Gesundheitswesen

  • Lies am besten mal die Kommentare auf irgend einer beliebigen Zeitungsseite was die Leser so von Röslers Vorschlag halten. Ich sage nur "vernichtender" könnte die Kritik kaum ausfallen. Und nein, eigentlich macht es keinen Spaß zuzusehen, wie diese Regierung den Karren in den Dreck setzt. Nur leider regiert die SPD nun mal nicht mehr. Also wird es schwierig werden Dinge (oder sollte ich sagen Katastrophen?) wie die Kopfpauschale zu verhindern. Möglicherweise über die Blockade des Bundesrates, sollte die NRW-Wahl gewonnen werden. Andernfalls: gute Nacht Sozialstaat!


    Hier mal ein paar Leserkommentare aus "Die Welt" (nicht gerade als besonders linkslastig bekannt):

  • Das die Leser solche Kritiken ablassen liegt daran, dass sehr viele das System noch nicht verstanden haben, was ich pers. verstehen kann, da man sich ja nicht wirklich die Mühe macht, es den Bürgern mal richtig zu erklären. Eine Schande ist das eigentlich.


    Wenn du dir aber Fachartikel durchliest, so wirst du sehen, dass es sehr viele Fürsprecher gibt.
    Sicher ist dann immer mal wieder ein Prof (aus Bayern und CSU-Mitglied) dabei, der meint alles schlecht.
    Im weiteren Verlauf des Interviews sagt er dann aber doch, dass bei richtiger Umsetzung das System Potential hat.


    Wie gesagt, eigtl eine Schande, dass sich der Bürger das alles selber raussuchen musst und ihm von der Regierung oder dem Ministerium kein anschauliches Modell mit Kritiken von Experten zur Verfügung gestellt wird.


    LG




    EDIT:
    Nochmal, mache dich erstmal mit dem System vertraut und spamme den Thread nicht mit Leserkommentaren durch, die augenscheinlich selber nicht verstehen, oder die Vorteile für die Volkswirtschaft und das Gesundheitssystem nachvollziehen können.
    Und nein, es ist nicht unsozial, da es einen Sozialausgleich gibt, durch Gelder die mehrheitlich von Steuerzahlern kommen, die aufgrund ihres Einkommens oder Tätigkeiten mehr Geld haben als andere.

  • Ja ja, die Mär, dass die Bürger es "nicht verstehen" würden, weil man es "nicht richtig erklärt" habe... Darüber ist schon Schröder gestolpert. Vielleicht verstehen die Bürger aber doch ganz gut, was es heißt 29€ weniger im Geldbeutel zu haben und die Politiker verstehen es nicht wirklich, weil sie nicht mehr Tanken und keine Brötchen mehr selber kaufen müssen?


    In diesem ZDF Beitrag wird es übrigens ganz gut erklärt. Zunächst einmal werden die Wohlhabenden entlastet. Und dann später, schafft man vielleicht (wohlgemerkt VIELLEICHT) einen Sozialausgleich, der die Sozialschwachen (besser stellen KÖNNTE). Also mir ist das auf der Seite der Geringverdiener zu viel "hätte, könnte, würde, wenn und falls". Während sich auf der Seite der Besserverdienenden, also der FDP-Klientel, ein klarer und sofortiger Vorteil in Form einer enormen finanziellen Entlastung erkennen lässt.


    Wenn man solche Reformen vor hat, dann muss man sie so erklären, dass jeder sie versteht. Und wenn man das nicht kann, dann war nicht die Erklärung schlecht, sondern die Reform. Wenn man was aus Hartz IV gelernt haben kann, dann doch wohl das!

  • WIe gesagt, schaue dir das erstmal in Ruhe an.
    Bisher steht noch nichts fest, daher auch ein "könnte, sollte, würde". ;)


    Wenn du dann alles erfasst hast, dann treffen wir uns hier wieder und können eine solide Diskussion führen.
    Bis dahin willst du doch nur auf den putz hauen und Stimmung machen, ohne eine wirkliche Ahnung zu haben, wo der Hase eigentlich hin soll.
    Dass eine Mehrbelastung schlecht ist, das weiß ich auch. Doch ich weiß auch, dass Geringverdiener von Besserverdienenden unterstüzt werden und unser Sozialsystem geischert ist und nicht irgendwann kolabiert, weil wieder 10 Milliarden fehlen etc. pp.


    LG




    EDIT:
    Der solidarische Kern der Kopfpauschale


    Eines muß man der Union lassen: Keine andere Partei hätte eine intelligente Reformidee erfolgreicher zerreden und zerfasern können, als es CDU und CSU bei der Gesundheitsprämie gelungen ist. Noch immer ringen die Schwesterparteien um eine Lösung. Langsam läßt sich erahnen, welchen Kompromiß das Gezänk am Ende gebären wird: eine komplizierte Formel, die zwar niemand versteht, von der aber die CSU behaupten wird, daß sie irgendwie gerecht aussieht, und die es der CDU ermöglicht, nicht als Verlierer dazustehen. Ein Modell, das die Krankheiten des Gesundheitswesens vielleicht kurz lindern, aber gewiß nicht sanieren wird. Die Union ist dabei, eine riesige Chance zu verspielen.


    Geschickt hat die CSU das Modell der CDU immer wieder torpediert. Stur behaupteten die Bayern, die Einheitsprämie sei sozial nicht gerecht. Zurück blieb inzwischen selbst bei der klassischen CDU-Klientel der Eindruck, die Kopfpauschale könne irgend etwas mit einer Guillotine zu tun haben und sei ein Instrument des kalten Individualismus. Wie falsch, folgt das Grundmodell der Gesundheitsprämie in Wahrheit doch einigen Prinzipien, die man fast schon sozialistisch nennen könnte. Die entscheidenden Argumente für die Kopfpauschale sind nicht nur finanzieller, sondern letztlich auch moralischer Natur.
    Wahrheit Nummer eins: Die Kopfpauschale ist entwaffnend ehrlich. Sie zeigt, was das Gesundheitssystem im Durchschnitt tatsächlich kostet: 180 Euro im Monat für jeden Erwachsenen. Warum sollte die Politik auch Unterschiede machen? Schließlich sind auf dem Operationstisch alle Menschen gleich. Die Kosten eines Herzkatheters hängen nicht davon ab, ob er einem Chef oder seiner Sekretärin gelegt wird. Ein Tumor kennt keine Klassen, ein Virus quält alle Versicherten gleich. Die Gesundheitsprämie ist nichts anderes als der schnörkellose Preis der Krankenversicherung. Und mehr will sie auch gar nicht sein.


    Wahrheit Nummer zwei: Die Gesundheitsprämie ist gerecht. Zwar entlarvt die Prämie, was Gesundheit wirklich kostet. Das bedeutet aber nicht, daß jeder Bürger unabhängig von seinem Einkommen auch mit 180 Euro belastet wird. Für den sozialen Ausgleich sorgt bei der Gesundheitsprämie nämlich das Steuersystem. Familien und Kleinverdiener erhalten Zuschüsse aus dem Staatssäckel, der Arbeitgeberbeitrag zur Krankenversicherung wird vollständig an die Arbeitnehmer überwiesen und dann von ihnen versteuert. Rechenbeispiele haben gezeigt, daß die Prämie vor allem Großverdiener zur Kasse bittet. Wer viel verdient, trägt auch viel zum Sozialausgleich bei. Wer wenig verdient, profitiert - allen voran Einkommen unter 1300 Euro. Sogar Umverteilungsprediger müßten daher einsehen, daß die Gesundheitsprämie fair und sozial ist.


    Wahrheit Nummer drei: Die Gesundheitsprämie ist solidarisch. Sie sorgt dafür, daß sich alle Bürger an der Finanzierung des Gesundheitswesens beteiligen - und nicht mehr nur die 90 Prozent der Versicherten, die durch eine willkürlich gesetzte Einkommensgrenze in die gesetzlichen Kassen gezwungen werden. Alle Bürger zahlen Steuern. Wenn der Sozialausgleich aus Steuermitteln bezahlt wird, dann werden künftig also auch die bisher Privatversicherten ihren Beitrag dazu leisten. Ein genialer Trick: Die Privatversicherung, der einzig funktionstüchtige Zweig im Gesundheitswesen, könnte dabei sogar bestehen bleiben.


    Und weil es egal ist, ob die Versicherten ihre Prämien mit ihrem Arbeitslohn oder aus Miet- oder Zinseinnahmen bezahlen, werden alle Einkommensarten letztlich gleich behandelt. Mit diesen Argumenten läge die Gesundheitsprämie à la Union sogar ziemlich nah bei den Gewerkschaften, der SPD und ihrer Bürgerversicherung. Vielleicht ist es da kein Wunder, daß sich sogar einige Koalitionspolitiker oder der Managerkreis der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung für die Einführung der Kopfpauschale erwärmen.


    Wahrheit Nummer vier: Die Gesundheitsprämie ist bezahlbar. Laut wehklagt die CSU, die Einführung der Gesundheitsprämie, die nach verschiedenen Berechnungen zwischen 28 und 40 Milliarden Euro kosten wird, sei nicht zu finanzieren. Nur zu gern vergessen die Bayern dabei allerdings, daß auch heute jährlich an die 40 Milliarden Euro im Gesundheitswesen umverteilt werden. Allerdings spricht darüber niemand gern. Die Gesundheitsprämie erhöht die Kosten nicht, sie finanziert sie nur intelligenter. Damit durchschneidet sie den tückischen Kreislauf, daß hohe Lohnnebenkosten zu höherer Arbeitslosigkeit und schließlich zu noch höheren Lohnnebenkosten führen.
    Zu den politischen Wahrheiten gehört allerdings, daß der Streit zwischen den Unionsparteien die Einführung einer echten Gesundheitsprämie inzwischen fast verbaut hat. Die Bayern versuchen den Eindruck zu erwecken, als könne man das jetzige Gesundheitssystem durch kleine Schönheitskorrekturen sanieren. Das aber entspricht gewiß nicht der Wahrheit. Irgendwann wird sich die CSU den Vorwurf gefallen lassen müssen, daß sie alles darangesetzt hat, eine intelligente und sozial gerechte Idee wie die Kopfpauschale zu diskreditieren.
    Quelle:
    http://www.welt.de/print-wams/…rn_der_Kopfpauschale.html


    Aus 2004!

  • Hey Strategos, sowas kann ich auch:




    :opi:

  • John Olt


    Bei soviel Polemik wie in dem Beitrag ist, soviel argumentationslose Unterstellungen und soviel giftiger Lob, den die SPD bekommt, fürs eigentliche Nichtstun und Zuschauen, wie das Gesundheitssystem den Bach runter geht, kann ich davon ausgehen, dass du es von einem SPD-Wahlkampfschmierblatt bekommen hast, dass sie auf ihrer Webpage austellen, oder hast du es als Parteimitglied sogar zugeschickt bekommen?


    Egal, scheiß Deutschland, scheiß Diskussion, scheiß Gesundheitssystem, scheiß andere Parteien, hauptsache ich bin Brüllaffenpartei der Nation.
    Und ja, das galt in der jungen Vergangenheit auch für Herrn Westerwelle.


    LG

  • Danke Twilight! Gern geschehen. Reich ihn weiter!


    Na na Strategos... Nicht verzweifeln! Es ist sicherlich nicht leicht in diesen Tagen. Aber Du musst weiterhin tapfer die blau-gelb-gestreifte Krawatte oder den bananengelben Pollunder tragen. Mit wem sollte man sich sonst so vergnüglich streiten? :) Die Union ist ja praktisch kaum noch wahrzunehmen. Hier im Forum sowieso nicht. Nicht, dass es mir noch wie Obelix geht und plötzlich sind keine Römer mehr da. (Schönes Beispiel. Passt irgendwie zur Debatte um die spätrömische Dekandenz, findest Du nicht? :teufel2: ) In der Tat stammt der oben zitierte Text von der SPD-Homepage. Dein Text aus der Welt von 2004 ist aber auch nicht viel besser. Denn über "die Wahrheit" kann man sich ja freilich streiten. Zumindest über die dort beschriebene. Interessant übrigens, dass sich die FDP inzwischen mehr mit der Union auseinandersetzt, als mit der Opposition. Da knirscht und kracht es im Gebälk. Und Merkel hat bisher ja noch nicht mal den Mund aufgemacht. Wie wird es erst sein, wenn sie dies tut?


    Ich finde die Diskussion übrigens überhaupt nicht scheiße. Ich weiß ja was ich will. Ich will ein staatliches solidarisch finanziertes Gesundheitssystem, in das alle nach Einkommen gestaffelt einzahlen. Und ich will, dass jeder die notwendigen Behandlungen bekommt und es nicht irgendwann heißt: Du bist 80, Du hast kein Geld, Du kriegst keine neue Hüfte. Für mich ist ein soziales Deutschland ein Traum auf den es hinzuarbeiten gilt. Und gleiches Recht auf Gesundheit steht hier an erster Stelle. Danach kommt die Bildung und dann die soziale Sicherheit und die gesellschaftliche Teilhabe. All das kann ich bei der Kopfpauschale nicht erkennen. Es leuchtet mir einfach nicht ein, wo der Vorteil für die Allgemeinheit liegen soll, wenn der Millionär genauso wenig zahlen muss, wie der Pförtner oder die Putzfrau viel zahlen muss. Mir ist zwar klar, dass man das mit Steuern ausgleichen könnte, aber ich höre jetzt schon die Rufe nach staatlichen Sparmaßnahmen. Und ich weiß jetzt schon, wo man zuerst sparen wird. Und am Schluss haben wir dann wieder die alten Rentner und die armen Krüppel für die sich niemand verantwortlich fühlt und für die niemand bezahlen will. Und denen sagt man dann: Hättest Du halt vorsorgen müssen und nicht arbeitslos werden dürfen. So wird es laufen. Und das will ich um jeden Preis verhindern. Eine soziale Gesellschaft ist möglich, man muss sie nur wollen. Wir sind doch heute um ein vielfaches reicher als in den 50er Jahren nach dem Krieg. Und heute heißt es Sozialstaat abbauen. Das ist doch irre!

  • Zitat

    -Und Merkel hat bisher ja noch nicht mal den Mund aufgemacht. Wie wird es erst sein, wenn sie dies tut?
    -Und ich will, dass jeder die notwendigen Behandlungen bekommt

    Merkel für Entkoppelung von Gesundheitskosten und Arbeitskosten
    Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte der "Sonntag Aktuell", wenn man steigende Gesundheitskosten weiter allein paritätisch an die Arbeitskosten koppele, dann belaste man die Arbeitsplätze. In dieser Wahlperiode werde die Regierung "evolutionäre, keine revolutionären Veränderungen vornehmen". Dies geschehe "unter einer Voraussetzung, und zwar der eines automatischen Sozialausgleichs, damit es gerecht zugeht". Zudem führe der Begriff Kopfpauschale in die Irre, sagte Merkel in Stuttgarter Regionalzeitung "Sonntag aktuell". Sie betonte: "Wir wollen ausdrücklich, dass auch in Zukunft jeder die für ihn notwendigen medizinischen Leistungen bekommt."



    Zum Rest:
    Dir geht es im Prinzip nur darum, dass man nicht weiß aktuell, wie es bezahlt wird.
    Weitere Argumente hast du nicht, alles weitere ist nur heiße Lufte, die du lieder auf dem stillen Örtchen rauslassen solltest, aber nicht in einer ernsthaften Diskussion.
    (Nenn mich dafür spröde, als Ausgleich, dass du ernsthafter diskutierst)


    Und was die Bezahlung des ganzen angeht, so hat macht man sich da akt. Gedanken. Ein Vorschlag war u.a., dann man den Soli verwendet.
    Wie es nun gehandhabt wird, dass weiß noch keiner genau und daher muss auch noch keiner den Brüllaffen spielen und sich extra blöd stellen, wie es die Roten gerne tun.
    Die Tigerente will nicht den Sozialstaat abbauen, sie will ihn für die Zukunft so austellen, dass er weiterhin finanziert werden kann. Ein Sozialist kann das nicht verstehen, denn für ihn ist immer Geld da ;)


    LG

  • Naja, wir wissen doch eigentlich schon ziemlich genau wie das mit der Bezahlung laufen soll. Die 29€ von Rösler weisen doch klar die Richtung. Die meisten Menschen werden sehr viel mehr bezahlen als bisher. Die oberen 10.000 hingegen deutlich weniger.


    Übrigens finde ich sehr wohl, dass ich ernsthaft diskutiere, auch wenn es bisweilen etwas polemisch klingen mag. Im Kern der Sache habe ich heute schon einige konkrete Vorschläge gemacht. Nun gut, Du bist damit nicht einverstanden, aber das ändert ja nichts an der Ernsthaftigkeit meiner Vorschläge.


    Fakt ist, dass Deine Partei die FDP ein umgekrempeltes Gesundheitssystem vorschlägt, ohne bisher erklären zu können, wo die Milliarden dafür herkommen sollen. Deswegen sind übrigens auch die CSU und die CDU so kritisch. Wo bleiben die Finanzierungsvorschläge? Am interessantesten ist übrigens nicht was Merkel sagt, sondern was Schäuble sagt. Und von dem habe ich noch nicht viel Gutes dazu gehört. Wenn Du mich fragst lässt Merkel die FDP ins Messer rennen und schielt dabei zu den Grünen. Das was sie dort gesagt hat ist doch so wage, da kann man alles und nichts drunter verstehen.


    Ich verstehe übrigens garnicht wen Du immer mit "Brüllaffe" meinst? :grübel:
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    :D

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    Unser Super-TransReformer ist übrigens kein "Brüllaffe". Er hat da halt nur mal so ne Idee...
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    :klopp:

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  • Danke, dass ist ein Beitrag, wie ich in mir wünsche und wo ich gerne antworte.
    Vorneweg, deine Bedenke sind absolut korrekt und niemand weiß bisher die genaue Lösung.
    Doch gibt es bereits gute Modellvorschläge, wie hier:



    Vorteil für die Kopfpauschale


    Von Christoph Keese


    Die Diskussion über die Bürgerversicherung steht noch am Anfang. Klar ist aber, dass sich Arbeitgeber und Gutverdiener für eine Kopfpauschale stark machen sollten.


    Die Vorteile für Arbeitgeber liegen auf der Hand. Erklärte Absicht einer Kopfpauschale ist es, die Arbeitgeber aus der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung zu entlassen. Das klingt brutal und nach Manchester-Kapitalismus, beruht aber auf einem klugen Gedanken. Wer einen Mitarbeiter einstellt, so das Argument, rechnet die Sozialkosten sowieso in seine Planung ein. Er trennt nicht zwischen Ausgaben für Lohn und Krankenversicherung, sondern zieht einen Strich unter die Rechnung und weist alles Geld, das seine Mitarbeiter ihn kosten, als Lohnkosten aus. Je höher die Beiträge für die Krankenversicherung klettern, desto teurer wird aus seiner Sicht die Arbeit. Jeder Prozentpunkt mehr Kassenbeiträge vernichtet Jobs, jede Anpassung schafft Anreize zur Verlagerung von Arbeit ins Ausland oder zum Ersatz von Menschen durch Maschinen.


    Deswegen plädieren die Anhänger der Kopfpauschale dafür, Krankenversicherungen in Zukunft so zu betrachten wie Unfall- oder Hausratsversicherungen: Sie sind Sache des Einzelnen, nicht des Arbeitgebers. Der zahlt einen festen Lohn, und davon muss jeder Arbeiternehmer seine Ausgaben bestreiten. Das Modell ist durchdacht: Wenn es eingeführt würde, könnten Kostenexplosionen im Gesundheitswesen die Arbeitslosigkeit genauso wenig nach oben treiben wie das heute mehr Autounfälle, Diebstähle oder Wasserschäden tun. Die Gesellschaft würde den Schaden nicht mehr doppelt bezahlen: finanziell und durch höhere Arbeitslosigkeit. Auf den Krankenversicherungsprämien bleibt der Arbeitnehmer hängen. Das schwächt die Kaufkraft und könnte der Konjunktur schaden. Doch das klingt schlimmer als es ist. Damit beim Systemübergang kein Schock eintritt, schlagen die Verfechter der Kopfpauschale Folgendes vor: Die Arbeitergeber erhöhen am Stichtag der Umstellung die Löhne brutto um den Betrag, den sie bis dahin als ihren Anteil an die Krankenversicherung entrichtet haben. Sie zahlen also das gesamte Geld direkt an den Arbeitnehmer aus, müssen sich fortan nicht mehr mit Versicherungen herumschlagen und können die Verwaltungskosten senken.


    Simples Modell


    Der Arbeitnehmer nimmt das zusätzliche Geld und zahlt daraus seine Prämie an die Kasse. Das ist ein simples Modell, wie es heute problemlos bei allen Privatversicherten funktioniert. Am Tag der Umstellung steht der Arbeitnehmer also unter dem Strich gleich da. Verkraften muss er danach jedoch Steigerungen der Kopfpauschale, genau wie bei der Haftpflicht- oder Hausratversicherung.


    Natürlich wird er versuchen, über die Zeit Lohnerhöhungen bei seinem Arbeitgeber herauszuholen, und manchmal wird er damit Erfolg haben. Entscheidend aber ist, dass die Kostenexplosion im Gesundheitswesen nicht mehr automatisch auf die Arbeitskosten durchschlägt, sondern nur indirekt über Lohnverhandlungen. Damit wäre schon viel gewonnen. Arbeit könnte billiger werden, und mehr Jobs entstünden. Diese Vorteile hat die Bürgerversicherung nicht. Unternehmer sollten daher für die Kopfpauschale eintreten und gegen die Bürgerversicherung stimmen. Ähnliche Interessen haben gut verdienende Arbeitnehmer. Die Modellrechnung der Rürup-Kommission zeigt, dass Haushalte zwischen 50.000 und 120.000 Euro Jahreseinkommen mit der Bürgerversicherung ins Minus rutschen, gegenüber dem heutigen Stand also eine Verschlechterung hinnehmen müssten, während sie mit der Kopfpauschale besser dastehen. Wer also in dieser Einkommensgruppe liegt, schadet seiner Kasse, wenn er die Bürgerversicherung fordert.


    Das gilt besonders dann, wenn der Gesetzgeber für die Kopfsteuer einen Gerechtigkeitsausgleich per Steuererhöhung beschließt. Und das wird er kaum vermeiden können. Eine Pauschale von 200 Euro belastet jemanden, der 2000 Euro im Monat verdient, viel mehr als den Einkommens-Millionär. Darin liegt politischer Sprengstoff. Schon Margaret Thatcher war mit dem Versuch gescheitert, in Großbritannien eine Kopfsteuer namens "poll tax" einzuführen. Die Fälle sind zwar nicht ganz vergleichbar, weil die "poll tax" eine Steuer und keine Versicherungsprämie war, aber das politische Konfliktpotenzial ist ähnlich. Millionen von Kleinverdienern werden nicht einsehen, warum sie für Gesundheit genauso viel wie die Reichen bezahlen sollen - obwohl sie das beim Autokasko klaglos akzeptieren.

    Gerechtigkeitsausgleich per Steuer


    Unter diesem Druck wird der Gesetzgeber einen Ausgleich schaffen. Denkbar wäre, dass er den Solidaritätszuschlag von 5,5 auf etwa 10 Prozent erhöht. Damit nimmt er genug Geld ein, um Geringverdiener von den Folgen der Kopfpauschale zu entlasten. Ein solcher Schritt träfe die Reichen mehr und die Armen weniger, weil die Erhöhung des Soli-Zuschlags wie jede Steuererhöhung der Progression unterliegt. Der Gerechtigkeit wäre Genüge getan - allerdings zum Schaden zweier Einkommensgruppen. Wer zwischen 20.000 und 40.000 Euro brutto verdient, käme etwas schlechter dabei weg als heute. Die Erhöhung des Solis belastet ihn stärker, als ihn die die Kopfpauschale entlastet.


    Größter Verlierer der Kombination von Kopfpauschale und Steuerausgleich wären Einkommen über 120.000 Euro. Sie stünden viel schlechter da als heute. Mitleid werden sie dafür sicher nicht ernten. Aber aus ihrer subjektiven Sicht geraten Topmanager in die Zwickmühle: Als Unternehmer müssen sie für die Kopfpauschale sein, als Hochverdiener für die Bürgerversicherung. Diesen Konflikt muss dann jeder mit sich selbst ausmachen.


    Christoph Keese ist Chefredakteur der Financial Times Deutschland




    LG


    PS:

    Zitat

    Ich verstehe übrigens garnicht wen Du immer mit "Brüllaffe" meinst? :grübel:

    Der war sehr gut :D

  • Hey Strategos, diesen Beitrag hatten wir schon mal am 4. Februar. Da haben wir uns doch heftig wegen gezofft. Schon damals sagte ich: "Alles Käse, Herr Keese!"- Erinnerst Du Dich? ;notice: Wenn Du Dich nicht aufregen möchtest lies es lieber nicht. Achtung! Polemik! :wave:

  • Zitat

    Hey Strategos, diesen Beitrag hatten wir schon mal am 4. Februar. Da haben wir uns doch heftig wegen gezofft. Schon damals sagte ich: "Alles Käse, Herr Keese!"- Erinnerst Du Dich? ;notice:

    Stimmt. :grübel:
    Mein Fehler, sorry. :stimmt:


    LG


    PS:
    Und wie ist die Diskussion argumentativ ausgegangen damals? ;)

  • Und wieder eine neue Runde in Sachen Gesundheitssystem:

    Zitat

    Die Reform der Krankenkassenfinanzierung nimmt Gestalt an. Gesundheitsminister Rösler will von 2011 an eine vom Einkommen unabhängige Pauschalprämie von 30 Euro monatlich einführen. Im Gegenzug soll der Beitragssatz gesenkt und nach der Einkommenshöhe „sozial“ gestaffelt werden.


    Zitat

    01. Juni 2010
    Die 50 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sollen nach Vorstellungen von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) ab dem kommenden Jahr mit einer Gesundheitsprämie von je 30 Euro im Monat zur Finanzierung des defizitären Gesundheitssystems beitragen. Im Gegenzug soll der heute einheitlich 7,9 Prozent betragende Beitragssatz gesenkt und nach der Einkommenshöhe „sozial“ gestaffelt werden. Im Ergebnis würden nach den dieser Zeitung (FAZ) bekannt gewordenen Modellrechnungen alle Bruttoeinkommen von bis zu 3000 Euro in der Tendenz entlastet, die darüberliegenden aber belastet. Parallel dazu will Rösler den bisher von den Arbeitnehmern und Rentnern allein zu tragenden Beitragssatz von 0,9 Prozentpunkten streichen, den der Arbeitgeber um 0,3 Punkte anheben. Am Ende würden beide maximal je 7,3 Prozent des Bruttoeinkommens von bis zu 3750 Euro als Beitrag an die Kasse zahlen.


    FAZ Artikel


    Würde mich mal interessieren von wem diese Modellrechnungen stammen? Mal gespannt was die SPD und die CSU dazu sagen. Wahrscheinlich der nächste Krach in der Koalition.

  • Ist schon im Gange.
    LINK


    Strategos hat mal geschrieben, daß Röslers Gesundheitssystem eine tolle Sache ist, wenn man sich mal mit beschäftigt.


    Also 30€ für jeden zusätzlich zu der normalen Versicherung. Das der Arbeitnehmer gar nicht entlastet werden soll war mir ja klar, aber wo jetzt die Entlastung für den Arbeitgeber ist, ist mir immer noch ein Rätsel.
    Söder versteht es auch nicht und der ist in der selben Koalition.

    [i]„Das Geld ist der allgemeine, für sich selbst konstruierte Wert aller Dinge. Es hat daher die ganze Welt, die Menschheit wie die Natur, ihres eigentümlichen Wertes beraubt.
    Das Geld ist das den Menschen entfremdete Wesen seiner Arbeit und seines Daseins, und dieses fremde Wesen beherrscht ihn, und er betet es an."
    [align=center][color=#ff6600]Karl Marx.

  • Ich finde diese Schauspielertruppe da in Berlin nur noch geil. Erst letztens hat man Professionalität und ein Ende des Gezoffes beschworen, jetzt stänkert es wieder von allen Seiten gegen die angebliche "Gesundheitsreform".


    http://www.spiegel.de/politik/…and/0,1518,705713,00.html


    Beiträge hoch, nach oben offene Zusatzabgaben, Arbeitgeberanteil eingefroren und die Pharmaindustrie macht weiterhin die Preise, die sie für richtig hält.


    Zitat

    Stattdessen schlägt Söder "ein Wettbewerbsmodell" vor. "Die Kassen sollten ihre Beitragssätze wieder komplett selbst bestimmen und auch selbst einziehen können. Dann erübrigen sich auch die komplizierten Zusatzbeiträge." Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen Söder zufolge denselben Anteil zahlen.

    Hehe, nur noch geil. Dieses System haben wir erst vor zwei Jahren zu Grabe getragen.

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