Als am frühen Abend nach der Schlacht von Leuthen am 05.12.1757 über den mit Leichen und Verwundeten bedeckten Friedhof des Ortes erst die einzelne Stimme eines Soldaten anfing „Nun danket alle Gott“ zu singen und dann sein Gesang von den Kameraden aufgegriffen wurde und dann schließlich die ganze Armee dieses Lied sang, da war ein Mythos geboren worden!
Was war das für eine Armee, welche Gott nach so einem blutigen Tag und einem gegen alle Regeln der Kriegskunst gewonnener Schlacht dankt?
Was war das für eine Armee welche nicht wie die Aasgeier plündernd nach der Schlacht übers Feld zog und die Toten um des eigenen Einkommens willen beraubte, was damals durchaus üblich war, sondern Verwundeten halfen und egal ob Freund oder Feind?
Wir sind heutzutage leider mit einem schnellen pauschalen Urteil zur Hand und dieses meistens nur, weil ihnen dieses irgendwer irgendwann einmal eingetrichtert hat. Selbst mangels eigenem Wissen und sogar wider gegen besserem Wissen wird dann eine Sache verurteilt. Ein solches Opfer der verblendeten Geschichte ist Preußen, ist sein Militär und ist auch Friedrich der Große!
Geschichte, ernst zu nehmende Geschichtsforschung und Lehre haben die Wahrheit zu vermitteln und nicht eine einseitige Pauschalisierung oder Polarisierung. Vor dem 2. Weltkrieg wurden Preußen und seine Institutionen falsch glorifiziert, insbesondere in der Nazizeit. Nach dem Krieg war Preußen von den Alliierten zerschlagen worden weil es das Übel der deutschen Angriffslust gewesen sein soll. Seitdem ist Preußen mit einer extrem negativen Presse versehen und das ist genauso falsch wie die Glorifizierung zuvor!
Wenn vom preußischen Militär die Rede ist, insbesondere in der Epoche von Friedrich dem Großen, dann ist immer automatisch die Rede von Unterdrückung, Prügelstrafen, Unmenschlichkeit und Kadavergehorsam der so eingetrichtert wurde. Waren es also alles willenlose Geschöpfe mit vernarbten Wunden der Disziplinierung welche an diesem Abend von Leuthen eine Menschlichkeit zeigten und zuvor einen Sieg errungen hatten, der im selben Atemzug mit den Siegen der Antike genannt wird? Wohl kaum….
Wie kommt also so eine negative Presse zustande?
Die, welche von Geschichte nicht mehr verstehen als das, was sie im mehr oder weniger gut gemachten Geschichtsunterricht gelernt und noch behalten haben sind hier eher die Opfer als die Protagonisten dieser schlechten Presse!
Diejenigen aber, welche hier als gebildet betrachtet werden können und sich auf zeitgenössische Quellen berufen können, machen meistens immer wieder dieselben elendigen Fehler und tragen daher eine Verantwortung daran! Diese Leute berufen sich immer wieder auf dieselben spärlichen Quellen, die nicht ansatzweise befriedigend sind und ein einseitiges Bild zeigen!
Wer sich auf Quellen wie die des Schweizers Ulrich Bräker und seiner Lebensgeschichte des „Armen Mannes aus Tockenburg“ bezieht hat automatisch ein extrem negatives Bild von Preußen. Bräker, aus den schweizer Alpen kommend wurde Opfer von Werbern des Königs und zum Militärdienst gepresst und nahm mit seinem Werk Rache für die vergeudete Zeit und erlittene Disziplinierung.
Obwohl dieses Gekritzel an persönlicher Rache schon längst vergessen war, kramte ihn irgendein Professor im letzten Jahrhundert hervor und seitdem gilt dieses Werk als die Grundlage der kritischen Auseinandersetzung mit dem Preußentum hinsichtlich des Militärs! Es galt sogar als Grundlage für zahlreiche Publikationen und Filme und gerade dann wird in der weniger wissenden Öffentlichkeit ein bestimmtes Bild eingeimpft welches sich dann wie ein Virus verbreitet.
Es ist beschämend wie krampfhaft gerade in unserer Zeit die Medien versucht wird den anderen zeitgenössischen Darstellungen und Berichten mit positiverer Erfahrung aus dem Weg zu gehen und sie tot zu schweigen. Schon wenn ein Wolf Schneider in seinem „Buch vom Soldaten“ im Vorwort schreibt „im russischen Heer und in der englischen Marine der Zeit ging es weitaus schlimmer zu“, folgt direkt wieder ein "ja aber..." meisten Ortes!
Niemand will die anderen zeitgenössischen Quellen kennen, kein „Tagebuch des Junkers von Barsewisch“, kein „Leben und Taten eines preußischen Regiments – Tambours“ um nur mal zwei von einer endlosen Fülle an möglicher Literatur herauszustellen. Natürlich ist Literatur an sich oftmals ebenfalls von Vorurteilen geprägt, nichts anderes sage ich ja die ganze Zeit, aber der kritische Leser darf und muss beide Seiten lesen und erfahren können um sich ein wirkliches eigenes Bild und somit eine eigen Ansicht verschaffen zu können. Doch wenn nur eine Seite hervorgehoben und zitiert wird, dann ist das Ergebnis klar und dieses Ergebnis ist das, wessen Preußen, sein König und sein Militär zum Opfer fallen!
Es geht nicht darum, dass hier die rigorose Disziplin im preußischen Heer totgeschwiegen werden soll, Es gab das Gassenlaufen und andere üble Strafen und sie wurden vielfach angewendet. Aber wer nur die Strafen aufzeigt, der vermittelt auch ein falsches Bild. Wer sich nur das Strafgesetzbuch irgendeines Landes dieser Welt durchliest und nichts anderes an Informationen über dieses Land erhält, der bekommt auch schnell die Meinung, dass es ein Land voller Kriminalität ist! Wer nun auch noch hingeht und nur den Strafenkatalog im preußischen Militär aufzählt und sich darüber auslässt vermittelt ebenso ein falsches Bild, denn wie war denn der Strafenkatalog in den anderen Staaten der Epoche? Genauso und sogar schlimmer, aber das wird gerne verschwiegen!
Nun sind wir aber noch kein Stück näher an der Beantwortung der Frage am Anfang: Was war das für eine Armee die Gott dankend nach der Schlacht für die Epoche ungewohnte Menschlichkeit zeigte und einen grandiosen Sieg erfocht?
Solche Soldaten können in der Masse keine nur mit Zwang zum Dienst an der Waffe gepressten Soldaten gewesen sein. Nie wäre so eine Armee aus erzwungenem Gehorsam zu so einer Tat fähig gewesen. Wer wurde eigentlich auf dem Kasernenhof geprügelt in Preußen? Sicherlich in Einzelfällen auch Unschuldige und es ist auch nicht zu bestreiten, dass Preußen hier genauso unlautere Mittel bei der Werbung anwendete wie alle anderen Staaten. Wer hier geprügelt wurde waren mehrheitlich Soldaten, welche ein Vergehen begangen haben. Aber erstaunlicher Weise ist in der Prügelstrafe sogar etwas Humanes zu finden in der Zeit, abgesehen davon das sie auch im alltäglichen leben Gang und gebe war in der Zeit. In Preußen wurde die Todesstrafe im vergleich zu den anderen europäischen Staaten extrem selten angewendet bei selbigen Vergehen. Friedrich der Große hat selber gesagt „prügelt das Schwein halb tot zur Strafe, pflegt ihn danach gesund und dann macht aus ihm einen Soldaten!“. In Frankreich, England und egal welchem anderen land wäre dieses „Schwein“ mit großer Wahrscheinlichkeit für dasselbe Vergehen erschossen worden!
Die bekannte hohe Qualität der preußischen Armee kann nicht durch unmenschlichen Umgang erreicht worden sein, denn das zeigt die Geschichte auch: Erzwungener Gehorsam führt zu keinem Sieg und ist ein Unsicherheitsfaktor. Die Ausbildung im preußischen Heer war und ist der Schlüssel für den Erfolg Preußens in der Epoche. Nur gut ausgebildete und motivierte Soldaten sind zu Leistungen wie in Leuthen fähig.
Wenn man sich mit der Kriegsführung und dem Geschehen auf dem Schlachtfeld der Epoche genauer beschäftigt, dann wird es noch deutlicher, dass nur Hingabe und Bereitschaft für den König und den Staat zu kämpfen, so eine Leistung möglich macht.
Ja, es wurde auch Disziplin eingeprügelt wenn es erforderlich war und der bekannte Satz von Friedrich dem großen „Der Soldat müsse seinen Offizier mehr fürchten als den Feind!“ steht in den Geschichtsbüchern. Was aber nicht drin steht sind andere Zitate des „Alten Fritz“, auch nicht, dass die Prügelstrafe in den meisten Regimentern streng reglementiert war. Schon gar nicht steht in diesen Büchern dann das Reglement Friedrich des Großen von 1743, welches in seiner ganzen Regierungszeit galt:: Der Offizier hat seine Untergebenen menschlich und fürsorglich zu behandeln!
Ist das die unmenschliche preußische Militärmaschine?
Ist das die unmenschliche Kriegsmaschine Preußens, wo der „Alte Fritz“ anordnet, dass Invalide, Erkrankte und sonstige Ausscheidende aus dem Militärdienst, welche nicht für sich selber sorgen können dem König von dem Regiment zu melden sind, damit der treue Diener des Volkes in nachhinein bettelnd durch die Lande ziehen muss. Das wird schon auf jeden Fall verschwiegen, denn es zeigt eine soziale Haltung in Preußen, welche im totalen Widerspruch zu der schlechten Presse steht!
Zum Abschluss und um zu zeigen wie auch Stolz auf seinen geleisteten Dienst in Preußen vorhanden war, ein vielfach dokumentierter Fall:
In der freien Reichsstadt Nürnberg unterlief einem ehemaligen preußischen Feldwebel beim Exerzieren ein Fehler. Als der anwesende Oberst der Stadtsoldaten ihn deswegen vor der versammelten Mannschaft auf gut deutsch zur Sau machen wollte erwiderte der Feldwebel: „Herr Oberst, vergessen Sie nicht, dass ich in der preußischen Armee ihrer Majestät gedient habe!“. Dann machte er eine zackige Wendung und trat wieder ins Glied ein. Der Oberst konnte darauf nichts erwidern und schwieg!