Demokratie in Deutschland und seine Parteien

  • Wo sind denn die Elfenbeintürme der Politiker? Soweit ich weiß, verbarrikadieren sich bundesdeutsche Politiker nicht hinter Stacheldraht tief in irgendwelchen Waldsiedlungen, wie Honecker oder Putin. Und soweit ich weiß müssen die meisten Bundestagsabgeordneten regelmäßig ihren Wahlkreis aufsuchen und Bürgersprechstunden anbieten. Hast du das schon einmal genutzt?

    Dann setze dich mal als Touri vor das Paul-Löbe Haus wenn du weißt das eine Tagung eines Fachausschusses dort stattfindet. Wenn dann im Sekundentakt eine Schwarze Luxuslimosine in Richtung der Stadtapartments der Abgeordneten - nur echt mit Personenschutz, startet, dann bekommt man schon einen... Eindruck. Wobei das nicht bei allen so ist, Wagenknecht und Thierse habe ich schon ohne Personenschützer in der Berliner S-Bahn gesehen. Frau Merkel wirst du so gut wie nie aus einer Sitzung kommen sehen, es ist ein offenes Geheimnis das sie sich "auf anderem Wege" zwischen Bundeskanzleramt, PLH und Bundestag hin und her bewegt. Es kommt nicht von ungefähr das der Abschnitt der Kanzlerubahn vom HBF zum Brandenburger Tor genauso lange Bauzeit hatte wie der ganze Rest der Strecke. Wobei ich ihr da nicht mal einen Vorwurf machen kann, einen Thierse kennt bei weitem nicht jeder, irgend einen Hinterbänkler fast keiner, aber sie steht immer im Blickpunkt.


    Nö ist es nicht das ist ein ganz normaler Vorgang der sich leider bei den Meisten einstellt die sich (zu) lange in ganz anderen "Gefilden" aufhalten.

    Und deswegen gibt es in anderen Demokratien auch eine Amtszeitbegrenzung, am bekanntesten vielleicht ist zwei Amtszeiten als Präsident der USA. Dort sind aber auch die meisten anderen hohen Ämter zeitlich eingegrenzt. Das hat zwar zur bildung von "Dynastien" geführt (Bushes z.B.), aber immer noch besser als jemanden in seinem 14 Jahr im Amt zu sehen und klar zu wissen das die Person vollkommen verbraucht ist.

    In Köthen starb in Folge einer Schlägerei mit zwei Afghanen ein 22-jähriger Deutscher an Herzversagen. Er hatte eine Vorerkrankung am Herzen, berichtet die BILD-Zeitung. Sein Bruder sei ein bereits polizeibekannter Rechtsradikaler, hieß es gerade im Radio. Die Polizei bereite sich nun mit einem Großaufgebot auf mögliche Ausschreitungen vor.

    Was haben die Vorstrafen des bekloppten Bruders mit dem Opfer zutun? Ist sein Tod weniger schlimm weil sein Bruder ein Arschloch ist?


    Dein Beitrag liest sich so als hätte Deutschland gar kein Problem mit Lobbyismus. Dabei hat es soweit ich das sehe den stärksten Lobbyismus weltweit.

    Nein. Ich würde da auf Brüssel tippen. Da gibt es für jeden Abgeordneten, je nach Lesensart und Papier dazu, zwischen 10 und 50 Lobbyisten. Wobei Brüssel mit dem Lobbyregister und einigen einfachen aber effektiven Regelungen zur Offenlegung des Tagesablaufes der Abgeordneten wesentlich transparenter ist als z.B. der Bundestag.

    Ansonsten hat Merkel nen Haufen Termine wo sie mit dem Michel* in Kontakt kommt.

    So wie in Jena wo sie "Bürgersprechstunde" vor einem gecasteten Publikum das vorher mehere Stunden "eingewiesen" wurde?

    Lobbyismus ist kein Problem. Er ist Interessenvertretung in einer Demokratie. Das gehört dazu und ist auch völlig legitim.

    Es ist die Frage wie er gemacht wird. So wie es in Deutschland läuft ist er ein Problem. Laufe mal mit offenen Augen "Unter den Linden" lang. Beginnend beim Stadtschloss. Als erstes ist auf der linken Seite die dezente aber extrem teure Niederlassung der Bertelsmanngruppe zu sehen. Im übrigen extrem gut gewacht und gesichert, Normalbürger wird es nicht mal schaffen einen Blick in ein Fenster zu werfen. Weiter geht es an den Showrooms der Automarken vorbei, VW, BMW. Diese Showrooms sind aber ziemlich klein und Fassade, darüber liegen die Büros der Lobbyisten, direkt neben den Kunstausstellungen die VW und Co. ab und an zeigen und zum privaten Beisammensein einladen. Man kommt an gut 20 mehr oder weniger gut "getarnten" Lobbybüros (von dennen ich weiss) vorbei wenn man bis zum Brandenburger Tor läuft. Den Abschluss bildet die Niederlassung der Allianz (Allianz Forum) direkt neben der Französischen Botschaft. Die Lobbyisten schwärmen hier vor Sitzungstagen hin und her wie Bienen auf der Suche nach Nektar. Wenn man die Gesichter einiger Hinterbänkler kennt, dann sieht man gerade beim Allianz Forum viele bekannte Gesichter.


    Beim Lobbyismus geht es nicht primär darum die Bundeskanzlerin oder ihre Minister direkt zu beeinflussen, diese sind so weit weg wie der Kaiser von China in der vebotenen Stadt. Die Hinterbänkler in den Fachausschüssen sind das Ziel. Es geht weniger darum komplette Gesetze zu seinen Gunsten schreiben zu lassen (dazu haben nur wenige Verbände genug Macht) sondern in einem einem Gesetzesvorschlag z.B. eine 15% durch eine 5% ersetzen zu lassen oder ein Problem was in die Vorlage gehört überhaupt prominent ins Gedächtnis der Abgeordneten zu bringen.


    Problematisch, nicht nur für die Bürger sondern auch für die konkurrierenden Lobbyorganisationen ist die mangelnde Transparenz. Weiterhin gibt es Bereiche (wie z.B. den öffentlichen Nahverkehr) der fast keine professionelle Lobby hat, diese Lobbyarbeit müsste staatlich gefördert werden damit die Abgeordneten eben nicht nur die Gedanken der Autolobby sondern z.B. die der Lobbyisten die sich für den öffentlichen Nahverkehr einsetzen hören können.


    Beste Grüße


    TauPandur

  • Beim Lobbyismus geht es auch darum, den Gesetzgeber auf mögliche Probleme und Schwierigkeiten als Folge geplanter Gesetze hinzuweisen, an die er nicht gedacht hat. Schließlich kann kein Gesetzgeber alle Auswirkungen aller Gesetze im Detail genau vorhersehen.


    Demnach ist Lobbyismus in dieser Hinsicht sogar bisweilen sinnvoll.


    Beispiel: Der Gesetzgeber beschließt alle Staubsauger dürfen nur noch 900 Watt haben, für die Umwelt und um Strom zu sparen.


    Dann kommt ein Lobby-Vertreter der Gesundheitsbranche und weißt darauf hin, dass Staubmilben so nur unzureichend entfernt werden und Allergiker dadurch gesundheitliche Probleme bekommen. Besser wäre es daher nur auf 1200 Watt zu begrenzen.


    Darüber muss man dann diskutieren. So etwas kommt ja auch vor.


    P.S. Der Bruder gilt wohl als Rechtsextremer „Intensivtäter“ und war laut Medien an der Auseinandersetzung beteiligt.

  • Ich finde ja amüsant, dass ihr das so seht bei einer Bürgersprechstunde aber wenn dann Politiker mit Lobbysten reden, dann reden und machen sie alles was Lobbyisten wollen und niemals das was der Michel will (Ausnahmen bestätigen die Regel)
    Schließlich sind eben auch alle Poitiker angetreten um das Leben für Lobbyisten besser zu machen!


    Das war und ist immer ihre intrinsische Motivation gewesen.

    Nö aber der Lobbyist hat im Zweifelsfall einfach die überzeugenderen "Argumente" (saftige Parteispenden, nette Pöstchen nach Ausscheiden aus dem Amt, usw.), und das sind keine Einzelfälle mehr sondern ist heute leider oft die Regel.


    Ich bestreite auch gar nicht das die meisten Politiker ursprünglich angetreten sind um etwas für die Menschen zu verbessern. Das Problem ist bevor du in einer Partei soweit aufgestiegen bist das du wirklich so viel Macht und Einfluss hast um etwas durchzusetzen hast du über Jahre eine derartige Ochsentur durch alle parteiinternen Institutionen gemacht das vom einstigen Idealismus oft nicht mehr viel übrig ist und viele dann zum oft zitierten "Parteisoldaten" mutiert sind.


    "Telling an atheist they're going to hell is as scary as a child telling an adult they're not getting any presents from Santa"

    -Ricky Gervais-


    "Arbeiten im Büro das ist wie Sex in der Ehe, am Anfang gibt man sich Mühe und hat Spaß und nach ein paar Jahren macht man immer das selbe und ist einfach nur froh wenn Feierabend ist"


    -Bernd Stromberg- :thumbsup:

  • Ja und, mach was dageschä.
    AfD wählen macht Politiker aber auch nicht volksnaher; wo war jetzt noch mal der Zusammenhang zur Perspektivlosigkeit und zum Abgehängtsein?
    Hey, es wäre in irgendeiner Art und Weise nachvollziehbar, wenn man mit einer realen Protestwahl eingessesene Sesselfurzer dazu bringen könnte, sich ihres Jobs und ihrer Verantwortung den Wählern gegenüber bewußt zu werden.
    Mir geht das auch gehörig auf den Zeiger, glaub´s mir.
    Mit der Wahl der AfD als "Alternative" zum eingeschnarchten Politikbetrieb fickt man sich nur selbst in´s Knie, um es mal bildlich auszudrücken. Aber das wissen die Master-Brains der AfD Wähler ja schon lange.

  • Man hat noch nie die Partei gewählt, die einem am meisten zusagt, sondern die, die einem am wenigsten mies vorkam. Also ich zumindest.

    So habe ich es in der Vergangenheit in verschiedenen Ausprägungen getan, mal mehr aus Überzeugung und in der nächsten Wahl war es eher dann das geringere Übel - ja, ich habe in jungen Jahren die APPD gewählt und warte noch heute auf mein Freibier, Karl Nagel.

    erstehe ich nicht; solange man eine politische Grundeinstellung hat, ist es nicht schwerer oder leichter als sonst auch.

    Ich habe meine politische Grundeinstellung behalten, aber meine bisherigen Favoriten haben sich für mich entfernt. Ich suche einen Aufbruch in einem festgefahrenen System. Es ist also schwerer für mich geworden.

    Da werden seit ein paar Tagen bei uns Ideen zu diskutiert:

    Es ist zumindest ein Anfang. Allerdings stehe ich der Idee 14-Jährige wählen zu lassen auch skeptisch gegenüber.

  • Na ja, wenn Du sagst, die SPD unter Willy Brandt würde ich sofort wählen, die unter Nahles aber nicht, da das "S" weggefallen ist in ihrer Politik, verstehe ich das sogar. Was dann? Eben, das was von der SPD noch übrig ist, ist alle mal besser als die CSU oder die PBC.
    So mache ich das zumindest.


    14 jährige wählen lassen, finde ich auch ein wenig früh. Teenies im Hormonchaos muß man nur freies iTunes und ne Playstation versprechen, dann springen die.
    Btw entwertet das meiner Meinung nach die Landtagswahl. So im Sinne von, "da kann man nicht viel kaputt machen, da können auch mal Kids ein Kreuz machen". Finde ich das falsche Signal, 16 reicht völlig.

  • Eben, ich bin ein Fan von Willy Brandt. Ich schätze aber auch die pragmatische energische Herangehensweise von Friedrich Ebert und Helmut Schmidt. Wo steht die SPD heute? Es reicht mir nicht zu sagen, allemal besser als rechtsextreme Vereinigungen zu unterstützen. Wenn dies nur noch das einzig verbliebene Wahlargument pro SPD geblieben ist, kann sie auch in der Merkel-CDU aufgehen. Wenn ich SPD oder Grüne wähle, möchte ich nicht das System Merkel unterstützen. Ich möchte weder die AfD an der Macht noch eine never-ending story von Angela Merkel.


    In der Jugend entwickelt sich erst allmählich ein eigenes Bewusstsein sowie Selbstverständnis. Die politische Teilhabe halte ich für wichtig, aber in einer Phase der Orientierung öffne ich Agitatoren Tür und Tor zur Manipulation. Die Extremisten von 1933-89 haben diesen Ansatzpunkt für ihre Jugendorganisationen schnell für sich vereinahmt. Obacht ist geboten.

  • @ John


    Ob Flo, Fairas, Joe oder ich zu diesem Thema äußern, wir werden mit dir gemeinsam keinen Kompromiss finden. Das kann auch nicht immer gelingen, sei es drum. Wenn Merkel 2068 weg ist und all die Nestbeschmutzer herbeieilen, um sie in Grund und Boden zu schreiben, analog Helmut Kohl, versuchen wir gemeinsam eine sachliche Bewertung. Schauen wir mal.

    Deswegen ist ne Amtszeitbeschränkung von 8 Jahren vermutlich doch ganz sinnvoll. In 8 Jahren kann sich nicht so schnell so viel Frust gegen eine Person als Buhmann aufbauen. Bzw. sorgt der Amtswechsel dafür, dass Druck aus dem Kessel genommen wird.

    Das halte ich für eine sinnvolle Änderung im Grundgesetz, analog dem Amt des Bundespräsidenten. :thumbup:

    Trotzdem wäre es interesant zu wissen, was denn die Vorgängerregierungen für ihn gemacht haben.

    Plakativ gesprochen: Rot-Grün hat den Spitzensteuersatz gesenkt. Das hat den ersten Porsche in der Familie bezahlt.


    Als Weltbürger gesprochen: Der Umweltschutz wurde aktiv in die Agenda aufgenommen und war kein Lippenbekenntnis mehr. Erstmalig wurde dem Verbraucherschutz ein eigenes Ministerium gewidmet. Deutschland wurde ein verlässlicher Bündnispartner. Dem gegenüber stehen natürlich eine progressive Arbeitsmarktreforum und eine Liberalisierung der (Finanz-)Wirtschaft, die sich wohl nicht mal Kohl hätte erträumen lassen.

  • Zwei Amtszeiten kann besser sein, muss es nicht. Siehe USA, da haben sie nach "nur" acht Jahren Obama Trump gewählt. Und die Flüchtlingsgegner würde Merkel jetzt genauso hassen wenn sie die Flüchtlinge in ihrer ersten und nicht dritten Amtszeit reingelassen hätte.


    Aber prinzipiell bin ich auch für die Begrenzung, übrigens dann auch für Abgeordnete, da von mir aus viermal aber auch nicht unendlich.


    Und sowieso für eine viel längere Karrenzzeit bis man einen hohen Posten in der Wirtschaft (oder Vergleichbares) ausüben darf, mindestens mal zehn Jahre. Ist jetzt nicht so dass diese Leute hungern müssen, von mir aus bekommen sie auch weiterhin Geld vom Staat, ähnlich wie der Bundespräsident (nur etwas weniger bitte). Alles ist besser als wenn ehemaliger Politiker genau in den Branchen für die sie in ihrer politischen Arbeit zuständig waren, plötzlich als gut bezahlte Aufsichtsratmitglieder (Vorstände etc.) auftauchen.

  • Bildung und freie Entfaltung des Denkens können hilfreich sein, da bin ich das beste Beispiel. Mein Vater ist strammer CDU-Wähler, ich habe bei meinen ersten Wahlen CDU gewählt und auch mal überlegt in die Junge Union einzutreten. Und sieh mich jetzt an...

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