Ich verfolge schon seit Wochen sehr genau die Geschehnisse in Thailand. Und ich muss sagen, dass ich immer verwunderter darüber bin, wie diese Thematik von westlichen Regierungen vollkommen außer Acht gelassen wird und wie auch die Medien anscheinend keine klare Position beziehen wollen. Man könne fast meinen, man habe es hier mit "gelenkter Demokratie" zu tun. Wohlgemerkt bei uns und nicht nur in Thailand. Würden vergleichbare Ereignisse in China oder Myanmar geschehen, wäre hier die Hölle los. Aber in Thailand wird es achselzuckend hingenommen. Wieso?
Rufen wir uns doch noch mal die Ereignisse der vergangenen Jahre in Erinnerung:
1992 endete die Herrschaft des Militärs in Thailand. Die Demokratisierung setzte ein.
2002 gewann der Polizeileutnant Thaksin Shinawatra mit seiner Partei Thai-Rak-Thai die Wahlen. Er bekämpfte erfolgreich den Drogenhandel, die Unabhängigkeitsbewegungen des muslimischen Südens und sorgte für verbesserte Lebensbedingungen der verarmten Landbevölkerung.
2005 wurde Thaksin mit überwältigender Mehrheit, vor allem von der armen Landbevölkerung, wiedergewählt. Allerdings wird Thaksin vorgeworfen, er habe damals sämtliche Medien unter seine Kontrolle gebracht. Die Opposition habe praktische keine eigenen Medien mehr gehabt. Er hatte bei den Wahlen soviele Stimmen hinzugewonnen, dass er nun eine Alleinregierung stellen konnte. Er kündigte an, weitere soziale Reformen durchzuführen. Zum ersten Mal in der Geschichte Thailands waren die herkömmlichen, vor allem städtischen, Eliten des Landes nicht mehr an der Regierung beteiligt. Sie sahen die sozialen Reformen mit großem Unwillen. Es kam zu großen Protesten dieser städtischen Oppositionskreise. "Die Gelben" demonstrierten massiv gegen die Regierung Thaksin.
2006 wurden massive Korruptionsvorwürfe gegen Thaksin Shinawatra erhoben in Zusammenhang mit dem Verkauf seines Medienunternehmens an ein Unternehmen aus Singapur.
Februar 2006 rief Thaksin daraufhin Neuwahlen für den April 2006 aus.
April 2006 Die gelbe Opposition boykotierte die Wahlen vom April. Sie stimmte dafür, keiner Partei ihre Stimme zu geben. Die Wahlbeteiligung im Land lag bei etwa 60%. Thaksins Partei erlangte über 50% der Stimmen. Die "no vote"-Stimmen der gelben Opposition machten über 30% der Stimmen aus. Thaksin hätte damit wieder eine Wahl mit absoluter Mehrheit gewonnen. Dennoch konnte das Parlament nicht wieder einberufen werden, da nicht alle Sitze aufgrund der "no vote"-Stimmen besetzt werden konnten. Zudem kam die Wahlkommission in den Verdacht der Thaksin-Partei nahezustehen. Thaksin erklärte daraufhin die Bereitschaft auf sein Amt zu verzichten und bis zu Neuwahlen nur noch kommissarisch weiterzuregieren. Es wurden Neuwahlen für den Oktober 2006 angekündigt.
September 2006 putschte dann das Militär gegen die Regierung Thaksin, mit dem Argument die Korruption nun zu beenden. Wirklicher Auslöser war, dass sich die kommissarische Regierung Thaksin entschlossen hatte, die obersten Stellen des Militärs neu zu besetzen. Die Soldaten trugen beim Putsch gelbe Schleifen, die Farben der städtischen Opposition. Dieser Militärputsch wurde von westlichen Regierungen kaum kommentiert und zog auch keine wirtschaftlichen Konsequenzen nach sich. Thaksin, der zu dieser Zeit bei der UNO in New York war, durfte nicht mehr nach Thailand zurückkehren.
Die Militärjunta setzte eine neue geänderte Verfassung ein, über die bei einer Volksabstimmung entschieden wurde. Die Beteilgung lag unter 60% und die Verfassung wurde mit 57% angenommen. Die Partei von Thaksin wurde verboten. Auch deren Nachfolgepartei wurde verboten. Zur Zeit regiert die damalige gelbe Opposition unter Abhisit Vejjajiva.
Im März kam es dann zu einem Protestzug "der Roten" auf Bangkok. "Die Roten" setzen sich vor allem aus der Landbevölkerung zusammen. Ihnen wird nachgesagt, die Mehrheit der thailändischen Bevölkerung, vor allem aber die Landbevölerung, zu vertreten. Sie wünschen eine Rückkehr von Thaksin und Neuwahlen. Sie halten deshalb seit März Teile von Bangkok besetzt, um Neuwahlen unter geänderten Bedingungen durchzusetzen. Die "gelbe" Regierung verweigert sich diesen Forderungen bisher.
Seitdem spitzt sich die Lage immer mehr zu. Inzwischen hat das Thailändische Militär die Absicht geäußert, die Demonstranten der roten Opposition gewaltsam aus Bangkok zu vertreiben. Es gab bereits mehrere Tote. In Bangkok wird scharf geschossen und die Roten bauen Barrikaden gegen das Militär. Die rote Opposition berichtet von gezielten Kopfschüssen auf ihre Anführer durch Scharfschützen des Militärs. So etwa auf einen zu ihnen übergelaufenen General.
Meiner Ansicht nach entwickelt sich das Ganze immer mehr zu einem Massaker an der Oppositionsbewegung, ähnlich wie in Myanmar oder auf dem Platz des himmlischen Friedens. Ich wundere mich daher sehr, dass sich die westlichen Regierungen und Medien derart zurückhaltend und "neutral" zu den Vorgängen äußern, wo meiner Ansicht nach eine massive Kritik an den Eliten und Militärs des Landes fällig wäre.