[spoil=9. Irgendwo geht´s hier auch um Orks]
Kislev, Bokhapalast IK, 2525
Christine tauchte unter der stumpfen Klinge weg und sprang ein paar Schritte zurück um dem Folgeangriff auch noch zu entgehen. Einem weiteren schlecht gezieltem Schlag wich sie seitlich aus und verpasste der Prinzessin reflexartig einen schnellen Schlag in den Bauch. Katarina taumelte benommen zurück, so fest hatte sie nun auch wieder nicht zugeschlagen, dachte Christine verwirrt. Die Bokha war erstaunlich schwach, in Katarinas Schlägen lag keinerlei Kraft, selbst wenn sie damit jemals treffen würde, würde man es wohl kaum spüren. Vielleicht übertrieb Christine es auch etwas mit ihren Gegenangriffen, aber es machte ihr ganz einfach Spaß endlich wieder einen Übungskampf zu bestreiten. Seit dem Fall ihres Klosters war sie nicht mehr dazu gekommen. Erneut versuchte Katarina wild auf sie einzuschlagen. Christine machte sich diesmal gar nicht erst die Mühe auszuweichen, sondern umschloss mit ihrer linken Hand die stumpfe Schneide und riss sie der überraschten Kislevitin einfach aus der Hand. Ohne nachzudenken schlug sie mit aller Kraft nach ihrer Kontrahentin. Das Schwertheft krachte Katarina ins Gesicht. Die Prinzessin wurde von den Füßen gerissen und landete auf dem Rücken, während sie sich die Hände vors Gesicht hielt. Christine sprang von Katarina weg, ließ sofort die Waffe fallen und sah entgeistert zu wie Katarina sich langsam aufsetzte, den Kopf nach vorne gebeugt. Blut quoll zwischen ihren Fingern hindurch. Katarina hatte die ganze Zeit über keinen einzigen Laut oder Schmerzensschrei von sich gegeben. Eigentlich hätte Christine erwartet dass die Prinzessin in Tränen ausbrach oder wenigstens irgendein Anzeichen von Schmerz von sich gab, vor allem nachdem sie sich während des Kampfes so erbärmlich geschlagen hatte.
„Es-es tut mir leid.“ erschrocken ging sie auf Christine zu und reichte ihr die Hand um ihr aufzuhelfen „Das wollte ich nicht, es liegt an meiner Ausbildung. Wenn ich kämpfe denke ich nicht groß nach, sondern handle instinktiv...“ sie verstummte, als Katarina den Kopf anhob und sie mit vor Hass verzerrter Miene anstarrte. Ihre Augen begannen in einem hellen blauen Licht zu erstrahlen und der Schnee am Rand des Kampfplatzes begann langsam über den Boden zu kriechen, direkt auf Christine zu. Doch davon bekam sie nichts mit, das Leuchten wurde so grell dass die junge Adlige den Blick abwenden und die Augen schließen musste. Als das blaue Licht verblasste, öffnete sie sie blinzelnd wieder und konnte ihre Umgebung kaum wiedererkennen. Stattdessen stand sie inmitten eines ausgewachsenen Schneesturms, nur direkt um sie herum herrschte Ruhe. Schwach gelang es ihr zwischen dem dichten Schneegestöber Katarina erkennen, der magische Sturm schien sich voll und ganz auf die Imperiale zu fokussieren. Christine ignorierte den eiskalten, schneidenden Wind der ihr entgegenschlug und streckte die Hand aus um die magische Barriere aus Wind und Schnee zu durchbrechen. Als Priesterin Sigmars fürchtete sie sich nicht vor Magie. Doch zu ihrer Überraschung verschwand der Schnee nicht, stattdessen stürzte er sich gierig auf sie zu und fraß sich in ihre Fingerkuppen. Die eigentlich so harmlosen Schneeflocken verwandelten sich durch die Macht der Eishexe in tödliche Waffen. Christine schreckte zurück und berührte mit dem Rücken das andere Ende ihres magischen Gefängnisses. Sofort stolperte sie nach vorne, als sie den heißen Schmerz an ihrer Schulter spürte. Verwirrt darüber dass die Winde der Magie sich nicht einfach auflösten stand sie verloren inmitten des brausenden Sturms. Bevor sie einen Weg zur Flucht finden konnte, bewegten sich die Sturmwände auf sie zu. Schützend hielt sie sich die Arme vors Gesicht, während Schnee und Eis wütend an ihrem Kleid rissen. Mit einem schmerzvollem Aufschrei warf sie sich zu Boden, als winzige Eiskristalle begannen sich in die ungeschützten Stellen ihres Körpers zu bohren. So plötzlich wie der Sturm aufgetaucht war verschwand er auch wieder und als sie blinzelnd die Augen öffnete sah sie das besorgte Gesicht des Zwerges über sich.
„Es tut mir leid, ich hätte nicht gedacht dass sie so weit geht. Ich weiß nicht was sie getan hätte wenn ihr alleine gewesen wärt.“ erklang Hadrins Stimme seltsam kleinlaut neben ihr, während er ihr half zitternd aufzustehen. Ihre Hände und Arme waren blutverschmiert und das schwarz-weiße Kleid an vielen Stellen eingerissen. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie noch wie Katarina an ihnen vorbeirauschte und dann war sie auch schon verschwunden. Christine unterdrückte ihr Schluchzen und presste die Hände fest gegen ihren Körper. Hadrins Hand legte sich auf ihren Arm und er führte sie zurück in den Palast „Komm mit, wir kümmern uns um deine Hände.“
…
Schlaf. Dieses eine Wort beherrschte schon seit einer ganzen Weile Christines Gedanken und verdrängte alles andere. Was würde sie nur dafür geben endlich einmal wieder eine Nacht durchschlafen zu können, sie würde töten dafür! Naja, vielleicht würde sie nicht ganz so weit gehen, aber noch ein paar solcher Nächte und sie würde zumindest ernsthaft darüber nachdenken. Erschöpft lehnte sie an der glatten Eiswand des Palastes in einem ausgestorbenen Gang. Die Zauber in Katarinas Gemächern wurden von der Prinzessin nach ihrer Niederlage erneuert und es war angenehm warm, aber das änderte nichts daran dass sie die ganze Nacht wach lag. Immerhin würde Katarina morgen gemeinsam mit den Zwergen abreisen, dann könnte sie wieder ruhig schlafen. Die Prinzessin hasste sie, zwar hatten die kislevitischen Magier sie beide wieder zusammengeflickt, aber Christine hatte die hasserfüllten Blicke gesehen die Katarina ihr zuwarf und ging ihr seitdem so gut es ging aus dem Weg. Sie mochte anscheinend ohnehin keine Imperialen und diese kleine Aktion war nicht gerade hilfreich gewesen. Theoretisch war es ihr egal was diese arrogante Person von ihr dachte, allerdings hatte sie in ihrem Leben noch nie so viel Angst gehabt. Sie war eine Priesterin Sigmars! Die Winde der Magie sollten ihr nichts anhaben können und trotzdem hätte Katarina sie mit ihrer Magie ohne Probleme töten können. Christine traute der Prinzessin durchaus zu sich noch für die Niederlage zu rächen und alleine der Gedanke daran raubte ihr den Schlaf. Diese leuchtenden Augen verfolgten sie selbst noch im Schlaf und erinnerten sie daran dass im Zimmer neben ihr jemand lag, der sie mit einer einzigen Handbewegung töten könnte. Als die das letzte Mal geschlafen hatte, war Katarina im Traum lautlos neben ihr Bett getreten. Die Prinzessin hatte sie einfach nur kurz berührt und schon begann sich Eis auszubreiten. Tödliches, gieriges Eis dass sich selbst bis in ihr Innerstes fraß und sie in eine Skulptur aus reinem Eis verwandelte. Bis dann am nächsten Morgen dann nichts weiter übrigblieb als eine Wasserlache, vielleicht nicht einmal mehr das. Wenn sie plötzlich verschwand würde niemand die Bokha verdächtigen, eher würde man annehmen dass sie davongerannt wäre.
Sie hatte versucht mit dem Botschafter über eine Unterkunft in einem anderen Teil des Palastes zu sprechen, aber er war immer zu beschäftigt, abgesehen davon gehörte er zu Katarinas größten Verehrern. Katarina war die meiste Zeit über gut daran eine freundliche Fassade aufrecht zu erhalten, allerdings nur gegenüber Leuten die sie brauchte. Innerhalb von ein paar Tagen hatte sie fast Neunhundert Mann um sich versammelt, allesamt Fanatiker aus Ursunkulten und dem niederen Gospodariadel. Sie alle waren dem Ruhm der Bokha gefolgt und sie fragte sich wie die erfahrenen Krieger wohl auf Katarinas Schwertstil reagieren würden. Die armen Narren waren nicht gerade zu beneiden, Katarina machte auf sie bisher keinen sehr fähigen Eindruck. Andererseits war sie vielleicht eine bessere Feldherrin als Kriegerin und hinter ihrer bisherigen Unfähigkeit versteckte sich ein militärisches Genie. Christine musste gegen ihren Willen lächeln über diesen lächerlichen Gedanken. Trotzdem, sie besaß Charisma, das konnte selbst die junge Imperiale nicht leugnen. Nach allem was sie wusste befand Katarina sich erst seit einigen Monaten wieder in Kislev und war seitdem fast nur unterwegs gewesen, trotzdem konnte sie sich vor Verehrern kaum retten. Die Bojaren überschlugen sich um ihr Hilfe anzubieten. Alleine der neue Bojar von Vitebsk hatte Dreihundert seiner Speerträger unter ihr Kommando gestellt und zwar im Tausch für ein kurzes Lächeln. Die Männer hier waren allesamt verrückt, mehr fiel ihr dazu nicht ein.
„Einfach nur wieder vernünftig schlafen...schlafen...schlafen...schlafen.*“ müde schloss sie die Augen und versuchte im Stehen einzuschlafen, darin war sie inzwischen richtig gut.
„Seid Ihr aus dem Imperium?“ erschrocken riss Christine die Augen auf und blickte direkt in die leuchtend grüne Augen einer jungen schwarzhaarigen Frau, die vor ihr stand und sie lächelnd ansah „Oh tut mir leid, ich wollte Euch nicht erschrecken. Ich habe Euch nur vor einigen Tagen im Thronsaals gesehen und bin neugierig geworden. Stehen die Farben Eures Kleides für Ostland?“
„Ja.“ antwortete Christine verdutzt und musste kurz nachdenken wo sie diese Frau schon einmal gesehen hatte „Ich erinnere mich, ihr wart bei der Gesandtschaft aus Erengrad. Wie ist Euer Name?“
„Genevieve Dieudonné.“ stellte sie sich mit einem kurzen Knicks vor „Ihr liegt richtig, ich gehöre zu Anastasia Vilkowas Gefolge und wer seid Ihr?“
„Christine von Rauken aus Ostland. Genevieve? Das ist kein kislevitischer Name, ihr seid nicht von hier oder?“ sie musterte die Fremde misstrauisch, sie schien nicht älter zu sein als Katarina, vielleicht sogar ein bisschen jünger „Was ist das für ein Name? Tileanisch?“
„Bretonisch. Ich stamme aus dem Herzogtum Parravon im Grauen Gebirge, direkt an der Grenze zu Reikland. Aber es ist lange her dass ich...“
„Ist das nicht die Heimat der Pegasusritter?“ unterbrach Christine sie aufgeregt.
„Da habt ihr Recht, die Pegasi leben im Grauen Gebirge und meine Heimat ist dafür zuständig die Ritter des Königs mit diesen Reittieren zu versorgen. Der Handel mit den prächtigen fliegenden Pferden hat Parravon reich gemacht, ein einziger Pegasi ist ein kleines Vermögen wert. Mein Vater war ein kleiner Landadliger in der Nähe der Berge, wir haben sie oft über unsere Köpfe hinwegfliegen sehen.“
„Hattet ihr auch selber Pegasi?“ verlegen wich sie dem Blick der Bretonin aus, es war unhöflich jemanden so sehr mit Fragen zu löchern „V-verzeihung, ich wollte Euch nicht unterbrechen.“
„Eine Weile, mein Vater versuchte einmal welche zu züchten. Er warf sein ganzes Vermögen für zwei Pegasi aus dem Fenster, nur um dann festzustellen dass man die fliegenden Pferde nicht züchten kann. Pegasifohlen lernen nur fliegen wenn sie auch einen Grund dazu haben, zum Beispiel einen hungrigen Berglöwen oder übellaunigen Mantikor. Auf einer sicheren Weide dagegen gibt es nun mal keinerlei Grund etwas anderes zu tun als Gras zu fressen.“
„Wie seid Ihr vom anderen Ende des Kontinents bis hierher gekommen? Verzeiht wenn ich so viele Fragen stelle, es ist nur so dass ich im Moment vor Langeweile sterben könnte.“
„Bretonien kann auf Dauer sehr eintönig sein, also habe ich das Gut meines Vaters so früh wie möglich verlassen. Eine Zeit lang habe ich in Altdorf gelebt, aber das Leben unter Imperialen ist nichts für mich. Sie sind immer so furchtbar ernst, übellaunig und ohne jeglichen Sinn für Humor. Für die meisten zählen nur Krieg, Imperator, Sigmar und Reich. Auf Dauer sind sie mit dieser Einstellung sehr schwer zu ertragen.“
„Was ist daran falsch?“ sie würde alles dafür geben um aus diesem Palast heraus und aufs nächste Schlachtfeld der imperialen Armee zu gelangen.
Genevieve lächelte freundlich und ersparte sich eine Antwort, indem sie einfach das Thema wechselte „Eben habt Ihr etwas vor Euch hingemurmelt. Falls ich fragen darf, was bereitet Euch eigentlich schlaflose Nächte?“
„Nichts besonderes. Es sind nur Alpträume über...über Vampire.“ log Christine, sie konnte schlecht behaupten dass sie sich vor der hübschen Prinzessin fürchtete „Ich habe Angst dass sie mich im Schlaf aussaugen. Vor einiger Zeit hatte ich eine unangenehme Begegnung mit einem von Carstein, seitdem jagen sie mich selbst in meinen Träumen.“
„Vampire? Ich wusste gar nicht dass man in einem Palast voller Wachen an jeder Ecke auf Untote treffen kann.“
„Ich bin erst seit kurzem hier. Aufgewachsen bin ich in direkter Nachbarschaft zu Sylvania, ich habe in meinem Leben schon genug Vampiren gegenübergestanden um zu wissen wie gefährlich sie sind und wie man sie am besten bekämpft.“ behauptete Christine und schämte sich gleichzeitig für diese lächerliche Angeberei. Sie wusste nicht warum, aber sie wollte die Bretonin wenigstens ein bisschen beeindrucken. Es musste an diesem Blick liegen der sie schon nach kurzer Zeit in eine Art Bann gezogen hatte. Immer wieder sah sie ihr in die grünen Augen, als wäre das seltsame Leuchten darin eine Art Droge die sie zum überleben brauchte, und es fiel Christine jedesmal schwerer den Blick wieder loszureißen.
„Tatsächlich? Dann frage ich mich warum Ihr, als gestandene Vampirjägerin, Angst vor jenen Wesen habt die ?“
„Das...also...ich.“ Christine brach ab und versuchte ihre Gedanken zu sammeln, was ihr unter dem Blick dieser durchdringenden Augen nicht leicht fiel.
„Ich habe etwas, dass Euch vielleicht helfen kann wieder besser zu schlafen.“ fuhr Genevieve fort, bevor sie sich eine passende Antwort überlegen konnte und drückte ihr etwas in die Hand. Es war eine lose verbundene Ansammlung aus bunten Federn und mit winzigen Runen verzierten Knochen „Dieser Talisman stammt aus der Neuen Welt.“ kommentierte sie Christines verwirrte Blicke mit einem belustigten Lächeln „Die Stämme der Echsenmenschen nutzen solche Dinge um böse Träume zu verjagen. Zumindest wurde mir das von einem Matrosen aus Salzenmünde erzählt, als er ihn mir schenkte. Vielleicht wollte er mich auch nur beeindrucken und dieser kleine Talisman ist in Wahrheit aus irgendeinem Hinterwäldlerdorf in Talabecland.“
„Selbst wenn es echt ist, Magie wirkt nicht bei mir.“ zumindest sollte sie das nicht, schränkte Christine sofort ein.
„Die Magie der Neuen Welt ist nicht mit unserer zu vergleichen. In den Urwäldern der Echsenmenschen gibt es ältere und stärkere Mächte als die Winde des Chaos. Selbst wenn es nicht wirkt, mir jedenfalls hat dieser kleine Talisman bisher immer Glück gebracht, behaltet ihn.“ ohne ein weiteres Wort drehte die Bretonin sich um und verschwand so plötzlich wie sie aufgetaucht war.
Imperium, Altdorf, IK 2521, März
Katarina warf die schwere Holztür auf und betrat einen geräumigen, oder eher geradezu riesigen, Raum mit Steinwänden und einer einfachen Holzdecke. Der Bewohner hatte schon seit langem alles außer die Außenwände in diesem Haus einreißen lassen und so einen einzigen Raum geschaffen in dem er arbeitete, schlief und lebte. So konnte auch nur ein Zwerg wohnen, dachte das Mädchen grinsend. Schwach leuchtende Steine waren in die Wände eingelassen und tauchten den Raum in ein ein schwaches, goldenes Licht, das nicht einmal ausreichte um bis zum anderen Ende sehen zu können.
„Hallo!? Schon jemand wach!?“ rief sie, während ihre Augen noch versuchten sich an das schummrige Licht der Werkstatt zu gewöhnen.
„Schrei hier nicht so rum...“ murrte ein verschlafen dreinblickender Zwerg, den sie bis eben vollkommen übersehen hatte „Was soll dieser Krach am frühen Morgen?“
„Es ist mitten am Tag, sei froh dass ich dich geweckt habe, sonst hättest du wieder bis nach Sonnenuntergang geschlafen, Meister Skorri.“ erwiderte sie tadelnd, der Goldschmied liebte es die Nacht hindurch zu arbeiten und dafür den ganzen Tag auf der faulen Haut zu liegen.
„Hätte nichts dagegen gehabt.“ knurrte er, auch wenn die Anrede als Meister ihn wieder etwas besänftigte. Eilig machte er sich daran von irgendwoher ein Stück trockenes Brot und einen Holzteller rauszukramen und achtlos auf den Tisch in der Mitte des Raumes zu werfen „Setz dich, du kannst mir beim Frühstücken zusehen wenn du unbedingt willst.“
„Welch eine Ehre.“ sie ließ sich gegenüber dem Zwerg nieder und sah ihm unruhig zu, unfähig dabei auch nur eine Sekunde lang stillzusitzen. Sie war einfach zu aufgeregt und würde sich nicht mehr lange gedulden können.
„Na gut meinetwegen, dann schieß mal los.“ erlöste er sie lächelnd, als er sah wie das Mädchen mit den langen flammend roten Haaren, vor lauter Ungeduld kaum noch an sich halten konnte.
„Ich habe einen Plan.“ begann sie verschwörerisch und mit leiser Stimme, ein Tonfall den Skorri nur allzu gut kannte und fürchtete.
„Oh bitte nicht, es ist zu früh für diesen Unsinn.“ stöhnt er genervt auf.
„Meine Pläne sind fantastisch.“ begehrte sie beleidigt auf.
„Ja, sie sind wundervoll ausgearbeitet und bis ins kleinste Detail geplant.“ erwiderte Skorri zynisch. Sie kannten sich jetzt seit ungefähr acht Monaten, seit die kislevitische Prinzessin nach Altdorf gekommen war. Damals war gerade Hochsommer gewesen und die Kislevitin hatte die Julihitze nicht gut verkraftet, um es noch harmlos auszudrücken. Beim Durchstreifen der Stadt war die junge Bokha mitten auf dem südlichen Markt einfach zusammengebrochen. Dort lag sie in der gleißenden Mittagssonne, bis ein gewisser zwergischer Goldschmied sich ihrer erbarmte und sie zu sich nach Hause brachte. Seitdem besuchte sie ihn mehrmals pro Woche, und auch wenn sie vermutlich nur der Akademie entkommen wollte, hatte er sich im Laufe der Zeit an ihre Anwesenheit gewöhnt und sogar angefangen ihr die Zwergensprache beizubringen. Sie war eine gute Schülerin und mit ihrer energiegeladene, wissbegierige Art sog sie alles was er sagte auf wie ein Schwamm. Katarina steckte ihn mit ihrem Tatendrang immer wieder an und mehr als einmal war sie mit, angeblich genialen, Plänen gekommen um aus Altdorf zu verschwinden. Da sie noch immer vor ihm saß konnte man zu Recht behaupten, dass keiner ihrer Pläne bisher erfolgreich gewesen war. „Na schön, wenn du dich nicht davon abbringen lässt, dann erläutere mir halt deinen genialen neuen Plan.“
„Die Fenstersteuer.“ sagte Katarina, als wäre damit alles gesagt und vollkommen klar.
„Und weiter?“ das letzte was er kurz nach dem Aufstehen brauchte war Rätselraten zu spielen.
„Hast du es noch nicht mitbekommen? Die ganze Stadt spricht davon! Verlässt du deine Werkstatt eigentlich gar nicht mehr?“
„Nur wenn ich unbedingt muss.“
„Vor zwei Wochen wurde eine neue Steuer erlassen und zwar auf Fenster. Ist es nicht immer wieder fantastisch auf was für dumme Ideen Imperiale kommen? Die Summe die man zahlen muss, richtet sich nach der Anzahl der Fenster im Haus des jeweiligen Bürgers.“
„Ich weiß, bei mir waren diese Halsabschneider auch. Deswegen weiß ich noch lange nicht was genau du von mir willst.“
„Ich habe gehört dass, Moment...“ verdutzt hielt Katarina inne und sah sich langsam in dem Raum um, die Wände waren zugestellt mit Werkbänken, Regalen und Schränken, aber etwas dass auch nur ansatzweise nach einem Fenster aussah konnte sie beim besten Willen nicht ausmachen. Noch nie hatte sie gesehen dass ein einziger Sonnenstrahl in dieses Haus fiel, deswegen gefiel es ihr bei dem Zwerg auch so gut „hier gibt es wirklich Fenster?“
„Natürlich, ich hatte nur vergessen wo genau. War ein Scheiß Aufwand sie wiederzufinden, aber das hat natürlich niemanden gekümmert. Als die Steuer in Kraft trat kamen die Steuereintreiber auch zu mir und haben solange Schränke verschoben bis sie alle Fenster gefunden hatten und zufrieden waren. Es gab früher schon sinnlose Steuern, aber das hier setzt dem ganzen die Krone auf. Dazu kommt dass die imperiale Armee...“
„Ja ja, das ist alles unwichtig.“ unterbrach sie ihn, noch immer kurz davor vor Aufregung zu platzen „Wichtig ist nur dass die Stimmung in der Stadt grandios schlecht ist. Die unfaire Steuer wurde ohne Wissen des Imperators erlassen und die Menschen wissen das. Es gibt immer mehr Redner in den Tavernen und auf den Märkten die die Menge anstacheln, es wird nicht mehr lange dauern bis die ganze Stadt explodiert. Vor allem einer der Redner soll die ärmeren Teile der Bevölkerung mehr und mehr anheizen. Ähm warte kurz, sein Name war...verdammt ich bin schlecht darin mir Namen zu merken.“ während sie angestrengt überlegte, ließ ihre Aufregung etwas nach und ihre Haare wechselten zu einem tiefen, dunklen Braun „Ah ich habs, Felix Jaegar, oder so.“
„Nie von ihm gehört.“
„Irgendein gescheiterter Dichter, ist auch unwichtig für meinen Plan. Wichtig dagegen, ist dass die Magier an der Akademie sich ebenfalls in die Haare kriegen. Einige der jüngeren Magier wollen ebenfalls gegen die ständige Willkürlichkeit der Minister vorgehen und unterstützen einen Aufstand in Abwesenheit des Imperators sogar offen, andere sind dagegen sich in die Angelegenheiten des Pöbels einzumischen. Bereits in diesem Augenblick kann man die wütenden Schreie der Magier durch die ganze Akademie schallen hören während sie sich anbrüllen Und genau deswegen ist dieser Aufstand so wichtig! Die Magier werden anfangen sich zu bekämpfen sobald es losgeht. Sie werden sich von ihren Türmen aus gegenseitig mit mehr oder weniger harmlosen Zaubern bewerfen, ein paar Dinge anzünden und aufhören bevor jemand wirklich ernsthaft verletzt wird. Damit sind sie für einige Zeit vollkommen außer Gefecht gesetzt und nicht mehr in der Lage sich um andere Dinge kümmern. Bis der Erzmagier des Himmelsturms auf die Idee kommt meine Zauber und damit meinen Aufenthaltsort zu kontrollieren, werde ich mindestens drei Tage Vorsprung haben, vielleicht sogar fünf. Mit etwas Glück bin ich dann schon weit genug weg und kann wieder auf meine eigene Magie zurückgreifen um diese lästigen Zauber zu entfernen. Ab da ist es unmöglich mich noch zu finde. Egal wie viele Magier sie nach mir suchen lassen, ich werde einfach spurlos verschwunden sein.“
„Ah, natürlich, dass ich da nicht von alleine drauf gekommen bin.“
„Du hast es verstanden?“ fragte sie freudestrahlend, normalerweise hörte er nicht einmal zu sobald sie anfing über Magie zu sprechen.
„Kein einziges Wort. Aber der Aufstand wird sowieso nur sehr kurz sein, die Reichsgarde ist dafür zuständig die Aufmüpfigen unter Kontrolle zu halten und der wütende Pöbel mag ja recht laut und beeindruckend wirken, aber gegen die Ritter des Imperators haben sie keine Chance.“
„Du vergisst dass der Imperator nicht hier ist und damit auch ein Großteil der Reichsgarde fehlt. Die paar Ritter werden vermutlich den Palast bewachen und sich nicht einmischen, sondern die vollkommen überforderte Stadtwache alleine lassen. Und selbst wenn die Garde sich einmischt, sie sind zu wenige um den Aufstand schnell genug niederzuschlagen.“
„Kennst du überhaupt den Weg nach Kislev?“ jetzt lag es also an ihm ihr dieses Selbstmordkommando irgendwie auszureden, die Prinzessin würde in der Wildnis doch niemals alleine überleben.
„Ich gehe einfach immer weiter in die Richtung in der die Sonne untergeht und dann...“
„Dann landest du irgendwo in Bretonien. Die Sonne geht im Westen unter und im Osten auf. Ich bezweifle dass du weit kommst wenn du nicht einmal das weißt.“
„Jetzt weiß ich es ja. Siehst du? Schon hast du mir geholfen, dann kannst du mir sicher auch bei einer anderen Kleinigkeit behilflich sein.“ Katarina strahlte ihn an, wenn sie sich einmal auf einen Plan eingeschossen hatte ließ sie sich in der Regel nicht mehr davon abbringen „Wie schon gesagt, je weiter ich nach Osten komme, desto mehr von meiner Macht wird zurückkehren und dann...“
„Mhm, ich dachte immer du bist nur in der Lage ein paar Kunststückchen mit Eis aufzuführen. Kannst du deine Magie denn auch essen? Bisher würde ich sagen dass du dich irgendwo auf halber Strecke verirrst und elendig in irgendeinem Wald voller Tiermenschen verhungerst.“
„Ich bin eine Eishexe aus der Linie der roten Bokha, eine direkte Nachfahrin von Miska der ersten Zarin Kislevs und Königin der Gospodari, welche in der Schlacht von...“
„Also planst du wirklich zu verhungern.“ schloss Skorri aus ihrer Antwort.
„Unterbrich mich nicht andauernd!“ rief sie, hauptsächlich um nicht zuzugeben dass er einen wunden Punkt in ihrem Plan getroffen hatte.
„Verzeihung.“ nach einer Weile fügte er noch ein belustigtes „Eure Hoheit“ hinzu.
„Um die Wahrheit zu sagen bin ich genau deswegen hier, ich dachte du könntest mir etwas Geld leihen um unterwegs Vorräte zu kaufen.“
„Ach? Und ich dachte du bist hier damit ich dir diesen Schwachsinn ausrede.“
„Das kannst du gerne versuchen, aber am besten sparst du dir den Atem.“ erwiderte sie mit inbrünstiger Überzeugung in der Stimme.
„Und was dann?“
„Was meinst du mit ´und dann`?“
„Willst du einfach in den Palast marschieren und laut rufen ´Heyho! Ich bin wieder da! Huhu!`? Dann sehen wir uns früh genug wieder, sie werden dich nämlich einfach zurückschicken.“
„Ich habe nicht vor mich wieder in das Imperium verbannen zu lassen. Mit Altdorf und dem ganzen Süden bin ich für den Rest meines Lebens fertig.“
„Wo willst du dann hin? Ich bezweifle dass sie bei deiner Ankunft in Jubelrufe ausbrechen, ein Fest feiern und dich zur Zarin krönen.“
„Zarin?“
Die Vorstellung davon auf dem Thron ihres Vaters zu sitzen reizte sie nicht im geringsten, sollte Ivan sich mit diesem Unsinn herumschlagen, wenn es nur darum ging den Thron aufzugeben war es kein Problem für sie „Nein, nein das ist dass letzte was ich will. Ich möchte einfach nur wieder zurück nach Hause, ich möchte wieder eins werden mit meiner Magie und dann endlich wieder frei atmen, während die Wälder und Steppen meiner Heimat mich umgeben. Falls nötig kann mir der Bokhapalast gestohlen bleiben, es gibt noch andere Städte im Norden als Kislev. Vielleicht bleibe ich auch eine Weile Nahe der Grenze in Ostland oder der Ostmark.“
„Findest du nicht dass du langsam etwas übertreibst, Katarina? So schlimm ist es in Altdorf nicht und dir geht es in der Akademie immerhin besser als dem Großteil der restlichen Einwohner.“
Katarina setzte zu einer Antwort an, doch stattdessen sah sie ihn einfach nur durchdringend an. Ihr Haar veränderte wieder seine Farbe und wurde diesmal zu einem durchscheinenden, hellen Weiß. Fast durchsichtig fiel es ihr kraftlos ins müde, abgekämpfte Gesicht. Er hatte sich schon so sehr an ihre Anwesenheit gewöhnt, dass er die Veränderung der letzten Monate kaum bemerkt hatte. Wenn sie hier oder in der Öffentlichkeit war gab sie sich immer große Mühe keinerlei Schwäche zu zeigen. Katarinas Zunge fuhr kurz über ihre aufgerissenen, spröden Lippen. „Ich...ich weiß das selber, aber ich weiß nicht was sie an der Akademie mit mir anstellen. Sie weben immer mehr Zauber um den Turm in dem mein Zimmer liegt. Anfangs war es nur um zu verhindern dass ich trotz der Entfernung zu meiner Heimat ein bisschen Magie wirken kann aber jetzt...jetzt fühlt es sich so an als wollten sie mich bei lebendigem Leibe verbrennen. Jeder Atemzug in diesem Turm ist eine einzige Qual. Es ist als würde ich heiße, glühende Asche anstatt Luft einatmen, die sich durch meinen Körper brennt und ihn von Innen heraus zerfrisst. Selbst hier spüre ich die ganzen Zauber auf mir lasten, wie sie mich niederdrücken und versuchen den wichtigsten Teil meiner Seele zu vernichten. Vielleicht überstehe ich diesen Sommer wirklich besser als den letzten, aber selbst wenn wird es nichts an meiner Situation verbessern, im Gegenteil. Der kislevitische Botschafter hat mir erst vor kurzem freudig verkündet dass er Boten in den Süden geschickt hat. In die Stadtstaaten von Tilea und sogar bis runter nach Arabia. Es gibt Pläne mich noch weiter in den Süden zu schicken, vielleicht sogar an einen der dortigen Fürsten zu verheiraten falls die Magier der Akademie mir meine Magie endgültig nehmen können.“ sie stieß ein kurzes freudloses Lachen aus „Kannst du dir vorstellen wie ich in der Wüste Arabias überlebe? Ich muss zurück in den Norden und wieder den eisigen Wind auf meiner Haut spüren. Bitte.“
Skorri seufzte, so wenig er auch von Katarinas Plan hielt, er konnte den flehenden und hilfesuchenden Blicken nicht lange standhalten „Ich kenne einen Händler in Erengrad. Es ist eine gefährliche Stadt und er kann immer vernünftige Leibwächter gebrauchen, wenn deine magischen Fähigkeiten so groß sind wie du immer behauptest könnte man ihn vielleicht dazu überreden dich anzustellen. Wenn der Aufstand losgeht komm hierher, aber nimm die Westbrücke. Der Weg ist zwar länger, aber ansonsten kommst du durch das Viertel, in dem das Schatzamt steht und dort wird es am heißesten hergehen. Ich begleite dich bis nach Erengrad, alleine gehst du mir nur drauf und ich kann vielleicht ein paar gute Geschäfte mit den Norse machen, auch wenn sie perfekten Schmuck nicht wirklich zu schätzen wissen.“
„Danke.“ war alles was sie rausbrachte, während ihre Haarfarbe sich in ein helles, warmes braun wandelte, eine Träne rann ihr über die Wange und sie musste sich beherrschen damit es nicht noch mehr wurden, sie würde endlich hier wegkommen, plötzlich sprang sie auf und war schon fast an der Tür, bevor sie sich noch einmal zu dem verdutzten Zwerg umdrehte „Tut mir leid! Ich muss noch so viel vorbereiten!“
„Wenn das hier vorbei ist, muss ich erst mal zurück in eine gute alte Zwergenmine, Eisen hauen und mit Orks ringen. Das Leben unter Menschen macht einen ja ganz weich im Kopf.“ murmelte er verlegen vor sich hin, während Katarina bereits verschwunden war.
…
Vollkommen in Gedanken an ihre geplante Flucht und Kislev eilte Katarina über die Ostbrücke zurück in die nördliche Hälfte Altdorfs, dorthin wo die Akademie der Magier stand. Sie war so in ihrem Plan vertieft, dass sie gar nicht merkte wie es um sie herum immer lauter wurde, bis sie plötzlich gegen eine dichte Wand aus Menschen stieß. Erschrocken sah sie sich um. Sie befand sich mitten auf dem großen Platz vor dem Schatzamt, Hunderte Menschen waren hier bereits versammelt und ein zorniges Brummen lag über der Menge. Sie kam sich vor als wäre sie in einem Schwarm Hornissen gefangen. Es war viel zu früh, dachte Katarina entsetzt, niemand hätte damit gerechnet dass die Wut über die imperialen Minister so schnell eskalieren würde. Ihr blieb keine andere Wahl, sie musste zurück zu Skorri und ihn bitten sofort aufzubrechen. Schnell drehte sie sich um und versuchte zu verschwinden, aber immer mehr Menschen waren hinter ihr auf den Platz geströmt und inzwischen befand sie sich inmitten dieser aufgebrachten Wutbürgerschaft. Fürs erste beschränkte sie ihre Bemühungen darauf nicht zerquetscht zu werden und hoffte dass die Stadtwache die Situation mit etwas Feingefühl lösen konnte. Wenn sie allerdings sah wie viele der Imperialen Pistolen, Messer, teilweise sogar kurze Schwerter und alles andere was man irgendwie als Waffe gebrauchen konnte, trugen bezweifelte sie dass sich dieser Mob ohne größeres Blutvergießen auflösen würde. Die Stimmen von zwei Männern schallten kraftvoll über die Menschenmenge hinweg. Katarina versuchte irgendwie eine Lücke zwischen den Köpfen vor ihr zu finden, um wenigstens einen kurzen Blick auf die Streitenden zu erhaschen. Kurz konnte sie einen jungen blonden Mann in geckenhafter Kleidung und einen aufgebrachten Hauptmann der Stadtwache sehen. Einige Dutzend Wachen hatten vor dem Schatzamt, am anderen Ende des Platzes, Aufstellung bezogen und reckten der Menge nervös ihre Hellebarden entgegen.
„Junge, verschwinde. Geh nach Hause bevor es zu spät für dich ist. Der Imperator hat keine Zeit für dieses sinnlose Geschwätz. Er ist im Süden und kämpft gegen die Orks, im Gegensatz zu dir.“
„Und genau das ist unser Problem! Was bringen den Bürgern Altdorfs seine heldenhaften Siege wenn sie in der Zwischenzeit verhungern!? Viel zu lange befindet er sich schon im Feld und überlässt seine angeblich so geliebte Stadt den Händen unfähiger und korrupter Narren! Unter diesen Aufschneidern, die sich Minister schimpfen, ist Altdorf dabei zu verarmen und zu verkommen! Sie entscheiden vollkommen willkürlich und pressen dem einfachen Bürger mehr und mehr seines hart erarbeiteten Geldes ab. Wenn das Reich so dringend Geld benötigt, wo sind dann die höheren Steuern für die Adeligen frage ich mich?“
Der Lärm der Menge nahm weiter zu während er sprach. Katarina fand dass er jetzt nicht unbedingt der größte Redner aller Zeiten war, aber um den ohnehin bereits aufgebrachten und kurz vor der Explosion stehenden Pöbel auf seine Seite zu ziehen musste man auch kein neuer Messias sein. Der Beschreibung nach passte er zu diesem Felix Jaegar, über den sie schon so viel gehört hatte. Aber anscheinend war es Zeitverschwendung gewesen sich seinen Namen zu merken, wenn er so weitermachte würde er diesen Tag nicht überleben.
„Was willst du überhaupt du Hanswurst? Soll der Imperator jetzt Münzen zählen oder deinen nutzlosen kleinen Arsch vor den Orks verteidigen?“ Bevor der junge Mann antworten konnte, ging von Westen her ein furchtsames Raunen durch die Menge und Katarina wurde, genau wie alle anderen, in die entgegengesetzte Richtung davongeschoben. Der Mob verstummte und man hörte jetzt deutlich das Donnern von dutzenden Hufen auf den Pflastersteinen „Viel Glück Kleiner, ihr seid alle so gut wie tot.“ der Hauptmann verstummte und zog die Reihen seiner Männer dichter zusammen. Die klügeren Bürger in den hinteren Rängen verzogen sich so schnell sie konnten durch die Seitenstraßen, doch wer sich weiter auf dem Platz befand war in der drängelnden Masse gefangen. Bevor die Menge auch nur irgendeine Gelegenheit dazu hatte sich aufzulösen, stürmten schwer gepanzerte Reiter aus einer der breiten Straßen auf den Platz. Auf den Roßharnischen prangte das eiserne Kreuz des Imperators und über ihnen wehte der grinsende Totenschädel der Reichsgarde. Ohne langsamer zu werden krachten die Ritter mit ihren gepanzerten Streitrössern in die panische Menschenmenge und pflügten sich durch die Aufständischen.
Weltenrandgebirge, nahe der Zwergenfeste Karak Kadrin, IK 2525
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[/spoil]„Sie kommen!“ Katarina öffnete die Augen und sah wie eine kleine Gruppe von Reitern sich unter ihre Husaren mischte, derjenige der sie angesprochen hatte reihte sich direkt neben ihr ein „2000 Orks, darunter einiges an Schwarzorks und sogar Reiter. Ich hoffe unsere kleinen Freunde sind so standhaft wie sie gerne behaupten.“
„Sie werden schon zurechtkommen.“ um die Zwerge machte sie sich keine Sorgen. Die Fünfhundert Zwergenkrieger aus Norsca hatten sich unter Hadrins Führung im Zentrum der kleinen Streitmacht aufgestellt. Sie wirkten deutlich grimmiger und finsterer als die Zwerge aus den südlichen Reichen in ihren leuchtenden Plattenpanzern und goldenen Rüstungen.
[spoil]
[/spoil]„Seltsam, dass die Festung so weit vom Pass entfernt liegt.“ murmelte der schnauzbärtige Reiter neben ihr unruhig, während sie auf die Ankunft der Orks warteten. Karak Kadrin selber lag in den Bergen nördlich des Passes.
„Die Festung befindet sich nicht direkt im Pass, weil die Slayer ihre Feinde lieber im offenen Kampf stellen, also haben sie ihre Festung irgendwo in die Berge nahe des Passes gebaut. Sobald eine Orkhorde den Pass betritt, strömen die Slayer aus ihrer Festung und halten sie ohne die Hilfe von Mauern oder Türmen auf. Früher gab es auch eine Zwergenfeste direkt im Pass, aber sie wurde schon vor langer Zeit von Dämonen geschliffen und die Zwerge waren zu beschäftigt um sie wieder aufzubauen.“
„Ihr wisst viel über das Bergvolk.“
„Das kommt davon wenn man zu viel Zeit mit ihnen verbringen muss.“ Jegor gehörte zu den Söhnen Ursuns, einer Bruderschaft aus den größten Kriegern Kislevs, die sich voll und ganz dem Bärengott verschrieben hatten. Sie waren Fanatiker und sahen auf die anderen Völker und Götter Kislevs herab. Ihre Arroganz kannte keine Grenzen, allerdings galt dass auch für ihren außergewöhnlichen Mut und ihr kämpferisches Talent. Alle hatten sie ihre Stärke auf dieselbe Art bewiesen wir einst ihr Vater. Sie waren in die tiefen Wälder im Nordosten Kislevs gezogen um dort einen Bären zu erlegen, ohne Pfeil und Bogen oder gar Gewehre. Sie hatten sich den großen kislevitischen Bestien im offenen Kampf gestellt. Vor allem aber waren sie von allen Gruppierungen innerhalb der kislevitischen Konföderation die einzigen denen Katarina vertrauten konnte, zumindest hoffte sie das. Kein wahrer Anhänger Ursuns war zufrieden mit der Herrschaft ihres Bruders. Seine Annäherungsversuche an das Imperium und seine Unterstützung der imperialen Taal und Ulric Kulte erregten das Missfallen der nördlicheren Bojaren. Sie waren stolze, harte Männer die sich seit Jahrhunderten gegen das Chaos stemmten und nur selten hatten sie in dieser ganzen Zeit Hilfe durch das Imperium erhalten. Im Gegensatz zu den Adligen aus dem Süden hatten sie auch durch bessere Beziehungen und den Handel mit dem Imperium nichts zu gewinnen. Umso mehr fürchteten sie, dass Kislev unter ihrem neuen Zaren dahinvegetieren könnte bis es nichts weiter war als eine gewöhnliche imperiale Provinz. Alles was sie von hier an noch tun musste war diese Angst weiter zu schüren. Auch zwei Rota der legendären Greifenlegion hatten sich ihr angeschlossen, mehr als 120 Mann dieser legendären Gospodariritter hatten sich hinter ihr aufgereiht.
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[/spoil]Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Husaren Kislevs, bestanden die Flügel auf ihren Rücken aus echten Greifenfedern. Genau wie die Söhne Ursuns, fühlte die Greifenlegion sich noch immer den alten Bräuchen der Gospodari verbunden und sie duldeten keines der niederen kislevitischen Völker in ihren Reihen. Sie alle waren Gospodari, hoch gewachsen, mit schwarzen oder dunkelbraunen Haaren und dunklen Augen. Auch der Rest ihrer Armee bestand, so weit es sich einrichten ließ, aus ihrem eigenen Volk. Sie vertraute den verräterischen Ungolen nicht und den Norse sogar noch viel weniger. Während die Norse wenigstens teilweise noch gute Krieger waren, taugten die Ungolen gerade so als Pfeilfutter. Noch immer gab es sehr viele Ungolen in der kislevitischen Armee, nicht alle hatten sich von dem Feuer der Rebellion anstecken lassen. Die Versuche ihres Vaters und Bruders aus den Völkern Kislevs ein einheitliches Heer zu formen, ließen sie dabei ehrlich gesagt einfach nur kalt. Lieber zog sie mit Tausend Kriegern weniger in die Schlacht, als im Kampf Verräter neben sich zu wissen. Ivan dagegen machte sich um solche Dinge natürlich keinerlei Sorgen. Er stolzierte nur herum und ging jedem mit seinen Reden über ein einziges kislevitisches Volk auf die Nerven, kein Wunder dass die Ungolen und Norse jeglichen Respekt, jegliche Furcht vor den Gospodari verloren hatten!
Katarina war überrascht gewesen, als sie erfuhr wie groß der Einfluss der Söhne des Bärengottes inzwischen war. Vor allem unter den Bojaren genossen sie hohes Ansehen und viele schickten ihre Söhne in die Ursuntempel um das Kriegshandwerk zu erlernen. Wenigstens was die Neugründung des Ursunkultes anging hatte ihr Vater ausnahmsweise einmal gute Arbeit geleistet. Doch mit ihren neuen Verbündeten kamen auch eine ganze Reihe an neuen Problemen auf sie zu. Die Bärenkrieger waren nicht nur einfach hier um ihr beizustehen, sondern vorrangig um sie zu prüfen, dass war Katarina schon vom ersten Moment an klar gewesen. Solange sie sich an die alten Riten und Bräuche hielt, konnte sie sich der Unterstützung des Ursunkultes sicher sein. Damit Zugeständnisse zu machen und Versprechen abzugeben hatte sie kein Problem, wenn sie erst einmal auf dem Thron saß waren solche Kleinigkeiten nur noch nebensächlich. Außerhalb der Kulte war es dann nämlich auch schon schnell vorbei was ihre potentiellen Verbündeten anging. Ohne die Unterstützung der Bojaren würde der Thron vielleicht an Erengrad gehen, oder an irgendeinen einflussreichen Bojaren. Sie könnte auch die Bojaren die sich ihr widersetzten einfach umbringen, aber sie kannte ihr Volk gut genug, um zu wissen dass Usurpatoren nicht lange auf dem Thron blieben. Sie brauchte eine eigene Streitmacht und vor allem mehr Rückhalt unter den Adligen und der Bevölkerung Kislevs. Ein paar heldenhaften Siege gegen die Orks kamen ihr da gerade recht.
Sie hatte auf dem Weg hierher oft darüber nachgedacht wie sie vorgehen wollte. Es wäre noch immer möglich Ivan zu töten, ohne dass der Verdacht sofort auf sie fiel, vor allem solange dieser seltsame Mörder sich in Kislev herumtrieb. Katarina wurde schon schlecht, sobald sie nur an diesen heuchlerischen Narren dachte. Vielleicht hätte sie ihm verziehen, wenn er sie bei ihrer Rückkehr um Verzeihung angefleht hätte, wenn er wenigstens irgendein Anzeichen von Schuld zeigen würde, oder sich wenigstens erklärte, vielleicht würde sie dann in diesem Augenblick nicht hier sein und versuchen seinen Thron zu stehlen, aber er hatte sich mit seinen Lügen für Krieg entschieden und damit auch für seinen Tod.
Katarina atmete tief durch um nicht doch noch in sinnlose Raserei zu verfallen, jetzt war keine Zeit für diesen Unsinn, sie musste sich konzentrieren. Als würde es ihre Gedanken kennen, setzte ihr Pferd sich in Bewegung und galoppierte vor die Reihen der wartenden Kisleviten. Katarina tätschelte Winterwind liebevoll den Hals. Der Bojar von Ostrock, Vladic, hatte ihr dieses wundervolle Pferd geschenkt, er war so schrecklich vernarrt in sie gewesen. Der Gedanke an seinen Tod versetzte ihr nicht einmal mehr einen kleinen Stich, sie hatte schon vorher getötet und würde es wenn nötig wieder tun. Nichts und niemand würde zwischen ihr und ihrer Rache stehen, vor allem nicht Genevieve, wie auch immer dieses Miststück noch am Leben sein konnte. Aber sie ließ sich ihre düsteren Gedanken nicht anmerken als das weiße Pferd vor ihrer kleinen Armee hielt.
„1000 Jahre!“ begann sie laut und alleine ihr Anblick verschaffte ihr die volle Aufmerksamkeit der Soldaten, ein feiner Nebel aus Eiskristallen umgab sie und hüllte sie in glitzerndes Licht „Mehr als 1000 Jahre sind vergangen seit unsere große Königin Miska uns durch diesen Pass in eine ungewisse Zukunft führte.
Damals, waren wir ein gebrochenes Volk aus Heimatlosen. Vertrieben aus den Steppen des Ostens, unsere Städte geschliffen, unser König gefallen und unsere besten Reiter mit ihm, ständig auf der Flucht vor den Dämonen des Chaos! Die Ungolen begrüßten unsere verzweifelten Vorfahren mit Pfeilen, die Norse mit Äxten und die Imperialen mit Kanonen! Doch Miska formte aus einem geschlagenen, zum Untergang verdammten Volk eine Streitmacht die selbst das mächtigste Reich der Welt in die Knie zwang! Sie erschlug den Khan der Ungolen, unterwarf die Prinzen von Erengrad und entriss dem Imperium das Land auf dem sich heute unsere wundervolle Stadt erhebt. Wir Gospodari haben uns aus Nichts eine neue Heimat geschaffen. Was sind verglichen mit den Anstrengungen und Gefahren die hinter uns liegen, schon ein paar Orks? Solange wahre Gospodari an meiner Seite reiten, gibt es nichts auf der Welt wovor ich mich fürchten muss, weder Orks, noch Dämonen oder Trolle. Heil Ursun! Heil den Gospodari!“ die Kisleviten fielen in ihren Schlachtruf ein und er hielt selbst dann noch an als die Orks sich als schwarz-grüne Masse über einen Hügel schoben und über die schneebedeckte Ebene auf sie zu stürmten.
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[/spoil]Als sie näherkamen, waren es Hadrins Zwerge die sich ihnen als erste ohne zu zögern entgegenwarfen, während die kislevitischen Speerträger die Orks lieber zu sich kommen ließen. Die Norscazwerge schlugen sich wie erwartet ohne größere Probleme im Kampf gegen die Orks, auch wenn die Grünhäute mehr als dreimal so groß waren. Katarina führte in der Zwischenzeit ihre Reiter in einem Bogen um die Orkhorde herum. Während die Speerträger es mit Mühe und Not schafften den Speerwall zu halten, wollte sie den Orks in den Rücken fallen, aber ganz so dumm waren selbst Orks nicht. Mehrere Hundert Schwarzorks auf gewaltigen Keilern hielten direkt auf die Greifenlegion zu und versuchten sie abzufangen.
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[/spoil]Ihre Hand tastete nach dem Griff ihres neuen Schwertes, aber sie zog es nicht. Katarina schluckte ihren Stolz hinunter und ließ sich hinter den anderen Reitern zurückfallen. Stattdessen konzentrierte sie sich lieber darauf ihre Macht zu sammeln. Kurz vor dem Zusammenprall schossen Dutzende dünne Stacheln aus Eis aus dem Boden hervor und durchbohrten die Bäuche der Keiler. Spießten sie mitsamt ihren orkischen Reitern auf. Der Angriff reichte nicht um die Reiter komplett auszulöschen, aber es sorgte dafür dass sie in zum Stillstand kamen. Bevor sie sich wieder sammeln konnten, krachten die Husaren mit den kreischenden, schwarzen Flügeln, auch schon mitten in die Orks. Lanzen zersplitterten an dem schwarzen Stahl der Orkrüstungen. Gewaltige Spalta fraßen sich durch die Greifenlegionäre und ihre Säbel wiederum suchten und fanden Lücken in der schwere Orkpanzerung. Katarina hielt sich aus dem dichtesten Getümmel heraus und deckte die Orks aus halbwegs sicherer Entfernung mit Zaubern ein. Wenn Pfeile oder Speere auf sie zuflogen, verdichtete sich der Nebel aus Eiskristallen zu einem undurchdringlichen Schild. Während die Schlacht hin und her wogte, begann es zu heftig zu schneien, was es nicht leider machte sich auf dem Schlachtfeld zu orientieren. Mithilfe von Katarinas Magie und der Schlagkraft der Greifenlegionäre gelang es ihnen allerdings die Übermacht an orkischen Reitern ohne größere Verluste zu vernichten. Orks waren im Gegensatz zu ihrem Volk eben keine geborenen Reiter. Sobald die gospodarischen Reiter nicht mehr in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkten waren, ritten sie mehrere Attacken gegen die hinteren Reihen der Orks. Schon nach kurzer Zeit befand sich die kleine Horde in völliger Auflösung und sie wurden von den schnellen Reitern und kislevitischen Speerträgern eingekreist und niedergemacht.
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[/spoil]Sie hatte es geschafft ohne ihr Schwert ziehen zu müssen, dachte sie, während sie schwer atmend den Blick über das kleine Schlachtfeld schweifen ließ. Sie spürte dass ihr Körper gegen den ungewohnt massiven Einsatz von Magie rebellierte, aber ihr war keine Zeit für eine Pause vergönnt. Wütendes Gebrüll ließ sie herumfahren.
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[/spoil]Aus den Schneegestöber brachen noch einmal Tausend Orks hervor und stürmten in Richtung der sich hastig ordnenden Reihen der Kisleviten. Kaum war es den Gospodari gelungen den Speerwall wieder halbwegs in Ordnung zu bringen, war die Masse aus Schwarzorks auch schon heran. Gemeinsam mit den Zwergen gelang es den Speerträgern den wuchtigen Angriff abzuwehren, ohne dass der Speerwall allzu große Lücken aufwies.
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[/spoil]Ohne einen Weg die leichten Reiter der Gospodari zu stellen, war dieser Angriff nichts weiter als ein letztes, vergebliches Aufbegehren der Horde. Es stellte sich heraus, dass die 3000 abgekämpften Orks nichts weiter gewesen waren als ein letztes, kleines Überbleibsel der Orkhorde. Den Rest fanden sie tot vor den zerstörten Toren Karak Kadrins. Die Zwergenfestung war bereits lange vor ihrem Eintreffen gefallen. Hadrin sandte seine Zwerge in die umliegenden Berge und tiefergelegenen Gänge Karak Kadrins um nach Überlebenden zu suchen. Er wollte nicht glauben dass die einzigen Südzwerge die er leiden konnte vernichtet waren. Immerhin fanden sie unter den toten Zwergen nur Krieger, also hatte er wahrscheinlich sogar recht und der Rest befand sich tiefer in den Bergen. Während er sich mit seinen Männern diesem sinnlosen und langweiligem Unternehmen widmete, begann in Katarinas Kopf ein vollkommen anderer Plan Gestalt anzunehmen, der hauptsächlich die inzwischen unbewachte Schatzkammer von Karak Kadrin und vor allem deren Inhalt betraf.