Nahost(konflikt)

  • Europa hat halt einfach auch keinen wirklichen Einfluss mehr, die EU als Organisation ist zu zerfahren und zu sehr mit sich selbst beschäftigt als, dass sie eine vernünftige Außenpolitik betreiben könnte.


    Wenn man ehrlich ist, ist es auch etwas utopisch das 28 unterschiedliche Nationalstaaten einen gemeinsamen außenpolitischen Nenner finden, sieht man ja allein schon an den 3 großen der EU: UK (oder alternativ Italien wenn UK endlich draußen ist), Frankreich und Deutchland das alle 3 unterschiedliche Wirtschafts- und Außenpolitische Interessen haben, die sich zum Teil auch in die quere kommen.


    Europas beziehungsweise der EUs größter Pluspunkt war halt lange Zeit das man eigentlich gar nicht wirklich gezwungen war selbständig Außenpolitik zu machen weil man einfach größtenteils die Positionen der USA übernommen hat und damit quasi automatisch auf der Seite der "guten" war.


    Mit Trump hat sich das jetzt geändert und man findet sich immer öfters auf der Gegenseitigen Position der USA was Europa aber nach jahrzentelangem hinterherfolgen nicht mehr gewohnt ist, dadurch entsteht eine Lähmung da niemand so wirklich weis was man tuen sollte, manche Mitgliedstaaten wollen weiterhin der USA blind folgen, andere wiederum suchen die Annäherung mit Russland und co usw.


    Man hat ja allein am Iran-Atomdeal gesehen wie hilflos Europa ohne die USA ist, man hatte keine Möglichkeiten den Deal zu retten und hat immer wieder nur versichert man stünde für den Deal, europäische Firmen haben den Iran aber trotzdem wieder scharrenweise verlassen aus Angst vor US-Sanktionen.


    Man könnte das westliche Europa beziehungsweise die EU momentan fast schon mit der bekannten "der kranke Mann am Bosporus" Situation gleichsetzen, objektiv wäre ein geeintes mit einer Stimme sprechendes Europa durchaus ein bedeutendter Machtfaktor, aber in der momentanen Situation vegetieren die europäischen Staaten mehr oder weniger vor sich hin, es gibt keinen Mut zu Innovation und man begnügt sich einfach in fast allen Bereichen mit dem Status Quo und versucht diesen halbwegs zusammenzuhalten.

  • Trump hat gerade auch der israelischen Siedlungspolitik einen legalen Status zuerkannen lassen. En passant.



    Da es derzeit fast nur Kommentare zum Iran gibt, geschrieben von Leuten, die da überhaupt keine Netzwerke vor Ort haben, hier ein paar Quellen zum Iran:


    https://twitter.com/ReutersIran
    https://twitter.com/iran_journal
    https://twitter.com/AlinejadMasih
    https://twitter.com/A_Tabatabai
    https://twitter.com/farnazfassihi
    https://twitter.com/NegarMortazavi
    https://twitter.com/borzou
    https://twitter.com/NatalieAmiri


    Hier noch ein schönes Beispiel zur vermeintlichen Indoktrinierbarkeit der Iraner:
    https://twitter.com/farnazfassihi/status/1196648402274193408


    drache:


    Die Möglichkeiten hätte die EU durchaus, aber nicht den politischen Willen, diese gegen Widerstand und Folgekosten durchzusetzen. Genau das wäre aber der Weg, um die Demokraten in den USA bei der Abwahl von Trump zu unterstützen, was zum Teil ja im EU-Interesse liegen würde. In Osteuropa sieht man das gewiss teils anders.


    Man hätte ja die Sanktionen gegen den Bruch des Embargos erst einmal abwarten können. Man hätte ein zweites "Whatever it takes" aussprechen können, wenn man eine Agenda gehabt hätte. Man hätte auch den kleinesten gemeinsamen Nenner namens INSTEX finanziell so ausstatten können, dass es funktioniert hätte. Hätte, hätte, hätte. Es mangelt bei der EU (außerhalb des Militärischen) nie an der Möglichkeit, sondern immer am politischen Willen.


    Dabei sollte man auch mal die Folgekosten der jetzigen Außenpolitik aufrechnen. Alleine für Lybien und die Türkei dürften die ziemlich hoch ausfallen. In Euro. Der Schaden an Menschenleben und Ansehen, dass man sich von einem Autokraten wie Erdogan öffentlich konsequenzenlos verlachen lässt, bei dem Einfluss, den man nehmen könnte, hat die EU international völlig demontiert.


    Der Weg zurück wird ziemlich weit sein. Und es gibt wenige in der deutschen Politik, die überhaupt den Horizont haben, um das zu verstehen. Baerbock, Giegold vielleicht so etwas. Europäische Außenpolitik ist mangels analytischer Kompetenzen (die es gibt, die man aber nicht einholt) immer nur kurz- bis maximal mittelfristig sowie nahezu nur nach ökonomischem Imperativ ausgelegt. Man reduziert so komplexe Wechselwirkung auf Gleichungen, die man meint noch medial vermitteln zu können. Mehr mit Blick auf die nächste Meinungsumfrage als auf komplex angelegte Interessenlagen. Letztere sind eben oft zusammenhangslos mit dem, was man sich im Vordertaunus oder Hinterpommern dazu denken mag.

    Before I refuse to take your questions, I have an opening statement.
    Ronald Reagan

    Einmal editiert, zuletzt von Joss ()

  • Die Möglichkeiten hätte die EU durchaus, aber nicht den politischen Willen, diese gegen Widerstand und Folgekosten durchzusetzen.

    Hab ich doch genauso gesagt, die EU ist nicht in der Lage Ihre potentiellen Möglichkeiten auszuschöpfen weil sie eben wie du schreibst aus politischen Willen heraus nicht in der Lage ist gemeinsam zu sprechen, die Osteuropäer die das beispielsweise anders sehen bezüglich Trump sind halt auch Teil der EU und soweit ich weis müssen ja gerade die außenpolitischen Statements der EU immer einstimmig sein.

  • Hab ich doch genauso gesagt, die EU ist nicht in der Lage Ihre potentiellen Möglichkeiten auszuschöpfen weil sie eben wie du schreibst aus politischen Willen heraus nicht in der Lage ist gemeinsam zu sprechen, die Osteuropäer die das beispielsweise anders sehen bezüglich Trump sind halt auch Teil der EU und soweit ich weis müssen ja gerade die außenpolitischen Statements der EU immer einstimmig sein.

    Du hast einen gemeinsamen außenpolitischen Nenner als utopisch bezeichnet. Das sehe ich eben etwas anders. Die EU hat zahlreiche geteilte Interessen und nur weil u.a. durch schwache und nationalstaatlich ignorante Führung durch Kern- in Osteuropa EU-kritische Parteien an die Macht gekommen sind, wurde der Interessenausgleich weiter erschwert. Das ist aber vor allem Deutschland und inzwischen auch Frankreich geschuldet. Am Schönsten sieht man das in Italien, wo das EU-freundlichste Land durch Flüchtlings-, Finanz- und Exportpolitik (auch im Einklang mit Teilen von Interessengruppen der Italiener selbst, die Mafia investiert heute nicht mehr in Italien, sondern in Deutschland, welche eine Ironie) sich hinsichtlich der EU ins Gegenteil verkehrt hat.


    Was die Osteuropäer betrifft, hat man die in der EU nie wirklich ankommen lassen. Siehe die Ukrainepolitik. Wenn man sie aufnimmt, dann muss man auch ihre Geschichte und ihre Sorgen ernst nehmen. Stattdessen hat man sie mit deutschen Augen eben als Investitionsstandort eingemeindet. Deutschland erntet heute in Form von Ressentiments und Uneinigkeit seine Europapolitiken der 90/00er Jahre. Die EU-Sozialcharta wurde bis heute nur in Form von flexibler Arbeitskraft ausgedeutet. Und die Migrationspolitik der EU qua Dublin wurde damals auch von Deutschland diktiert. Als es dann brannte, war man aber nicht zu stelle. Und dafür haben Ost- wie Südeuropäer nun ein Gedächtnis entwickelt. Das ist in meinen Augen die Herausforderung, dass man diesen in Berlin produzierten Schlamassel überhaupt einräumt. Wo nicht, wird es bei den Blockaden bleiben.


    Aber weil es an Deutschland hängt, darf das in meinen Augen nicht utopisch sein. Eben weil es in unsere Verantwortung fällt. So viel Hintergrund muss meiner Meinung nach sein.


    Es ist wie so oft, Drache, in der Sache liegen wir da gewiss nicht weit auseinander, aber manchmal entspinnt sich im Kopf eines anderen ein alternatives Szenario entlang von Begrifflichkeiten. Ich sehe das übrigens auch wie eine Art Krankheit, etwas das erst enden wird, wenn eine Medizin gefunden und eingenommen ist. Bis dahin wird es nur mehr schlechter.


    ----------------------


    Zur Lage im Iran:


    Die krassen Zahlen an zerstörtem Eigentum, in einer Stadt allein 300 Busse oder landesweit über 100 Banken, lassen zusammen mit den Parolen a la Tod dem Revolutionsführer schlimmes erwarten. Man kann nur hoffen, dass sich die Augen der Welt auf den Iran richten, denn sie werden das einzige Schild der Demonstrierenden sein.

  • Zur Lage im Iran:


    Die krassen Zahlen an zerstörtem Eigentum, in einer Stadt allein 300 Busse oder landesweit über 100 Banken, lassen zusammen mit den Parolen a la Tod dem Revolutionsführer schlimmes erwarten. Man kann nur hoffen, dass sich die Augen der Welt auf den Iran richten, denn sie werden das einzige Schild der Demonstrierenden sein.


    Das schlimmste was für die Bevölkerung passieren könnte wäre ein Bürgerkrieg ausländische Interventionen inklusive. Aus Sicht von USA, Israel und Saudi Arabien ein voller Erfolg.

  • Hast du leicht irgendwie einen "Hass" auf Deutschland Joss? Klingt bei dir, fast so als ob Deutschland an allem Unheil in der Welt verantwortlich ist.


    Den Zusammenhang zwischen den Mehrheiten der Fidesz in Ungarn und der PiS in Polen und der Politik Deutschlands kann ich nämlich in keiner Form erkennen.


    Dass man Italien und auch Griechenland zu lange in Stich gelassen hat was vor allem die Migrationsfragen betrifft und das dann zu einem Anstieg der Populistischen Parteien, speziell in Italien führte, kann ich nachvollziehen aber an dem Umstand trägt Deutschland meiner Meinung nach trotzdem nicht die Hauptschuld beziehungsweise Alleinschuld.


    Und auch mal davon abgesehen was deiner Meinung nach Deutschland alles verhunzt hat, ist es meines erachtens nach offentsichtlich das solange die EU jede Ihrer Entscheidungen einstimmig treffen muss beziehungsweise will, gelähmt bleiben wird.


    Müsste man in den USA beispielsweise für jede politische Entscheidung die Zustimmung aller US-Bundesstaaten benötigen würde dort auch einfach nichts weiter gehen da die Menschen immer lokal und regional spezifisch andere Anliegen verfolgen werden oder einfach eine andere Priorisierung haben.


    Siehe beispielsweise Kalifornien und Florida die stark vom Klimawandel betroffen sind und hier Ihre derzeit größte Problematik sehen während es den Staaten im Steel Belt andererseits die momentan nicht wirklich von Klimakatastrophen betroffen sind eher um den Braindrain beziehungsweise den Verlust von Arbeitspläzen geht.


    Misch dann noch verschiedene Kulturen, Sprachen und Geschichte hinzu in diesen Mix und erklär mir dann mal wie ich zu einer vernünftigen einstimmigen Entscheidung kommen kann wenn jeder etwas anderes möchte.


    Die EU gehört einfach vernünftig reformiert in dem Sinne das man Mehrheitsentscheidungen treffen kann ohne Rücksicht auf Blockierer Staaten zu nehmen, allein Ungarn hat doch schon mit seiner Blockadehaltung dutzende EU Resolutionen verhindert.

  • Hast du leicht irgendwie einen "Hass" auf Deutschland Joss? Klingt bei dir, fast so als ob Deutschland an allem Unheil in der Welt verantwortlich ist.

    Ich habe weniger so etwas wie Hassgefühle als ich hier schlichtweg politische Verantwortlichkeiten sehe. Das wird ja auch so an Deutschland adressiert und wenn man kritischer ökonomischer Literatur wie Flassbeck und Lapavitsas's "Nur Deutschland kann den Euro retten", Oliver Nachtweys "Die Abstiegsgesellschaft - Über das Aufbegehren in der regressiven Moderne" (darin die Kapitel zur EU-Wirtschafts- und Standortpolitik), Wolfgang Streecks "Gekaufte Zeit - Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus" oder Ivan Krastevs "Europadämmerung" folgt, kann man sich des Eindrucks auch nur schwer erwehren. Könnte jetzt noch zig andere nennen und wundere mich daher, dass Du das als ein persönliches Problem von mir als Person adressierst. Entweder hier bei Makroskop oder im Oxi-Blog findest Du zig Journalisten und Ökonomen, die sich mit diesen Fragen beschäftigen. Da einem Kritik am Mainstream nie auf dem Silbertablett präsentiert wird, muss man das aber schon lesen und hinterfragen wollen. Ohne aktive Zutat geht das nicht. Diese Mühe habe ich mir zumindest gemacht.


    Einige schöne Beispiel für die perversenden Klassenlagen in (aber nicht nur in) Europa findet sich in "Die neuen Diener". Wie das in die Menschen hineinwirkt hat Heinz Bude in seinem Buch "Die Gesellschaft der Angst" hinsichtlich deutscher Verhältnisse beschrieben. Aber auch da kann man sich natürlich fragen, was das rechtlose neue Dienstleistungsproletariat in deutschen Eigenheimen und mit osteuropäischer Nationalität eigentlich mit Deutschland zu tun hat. Und ob das nicht von Hass auf Deutschland getriebene Menschen sind, die solchen Arbeitskräften den Marktzugang verwehren wollen. Es gab zuletzt regelmäßig Berichte über die Ausbeutung osteuropäischer Pflegekräfte, wo im stillen Einverständnis osteuropäische Arbeitskräfte in deutschen Wohnzimmern ausgebeutet werden, 24 Stunden Arbeitstage, kleine Klagemöglichkeiten, ein freier Tag in der Woche, kein Urlaub & Co.


    Nicht die EU hat schließlich in Polen für Sozialpolitik und verbesserte Arbeitsbedingungen eingestanden, sondern die PiS. Deutschland hat weite Teile seiner Zulieferer nach Polen, Tschechei und Slowakei ausgelagert, während es völlig verzerrte und unregulierte Märkte im eigenen Land duldet. Osteuropa hat dabei nach wie vor ein ein sehr geringes Lohnniveau bei geringer sozialer Absicherung. Dagegen ist Ostdeutschland gar nichts. Ganz unten in Sachen Durchschnittslohn: Bulgarien (1,67 EUR), Rumänien (2,03 EUR) Litauen (3,11 EUR), Lettland (3,35 EUR), Ungarn (3,59 EUR). Weltweit im Vergleich hier.



    Was nun die deutsche Exportpolitik betrifft ist es kein Geheimnis, dass Deutschland durch jahrelangen Lohnverzicht die eigenen Exportprodukte gegenüber den europäischen Konkurrenten konkurrenzlos günstig gemacht hat. In einer Währungsunion sind eben die Lohnstückkosten entscheidend. Und während Frankreich und Italien als unmittelbare Konkurrenten z.B. im Automobilsektor sich an die EU-Auflagen hielten, hat Deutschland seine Währung durch Lohndumping kontinuierlich abgewertet. Alles nachzulesen bei Ulrike Herrmann, Flaßbeck, Strohschneider & Co. Darüber wurde regelmäßig jenseits von obskuren Medien berichtet, wenn es auch nicht der Mainstream war.


    Deutschland ist in der Tat für weite Teile europäischen Unheils verantwortlich. Illustrativ dazu war ja auch das Verhalten gegenüber Griechenland während der Eurokrise. Die Leute hatten nicht einmal mehr Krebsmedikamente und Deutsche Unternehmen wie die Fraport sicherten sich zur gleichen Zeit das Tafelsilber wie den Athener Flughafen. Illustrative Einblicke lieferte im nachhinein Varoufakis mit seinem EU-Krisenporno.



    Darüber könnte man Stundelang schreiben und lesen. Letzteres habe ich mir zumindest nicht erspart.


    --------------


    An die Mods: Ich werde es hier dabei belassen, denn das ist jetzt natürlich Off Topic gewesen. Dem persönlichen Vorwurf wollte ich jedoch derart entgegnen, dass meine Sichtweise nun wahrlich nicht gar so persönlich und schon gar nicht von irgendeinem Blindwütigem Hass geprägt ist. Dennoch sorry hinsichtlich des Themas, ich versuche da schon immer einen Blick für zu haben.

  • @ Joss
    Sehr schön zusammengefasst aber ich hätte dir gleich sagen können das es zwecklos ist darauf hinzuweisen.
    All diese Missstände sind lange bekannt und oft genug auch hier disskutiert worden, aber fast jeder der nicht persönlich davon betroffen ist und in seiner vermeintlich sicheren Wohlstandsblase hockt negiert diese Punkte einfach und plappert lieber die Politikpropaganda ala "noch nie ging es den Deutschen so gut" nach. Ist einfach bequemer und jeder der es wagt diese Leute in ihre Komfortzone zu belästigen in dem er auf gravierende Probleme hinweist wird dann als Schwarzmaler und Mießmacher hingestellt. Ich habe das deshalb inzwischen weitestgehend aufgegeben bringt eh nix, die Leute wollen es offensichtlich nicht anders.


    "Telling an atheist they're going to hell is as scary as a child telling an adult they're not getting any presents from Santa"

    -Ricky Gervais-


    "Arbeiten im Büro das ist wie Sex in der Ehe, am Anfang gibt man sich Mühe und hat Spaß und nach ein paar Jahren macht man immer das selbe und ist einfach nur froh wenn Feierabend ist"


    -Bernd Stromberg- :thumbsup:

  • @ Joss
    Sehr schön zusammengefasst aber ich hätte dir gleich sagen können das es zwecklos ist darauf hinzuweisen.
    All diese Missstände sind lange bekannt und oft genug auch hier disskutiert worden, aber fast jeder der nicht persönlich davon betroffen ist und in seiner vermeintlich sicheren Wohlstandsblase hockt negiert diese Punkte einfach und plappert lieber die Politikpropaganda ala "noch nie ging es den Deutschen so gut" nach. Ist einfach bequemer und jeder der es wagt diese Leute in ihre Komfortzone zu belästigen in dem er auf gravierende Probleme hinweist wird dann als Schwarzmaler und Mießmacher hingestellt. Ich habe das deshalb inzwischen weitestgehend aufgegeben bringt eh nix, die Leute wollen es offensichtlich nicht anders.

    Hi Flo, aber was bringt einem der Rückzug? Mein Leben lang habe ich durch das, was dem einen als Deutschlandhass und dem anderen als Schwarzmalerei erscheint, Leute kennengelernt, die sich der Welt in der sie leben und auch sich selbst, mit Reflexivität und Kritik nähern. Verglichen mit Bulgaren oder Rumänen lebe ich auch in der Komfortzone. Aber auch daheraus >>kann<< man eine Pflicht zur Nachdenklichkeit, Kritik und zum Brücken bauen ableiten. Anderswo verschwinden solche Menschen, die Kritik üben, einfach. Bei uns wird man lediglich beleidigt. Und das sollte einen doch nicht abschrecken, denn sowas fällt erstens auf den Urheber zurück, zweitens ist es wirklich meine Lebenserfahrung, dass die eigene ausgestreckte Hand die Voraussetzung der anderen ist. Siehe auch Deine Antwort und danke dafür.


    ----------------


    Nicht nur die Türkei betreibt politisch motivierte Geiselnahme, auch der Iran und neuerdings, also nach dem Platzen des Atomdeals, verstärkt.


    Der Dreh dahinter scheint zu sein, dass die Hardliner Kontakte des Westens zu kritischen Stimmen im Iran durch Angstpolitiken unterbinden wollen. Das meint hier durchaus nicht zwangsläufig Leute, die das System stürzen wollen, sondern eben auch Rechtsanwälte, Kopfarbeiter, FrauenrechtlerInnen. Oder auch einfach nur BürgerInnen: Der Fall des "blauen Mädchens" (namentlich: Sahar Khodayari) ist dabei typisch für den Iran. Denn oft geht es um Zugänge und Lebenschancen, also bürgerliche Freiheiten, hier den Besuch von Fußballstadien für Frauen. Der Fall zeigte auch, dass und wie Reformen möglich sind. Deutsche Berichterstattung fokussiert dagegen zumeist nur auf Systemsturz und Kopftuch.


    Qantara ist übrigens eine der besten deutschsprachigen Quellen für Berichte, Analysen, Gespräche zur islamischen Welt. Wen diese interessiert, der lernt dort mit der Zeit zahlreiche Experten kennen.


    -----------------


    Interessant war gestern noch ein Kommentar von Silke Mertins zum Konflikt zwischen Iran und Israel in der taz. Darin hat sie die Drohkulisse eines Krieges an die Wand projiziert. Was ich für Unsinn halte, weil der Iran die Kosten für so eine Auseinandersetzung nur zu gut kennt, der Irak-Iran-Krieg ist ein nationales Trauma und Identifikationsmoment gleichermaßen. Israel wiederum folgt seit Bestehen einer klaren militärischen Doktrin. Werden seine Grenzen unmittelbar bedroht, führt es auch einen Präventivkrieg aber auch nur dann. Für alles andere hat man eine überlegene Luftwaffe. Der Iran wiederum weiß, nie klarer als heute, dass ein Überschreiten der Grenze nach Israel eine amerikanische Intervention zur Folge hätte. In beiden Führungsstäben gibt es keine je aufgefallenen Hotshots.


    Daher verstehe ich nicht, wie Mertins von regionaler Einmischung zu einem unmittelbaren Konflikt kommen möchte. Sie sieht den konventionellen Konflikt dennoch immer näherrücken. Der Kommentar wäre besser in ihrer Homebase, der NZZ, untergebracht, denn seine Motivation gibt er zum Ende zu erkennen. Sie schließt nämlich mit einem Plädoyer zur Rückkehr zur europäisch-amerikanischen Einmischung. Was vor eben ihrem skizzierten Hintergrund schon ziemlich strange anmutet. Vor 5 Jahren hätte man mit einer Flugverbotszone über Syrien wohl zigtausende Tote verhindern können. Heute nicht mehr. Demgegenüber hätte man alle Möglichkeit den friedlichen Wandel im Iran zu unterstützen oder einen Plan für Israel/Palästina zu entwickeln. Die Rolle wäre angesichts der katastrophalen Regionalpolitik der USA für die EU völlig ausreichend. Ob daraus dann (positiver) Einfluss entsteht, müsste sich weisen.

  • Hab mir gerade eine Doku über den von den USA getöteten Qassem Soleimani angeschaut:


    https://www.zdf.de/dokumentati…iger-drahtzieher-102.html


    Darin fällt ein bemerkenswertes Zitat:


    "Man sollte ihn nicht einfach als bösen Menschen abtun, genau wie ich an mein Land glaube, glaubt er auch an sein Land und ich würde mein Land genauso verteidigen wie er das seine."


    Stanley A. McChrystal, US-General

  • Tja jetzt bekommt Donni ja vielleicht doch noch seinen Krieg, den er ja angeblich nie wollte. :(


    Die Frage ist war das vorsätzlich um von seinem Impeachment usw. abzulenken ? oder einfach nur eine seiner unbedachten Spontanentscheidungen ? oder um seine Wiederwahl durch einen Krieg zu sichern ?
    Bei ihm ist ja leider alles möglich.


    "Telling an atheist they're going to hell is as scary as a child telling an adult they're not getting any presents from Santa"

    -Ricky Gervais-


    "Arbeiten im Büro das ist wie Sex in der Ehe, am Anfang gibt man sich Mühe und hat Spaß und nach ein paar Jahren macht man immer das selbe und ist einfach nur froh wenn Feierabend ist"


    -Bernd Stromberg- :thumbsup:

  • Die Lage im Irak hat sich ein wenig im Laufe des Dezembers eskaliert. Es gab etliche amerikanische Tote durch Überfalle, auf die dann mit Vergeltungsschlägen reagiert worden sind. Das ganze Spitze sich dann mit dem Sturm auf die US Botschaft in Bagdad am 31.12 zu:
    Bericht über den Sturm auf die US Botschaft


    Blöd nur für den Iraner war es, dass sie wohl nicht gedacht hatten, dass Trump sowas durchzieht, wenn man ihm provoziert.

  • Jedenfalls ist klar, dass der Iran einen Konflikt gegen die USA, wenn überhaupt, nur mit extrem großen Verlusten und Schäden überstehen würde, wenn es nicht sogar zu einem Regime-Change käme. Rein logisch kann der Iran also eigentlich nicht an einer totalen Eskalation interessiert sein. Und Trump ohnehin nicht, weil es sein zentrales Wahlversprechen war, keinen neuen Krieg zu führen.


    Das Problem der USA besteht wohl vor allem momentan in der möglichen doppelten Herausforderung durch den Iran und Nordkorea.


    Es wird viel davon abhängen, wie und wo der Iran nun zurückschlägt. Es darf halt kein neues „Pearl Harbor“ werden, das Trump zwingen würde in den Krieg zu ziehen. Nur wie gesagt, daran dürfte der Iran auch kein wirkliches Interesse haben. Er hat keine realistische Aussicht auf einen Sieg, woran damals die Japaner ja noch irrig glaubten. Dieser Irrtum kann dem Iran eigentlich nicht passieren, ebensowenig Nordkorea. Die militärische Überlegenheit der USA ist dazu einfach zu gewaltig und zu offensichtlich. Selbst wenn ein vernichtender Überraschungss chlag gelänge, wäre die unweigerliche Antwort der USA zehnmal zerstörerischer.


    Denkbar bleiben viele kleine Nadelstiche durch kleinere Terroranschläge, Aufstände usw. im gesamten islamischen Raum. So dass US-Kräfte permanent kostspielig gebunden würden. Aber auch das wäre riskant.

  • Die USA haben den Krieg in Afghanistan nicht gewonnen, die Kontrolle im Irak aufgegeben, den Krieg in Syrien mehr oder weniger verloren.


    Ganz so super ist die Supermacht nicht.


    Der Iran könnte die Ölversorgung von der Arabischen Halbinsel erheblich beeinträchtigen oder sogar komplett zum Erliegen bringen.


    Nur von Israel sollte Iran möglichst die Finger lassen, denen ist am ehesten eine Überreaktion zuzutrauen. Aber ansonsten sind sicher viele Nadelstiche von Seiten des Irans möglich.


    In einem Krieg der aufs Ganze geht sind die USA natürlich klar überlegen, aber davon sind sie meilenweit entfernt.

  • Naja, dann schau dir mal an, wie die Gegner der USA im Irak und in Afghanistan heute dastehen. Saddam ist entmachtet und hingerichtet. Osama bin Laden getötet. Die Taliban verkriechen sich im pakistanischen Gebirge. Der IS ist vertrieben und sein Kalif getötet. Die USA haben ihre größte Botschaft weltweit in Bagdad und machen Ölgeschäfte im Irak. Also ja, es mag nicht alles rund gelaufen sein, aber letztlich haben die USA sich bisher jedenfalls deutlich besser geschlagen, als ihre Gegner. Und so würde es im Falle Irans auch enden. Ganz zu schweigen von den zahlreichen Militärbasen, die sie im Irak und in Afghanistan errichtet haben und die nun als Operationsbasen dienen. Von den Regierungen beider Länder mal ganz abgesehen.


    Aber gut, der Iran hat angekündigt massiv zurückschlagen zu wollen. Angeblich visiere man bis zu 35 US-Ziele in der Region an. Ich frage mich allerdings, ob man da die mögliche Reaktion der USA nicht unterschätzt, sollten wirklich viele US-Soldaten ums Leben kommen.

  • Und Trump ohnehin nicht, weil es sein zentrales Wahlversprechen war, keinen neuen Krieg zu führen.
    ziehen.

    Was kann er nicht? Trump kann machen was er will. Den bringt nichts zu Fall. Ich habe letztens erst eine Rede von ihm gehört, in dem er Sinngemäß sagte er könne einen Menschen auf offener Straße erschießen und seine Anhänger stünden immer noch hinter ihm. Und er hat recht.


    Wann möchtest du das eigentlich begreifen? Wie oft hast du hier geschrieben er wird bald entmachtet? Wir können nur hoffen dass er nach seinen 8 Jahren Regierungszeit abtritt und nicht ein Gesetz erlässt dass das aufhebt.

  • Saddam ist entmachtet und hingerichtet.

    Das stimmt das dafür das Land weitestgehend zerstört und hunderttausende Zivilisten direkt oder indirekt starben und der IS überhaupt erst entstehen konnte würde ich jetzt nicht gerade als tollen Sieg sehen.

    Osama bin Laden getötet. Die Taliban verkriechen sich im pakistanischen Gebirge.

    Ja Osama ist tot aber die Taliban haben sich mit nichten verkrochen, ganz im Gegenteil die sind stärker denn je und werden früher oder später wieder ganz Afghanistan übernehmen. Ein Sieg sieht für mich anders aus.

    Der IS ist vertrieben und sein Kalif getötet.

    Das ist aber weniger der Verdienst der USA als viel mehr seiner Verbündeten Kurden usw. die mann dann ja eiskalt hat fallen lassen.

    Die USA haben ihre größte Botschaft weltweit in Bagdad und machen Ölgeschäfte im Irak.

    Ach und ich dachte es ginge gar nicht ums Öl. :D


    "Telling an atheist they're going to hell is as scary as a child telling an adult they're not getting any presents from Santa"

    -Ricky Gervais-


    "Arbeiten im Büro das ist wie Sex in der Ehe, am Anfang gibt man sich Mühe und hat Spaß und nach ein paar Jahren macht man immer das selbe und ist einfach nur froh wenn Feierabend ist"


    -Bernd Stromberg- :thumbsup:

  • Erstens weiß ich nicht Hades, was du mir da unterstellst. Ich habe immer gesagt, dass Trump vermutlich wiedergewählt wird. Mogges ist es, der das bestreitet.


    Zweitens Fairas stehen deine Aussagen nicht im Widerspruch zu meinen. Ich habe lediglich abgewogen, wer am Ende besser da stand. Und das sind bisher unzweifelhaft die USA und nicht Saddam, der IS, Al Quaida, die Taliban oder andere. Die haben nämlich alle mächtig auf den Sack gekriegt, während in den USA die Wirtschaft brummt und heute schon kaum noch einer an Osama bin Laden oder Al Bagdhadi denkt. Eben Schnee von gestern.


    Für mich steht außer Frage, dass strategisch, militärisch und wirtschaftlich die USA sich in der Region durchgesetzt haben. Das ist ein Erfolg. Ähnlich übrigens wie Putin, der es ihnen in Syrien nun nachzumachen versucht.


    Aber gut. Warten wir einfach ab, was der Iran am Ende wirklich macht. Dann werden wir sehen. Einen Krieg gegen die USA wird er zweifellos defacto verlieren, da lege ich mich fest. Gerade weil die USA vermutlich nicht dort einmarschieren werden.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!