Um bei dem Gedankenspiel zu bleiben, es sollte mindestens ein schwarzer Plantagenarbeiter dann doch unter den Diskutierenden sein.
Warum? Können auch nicht Betroffene zu einen Thema argumentieren? Sicherlich, die Frage ist nur, was passiert wenn die Betroffenen durch einen Nicht-Betroffenen falsch dagestellt werden und die Argumentation ist für die anderen Diskusionsteilnehmer überzeugend genug? Wer korrigiert die Fehldarstellung der Betroffenen? Es zeugt auch von einen gewissen Maß an Respekt und Verständnis für das Thema, wenn die Wahl der Diskussionsteilnehmer alle Bereiche wiederspiegelt.
Ich verstehe deinen Standpunkt, bin hier aber anderer Auffassung. Natürlich ist es sehr wünschenswert, wenn bei Diskussionen Betroffene geladen sind. Allerdings kann das nicht das einzige Kriterium sein. Eine Diskussion nicht zulassen zu wollen, weil nicht genügend Betroffene daran teilnehmen halte ich jedenfalls für falsch. Aus meiner Sicht ist nahezu jeder sachlich angemessene Diskussionsversuch von Vorteil. Man kann auch nicht den Anspruch erheben, dass immer überall gleich die richtigen Annahmen geäußert werden. Aber besser es werden falsche Annahmen geäußert, als gar keine. So kann sich dann doch wenigstens eine Folgediskussion anschließen. Meiner Ansicht nach muss sich in einer freien Gesellschaft grds. jeder zu jedem Zeitpunkt zu allem äußern dürfen.
Zunächst einmal danke für die ausführliche Antwort und das du kein Problem damit hast, auf die Bedürfnisse einzelner Personen einzugehen.
Diesen Dank gebe ich gerne zurück. Ich denke das ist schon ein Prinzip der Höflichkeit. Ich spreche eine Person in der Regel so an und benenne sie so, wie sie selbst genannt werden möchte, unabhängig davon, was ich davon halte. Wir haben solche Fälle ja auch ab und zu einmal bei unseren Schülern. Wenn Olivia lieber Oliver genannt werden möchte oder umgekehrt, dann mache ich da kein Gewese drum. Dann wird das so gehandhabt, die Einträge im Klassenbuch ect. geändert und fertig. Positiv möchte ich diesbezüglich übrigens anmerken, dass ich noch keine Klasse gehabt habe, die daraus derjenigen einen Nachteil erwachsen hätte lassen. Das ist doch auch schon einmal etwas. Allerdings befürchte ich, wären es "Jungen" gewesen, die eher als Mädchen behandelt hätten werden wollen, wäre es vielleicht schwieriger geworden. Wobei ich die Erfahrung gemacht habe, wenn man sowas offen und ehrlich bespricht, dann wird es in der Regel auch akzeptiert. Am besten zieht da immer noch das Argument "Wie würdest du denn behandelt werden wollen?", falls jemand seine Probleme äußert. So kriegt man meistens die Mehrheit der Klassen auf seine Seite. Und falls dann doch jemandem das nicht passt, hält er sich zumindest zurück, um nicht von der Klasse einen auf den Deckel zu kriegen. Bisher hat es immer geklappt. Ich habe erfreulicherweise auch schon in Klasse 7 heutzutage offen schwule und lesbische Jungs und Mädchen und es ist überhaupt kein Problem. Werden teilweise sogar zu Klassensprechern gewählt. Zu meiner Schulzeit nahezu noch undenkbar. Es hat sich in den letzten 30 Jahren schon sehr viel getan.
Und das ist ja der Punkt, du weißt ja nicht immer, zu wem du gerade sprichst, oder wer sich dein Geschriebenes im Laufe der Zeit mal durch liest.
Die Argumentation dahinter ist halt, dass halt präventiv eine mögliche Konfliktsituation vermieden werden soll, bevor sie überhaupt entstehen kann.
Auch das Argument verstehe ich. Es kann natürlich nicht darum gehen, mutwillig jemanden zu kränken oder zu verletzen. Andererseits, wenn wir jetzt anfangen alle unsere Äußerungen auf die Goldwaage zu legen und zunächst auch wirklich niemand damit verletzt werden könnte, dann können wir uns bald überhaupt nicht mehr spontan und ungezwungen äußern. Es kann auch nicht immer darum gehen, niemanden zu verletzten. Man wird immer irgendjemanden vor den Kopf stoßen, weil ihm die eigene Meinung nicht passt, nicht gefällt oder er/sie sich dadurch beleidigt fühlt. Trotzdem muss man auch in diesem Fall seine Meinung frei äußern dürfen. Demokratie und Freiheit lebt aus meiner Sicht gerade davon, diese Konflikte und Streitfragen auszuhalten und nicht sie zu verdecken zum Zwecke eines erzwungenen Konsens, der nur deswegen zustande kommt, weil viele nicht mehr aussprechen oder aufschreiben, was sie wirklich denken.
Grundsätzlich stimme ich dir zur linguistischen Entwicklung der deutschen Sprache zu, wenn man mal von den nationalen Bestrebungen absieht, welche Lehenswörter künstlich aus der Sprache entfernen wollte und das das Ganze jetzt etwas gefühlt dem Nichts und ohne Abstimmung kam.
Du hattest ja selbst geschrieben, dass dass Thema den Großteil der Bevölkerung nicht tangiert, wie wäre denn eine solche Abstimmung abgelaufen?
Glaube das Ergebnis können wir uns recht gut ausmalen. Erinnert auch etwas an die Quotenfragen. Per se ein bescheidenes Konzept, was eine Gleichstellung erzwingt, auf der anderen Seite ist warum sollte Personalleiter Heinz Müller auf einmal nach Chancengleichheit einstellen, wenn er schon die letzten 20 Jahre immer nur den nächsten Kurt, Tim, ud Franz angeheuert hat? Es gibt keinen Anreiz für den Personalleiter seine bisherige Arbeitsweise, die er für gut hält, zu ändern und so bescheiden Quoten auch sind, sie zwingen dazu den späteren Wunschzustand zu normalisieren und den Menschen zu zeigen, dass es auch so funktionieren kann. Ähnlich war dann wohl auch die Idee bei der Sprachreform gedacht, über die Art und Weise muss man natürlich sprechen, keine Frage.
Ja, aber wenn man doch schon vorher weiß, dass ein Großteil der Bevölkerung das nicht mitträgt, dann kann ich doch nicht zu dem Schluss kommen, dass ich es dann einfach über die Köpfe dieser Menschen hinweg beschließe. Kann man natürlich machen, aber der Effekt ist dann nicht das, was man sich wünscht. Ich denke der erste, und zugebenermaßen sehr langwierige und schwierige, Schritt muss immer sein, die Mehrheit der Bevölkerung zu überzeugen. Dann kann man einen solchen Schritt umsetzten. Das ist übrigens auch das Problem, warum aus meiner Sicht SPD, Linke und Grüne insgesamt keine Mehrheit bekommen auf Bundesebene. Die Bevölkerung ahnt, dass dann plötzlich Gesetze erlassen werden, die nicht im Sinne einer Mehrheit in der Bevölkerung sind. Deswegen kriegen dann eben lieber die anderen Parteien die Mehrheit der Stimmen, die solche Änderungen zunächst einmal nicht durchdrücken wollen. Bei der Gleichgeschlechtlichen Ehe ist es aus meiner Sicht andersherum gelaufen. Dort war inzwischen eine breite Mehrheit der Bevölkerung dafür. Das belegte jede Umfrage. Dadurch war es dann auch schließlich möglich diese gesetzlich zu verankern. Selbst das war nicht einfach. Hätte man das Ganze aber bspw. in den 1990ern durch Gesetze durchgedrückt, wäre es gesellschaftspolitisch vermutlich kontraproduktiv gewesen, weil es damals zusätzlichen Widerstand erzeugt hätte. Man darf nicht den ersten Schritt vor dem zweiten gehen.
Ich bin auch überhaupt kein Freund von Quotenregelungen. Insbesondere nicht von einseitigen Quotenregelungen. Es geht ja oft gerade NICHT darum, dass beide Geschlechter zu mindestens 40% vertreten sind, sondern dass Frauen zu mind. 40% vertreten sind. Das geht nach meinem Empfinden überhaupt nicht, da es eine klare Benachteiligung der Männer in den geltenden Regelungen darstellen würde.
Es kommt aber noch ein weiteres Problem hinzu. Diese Quoten-Regelungen gehen automatisch davon aus, dass es reihenweise Frauen geben würde, die nur darauf warten würden einen entsprechenden Posten zu erlangen. Das stimmt so aber nicht. Oft sind gar nicht genügend Frauen vorhanden, die einen solchen Posten übernehmen wollen. In unserem SPD-OV habe ich das mehrfach erlebt. Wir haben krampfhaft versucht Frauen anzuwerben und davon zu überzeugen an der Vorstandsbildung mitzuwirken. Wir hätten ihnen alle Posten angeboten. Wir haben Themenabende gemacht. Wir haben gefragt, über welche Themen wollt ihr diskutieren? Es bestand aber oft kein ausreichendes Interesse. Letztlich mussten wir die Posten dann mit Männern besetzen, um überhaupt jemanden zu haben, der den Job macht.
Ein weiteres Problem bei den Quotierungen ist die Rosinenpickerei. Die Chefposten, die attraktiven und prestigereichen Jobs sollen quotiert werden. Aber die Jobs wo man buckeln muss, mit denen man sich den Rücken kaputt macht oder die Haut vor der Sonne verbrennen lässt, die Jobs wo es stinkt und wo man schwitzt, dafür hat noch nie jemand Quotenregelungen gefordert. Aus meiner Sicht wäre das dann defacto wieder eine Benachteiligung der Männer. Zum Thema Sprache habe ich heute morgen übrigens wieder einen interessanten Artikel entdeckt. Konnte ihn nicht ganz lesen, da Bezahlschranke, aber der Grundgedanke wurde schon geäußert. Bei sowas weiß ich halt nicht mehr, ob ich da noch lachen oder weinen soll:
Es sei lästig, die Männer immer mitzuerwähnen, deshalb sollten wir nur die weibliche Form verwenden, forderte die Linguistin Luise F. Pusch vor rund 40 Jahren. Widerstände dagegen ist sie gewohnt.
In einer rein theoretischen und grammatikalischen Sichtweise stimmt das, nur ticken leider die meisten Menschen anders und assoziieren sehr wohl ein biologisches Geschlecht mit bestimmten Begriffen.
Die Sapir-Whorf-Hypothese setzt da relativ weit gestreut in den verschiedensten Bereichen an, aber auch die Wahrnehmung der Geschlechter fällt halt mit rein.
Ich weiß ja nicht, wie es bei anderen aussieht, aber gerade bei Berufsbezeichnungen habe ich schnell Bilder im Kopf.
Sei es jetzt bei "Die Krankenschwestern halfen dem Patienten.", "Die Soldaten gerieten unter Feuer.", "Ich gehe zum Arzt".
Hier tauchen bestimmte Geschlechter in festgeschriebenen Rollen auf und sowas prägt laut der Sapir-Whorf Theorie unser Verhalten.
Die Sapir-Whorff-Hypothese kann man natürlich in diesem Zusammenhang anführen. Ich bin trotzdem der Meinung, dass der historisch gewachsenen Sprachform hier der Vorzug gegeben werden sollte. Das Generische Maskulinum ist für mich eben nicht gleichzusetzen mit biologischer Männlichkeit. Es ist eine rein grammatische Kategorie. Von mir aus kann man auch jedem freistellen, wie er das macht, dann gibt man halt einheitliche Regelungen in der Sprache auf. Ich wehre mich nur dagegen, dass man uns ALLE drängen möchte, diese Formen zukünftig als verbindlich zu verwenden. Ich wehre mich dagegen, nur weil ich am Generischen Maskulinum festhalte, damit dann gleich einsortiert zu werden in die Sparte "Trans- oder Homophob". Hinzu kommt, wenn man die Sapir-Whorff-Hypothese wirklich anwenden möchte, was ich nicht will, dass ich behaupte, dass die neue Form mit "*innen" dann dazu führt, dass man plötzlich in der Regel nur noch Frauen denkt, nicht aber Männer. Und wenn ich mir dann den obigen Artikel über die Feministin Luise F. Pusch anschaue, dann wächst schon der Verdacht in mir, dass es eigentlich sogar genau darum gehen könnte. Also von einem Extrem in das Andere, frei nach dem Motto, die Sprache bestimmt unser Denken, auf ins Matriarchat. Nur mit dem Unterschied, dass sich Frau Pusch nicht auf eine historisch gewachsene grammatikalische Entwicklung berufen kann, sondern eine Veränderung durch bisher nicht in der Alltagssprache verankerte Sprachneuschöpfungen erzwingen möchte.
Bei TQ+ sieht das halt leider nicht immer so aus, dass eine außenstehende Person die Interessen vertreten kann. Im schlimmsten Fall hast du da jemanden, der das ganze als Geisteskrankheit und therapierbar sieht und niemand kann nachvollziehbar die Gegenpunkte der TQ+ Community aufzeigen.
Wohin so ein Diskurs mit zu geringer Beteiligung der betroffenen Gruppe führen kann, konnte man zuletzt in UK gut sehen.
Ja, das verstehe ich und selbstverständlich, fände ich es gut, wenn auch regelmäßig TQ+ Personen zu sämtlichen Themen eingeladen würden. Ich bin mir andererseits aber auch gar nicht so sicher, ob sie wirklich das auch immer wollen. Vielleicht fehlt es hier vielen auch an dem dafür nötigen Mut?
Ich denke übrigens, dass gerade die neuen öffentlich-rechtlichen Formate, die sich an junge Menschen richten, sich hier durchaus bemühen, dem auch Rechnung zu tragen. Ein Beispiel wäre für mich hier z.B. (habe ich gerade beim Stöbern auf der Seite gefunden) Theo Translucent.
Ich denke, was man hier allerdings auch noch einmal auseinander halten sollte sind Transgender und Transvestiten. In der öffentlichen Wahrnehmung treten für mich in den Medien viel häufiger Transvestiten/Dragqueens/Travestiekünstler auch als "Kunstfiguren" auf, wie bspw. Gloria Viagra, Conchita Wurst oder Olivia Jones. Das ist auch die Form, mit der ich "in der Szene" am spürbarsten mit in Berührung kam.
Ich muss für mich schon zugeben, dass ich da Schwierigkeiten habe zu erkennen, wie ernsthaft das Ganze gemeint ist. Handelt es sich hier nur um "Kunstfiguren" und Spielerei? Entspricht das Ganze einem grds. Bedürfnis nach Selbstverwirklichung der eigenen Persönlichkeit? Was mich hier so stört ist, dass das Ganze so häufig, fast schon in der Regel, in übertriebene Albernheit und komplette Überzeichnung abgleitet. Das macht es schwer für mich einzuschätzen, ob das Ganze jetzt einem tief empfundenen Bedürfnis entspricht oder eher eine Clown-Nummer sein soll, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erzeugen, wie bspw. bei den Sisters of Perpetual Indulgance. Bei Conchita Wurst hatte ich zumindest bei den Interviews den Eindruck, dass eine Ernsthaftigkeit darin lag. Irritiert hat mich dann wiederum, dass er jetzt wieder als Tom Neuwirth auftritt, das Ganze dann doch nur Travestie und "Kunst" war. Da wächst in mir der Verdacht, dass es hier vor allem um Aufmerksamkeit für die eigene Karriere ging. Hat ja auch funktioniert. Ich glaube ich bin nicht alleine damit, Probleme zu haben, die Unterschiede zwischen Transgender, Transvestitismus und Travestie richtig zu erkennen und zu deuten. Hier bedarf es noch viel Aufklärung.
Ich persönlich kann bspw. viel besser umgehen mit Äußerungen wie der von Heinrich Horwitz in dem Jour Fixe ab Minute 1:00:00-1:03:10. Da ist für mich sofort die Ernsthaftigkeit hinter dem Anliegen zu spüren. Ich teile zwar auch hier nicht sämtliche inhaltlich geäußerten Punkte in dieser Schärfe gegenüber der angesprochenen Sandra Kegel, die dort in dem vorangegangenen Zusammenhang geäußert werden, aber ich verstehe die Dringlichkeit und die Ernsthaftigkeit hinter dem Anliegen vollkommen und würde auch zu 85% dem Gesagten zustimmen.
Womit ich meine Probleme habe ist, wenn derartige Forderungen nach Repräsentanz umschlagen in das andere Extrem. Nämlich dass jetzt nur noch solche Positionen dargestellt und abgebildet werden sollen. Das erzeugt dann Unwillen und Skepsis bei mir. Ich habe oben schon das Beispiel in Bezug auf die Sprache und den Vorschlag von Luise F. Pusch genannt. Kürzlich sah ich bspw. folgende Abendshow mit Hadnet Tesfai als Gast. Sie sprach dort unter anderem über ihre Sendung Five Souls. Der für mich relevante Abschnitt geht von Minute 4:00-6:30. Klick Dort äußert sie, dass sie ihre Sendung als Format für People of Color angelegt sei. Was mich dann allerdings nachhaltig irritiert hat waren folgende Aussagen: 1. Es werden (bewusst) nur selten Männer eingeladen. 2. Das gesamte Team besteht ausschließlich (!) aus People of Color. 3. Gäste wie Thomas Gottschalk würde sie vermutlich nicht einladen, weil dieser ja nun wahrlich genug Zeit im Fernsehen gehabt hätte.
Schaut man sich dann ihre Sendungen an, sieht man nicht nur, dass das Team ausschließlich aus People of Color besteht, sondern die Gästelisten offenbar auch. Klick Da frage ich mich schon, was soll das? Ist das der richtige Weg? Schießen wir da nicht WEIT über das Ziel hinaus und rutschen in das andere Extrem? Nach meinem Empfinden dürfte es überhaupt keine Rolle spielen, welche Hautfarbe jemand hat, um irgendwo eingeladen zu werden oder nicht eingeladen zu werden. Ich finde es grds. falsch Menschen bei Teilnahmebedingungen danach zu kategorisieren welche Hautfarbe, welches Geschlecht, welche Religion oder welche sexuelle Orientierung sie haben. Und das gilt für mich sowohl negativ wie positiv. Eine "positive Diskriminierung" im Sinne einer künstlich geschaffenen Bevorzugung, ist aus meiner Sicht eben auch abzulehnen.
´tschuldigung, ich muss da einmal fragen: kannst du mir 10 Transcharaktere oder-personen aus den Medien adhoc nennen?
Ich kann es nicht ehrlich gesagt.
Nein, aber ich kann sie dir auch noch nicht einmal aus meinem Alltag nennen. Du?
Ich mein, es ist definitiv kein einfaches Thema. Das Konzept ist für die meisten Menschen einfach komplett fremd und in kaum einer Weise nachvollziehbar, da es nicht wirklich gute Metaphern gibt, um es zuerklären. Zudmem stellt es grundlegende Pfeiler unserer Gesellschaft in Frage, nämlich die Binärität des Geschlechts. Manche Gegner reden nicht umsonst davon, dass diese "Genderwahnsinnigen die Rolle von Mann und Frau abschaffen wollen". Solche Aussagen zeigen halt schon, dass sich ein Teil der nicht-Trans Personen durchaus angegriffen fühlen kann von diesem Konzept.
Ja dem ist wohl so. Ich weiß ehrlich gesagt für mich selbst auch noch immer nicht, ob ich der Aussage es gäbe keine Geschlechter, diese seien nur gesellschaftlich "anerzogen" und man könne sich theoretisch sein Geschlecht frei wählen ohne Einschränkungen zustimmen soll. Ich kann nachvollziehen, dass sich Geschlechtsmerkmale bei der Entwicklung eines Menschen in unterschiedlichen Graden stark ausbilden, ich glaube es gibt hier medizinisch eine Skala von 1-5 wobei 1 männlich wäre und 5 weiblich, während 2-4 irgendwo dazwischen liegen und eben nicht eindeutig ausgeprägt sind, was sich sowohl auf die Ausbildung der körperlichen Geschlechtsmerkmale, als auch auf die Chromosomen oder die Psyche auswirken kann. Aber ob das für mich bedeutet, dass Geschlechtlichkeit deswegen generell nur ein gesellschaftliches Konstrukt ist, da habe ich so meine Probleme mit, auch wenn die Genderstudies sich darauf als herrschende wissenschaftliche Meinung festgelegt haben.
Das Gefühl einer "Bedrohung" rührt aus meiner Sicht eher aus anderen Entwicklungen, die bspw. mich durchaus stören. Es ist ja das eine, für mehr Akzeptanz für TQ+ und Gleichberechtigung für Frauen zu werben. Schön und gut. Was ich aber wahrnehme ist, dass die klassischen Konzepte von Männlichkeit, welche seit Jahrtausenden gelten, zunehmend massiv angegriffen und infrage gestellt werden. Und das stört mich schon. Begriffe wie "Toxische Männlichkeit" sind ja in gewissen Kreisen inzwischen völlig etabliert und werden dort wie selbstverständlich propagiert. Als weiteres Beispiel könnte ich hier wieder die öffentliche-rechtliche Mediengruppe FUNK anführen. Dort gibt es ein online Format, das nennt sich Männerkitsch. Schon der Name geht für mich überhaupt nicht, weil "Kitsch" ganz klar negativ konnotiert ist. Die Beschreibung der Sendung lautet dann auch so:
DARUM GEHT ES:
Was kann Männlichkeit heute sein? Brauchen wir sie überhaupt, die gefühlskalten Ritter in strahlender Rüstung, die Alleinverdiener, die oberkörperfrei-am-Grill-Steher? Wir sind Max und Ansgar. Wir haben selten Rüstungen an, aber Männer sind wir trotzdem. Vermuten wir. In unseren Diskussionen ist kein Ergebnis festgelegt – manchmal widersprechen wir uns, lernen dazu, oder ändern unsere Position. Wir sprechen über Dating, Flirten und Sex, über unsere eigene Erziehung, Schulzeit und Mannschaftssport.
Diese Gleichsetzung von Männlichkeit mit "gefühlskalt" und "kitsch" usw. finde ich hier z.B. unmöglich. Was hier VÖLLIG missachtet wird ist, dass Männer natürlich durchaus Gefühle haben, aber eben eine andere Form, eine andere Kultur, eine andere Umgehensweise damit, diese zu äußern, nach außen zu tragen und damit umzugehen. Viele Männer machen so etwas eben non verbal oder reagieren sich durch Sport ab oder klopfen sich bei einem Bier freundschaftlich auf die Schulter und jeder der Beiden weiß, was gemeint ist, dass hier Solidarität ausgedrückt wird, ohne das Ganze Problem zerreden zu müssen wie beim Psychiater auf der Couch oder was auch immer.
Und klar, wenn ich eine solche Form von Männlichkeit feiere, toll finde und für mich leben möchte, dann empfinde ich das selbstverständlich als bedrohlich, wenn das plötzlich überall mutwillig als "toxisch" ("Giftig" ... muss man sich mal reinziehen...) und negativ und ablehnenswert dargestellt wird. Natürlich wehre ich mich gegen sowas. Und ich denke da bin ich nicht der einzige. Sowas ruft Trotz bei mir hervor, nach dem Motto: Labert ihr mal, jetzt erst recht.
Ob man hier von totalitären Zügen sprechen muss, ich mein, solche Bezeichnungen schließen halt auch ein, dass man totalitäre Maßnahmen ergreifen kann und Gegenstimmen mundtot macht. Die Gegenseite kann aber noch so oft diffamiert werden, sie können weiterhin ihre Siucht der DInge tweeten.
Genau darum geht es aber. Natürlich können sie den jeweiligen Personen nicht verbieten sich zu äußern. Aber was passiert denn defacto, wenn du deine Meinung gut begründet äußerst und bekommst dann einen Shitstorm, in dem hauptsächlich geäußert wird, du seist eben ein unverbesserlicher alter weißer Mann, man müsse dir nicht weiter zuhören, du seist bemitleidenswert usw. usf.. Sowas zielt doch klar erkennbar darauf ab, dich zu diskreditieren und zu entmutigen und davon abzuhalten dich zukünftig noch einmal zu äußern. Man bedenke in diesem Zusammenhang auch einmal die äußerst heftige Debatte um Joanne K. Rowling, die heftigsten Vorwürfen der Transfeindlichkeit ausgesetzt war, mit Forderungen nach Berufsverboten und öffentlichen Distanzierungen von prominenten Schauspielern der Verfilmungen ihrer Bücher. Für mich ist so etwas totalitär. Zumal es Journalistinnen gab, die sich auf ihre Seite gestellt hatten und denen dann gekündigt wurde. Ich glaube das passierte im Guardian.
Um auch an deine Folgefrage anzuknüpfen: Ich wollte damit auf das Konzept von Solidarität eingehen.
Minderheiten, die ähnliche negative Erfahrungen gesammelt haben, suchen Schutz in der Gemeinschafft und versuchen ihren Minderheitenstatus abzuschwächen in dem sie sich zusammenrotten und ihre Mitgliederzahl steigern und damit mehr politisches Spielgewicht zu haben.
Ja, das ist ja auch verständlich und nachvollziehbar. Trotzdem sollte man sehr aufpassen, dass sich so nicht Parallelgesellschaften bilden und am Ende lebt jeder nur noch in seiner eigenen Bubble. Die Gefahr ist sehr groß, dass uns das genau dorthin führt.
Alles anzeigenWenn du wirklich jede Aussage, dann derart prüfen willst, wieviele Chancen hat dein Gegenüber dann zu sagen "Nein, es war nie als eine beleidigende Formulierung gemeint?" und du weißt genau, dass er da nicht ehrlich ist und dies lediglich behauptet, um einer Strafe zu entgehen.
Heißt es nicht auch: Unwissenheit schützt vor Torheit nicht?
Schau, prinzipiell gehe ich auch immer davon aus, das mein Gegenüber kein Arsch ist und nicht in vorraussichtlicher böser Absicht gehandelt hat.
Aber hier geht es gerade um einen Rechtskatalog, der auch anwendbar sein muss.
Wenn derart viele Aspekte einzelnd beurteilt werden müssen, wird jede angezeigte Straftat zu einem bürokratischen und interpretierenden Monstrum, sodass es sich i. d.R. nicht lohnen würde dies zur Strafanzeige zu bringen und der Beschuldigte hätte fast immer die Möglichkeit Unwissenheit vorzutäuschen.
Da könnte man es sich auch sparen solche Gesetze aufzustellen, wenn deren Umsetzung nicht gewährleistet werden kann.
Ich käme auch gar nicht auf die Idee so etwas anzuzeigen. Alleine der Gedanke erscheint mir völlig abwegig und kontraproduktiv. Was soll damit erreicht werden? Jemanden der irgendwie über irgendwas flucht "so ne schwule Scheiße", bspw. weil sein Longboard zerbricht, den soll ich jetzt deswegen anzeigen? Was wird wohl der Effekt sein? Der wird das vielleicht nicht mehr sagen, aber was er denken wird in Zukunft möchte ich lieber nicht wissen. Ich denke da müssen andere Wege gewählt werden, um auf so etwas aufmerksam zu machen.
Ja, bei vielen Menschen kommt man damit weiter und ist es auch der richtige Weg.
Trotzdem wirst du aber auch immer wieder auf unverbesserliche stoßen, die damit nicht überzeugen kannst diese geben dann weiterhin ihre Meinung von sich.
Und genau das müssen wir in einer freien Gesellschaft bereit sein auch zu einem gehörigen Maße auszuhalten. Darum genau geht es. Das macht freie Meinungsäußerung aus. Jemand muss sagen dürfen, dass er Schwulsein nicht mag oder sogar ekelig findet. Er muss auch sagen dürfen, dass er es für eine Krankheit hält oder dass er glaubt dass es den Klimawandel nicht gibt oder dass Flugzeuge Chemtrails verbreiten. Das ist sein gutes Recht. Was ich davon halte ist dann mein gutes Recht. Was er aber nicht machen darf ist, mich persönlich deswegen anzugreifen oder zu benachteiligen. Und umgekehrt darf ich ihn aber auch nicht benachteiligen. Er hat ein Recht auf seine Meinung und sollte diese auch äußern dürfen, solange er nicht zu Hass und Gewalt aufruft. Wir können nicht in einer freien Gesellschaft leben, wenn wir jegliche unbequeme Meinung als Äußerung verbieten und sei sie noch so schlecht begründet.
Zu diesem SuperStraight Schwachsinn will ich jetzt gar nichts schreiben. Die Wahl des Logos spricht ja schon für sich. Aber solche Extreme schaukeln sich halt immer weiter gegenseitig hoch. Reaktion, Gegenreaktion usw. usf.. Und die sozialen Netzwerke spielen da leider eine extrem negative Rolle.
So, noch 4618 Zeichen übrig. Soll dann mal reichen für heute. Heute ist noch Bude putzen angesagt.
P.S. Mir ist übrigens gerade noch der Gedanke gekommen, dass auch die Spiele-Industrie dabei ja eine zunehmende Bedeutung bei Repräsentanz gesellschaftlicher Gruppen spielt. Ich kann mich bspw. gut daran erinnern, wie positiv ich es aufgenommen habe, dass bei dem Spiel "The Last of Us" eine offen schwule Figur als alter Freund der Hauptfigur auftritt, die ausgesprochen männlich wirkte und deren Homosexualität nur im Subtext deutlich wurde. (Ich glaube man konnte irgendwo alte Liebesbriefe an seinen Ex-Freund finden.) Da hat mir extrem gut gefallen. Gut finde ich auch, dass man inzwischen in Spielen wie Mass Effect oder Cyberpunk seine Spielfiguren auch problemlos als homosexuell oder transgender anlegen kann. Das sind große Fortschritte finde ich. Ich denke, dass das auch für viele eine große Bedeutung hat, weil sie so spielerisch etwas ausleben können, wozu sie vielleicht in der Wirklichkeit noch nicht in der Lage sind. Wobei mir auffällt, dass ich vielleicht mal bei Spielen wie Cyberpunk einen PoC spielen müsste, um herauszufinden, ob man dann konkret mit Rassissmuserfahrungen im Spiel konfrontiert wird. Bei Skyrim kam das glaube ich bei der Auswahl mancher Fantasyvölker durchaus bereits vor. Und gab es nicht sogar bei Wolfenstein - The New Order bzw. The New Colossus auch homosexuelle Spielfiguren, die Teil des Widerstandteams um Blaskovich waren? Ich meine mich daran zu erinnern, dass diese Widerstandszelle eigentlich aus einer Sammlung von Spielfiguren bestand, die alle in irgendeiner Form als Verfolgte der Nazis gegolten hätten. Sowas finde ich natürlich wirklich gut, weil es den Spieler zur Reflektion zwingt.
P.P.S. Das Video von Theo Translucent habe ich mir gerade noch angesehen. Er spricht über seine Ablehnungserfahrungen und warum er sich schminkt und seit wann. Sowas finde ich halt in dieser Machart und Ernsthaftigkeit super. Sowas verstehe ich und kann ich dann auch schon viel eher nachvollziehen. Das habe ich tatsächlich bisher selten so gehört. Klick.