Ja gut, deine aufgezählten Punkte sind aber wirklich handwerkliche Fehler des Lehrers:
- Fachliche Inkonsequenz. Natürlich müssen richtige Antworten auch als solche gewertet werden. Da kann man nicht stur den bisweilen unzureichenden Lösungsvorgaben folgen. Auch letztere können ja mal was übersehen haben. Zur Not erteilt man hier Sonderpunkte.
- Mangelhafte Vorbereitung. Peinlich.
- Fehlerhafte Lerngruppenanalyse und offenbar fehlende Erfahrung. Solche Anfängerfehler entstehen, wenn man blind den pädagogischen Unterrichtsratgebern folgt.
- Vermutlich hat der Lehrer hier zu lange gewartet bis er intervenierte. Dann ist es so, dass bereits mehrere Störungsquellen bestehen. Manchmal so viele, dass man als Einzelner vorne dann nicht mehr zeitgleich alle mitbekommt oder stilllegen kann. Bsp.: A spricht leise B an. B bezieht C mit ein. Und C dann den lauten D. Nun wird es dem Lehrer mit vier quatschenden Schülern doch zu bunt. Er fühlt sich gestört und nimmt das Verhalten als respektlos wahr. Also scheißt er D ordentlich an, weil er es bei diesem am ehesten mitbekommen hat. Der sich nun ungerecht behandelt fühlt und einen von zwei Klassikern raushaut: „Ich habe doch gar nichts gemacht.“ oder „Ach ja klar, immer ich, aber bei den Anderen sagen sie nie was.“
Besser wäre es hier gewesen bereits niedrigschwellig zu intervenieren und schon beim beginnenden vorsichtigen Tuscheln von A sofort alle Tätigkeiten zu unterbrechen, den Schüler ermahnend oder fragend anzusehen und erst dann den Blick wieder abzuwenden und den Unterricht wieder aufzunehmen, wenn A und B still sitzen, weil sie gemerkt haben, dass sie trotz des an sich leisen Tuschelns bereits als störend wahrgenommen wurden und nun im Fokus der Beobachtung stehen. Merkt A das nicht, kann der Lehrer einfach so lange warten, bis genervte Mitschüler A selbst zur Ordnung rufen. Klappt in 95% der Fälle innerhalb von 1 bis max. 2 Minuten. Passiert das mehrfach in einer Stunde und/oder reagiert A nicht, handelt es sich meistens um einen von A geführten Machtkampf mit dem Lehrer. Dann darf der Lehrer auch mal sehr deutlich werden und/oder stellt A ggf. vor die Entscheidung noch am Unterricht teilnehmen zu wollen oder ihn bei weiteren Störungen verlassen zu müssen.
Die Grundregel lautet: Solange in irgendeiner Form gestört wird, findet kein Unterricht und kein Lehrer-Schüler Gespräch statt. Und geredet wird grds. nur dann, wenn der Lehrer das Rederecht erteilt hat oder wenn es ausdrkl. erwünscht ist (Partner- / Gruppenarbeit).
Solches „Ermahnen durch Blicke“ funktioniert übrigens bei Gruppenarbeiten deutlich schlechter, weil die Lehrperson nicht mehr im Fokus der Blickrichtung steht, sondern die Mitschüler und weil dort nicht niedrigschwellig eingegriffen werden kann, da notwendigerweise überall getuschelt wird. Viele Schüler merken dann teilweise gar nichts mehr, selbst wenn sie direkt angesprochen werden, weil sie so fokussiert sind auf ihre Gruppenmitglieder und dabei die Lerngruppe der Klasse und den Lehrer völlig ausblenden. Deswegen kommt es bei Gruppenarbeiten sehr auf die Zusammensetzung der Gruppen an, weil sich dort die Schüler im Prinzip erst einmal selbst gegenseitig zur Ordnung rufen müssen. Zudem muss Gruppenarbeit eingeübt werden. Sobald der Lehrer sich einer einzelnen Gruppe widmen muss, verliert er in der Regel den Fokus für die Klassengruppe etwas, weil er ja nicht an allen Gruppentischen gleichzeitig agieren kann.