Computer- und Spielesucht - Der Weg zur Realitätsentfremdung

  • Moin Fairas,


    natürlich war früher alles besser.
    Das hat schon mein Opa gesagt , also ist es richtig ;)


    Nein, ich wollte nur sagen, dass die 60er, 70er weniger anfällig gegen die neuen Medien und ihr Suchtpotential sind, als 90 er. Auch wenn sie befallen sein können


    Schlimm wird es für die 2000er und Zweitausendzehner, die mit dem Handy und Twitter in der Puperze geboren wurden.
    Sie erkennen vielleicht gar nicht die Sucht.

  • dass die 60er, 70er weniger anfällig gegen die neuen Medien und ihr Suchtpotential sind, als 90 er

    Jup, wahrscheinlich aus dem Grund, weil es damals keine neuen Medien gab.....
    Aber der Gedanke zielt schon in die korrekte Richtung; Freizeit hat sich früher eigentlich immer draußen abgespielt: Fußball, Disse, Freiwillige Feuerwehr, Pilze sammeln etc.
    Heute wird Freizeit und Erholung gerne mit zocken und "am PC oder am Smartphone abhängen" assoziiert und auch so betrieben; der oben erwähnte soziale Austausch fällt völlig hinten runter und im Grunde genommen sind 10 h am Rechner ( ob jetzt beim Spielen oder Facebook-Klicken ), totale Zeitverschwendung, in jeglicher Hinsicht; Zeit totschlagen trifft es da eher.
    Sich 2 Stunden maximal für ein PC Spiel am Abend gönnen, quasi als Belohnung wird dann ja meistens eher von denen betrieben, die tagsüber beruftstätig sind und / oder Familie haben.
    Die heutige Welt ist eben einfach so verführerisch einfach; doch entweder zahlt man mit seinen persönlichen Daten dafür oder mit seiner Gesundheit. Warum hat ein heutiges Smartphone die 5-fache Rechenleistung eines 5 Jahre alten Rechners? Warum wird so viel Leistung benötigt, alleine nur um im I-Net zu surfen? Weil im Hintergrund dutzende Tracker, Bots und geblockte Werbung mitgeschleppt werden. Es ist ein kompletter Irrsinn, was heutzutage der Normalzustand sein soll beim Umgang mit den einfachsten technischen Anwendungen; viele sind da einfach überfordert oder gehen in die Falle.

  • Jup, wahrscheinlich aus dem Grund, weil es damals keine neuen Medien gab.....Aber der Gedanke zielt schon in die korrekte Richtung; Freizeit hat sich früher eigentlich immer draußen abgespielt: Fußball, Disse, Freiwillige Feuerwehr, Pilze sammeln etc.
    Heute wird Freizeit und Erholung gerne mit zocken und "am PC oder am Smartphone abhängen" assoziiert und auch so betrieben; der oben erwähnte soziale Austausch fällt völlig hinten runter und im Grunde genommen sind 10 h am Rechner ( ob jetzt beim Spielen oder Facebook-Klicken ), totale Zeitverschwendung, in jeglicher Hinsicht; Zeit totschlagen trifft es da eher.

    Das ist mir aber dann doch auch ein wenig Verklärung der "guten alten Zeit".
    Das große "neue" Medium hieß damals schlicht Fernseher, und bei nicht wenigen war (und ist es auch bis heute noch) usus gewesen das die Glotze den ganzen Tag lief/läuft.
    Von der Arbeit nach hause gekommen und direkt mit Bierchen ab auf die Couch vor die Glotze, da war dann auch nix oder wenig mit Vereinen und anderen Aktivitäten draußen.
    Es stimmt zwar das die Auswahl an Möglichkeiten durch Smartphones, PCs, usw. heute deutlich größer ist aber ich wage mal zu behaupten das viele die heute Internet und Spiele süchtig sind früher halt die "TV-Süchtigen" waren die ihre komplette Freizeit vor der Glotze verbracht haben. :lehrer:


    "Telling an atheist they're going to hell is as scary as a child telling an adult they're not getting any presents from Santa"

    -Ricky Gervais-


    "Arbeiten im Büro das ist wie Sex in der Ehe, am Anfang gibt man sich Mühe und hat Spaß und nach ein paar Jahren macht man immer das selbe und ist einfach nur froh wenn Feierabend ist"


    -Bernd Stromberg- :thumbsup:

  • Von der Arbeit nach hause gekommen

    Eben; Betonung liegt auf "zuhause". Smartphones schleppt man mit sich rum, den ganzen Tag.
    Die TV Süchtigen sind mit Sicherheit erst in den 80´ern aufgetaucht, eben dann als mit den Privatsendern eine Riesenvielfalt zur Verfügung stand.
    ARD und ZDF Süchtige kann ich mir mit der grössten Phantasie nicht vorstellen. :P


    TV gibt es immer noch; wird jedoch meistens nur noch für Online Angebote wie Netflix genutzt; die Programme schauen nur noch ältere ( ok, John mal ausgenommen ).
    Das Suchtverhalten über die moderne Computer- und Netztechnologie hat eine völlig andere Qualität als stundeslanges vor der Glotze hängen und MTV schauen wie damals.

  • Früher gab es andere Süchte. Alkoholismus war deutlich verbreiteter.


    Und als es keine Fernseher gab, saß man mit den Nachbarn im Garten und kloppte Karten und trank oder prügelte sich in der Kneipe. Dafür wusste man auch von der Welt wenig bis kaum was.


    Heute sind im TV auch Dokus aller Art bei Mitdreißigern usw. sehr beliebt. Filme und Serien schaut man hingegen lieber auf Netflix und Amazon.


    DschungelTV und Privatfernsehen sind dann die Unterhaltung für bildungsferne Schichten, werden zumindest vom Bildungsbürgertum eher gemieden.


    Wie bei allem: Das Maß spielt die entscheidende Rolle.

  • Deiner These nach wurde also Alkoholismus durch Internet- und Spielsucht ersetzt?
    Denke ich nicht; beide addieren sich bzw der Elektronikwahn, das permanent erreichbar sein müssen und der Onlinezwang sind dazugekommen.
    Möglicherweise trinkt man heutzutage ein wenig maßvoller als noch in den 70´ern, Vorglühparties gab es zu meinen Teenagerzeiten jedoch noch nicht.


    Ich persönlich halte Internetsucht und Smartphoneabhängigkeit schädlicher als rauchen, definitiv.

  • Ich empfehle mal https://freedom.to/ - wenn die Selbstdisziplin in Sachen Internetabstinenz mal nicht so will, wie man es gerne möchte.


    DschungelTV und Privatfernsehen sind dann die Unterhaltung für bildungsferne Schichten, werden zumindest vom Bildungsbürgertum eher gemieden.

    Bei SPON gibts regelmäßig Berichterstattung darüber und mir sind auch die ein oder anderen Studierten (gut, das bedeutet niht unbedingt Bildung) bekannt, die sich solche Formate reinziehen.

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    And before he died, Taran-Ish had scrawled upon the altar of chrysolite with coarse shaky strokes the sign of DOOM.

  • DschungelTV und Privatfernsehen sind dann die Unterhaltung für bildungsferne Schichten, werden zumindest vom Bildungsbürgertum eher gemieden.

    Das ist auch eine urban legend; Hirn abstellen und Bauer sucht Frau gucken, ist schon lange in der berühmten Mitte angekommen.
    In welcher Welt lebst Du denn, wenn Du glaubst, daß jeder mit Abitur nur noch ARTE und Phoenix schaut?


    Facebook, Whats App und andere Hohlbrotanwendungen haben dem Massenkonsum von Gerichtsshows und anderem TV Rotz schon lange den Rang abgelaufen. Quer durch die Bevölkerungs- und Bildungsschichten wird gelinkt und geliked, Filmchen verschickt und in Gruppenchats tausende Stunden an wertvoller Lebenszeit verballert.
    Internetsucht und Onlinezwang ist ein relativ neues Krankheitsbild und überhaupt schlecht vergleichbar mit einem Suchtverhalten, das man bei Alkoholmissbrauch oder Tabakkonsum hat. Die Hersteller setzen immer wieder einen drauf und optimieren und differenzieren Apps, pimpen die Hardware und ballern die Konsumenten mit "Must Haves" zu.
    Der massive Datenabgriff ist da nur eine Nebenerscheinung; aber wie auch beim klassischen Zigaretten- und Alkoholkonsum werden die Nebenwirkungen negiert und man lügt sich argumentativ nur die positiven Effekte vor.


    Das Maß spielt die eigentliche Rolle; sicherlich richtig, doch sehr schlecht greifbar, wenn sich noch keine körperlichen Entzugserscheinungen zeigen. Nimmt man einem abhängigen Teenager das Smartphone weg, zeigt sich der Entzug jedoch relativ schnell.
    In einem Interview mit einem Psychologen hatte dieser mal erwähnt, daß Smartphones das erste Suchtmittel in der Geschichte der modernen sozialisierten Menschheit sind, wo die Eltern nicht mit dem Finger auf die Kinder zeigen können; da sie stellenweise noch mehr an den Dingern hängen wie die Kids selbst.
    Für Psychologen eine völlig neue Herausforderung und Erfahrung.

  • Das Maß spielt die eigentliche Rolle; sicherlich richtig, doch sehr schlecht greifbar, wenn sich noch keine körperlichen Entzugserscheinungen zeigen. Nimmt man einem abhängigen Teenager das Smartphone weg, zeigt sich der Entzug jedoch relativ schnell.

    An sich gebe ich dir natürlich recht, Abhängigkeit lässt sich gut daran erkennen ob man einfach auf etwas verzichten kann oder nicht. Einfach mal eine Woche kein Computer, oder Smartphone oder Alkohol etc.
    Ich denke bei Smartphones kommt, wenn du einem Teenager dieses wegnimmst, aber noch eine weitere Komponente hinzu: Du klemmst ihn damit unter Umständen von seiner sozialen Gruppe ab, was wesentlich schlimmer ist als nicht mehr surfen oder zocken zu können. Von daher finde ich es da auch sehr schwierig als Außenstehender überhaupt eine Linie zwischen Sucht und häufiger Nutzung ziehen zu können.

  • Das ist auch eine urban legend; Hirn abstellen und Bauer sucht Frau gucken, ist schon lange in der berühmten Mitte angekommen.
    In welcher Welt lebst Du denn, wenn Du glaubst, daß jeder mit Abitur nur noch ARTE und Phoenix schaut?

    Ich halte es für sehr gewagt, jeden Abiturienten als Bildungsbürger zu bezeichnen. Gerade in Zeiten, in denen die Hälfte eines Jahrganges das Abtiur ablegt.


    Da schließe ich mich selbst mit ein.

  • Ich halte es für sehr gewagt, jeden Abiturienten als Bildungsbürger zu bezeichnen. Gerade in Zeiten, in denen die Hälfte eines Jahrganges das Abtiur ablegt.
    Da schließe ich mich selbst mit ein.

    Oder einfach mal die Youtube trends angucken. Da sieht man, wie tief man sinken kann. Bauer sucht Frau hat dagegen Niveau.


    @John Leider ist der Artikel hinter einer Paywall verborgen.

  • Mal ein kurzes Update von mir, weil es mir gerade aufgefallen ist:


    Mein Steam-Spielzeit der letzten 14 Tage ist aktuell um das 100fache geringer als zu meinen schlimmsten Zeiten.

    Spielst du zur Zeit ein Game von Epic? :)


    Glückwunsch. Bei mir sinds...ich rechne es nicht aus - aber in die andere Richtung. :)

  • Und wieviel genau?


    Das höchste was ich mal gesehen habe war über 160 Stunden. Kann aber durchaus auch mal mehr gewesen sein, weil ich in einer extremen Phase vielleicht gar nicht darauf geachtet habe.


    Jetzt sind es aktuell 1,7 Stunden. Ist zwar ein bisschen geschönt, weil ich ein paar Tage nicht da war, aber auch davor waren es nie mehr als 10 Stunden, was okay für mich ist.


    Ich spiele auch noch ein bisschen Minecraft, was in Steam nicht vorkommt, aber naja im Vergleich zu früher ist auch das quasi nix :)


    Was ist die Ursache?


    Ich habe es geschafft mein Leben zu verbessern in dem ich mir Soziale Kontakte aufgebaut habe und andere Aktivitäten als Zocken. Eine große Hilfe ist dabei eine Therapie die ich mit etwas Abstand zum Klinikaufenthalt angefangen habe.
    Aber der entscheidende Boost war als ich angefangen habe Freundschaften zu finden. Das geht eben auch nur wenn mich jemand so annimmt wie ich bin und dafür bin ich den entsprechenden Menschen sehr dankbar!


    Hier mal Auszug meines Verlaufs (vieles davon mit Hilfe von Sozialarbeitern/Therapeuten, im weiteren Verlauf Freunden):


    - Ende 2017 werde vom Jobcenter in eine Caritas Einrichtung geschickt (ja es gibt auch gute Maßnahmen...)
    - 2018 erster Arztbesuch seit ca. vier Jahren
    - Ende 2018 acht Wochen Klinikaufenthalt
    - danach Rückfall I
    - Anfang 2019 ich habe seit langem wieder ein Telefon
    - Mitte 2019 Beginn der ambulanten Therapie
    - Mitte 2019 bis März 2020 schwierige Phase aber kein kompletter Rückfall
    - März 2020 ich finde eine gute Freundin (wichtig!)
    - ab März 2020 fange an mich gesünder zu ernähren, Spazieren zu gehen, mehr auf Körperhygiene zu achten
    - Mai 2020 erster Zahnarztbesuch seit 14 Jahren
    - ebenfalls Mai 2020 die erste Freundschaft zerbricht, hohe Rückfallgefahr, kann mich aber halten
    - versuche sehr aktiv (vor allem über das Internet) neue Bekanntschaften/freunde zu finden
    - das klappt auch :jumping:
    - Sommer 2020 eine der neuen Bekanntschaften fängt an sich zu einer (der ersten in meinem Leben) Partnerschaft zu entwickeln
    - Status: tendenziell immer noch rückfallgefährdet, habe aber ein dichtes Netz an Sozialarbeitern, Therapeuten, Bekanntschaften und verschiedenen Freizeitaktivitäten die mir eine gewisse Sicherheit geben


    Fazit: Man (ich) kann es nicht alleine schaffen. Man (ich) braucht die Hilfe von anderen und MUSS diese auch annehmen können.


    Ich bin dankbar in Freiburg wohnen zu dürfen, wo es sehr viele gut soziale Einrichtungen gibt!

  • Mensch @Fairas das war der beste Post des Jahres! Freue mich sehr für dich! Das klingt alles sehr, sehr gut und nach einem gewaltigen Erfolg für dich. Super! Es motiviert, solche Dinge zu lesen.


    Es klingt für mich so, als wäre es sehr krass gewesen bei dir. Umso toller ist dein Erfolg jetzt. Du hast den richtigen Weg beschritten. Ich drücke dir sehr die Daumen, dass du nun viele sehr erfüllende Erlebnisse, Erfahrungen und Bekanntschaften machen wirst.


    Ich ziehe auch meinen Hut vor deiner Ehrlichkeit und Offenheit, ich denke das ist das wichtigste, wenn man aus so einem psychischen Sumpf wirklich raus möchte.

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