Scheinbar gibt es in diesem Forum tatsächlich noch keinen Brettspielethreat.
Dieser Threat soll dazu dienen, über Brettspiele zu diskutieren, sie zu bewerten, zu empfehlen oder zu zerreissen.
Ich fange auch gleich mal an mit:
Starcraft - Das Brettspiel
Wir (Prinz Eisenherz, Falcon, ein dritter und ich) haben uns gestern an das Starcraft-Brettspiel gewagt. Nachdem wir uns erst einmal von dem Schlag erholt hatten, die uns die 48 Seiten schwere Anleitung verpasste, erwartete uns ein wirklich vielseitiges, taktisches und extrem wendungsreiches Strategiespiel.
Ziel des Spiels
Jede Fraktion hat verschiedene Möglichkeiten, ein Spiel zu gewinnen. So muss zum beispiel jeder eine bestimme Menge, Siegpunkte erobern oder gleich alle anderen Spieler vernichten. Alternativ hat jedes Volk (Je 2x Zerg, Protoss und Terraner) ein individuelles Ziel. So muss zum Beispiel eine Protossfraktion bis zu einem gewissen Ereignis im Spiel überleben. Jim Raynor und seine Terraner dagegen müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Anzahl an Planeten kontrollieren.
Der Spielaufbau
Planeten sind auch das Stichwort für das eigentliche Spiel.
Das Spielfeld bildet eine Galaxie, die in jeder Partie neue Formen annimmt. So bekommt jeder Spiele zufällig zwei Planeten zugewiesen. Der erste Spieler setzt den ersten Planeten und der zweite setzt einen von seinen an diesen und der dritte wieder an ein anderes Verbindungsstück usw. In dieser Phase platziert man auch seine Basis und die Starteinheiten und legt somit auch vorerst fest, wo in der Galaxie man sich ausbreiten will.
Eine Galaxie in Trümmern. Das Spielfeld nach sechs Stunden
Das Spiel
Das eigentliche Spiel ist dann so simpel wie genial.
Jeder Spieler hat jede Runde vier Befehle, die er seinen Truppen in der ganzen Galaxie geben kann. Mit diesen Befehlen (drei verschiedene) legt er fest, was er tun möchte.
- Bauen: Mit diesem Befehl baut man Basen, Arbeiter, Transporter, Gebäude, Gebäudeverbesserungen, Einheiten usw.
- Forschen: Mit diesem Befehl kann man neue Technologien erwerben. Wie zum Beispiel, dass bestimmte Einheiten der Zerg sich eingraben können, was ihnen im Kampf bestimmte Vorteile bringt. Außerdem bekommt man Kampfkarten (Im Prinzip die Würfel des Spiels).
- Mobilisieren: Dieser Befehl ermöglicht es, Einheiten herumzuscheuchen und/oder anzugreifen.
Und nun kommt der eigentliche Clou.
Diese vier Befehle die man in einer Runde hat, werden nicht einfach so abgearbeitet.
Jeder Befehl wird auf einen Planeten gelegt. Beispielsweise kann ein Mobilisierungsbefehl nur auf diesem Planeten genutzt werden, bzw. ermöglicht es, von anderen Planeten Truppen nachzuziehen oder eben eine Invasion auf diesen Planeten zu starten.
Gleiches gilt für „Bauen“. Man kann nur auf dem Planeten bauen, wo man diesen Befehl ausgelegt hat.
Diese Befehle werden allerdings verdeckt auf die Planeten gelegt. Der Startspieler (wechselt jede Runde) legt den ersten Befehl auf einen Planeten, dann der nächste Spieler seinen und dann der nächste usw. Sollte ein Spieler einen Befehl auf einen Planeten legen, wo bereits ein Befehl (von wem auch immer) liegt, wird der zuletzt gelegte über den anderen gelegt.
Sind alle Befehle gelegt, werden sie nach und nach abgearbeitet. Wichtig ist hier aber, dass immer nur die Befehle ausgeführt werden können, die oben liegen.
Das ermöglicht schier unendlich viele taktisch Möglichkeiten.
So kann man zum Beispiel erst einen Baubefehl auf einen Planeten legen, auch wenn dieser einem garnicht gehört. Und später legt man noch einen Mobilisierungsbefehl auf diesen Planeten. So wird letzterer dann zuerst gespielt und man kann den Planeten angreifen. Dann spielt man den Baubefehl, der nun spielbar ist, da der darüberliegende Mobilisierungsbefehl bereits gespielt und entfernt wurde und kann in dem frisch eroberten Gebiet eine Basis bauen.
Natürlich könnte ein anderer Spieler diese beiden Befehle auch blockieren, in dem er einfach selbst einen Befehl auf diese legt und ihn möglichst lange nicht ausführt.
Und so belauern sich die Spieler die ganze Zeit gegenseitig. Jeder versucht zu erraten, was der andere für einen Befehl spielt und wie er dessen Befehlskette am besten durchkreuzen kann, in dem man bestimme Befehle blockiert. Natürlich kann man einen Gegner auch durch Scheinbefehle so ablenken, dass er das eigentliche Ziel des Plans nicht erfasst und falsch reagiert…
Wenn man dann mit seiner Vermutung richtig lag, kann man teilweise den kompletten Plan des Gegners in Rauch aufgehen lassen, was eine wahre Freude ist. Gleichzeitig kann ein funktionierender Plan das ganze Spiel umwerfen, selbst in einer Phase, wo der Gegner übermächtig scheint.
Folgend ein kleines simples Beispiel:
[spoil]
Ich (grüner Zerg), plane einen Angriff auf ein Kristallvorkommen auf Antiga Prime. Allerdings habe ich keinen Transporter zwischen Torus und Antiga Prime und kann deshalb keine Einheiten rübersetzen.
Also lege ich einen verdeckten Baubefehl auf Torus ab. Mit diesem will ich dann den Transporter bauen um danach den Angriffsbefehl auf Antiga Prime zu aktivieren, wo ich dank des neuen Transporters landen könnte.
Falcon ist natürlich nicht dumm und blockiert meinen Baubefehl auf Torus, da er wohl ahnt, was ich vorhabe. Da auch meine anderen Befehle im Rest der Galaxie blockiert sind, bleibt mir nichts anderes übrig, als den Angriffsbefehl auf Antiga Prime zu aktivieren. Da ich aber noch keinen Transporter bauen konnte, kann ich auch keine Einheiten auf diesen Planeten ziehen und der Befehl verfällt. Diese Runde kann ich Antiga Prime nicht mehr angreifen.
Nun deckt Falcon aber seinen Befehl auf Torus auf und ich stelle fest, dass er nicht nur zur Blockade diente. Nein, er will wichtige Siegpunkte erobern.
Folgend schickt er zwei Träger der Protoss. Meine Verteidiger sind ein Zergling und ein Ultralisk. An sich ist letzterer eine sehr starke Einheit, doch können er und der Zergling keine Lufteinheiten angreifen. Mit Hilfe von Kampfkarten (Es gibt keine Würfel) kann Falcon meine Verteidiger dann locker flockig auseinander nehmen und das Gebiet mit den Siegpunkten erobern.[/spoil]
Das war ein wirklich simples Beispiel Man sitzt durchaus 'ne Viertelstunde da und grübelt, wie der perfekte Plan aussieht, wo alle Befehle ineinander greifen und ärtgert sich dann umso mehr, wenn der Gegner einem wieder dazwischenfunkt. Auch vom Kampfsystem habe ich noch nicht wirklich was erzählt. Es kommt mit wirklich wenig Glück aus. Meistens geht es auch hier wieder darum, was der Gegner mit seinen Einheiten macht und welche Fähigkeiten er ihnen gibt und oft muss man auch entscheiden, welche Einheit man aufgibt und welche man zu einer Kampfbestie werden lässt. Wobei wir die meisten Fähigkeiten und dafür wichtige Hilfseinheiten noch garnicht ausprobiert haben.
Fazit:
Zuerst erschlägt einen die Anleitung des Spiels. Denn es ist wirklich Arbeit, sich dadurchzuackern.
Dann erschlägt einen die erste Runde des Spiels, in der einem langsam klar wird, welch unzählige Möglichkeiten man mit dem Befehlssystem hat.
Dann überschlägt man sich, weil der erste Plan funktioniert.
Dann schlägt man sich selbst, weil einem klar wird, wie bescheuert man gerade seine Befehle ausgelegt hat.
Dann ist man niedergeschlagen, weil der zweite Plan nicht funktioniert.
In der Mitte des Spiels wird man dann von der Erkenntnis erschlagen, dass man seine Einheiten bisher völlig falsch gespielt hat.
Und am Ende des Spiels merkt man auf einem Schlag, dass man die Hälfte der Einheiten und Technologien noch nicht einmal benutz hat, weil deren Komplexität und Möglichkeitenvielfahlt einen fast ersticken lassen.
Dieses Spiel ist schlichtweg genial. Das Befehlssystem ist für meine Empfindung eine Bereicherung des Brettspiels, wie seinerzeits Schach es gewesen sein muss. Ok, das ist übertrieben, aber es wirklich genial durchdacht und toll zu spielen.
Noch dazu kommt natürlich das Starcraft-Szenario, welches mMn gut umgesetzt wurde. Auch spielerisch. Einerseits spielen sich die Einheiten recht ähnlich zur Vorlage. So taugen Zerglinge zum Beispiel nur in der Masse etwas. Protosseinheiten sind dagegen stark und teuer. Andererseits wechselt der Besitzer der Oberhand, wie im Original, schneller, als Blizzard seine Releasetermine.
Folgender Satz aus einer Amazonrezension trifft es meiner Meinung nach sehr gut:
"Siedler mal Risiko hoch drei"
10/10 Punkte hat es sich sowas von verdient.
Ein paar kleine Facts:
- Preis: Um die 45 Euro
- 180 Plastikfiguren
- 330 Karten
- 10 Pappplatten zum ausstanzen
- Spielzeit: 3-4 Stunden. (Wir haben 6 gebraucht. Es war aber auch unsere erste Runde)
- 2-6 Spieler
- Es gibt eine Erweiterung mit dem originellen Namen: Broodwar