen - Ostrom bestand jedoch noch nach wie vor. Vandalen und Alanen gründeten ihr Reich in Nordafrika, mit den reichsten ehemaligen römischen Provinzen, die Sueben kontrollierten Nordwestspanien, Westgoten das restliche Spanien und Südwestgallien, die Franken herrschten über Nordgallien, die Burgunder über Südostgallien, die Sachsen auf Britannien und die Ostgoten hatten Italien unter ihren Fäusten.
    507 vernichteten die Franken das westgotische Reich in der Schlacht bei Vouillé. Der amalische Gote Theoderich jedoch schaffte es in jenem und dem folgenden Jahr die Reste mit dem ostgotischen Reich zu einen und mit geschickte Bündnispolitik (von den Vandalen über Burgunder bis nach Thüringen) gegen die Franken standzuhalten, das westliche Mittelmeer und faktisch ein Drittel bis die Hälfte des Gebiets des ehemaligen weströmischen Reiches zu kontrollieren. Sein Wunsch, das gotische Reich bleibe geeint, wurde nach seinem Tod 526 nicht erfüllt. Es zerfiel wieder in Ost und West und wurden von seinen Enkeln regiert. Dies bot die Gelegenheit für Chlodwigs Nachkommen das Merowinger-Reich auf seine glanzvolle Größe und maximale Ausdehnung zu bringen. Östlich des Rheins unterwarfen sie Friesen, Bajuwaren, Sachsen, Thüringer und mehr. Westlich wurde außer der Bretagne alles nördlich der Alpen und Pyrenäen unterworfen.
    Das europäische Machtzentrum schob sich so vom Mittelmeer weg nach Norden. Ostrom, vor allem unter Kaiser Justinian, war nach dem Fall Westroms noch lange Zeit ein wichtiger Mitspieler im Schicksal Europas. Justinian zerschlug mit den Angriffen 536 das Ostgotenreich in Italien, einige Jahre davor auch das Vandalen und Alanen-Reich. Aber mit der Ausbreitung des Islams im 7. Jh. wurde Ostrom als Schicksalsweber ausgeschaltet, nachdem die Kriege gegen Persien über die Jahrhunderte Ostrom ausgelaugt hatten. Somit gab es keine Macht in Europa, die das Gleichgewicht herstellen könnte und die Wiedererstarkung der Franken - dessen Reich im 7. Jh. wieder zersplittert war, da lokale Eliten wieder Macht erlangten - unter den Karolingern hätte verhindern können.
    Aber da wir nun in einen ganz anderen Zeitraum gelangen, soll uns der Weg zur größten fränkischen Macht - von Pippin, über Karl Martell und Pippin den Jüngeren zu Karl dem Großen, welcher im Gegensatz zu den Merowingern eine viel direktere Macht ausübte - und allem Folgenden, wie den Ottonen, erstmal an dieser Stelle nicht interessieren.

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  • - Platzhalter -


    Sonstiges


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    So, ich habe nun bis auf "Der Fall Roms" alles soweit fertig. Beim Wohlstandskuchen-Beitrag könnten mir einige Gedanken verloren gegangen sein, da Windows Update plötzlich mitten im Schreiben mein PC neustarten ließ.
    Würde mich über Lob, Kritik, Fragen, Anregungen etc. freuen.

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  • Kuuuuuuuchen! :D


    Schön geschrieben, weiter so. Vor allem die Markomannenkriege hast du gut zusammen gefasst. Wäre vielleicht noch interessant, da etwas tiefer in die Hintergründe einzutauchen. Wir du richtig geschrieben hast markieren die Markomannenkriege für viele Historiker eigentlich den Beginn des Zusammenbruchs der römischen Weltdominanz. Die "Barbaren" nördlich der Donau waren nicht mehr die selben, wie noch 300 Jahre früher beim Sturm der Teutonen und Kimbern. Das waren höher organisierte, durch den Handel mit Rom weiter entwickelte und vor allem mit römischem Waffenmaterial gerüstete Verbände, oftmals angeführt von Warlords, die sich ihre Sporen in römischen Diensten abverdient hatten. Den Römern schlug es im Rahmen dieses mörderischen und äusserst blutigen Konflikts erstmals die Schattenseite der von ihnen betriebenen Politik in Germanien so richtig um die Ohren. Sie waren wegen der allgemeinen Schwächung des Imperiums (Innenpolitik, diverse Grenzkonflikte) nicht mehr dazu in der Lage, die Situation vollends zu kontrollieren.


    Über die Entgültigkeit von Marc Aurels "Sieg" gibt es übrigens auch unterschiedliche Meinungen. Du gehst eher nach der Schulbuchansicht (Sieg und komplette Beruhigung der Situation). Das ist nicht falsch. Es gibt aber auch andere Interpretationen. Die Germanenstämme, resp. das Völkergemisch nördlich der Donau war keineswegs besiegt, sondern der innere Druck in Germanien liess im Verlauf des 2./3. Jahrhunderts offenbar vorübergehend etwas nach. So reduzierte sich auch die Notwendigkeit für die Raids nach Süden. Ist aber nur eine Theorie.

  • Zitat

    Du gehst eher nach der Schulbuchansicht (Sieg und komplette Beruhigung der Situation).

    Tue ich das wirklich. :Huh: Vielleicht sollte ich diesen Satz umformen:

    Zitat

    Es dauerte zwar, die Grenze komplett wieder zu stabilisieren, aber letztendlich siegte Marc Aurel kurz vor seinem Tod.

    In "Es dauerte zwar, die Grenze wieder zu stabilisieren, aber letztendlich schaffte es Marc Aurel kurz vor seinem Tod."


    -----------------------------------------
    EDIT: Ich merke ja gerade (weil in Filusis Threads "Leider noch keine" Verlinkungen zu historischen Threads stehen), der Thread existiert noch und für das letzte (umfangreichere) Kapitel kommen wir ja jetzt in die Zeit Attilas. Ich nehme mal an, es besteht allgemeines Interesse daran. Also könnte ich demnächst mal den Thread abrunden bzw. evtl. auch Vorheriges überarbeiten.


    Dabei werde ich mich vorrangig auf eine Quelle stützen, von daher: Wenn Dissenz herrscht, kann dann ja gern Kritik geübt werden. ^^

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  • So, ich habe erst mal ein paar Überschriften geschrieben, um die Sache zu gliedern. Ich lese auch lieber nochmal nach, bevor ich nur aus dem Gedächtnis schreibe. Aber heute oder im Laufe der nächsten Woche könnten die ersten zwei Unterkapitel zu Pushing Huns kommen.


    EDIT: Ich bin mir zwar nicht sicher, wo ich jetzt die weiteren Bewegungen der späteren Westgoten hinpflanzen soll, aber ich denke, mit dem ersten Teil wäre ich für's erste überblicksartig fertig.


    EDIT2: Habe heute den ersten Teil des zweiten Unterkapitels von Pushing Huns geschrieben. Feedback ist natürlich gern gesehen.


    Und soll ich im Hinblick auf die Fraktions-Threads vielleicht auf irgend eine Weise markieren oder hervorheben, in welchen Abschnitten, es um welche spielbaren Völker geht?

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  • Im Prinzip ja...mir schwebte da noch was anderes im Kopf, was ich selbst etwas für überflüssig halte. :D Ist sowieso besser, wenn man das ganze im Zusammenhang ließt, als nur die Passage von der Fraktion, über die man was erfahren möchte.


    EDIT: Das Zeug zu den Vandalen, Alanen und Sueben kommt dann frühestens Donnerstag.


    EDIT2: So, das zweite Unterkapitel ist erst einmal fertig. Die Burgunder ergänze ich vllt. gegen Ende nochmal. Der nächste Teil wird ein bisschen auf sich warten lassen.


    Aber im Bezug auf die Zeit von TW:Attila sind das erstmal die wichtigsten Sachen. Franken und Sachsen (und evtl. "Ostgoten") fehlen da natürlich noch, aber vom historischen Zeitraum, in denen die Hunnen noch nicht ihre Macht an der Donau errichtet hatten.


    Lasst mich Kritik und Lob wissen. ^^

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  • :thank you:

    Zitat

    kann aber schonmal grundsätzlich den Stil loben

    :thank you: :thank you:


    Mordred: Nein, ich hab da jetzt keine Quelle parat und höre ehrlich gesagt zum ersten Mal von den Marser, bzw. nehme es das erste Mal richtig wahr.


    -------------------------------------------------------
    EDIT: So das Kapitel im Zusammenhang mit den Hunnen ist nun fertig.


    -------------------------------------------------------
    EDIT2: Die Angelsachsen sind nun auch beschrieben. Ich hoffe euch gefällt's weiterhin. Ein paar Bemerkungen wären jedenfalls nicht schlecht. ^^


    Franken folgen (hoffentlich) in Kürze.

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  • Ich freue mich schon auf meine erste Kampagne. Da wird nie ein Sachse britischen Boden betreten. Ein Bündnis mit den Jüten und Friesen könnte als Franke von Vorteil sein. Aber mal sehen ob ich nach der Unterwerfung der Sachsen zuerst versuche den Römern (ganz!) Gallien abzunehmen oder gleich meine franko-britischen Inseln besiedeln werde...vielleicht auch beides gleichzeitig. Häppchenweise vielleicht? :grübel:

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