Fakt ist, wir wissen es nicht. Ich habe selbst schon miterlebt, wie Medien in meinem nächsten Umfeld Fakten durch Auslassungen gewisser aber entscheidender Details und Auswahl besonders dramatischer Überschriften bewusst komplett verdreht und, anders als es erwartungsgemäß üblich gewesen wäre, ausgelegt haben, nur um damit „Quote“ zu machen. Eine Lokalzeitung fing damit an, BILD sprang auf und plötzlich schrieb die ganze Republik einfach ungeprüft bei der BILD ab und Sat1 und RTL und BILD lieferte eigene Experten, welche die eigentlichen Experten des Bundeslandes und einer Uni widerlegen sollten, um die Empörer-Story am Laufen zu halten. Diesen externen Experten wurde aber nur ein Teil des Sachverhaltes dargestellt, so dass ihr Urteil zwar allgemein nachvollziehbar war, aber auf den speziellen Fall eben gerade nicht passte. Zudem durften sich die Behörden aus Datenschutzgründen nicht zu den tatsächlichen Ereignissen äußern, BILD seinerseit hat dann einfach munter drauflos spekuliert und darauf aufbauend ein Urteil gefällt und viele Medien haben es übernommen. Vice hat sich damals wohltuend sachlich davon abgehoben.
Ähnliches sehe ich hier, da brauche ich mir nur die Auswahl der Überschrift ansehen. „Whistleblower“ ist jemand, der Geheimnisse nach Außen z.B. an Medien verrät. Ist das hier der Fall? Nein. Erster Fehler. Aber das Wort alleine erinnert an Assange oder Snowden und lässt Ungeheuerliches vermuten. In Wirklichkeit hat dieser Soldat sich an den MAD gewandt.
Auch typisch in diesem Fall: die Gegenseite kann und darf sich nicht äußern, weil sie unter anderem die Betroffenen schützen muss. Wir kennen lediglich die vermeintlichen Aussagen eines Soldaten und auch die nur aus zweiter oder dritter Journalisten Hand. Wir kennen nicht die Aussagen der Beschuldigten. Wir kennen nicht die konkreten Vorwürfe gegen sie. Wir kennen nicht die genaue Begründung für die Entlassung aus dem Militärdienst und wir können sie auch nicht kennen, weil die Behörde sie gar nicht veröffentlichen darf. Datenschutz und Persönlichkeitsrecht. Mithin, wir kennen nur die halbe Seite der Geschichte, die als Ausschnitt eines Ganzen nun aber eine gewisse Deutung nahelegt, die uns die Zeitungen auch quasi als eine Möglichkeit präsentieren. Die Empörung tut dann ihr Übriges und nimmt es als Fakt nach dem Motto: „Die werden ja wohl nicht... Das kann doch wohl nicht wahr sein.“
Was wir kennen sind aber lediglich muntere Spekulationen von Journalisten anhand von Indizien unter möglichst aufregenden (im wahrsten Sinne des Wortes) und reißerischen Überschriften, um möglichst viele Zeitungen zu verkaufen.
Das reicht nicht aus, um sich über den Fall sachlich angemessen eine Meinung zu bilden. Genau dazu werden wir aber angeregt, wieder mal mit Erfolg, wie man hier ja sehen kann. Vermeintliche Aufreger-Themen ziehen halt immer, deswegen verkaufen sie sich auch so gut.