Wie wählt man die richtigen Steuersätze?
Also mir scheint ganz so einfach ist das aber nicht! Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass es gut sei, möglichst wenig Steuern zu erheben, damit man dann im späteren Spiel mehr Geld heraus bekommt. Ich habe das jetzt aber mal ausprobiert und bin nun sehr skeptisch. Hier meine Untersuchung. Als Beispiel die Provinz England:
1. Runde (normale Steuern)
Provinzwohlstand: 6775 $ (hier: $ = Geld)
Besteuerung: 39,4%
Steueraufkommen: 2670 $
Wirtschaftswachstum: +13
2. Runde (normale Steuern)
Provinzwohlstand: 6788 $
Besteuerung: 39,4%
Steueraufkommen: 2675 $
Wirtschaftswachstum: +13
3. Runde (normale Steuern)
Provinzwohlstand: 6801 $
Besteuerung: 39,4%
Steueraufkommen: 2680 $
Wirtschaftswachstum: +13
Nun im Vergleich dazu, die selber Provinz mit niedrigen Steuern:
1. Runde (niedrige Steuern)
Provinzwohlstand: 6775
Besteuerung: 21,1%
Steueraufkommen: 1428
Wirtschaftswachstum: +29
2. Runde (niedrige Steuern)
Provinzwohlstand: 6804
Besteuerung: 21,1%
Steueraufkommen: 1434
Wirtschaftswachstum: +29
3. Runde (niedrige Steuern)
Provinzwohlstand: 6833
Besteuerung: 21,1%
Steueraufkommen: 1440
Wirtschaftswachstum: +29
Was bedeutet das genau?
Bei normalen Steuern habe ich in den ersten 3 Runden 8025 $ eingenommen.
Bei niedrigen Steuern habe ich in den ersten 3 Runden 4302 $ eingenommen.
Ich habe also einen Verlust an Steueraufkommen (alleine in der Provinz England) in 3 Runden von 3723 $.
Gleichzeitig hat sich aber das Wirtschaftswachstum unterschiedlich entwickelt.
Bei normalen Steuern betrug das Wirtschaftswachstum 13 $. Das heißt bei einem Steuersatz von 39,4% erhöhte sich das Steuereinkommen jede Runde um 5 $.
Bei niedrigen Steuern betrug das Wirtschaftswachstum 29 $. Das heißt bei einem Steuersatz von 21,1% erhöhte sich das Steuereinkommen jede Runde um 6 $.
Was lässt sich daraus ableiten?
Würde man die Steuersätze das ganze Spiel über so beibehalten, dann würde es durch das unterschiedliche hohe Wirtschaftswachstum 1242 Runden dauern, bis man mit den niedrigen Steuern ein gleichhohes Steuereinkommen erzielen würde, wie man mit den normalen Steuern erzielt. Erst nach 1242 Runden wäre der Unterschied im Steueraufkommen alleine durch das Wirtschaftswachstum ausgeglichen. Erst danach könnte man davon sprechen, dass die bis dahin eingefahrenen Verluste nun ausgeglichen werden könnten. Da das Spiel aber max. 200 Runden hat, ist dies ohne Belang und kann offensichtlich nicht im Sinne des Erfinders sein.
Interessanter ist bspw. die Frage, ob der Gewinn durch höheres Wirtschaftswachstum nach drei weiteren Runden (also insgesamt 6 Runden) den Verlust der ersten drei Runden ausgleicht, wenn man nach den ersten drei Runden die Steuern wieder auf normal setzt. Es müssten also durch das Wirtschaftswachstum der ersten drei Runden nun in den Runden 4-6 bei normalen Steuern mind. ein Mehrwert von 3723 $ erwirtschaftet werden, um den Verlust der ersten drei Runden auszugleichen.
Nach drei Runden ist das Wirtschaftseinkommen bei niedrigen Steuern auf 6833 $ gestiegen. Setzt man nun die Steuern wieder auf normal ergibt sich bei dem Steuersatz von 39,4% ein Stueraufkommen von 2693 $. Das sind ganze 13 $ mehr Steueraufkommen, als man erhalten würde, wenn man die Steuern auf normal belassen hätte. Das Steueraufkommen ist nun also jede folgende Runde um 13 $ gestiegen. Verechnet man dies mit den Verlusten der ersten drei Runden von 3723 $ so müsste man 287 Runden spielen, bis man die entstandenen Verluste durch Steuern ausgeglichen hätte.
Teilt man nun den Zugewinn am Steueraufkommen von 13 $ nach den ersten drei Runden durch diese drei Runden, so ergibt sich, dass man pro Runde einen durchschnittlichen Zugewinn an Steuern von etwa 4,3 $ hat.
Denkt man dieses Spiel weiter, also wenn bspw. 4 Runden lang niedrige Steuern beibehalten worden wären, dann hätte sich danach ein Zugewinn nach Steuern von bereits 19 $ ergeben. Der durchschnittliche Zugewinn an Steuern hätte sich also von 4,3 $ pro Runde auf 4,75 $ pro Runde erhöht.
Nach 5 Runden niedriger Steuern wäre der Zugewinn auf 26 $ pro Runde gestiegen, also hätte sich der Wert auf 5,2 $ pro Runde verbessert.
Der Zugewinn beträgt also pro Runde niedrige Steuern ziemlich exakt +0,45 $ höheres Steueraufkommen in den Folgerunden bei normaler Besteuerung. Demnach ist das Wachstum des Steuereinkommens leicht exponentiell.
Die Differenz des Wachstums pro Runde beträgt zwischen niedrigen und normalen Steuern 16 $. Das heißt bei niedrigen Steuern gibt es pro Runde 16 $ mehr Wachstum. Um diese 16 $ langfristig auszugleichen könnte man die Steuern senken. Bei einer wie oben dargelegten Steigerung des Steueraufkommens, würde man nach etwa 29 Runden eine Steigerung des Steueraufkommens pro Runde um 16 $ erreicht haben. Allerdings hat man in dieser Zeit dann auch schon einen Gesamtverlust von 35525 $ Mindereinnahmen gemacht. Jeder kann sich selber ausrechnen, wie lange es dauern würde diesen Verlust wieder auszugleichen.
Fazit:
Bei einer Spielrundenzeit von ca. 200 Runden kann es rein aus wirtschaftlicher Sicht absolut NICHT sinnvoll sein die Steuern zu senken. Die dadurch pro Runde entstehenden Verluste werden durch das nachfolgende Wirtschaftswachstum in keinster Weise aufgefangen und können dadurch kaum wieder ausgeglichen werden. Hinzu kommen noch die verzögerten Bauvorhaben, die aufgrund mangelnden Geldes nicht frühzeitig in Angriff genommen werden können und somit ebenfalls zu Mindereinnahmen führen.
Demnach bleibt der einzige plausible Grund um die Steuern unter den Wert "normal" zu senken derjenige, um bei politischen Unruhen für mehr Frieden innerhalb der Bevölkerung zu sorgen. Wirtschaftlich bedeutet dies allerdings dauerhafte Verluste an Einnahmen für den Staat, die wahrscheinlich nicht mehr ausgeglichen werden können, durch ein nachträgliches Anheben der Steuern.
Die Devise sollte daher lauten:
Die Steuern für die Oberschicht möglichst immer so hoch wie eben möglich setzen, ohne dabei negative Ergebnisse zu erzielen. (Also auf "normal" belassen.)
Die Steuern für die Unterschicht am besten ebenfalls auf normal belassen. Wenn dann alle Städte der Provinz ausgebaut sind, soweit wie möglich erhöhen, ohne Unruhen hervorzurufen.
Setzt man die Steuern hingegen zu hoch, so das ein Wirtschaftsrückgang entseht muss man aufpassen. Da dieser Wirtschaftsrückgang ebenfalls exponentiell erfolgt und somit noch vor Ende des Spiels zu einem totalen Erlöschen des Steueraufkommens führen kann.
(Über Kommentare bzw. kritische Anmerkungen bin ich dankbar. Insbesondere, falls jemand einen Denkfehler finden sollte.) :wave: