Sozialstaat Deutschland und seine Bürger

  • Wieder nur eine Auflistung von Behauptungen, die meiner Ansicht nach allenfalls halb richtig sind. „Kinder in der Gosse, Rentner in der Mülltonne, Millionengeschenke statt Straßen- und Gebäudesanierungen“... Anscheinend leben wir in zwei unterschiedlichen Ländern. Und ich lebe in einem Landkreis mit der höchsten Arbeitslosenrate in Deutschland.


    Nonsens macht sich wenigstens die Mühe und sucht Zahlen und Fakten raus, über die man diskutieren kann. Die Frage ist bei Nonsens bspw. halt, ob man Menschen in privater Vermittlung, Über 58-jährige, alleinerziehende Mütter, Arbeitsverweigerer usw. unbedingt als „arbeitssuchend“ zählen muss, selbst wenn diese nicht wirklich eine Arbeit suchen. Die Frage ist auch, ob man sie als vermittelbar rechnen muss, wenn sie dies defacto gar nicht sind. Dass sie trotzdem einen Anspruch auf Leistung haben ist dabei ja völlig unbestritten.



    Ich unterrichte in einer Region, in der man durchaus mit Kinderarmut täglich in Berührung kommt. Das ist aber allenfalls eine relative Armut und keine absolute, die in der Gosse endet, so wie du es darstellst. Auch diese armen Kinder bekommen dasselbe Angebot an Schulausbildung, Fördermaßnahmen und Schulspeisung und Klassenfahrten wie alle anderen. In seltenen Fällen kann man die Armut an ihrer Kleidung erkennen. Was aber nahezu immer an den Eltern liegt und deren fehlender Fürsorge und nicht an den fehlenden Möglichkeiten angemessene Kleidung zu bekommen. Smartphones haben sie übrigens alle. Habe noch kein Kind ohne getroffen. Kinder „in der Gosse“ kenne ich gar nicht. Diejenigen, die es am schlimmsten trifft, sind Kinder, die nicht mehr Zuhause leben können und deswegen in von Erziehern betreuten Wohngruppen untergebracht sind. Anderseits wird dort dann allerdings eben auch ein menschenwürdiges und kindgerechtes Aufwachsen sichergestellt, was die Eltern, meist aufgrund von Suchterkrankungen und zerrütteter Beziehungsverhältnissse, nicht mehr leisten können.
    Bei Langzeitarbeitslosen übernimmt der Staat nahezu sämtliche Kosten. Wohnungsgeld. Größere Anschaffungen wie Möbel oder Waschmaschinen. Kleidung. Schulbedarf. Kosten für Klassenfahrten. Öffentlicher Nahverkehr. usw. usf. Habe noch nie erlebt, dass da irgendwas gekürzt wurde. Sehr wohl aber, dass Eltern aufgrund ihres Zustandes nicht mehr in der Lage waren die nötigen Anträge zu stellen, mich mehrfach angelogen haben, so dass ich als Lehrer dann am Ende direkt mit der Sachbearbeiterin kommunizieren musste. Siehe da, alles kein Problem. Anträge gingen sofort anstandslos durch. Geld wurde überwiesen. (Geht dabei meistens um Gelder für Klassenfahrten, Jugendweihen oder Schulbücher.)


    Mich regt es einfach auf, wenn ständig behauptet wird, unser Sozialstaat würde nichts tun, nicht funktionieren usw. Das stimmt einfach nicht. Nur muss der Einzelene eben auch eine gewisse Mindestbereitschaft zeigen, dass er willens ist, seine Situation auch selbst zu verbessern.

  • Bei Langzeitarbeitslosen übernimmt der Staat nahezu sämtliche Kosten. Wohnungsgeld. Größere Anschaffungen wie Möbel oder Waschmaschinen. Kleidung. Schulbedarf. Kosten für Klassenfahrten. Öffentlicher Nahverkehr. usw. usf. Habe noch nie erlebt, dass da irgendwas gekürzt wurde

    Du kennst die finanzielle Lage sämtlicher Arbeitslosen in Deutschland?
    Ziemlich cool, würde das Finanzamt auch gerne.


    Leb Du mal weiter in Deiner rosaroten Scheuklappen-Wohlfühlblase.
    Noch mal: ich wünsche Dir alles Gute für die Zukunft; auf daß Du den wohlverdienten Beamtenstatus endlich erreichen mögest und der Rest der Welt Dir dann noch mehr egal sein kann. Mögest Du nie auf unser Sozialsystem angewiesen sein und vom Bürokratismus zerrieben werden.


    Danke für das Video: war mir völlig neu, echt jetzt.........

  • Du kennst die finanzielle Lage sämtlicher Arbeitslosen in Deutschland?
    Ziemlich cool, würde das Finanzamt auch gerne.

    Muss man auch gar nicht. Es reicht wenn man die Gesetze und Regelungen einigermaßen kennt. Dann sieht man sehr schnell, dass die gesetzlichen Vorgaben bei Weitem nicht so schlecht sind, wie du es hier darstellst. Zusätzlich habe ich inzwischen über hundert Haushalte in den letzten sechs Jahren persönlich kennengelernt, die von der Sozialgesetzgebung betroffen sind. Bei keinem dieser Haushalte wurden die gültigen Gesetze nicht ordentlich ausgelegt. Was der Einzelne dann aus dieser staatlichen Hilfeleistung macht, weicht allerdings tatsächlich deutlich voneinander ab. Es gibt Familien, die in der Lage sind sehr gut mit den vorhandenen Mitteln zu haushalten, die ordentlich abrechnen, pünktlich ihre Termine einhalten und einem strukturierten Tagesablauf folgen. Familien die sich weiterbilden usw. und bei denen du die Sozialhilfeabhängigkeit gar nicht merken würdest, wenn du es nicht bei Terminen wie Klassenfahrten durch die gestellten Anträge mitbekämst. Diese Familien machen glücklicherweise die Mehrheit aus. Es bleiben finanziell sicherlich viele Wünsche offen. Die Kasse ist knapp. Aber sie leben definitiv nicht im Elend. Und auch ein Urlaub ist mal ab und zu drin. Sie arbeiten lieber als Aufstocker, als Zahlungen ohne Gegenleistung zu bekommen, die sie als "Almosen" empfinden würden. Für diese Familien ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man für sein Geld ordentlich arbeiten geht. Ganz egal ob aufgestockt oder nicht. Und das betonen sie auch regelmäßig von sich aus. Was hier allerdings manchmal fehlt, ist bspw. die Bereitschaft die Region zu verlassen. Man möchte lieber in der Nähe der eigenen Familie bleiben. Hängt an der Heimat. Verständlich. Und so hängt man dann eben in der strukturellen Arbeitslosigkeit bzw. dem Arbeitsmangel der Region mit drin fest und arbeitet häufig in bezuschussten Berufen.
    Und dann gibt es aber Familien, in denen aufgestanden wird, "wenn man wach wird". Die ihre Schriftstücke nicht auf die Reihe kriegen. Deren Wohnung aussieht wie ein Sanierungsfall und deren Konsum sich zu einem nicht unerheblichem Teil auf Suchtmittel konzentriert. Nötige Anträge werden nicht gestellt. Betreuer regelmäßig belogen. Hilfsprogramme und Ratgeber werden dann auch noch nach Möglichkeit abgelehnt. An diesem Elend ist nicht der Staat schuld. Das ist selbst verursacht.

    Leb Du mal weiter in Deiner rosaroten Scheuklappen-Wohlfühlblase.
    Noch mal: ich wünsche Dir alles Gute für die Zukunft; auf daß Du den wohlverdienten Beamtenstatus endlich erreichen mögest und der Rest der Welt Dir dann noch mehr egal sein kann. Mögest Du nie auf unser Sozialsystem angewiesen sein und vom Bürokratismus zerrieben werden.

    Ich bin gespannt, ob ich es noch einmal erleben werde, dass du diskutierst, ohne dabei persönlich ausfallend zu werden. Wenn man anderer Meinung ist, darf man hier offenbar auswählen zwischen den Wünschen, dass einem einer mal "die Fresse poliert" oder dass man selber "arbeitslos wird" und an einem möglichst fiesen Sachbearbeiter gerät (von denen ich bisher übrigens noch keine kennengelernt habe).
    Aber ich kann dich enttäuschen. Ich bin bereits Beamter auf Lebenszeit. Auch weil ich unter anderem dazu bereit war, 800km von meinem Ausbildungsplatz wegzuziehen und somit in 550 km Entfernung von meiner Familie und meinen alten Freunden zu leben. Auch weil ich bereit war, in eine Region zu ziehen und dort zu arbeiten, zu der mich selbst heute noch viele fragen, wie lange ich denn dort noch bleiben wolle und in der ich vor vier Jahren noch niemanden kannte. Auch weil ich bereit war, mit der Besoldungsgruppe A12 anzufangen anstatt mit A13, die mir damals andere Bundesländer gezahlt hätten, die aber eben auch sehr viel mehr Bewerber auf eine Stelle hatten. Damals hieß es überall für Deutsch- und Geschichtslehrer gäbe es nur befristete Stellen mit Halbjahresverträgen. Sommerferien dann arbeitslos. Übrigens ohne Anspruch auf ALG usw.. Die 6 Wochen sollte man sich "ansparen". Ich habe mir damals die allgemeinen Trends angesehen. Alle wollten an die Gymnasien der Großstädte, in die Metropolen, an den Puls der Zeit. Berlin, Hamburg, München oder Köln sollten es sein. Ich hingegen bin in eine Region gezogen, die tief ab im Grünen liegt und zu den am dünnsten besiedelten Gebieten Deutschlands zählt. Und ich bin auch nicht ans Gymnasium gegangen, sondern an die Sekundarstufe I., also die mit den "armen Kindern". Die Sek I. wurde schon an der Uni von den meisten Studenten gemieden. Galt als "zu schwierig" und wurde/wird schlechter bezahlt. Obwohl es dort den größten Lehrerbedarf aktuell gibt. Zurück zur Region: Wenn du hier auf die Autobahn willst, musst du erstmal 50 Minuten durch den Wald fahren. Auch ein Grund für die nach wie vor bestehende strukturelle Arbeitslosigkeit hier. Die Landwirtschaft wirft nicht viele Arbeitsplätze ab und Industrie hat sich hier bis dato nicht nennenswert angesiedelt. Immerhin, der Tourismus boomt etwas. Andererseits bist du innerhalb von 80-90 Minuten im Zentrum von Berlin oder in zwei Stunden an der Ostsee. Trotzdem eben für sehr viele Anwärter zu weit ab, zu JWD. Deswegen sucht das Land Brandenburg ja auch nach wie vor Lehrer für diese ländlichen Regionen. Inzwischen läuft es etwas besser. Es scheint sich allmählich herumzusprechen, wie wunderschön es hier ist und wie gut man hier eigentlich leben kann. Damals schon bekamst du sofort eine Stelle. Übergangslos. Sogar die Sommerferien über wurde ich schon eingestellt. Kurzum, die Aussage es gäbe keine Stellen für Deutsch- und Geschichtslehrer war schlicht falsch. Man musste eben nur bereit sein dorthin zu gehen, wo auch der Bedarf gegeben war und sich nicht nur dort zu bewerben, wo sie alle hinwollen. Ich war damals sogar der erste Referendar meines Jahrgangs, der eine unbefristete Stelle hatte, noch vor der Examensausgabe. Aber das Leben ist nun einmal kein "Wünsch dir was". Und meinen jetzigen Beamtenstatus sehe ich daher auch nicht als etwas, das mir mal eben so in den Schoß gefallen ist. Dafür habe ich lange studiert und viele Kompromisse eingehen müssen, die mir auch heute nicht leicht fallen. Dass ich soweit ab von meiner Familie und meinem Heimatort leben muss, ist nicht schön. Immerhin kann ich mir aber mit meinem Verdienst nun auch wesentlich öfter die weiten Fahrten nach Hause leisten. Und ich liege auch niemandem auf der Tasche. Ich zahle meine Steuern und ich habe eine Arbeit, die ich als sinnvoll und erfüllend empfinde. Insgesamt macht einen der Beruf auch deutlich mobiler, so dass ich festgestellt habe, es kommt gar nicht so sehr darauf an, wo man lebt. Geld macht mobil. Deswegen wundere ich mich doch immer auch wieder über Menschen, die kategorisch ablehnen, die eigene Heimat zu verlassen, selbst wenn es dort eine strukturelle Arbeitslosigkeit gibt, die vermutlich noch auf ein Jahrzehnt hin verhindern wird, dass man hier in bestimmten Berufen gut verdienen wird. Ich würde dann wegziehen. Definitiv. Und sehr viele tun das ja auch, wenn sie hier keine Stelle finden. Was allerdings auch teilweise bedauerlich ist, da es einen gewissen Brain Drain mit sich bringt. Für mich war das aber nie eine Frage. Man geht dahin wo die Arbeit ist und wartet nicht darauf, dass die Arbeit zu einem kommt.

    Danke für das Video: war mir völlig neu, echt jetzt.........

    Nachdem was du schreibst, könnte man das meinen.

  • Nonsens macht sich wenigstens die Mühe und sucht Zahlen und Fakten raus, über die man diskutieren kann.


    Zumindest ich (und soweit ich mich erinnere auch andere Leute wie Flo oder Hades, wahrscheinlich auch mal Mogges) haben in den letzten Monaten (und Jahren) immer mal wieder entsprechende Zahlen und Fakten vorgelegt. Viele Sachen habe ich sogar schon mehrfach verlinkt, des öfteren (auch bei anderen Themen) habe ich mich selbst zitiert.


    Wir kauen im Grunde immer das selbe Thema durch. Die Fakten ändern sich dazu nicht täglich.


    Manchmal helfen auch Fakten nicht mehr. Welche Fakten solch ich deiner Meinung nach vorlegen wenn jemand der Meinung ist Konzerne dürfen zum Wohle von Arbeitsplätzen kriminell agieren?


    -


    Kurz was zu den Sozialleistungen (ohne Links, nur aus dem Gedächtnis, basierend auf Fakten). Gegen das Jobcenter gibt es regelmäßig Klagen wegen mangelnder Sozialleistungen. Den Klagen wird zu 90% stattgegeben. Also so ganz von alleine scheint der Laden nicht zu laufen.

  • Es geht nicht darum, daß ein Arbeitsloser 1000,- € mehr bekommt und sich ne PS 4 kaufen kann ( John liest das immer wieder raus ), sondern, daß mit dem Geld endlich mal Schulen und Kindergärten saniert, Kinder aus der Gosse geholt werden und Rentner aus dem Mülleimer und Pflegeheime mit Personal ausgestattet werden, daß Strassen und Brücken erneuert werden.

    Na dann solltest du doch gerade glücklich und zufrieden sein.
    Denn Maßnahmen für all diese Dinge laufen gerade.
    Also zumindest hier in Bochum
    Vieles ist ja durchaus Kommunale oder Landeszuständigkeit.


    Aber klar, es gibt Luft nach oben.
    Aber jedwede Art der Relativierung jenseits von Totalen lese ich gerade bei dir leider nur im Präldium um dann gleich in der Sache wieder total in das Absolute zu fallen.
    Auch beim 2ten mal lesen.


    P.S.
    Wenn Bayern und deine ländliche Kommune die Gegend der Verwahrlosung ist, dann tut mir das imi Übrigen Leid.



    Was der Einzelne dann aus dieser staatlichen Hilfeleistung macht, weicht allerdings tatsächlich deutlich voneinander ab. Es gibt Familien, die in der Lage sind sehr gut mit den vorhandenen Mitteln zu haushalten, die ordentlich abrechnen, pünktlich ihre Termine einhalten und einem strukturierten Tagesablauf folgen. Familien die sich weiterbilden usw. und bei denen du die Sozialhilfeabhängigkeit gar nicht merken würdest, wenn du es nicht bei Terminen wie Klassenfahrten durch die gestellten Anträge mitbekämst. Diese Familien machen glücklicherweise die Mehrheit aus

    Das ist ein ganz wichtiger Punkt, da man hier, auf die Multidimensionalität von Armut schließen kann.
    Armut heute ergibt sich eben nicht nur daraus wenig Geld zu haben in Relation zur übrigen BEvölkerung.
    Sie ergibt sich aus so vielen Faktoren...
    werde ich wohl noch mal extra ein Thema zu aufmachen.


    Man kann sogar absolut wenig Geld haben und sich nicht arm fühlen!
    Andersrum nützt es bei veilen auch nicht einfach Geld drauf zu schmeißen.
    Das wird sie nicht aus ihrer Armut erlösen.

  • "Menschen die sich nicht arm fühlen und denen man die Armut nicht anmerkt."


    So ein Satz könnte auch aus einem Strategiepapier der Mont Pelerin Society stammen :thumbsup:


    Solche Menschen gehen auf keine Demos, wählen nicht extrem und organisieren sich nicht in Gewerkschaften, NGOs, etc. Quasi die braven Kinder in der Schule die keinem auffallen.

  • Man kann sogar absolut wenig Geld haben und sich nicht arm fühlen!
    Andersrum nützt es bei veilen auch nicht einfach Geld drauf zu schmeißen.
    Das wird sie nicht aus ihrer Armut erlösen.

    Genau! Armut ist ein völliges Phantasiekonstrukt, wir bilden uns das nur ein. Positiv denken und man benötigt kein Geld mehr für Miete, Heizung und Kleidung. Relative und absolute Armut existieren nur in unserer Gedankenwelt; positive vibrations und alle Probleme lösen sich auf; alles reine Ansichtssache.
    Die Multidimensionalität von Armut......was für Pillen nimmst Du denn?


    Ich kann mir in etwa vorstellen, was Du damit meinst, doch mit solchen esoterischen Ansichten hilfst Du garantiert keinem Rentner, der auf nem Aldi Parkplatz nach Pfandflaschen sucht oder einer allein erziehenden Mutter, die ihren alten Vater zuhause pflegt, weil kein Geld für ein Heim da ist.

  • Genau! Armut ist ein völliges Phantasiekonstrukt, wir bilden uns das nur ein. Positiv denken und man benötigt kein Geld mehr für Miete, Heizung und Kleidung. Relative und absolute Armut existieren nur in unserer Gedankenwelt; positive vibrations und alle Probleme lösen sich auf; alles reine Ansichtssache.

    Das hat niemand behauptet. Auch Twiggels in seinem Zitat nicht. Herrje, man kann mit euch offenbar noch nicht einmal darüber reden, dass Armut eben nicht gleich Armut ist und es unterschiedliche Ausprägungen gibt. Da war ja selbst Karl Marx mit seinem "Lumpenproletariat" schon weiter.


    Kennt ihr eigentlich den §249 StGB der DDR? Ich zitiere mal aus der Version von 1979:

    Zitat von § 249 StGB DDR von 1979

    (1) Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, indem er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist, wird mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.

    Da lobe ich mir doch unser heutiges Sozialgesetzbuch... Da sind die vermeintlichen "neoliberalen Terrorinstrumente" von heute ja geradezu ein Streichelzoo im direkten Vergleich.

  • "Menschen die sich nicht arm fühlen und denen man die Armut nicht anmerkt."


    So ein Satz könnte auch aus einem Strategiepapier der Mont Pelerin Society stammen


    Solche Menschen gehen auf keine Demos, wählen nicht extrem und organisieren sich nicht in Gewerkschaften, NGOs, etc. Quasi die braven Kinder in der Schule die keinem auffallen.

    Oh ganz im Gegenteil.


    Ein wichtiger Faktor bei: "Sich nicht wirklcih Arm fühlen" und dann auch in mehrerlei Hinsicht auch nicht arm sein, ist die soziale Verwurzelung in der Umgebung und in Gruppen. Und auch ein gewisser Stolz und Selbstbewusstsein was damit einhergeht.
    Gerade durch die Gruppenbildung geben sich hier hervorragende Möglichkeiten die Interessen dieser Gruppe auch durchzusetzen, gegenüber anderen Akteuren in der Gesellschaft. Und dies ist auch eine der Grundvoraussetzungen, dass Menschen auch politisch aktiv werden.


    Der abgehängte nur RTL schauende und sich für nix interessierende Typ ist politisch absolut marginalisiert.
    Menschen die sich zum Beispiel bei den Tafeln engagieren sind dies nicht mehr. Auch wenn sie Hartz VI bekommen. Denn sie partizipieren. Sie erfahren gemeinschaft. Sie sind nicht mehr sozial arm und auch nicht mehr ohnmächtig und auch nicht mehr Aufgaben und Zielarm.


    Bestes Beispiel auch: Arbeiter und Gewerkschaften.





    Zitat von Mogges

    Ich kann mir in etwa vorstellen, was Du damit meinst, doch mit solchen esoterischen Ansichten hilfst Du garantiert keinem Rentner, der auf nem Aldi Parkplatz nach Pfandflaschen sucht oder einer allein erziehenden Mutter, die ihren alten Vater zuhause pflegt, weil kein Geld für ein Heim da ist.



    BEstes Beispiel, Ich habs schon mal einige Seiten vorher gebracht.
    Studenten.
    Sind meist finanziell arm.
    Sind aber nicht wirklcih arm-.


    Weil sie Perspektive haben, Weil sie Bildung genießen, weil sie was sinnvolles zu tun haben, weil sie meist sozial eingebunden sind, weil es mannigfaltige oft selbst organisierte Angebote gibt, weil sie anerkannt werden in der GEsellschaft, weil es eine gemeinsame Identität gibt, weil sie gewisse Verhaltensweisen lernen die sie als "nicht arm ausweisen" und als Teil einer sozialen Klasse definieren, die als nicht arm wahrgenommen wird.




    Anders Beispiel.


    Heroin Abhängiger sozial nicht verträglicher unattraktiver ungebildeter aggressiver Obdachloser.
    Dem kannst du 10 000 Euro im Monat geben.
    Er wird immer arm bleiben.




    Und das ist übrigens kein esoterisches Klimbim
    Das ist anerkannter Forschungsstand und wird sogar in der Schule gelehrt.


    Die Verkürzung von Armut nur auf das monetäre ist demgegenüber einfach zu kurz gegriffen.


    Sie verkennt die Komplexität des Problems Armut.
    Nur mit Geld kann man Armut nicht effizient bekämpfen! auch wenn es natürlich hilft. Und bei Bekämpfung von absoluter Armut unverzichtbar ist.
    Die Menschen wert schätzen, sie in de Gemeinschaft einbinden, ihnen nicht immer wieder klar zu machen, dass sie Bittsteller sind, die fast keine Macht mehr über ihr Schicksal haben weil sie Hartz IV bekommen mit den entpsrechenden Mechanismen die da wirken.
    Eine Sozialisierung (auch der Oberen) die nicht sofort dazu führt, dass sie von den "Oberen" als Arm wahrgenommen werden auf die man herabblickt, weil sie gewisse Verhaltensweisen pflegen oder eben nicht pflegen.




    Und vor allen: Bildung! und Perspektive!



    P.S.
    Die Kosten des Heimplatzes der Mutter der alleinerziehenden Mutter dürften nahezu immer vom Staat übernommen werden, wenn da kein dickes Vermögen da ist oder die Mutter zufällig halbtags noch Ärztin oder dergleichen ist.


    Und ja. Der FLaschensammlerin wäre/ist damit natürlich geholfen.
    Man darf auch nicht vergessen.
    Sie sammelt wahrscheinlcih acuh Flaschen nicht nur weil sie die paar Euro am Tag will, sondern wahrscheinlcih noch viel eher, weil sie eine Aufgabe will! Etwas zu tun! Ein bischen Herrin der eigenen Finanzen zu sein.
    Ihr eine Aufgabe, ihr einen sinnvollen Platz in der Gesellschaft zuzuweisen, ihr das Gefühl geben gebraucht zu werden und Herrin ihres Schicksals zu sein, ist dabei mindestens so wichtig wie 6 Euro am Tag mehr durch Flaschensammeln, meinste nicht?



    Anderes Beispiel.
    Du gibst allen Hartz IV Empfängern 200 Euro mehr?
    Sind sie noch arm?


    Wie siehts mit 400 Euro aus? Mit 1000 Euro?


    Ich behaupte. Sehr viele ALG 2 Empfänger werden auch mit 1000 Euro mehr, weiterhin noch arm sein. Aus mannigfaltigen Gründen....






    Geld hilft. Ist aber kein Allheilmittel!

  • Was der Einzelne dann aus dieser staatlichen Hilfeleistung macht, weicht allerdings tatsächlich deutlich voneinander ab.

    Ich bin da jetzt nicht völlig deiner Meinung und möchte mich auch gar nicht so sehr in die nervige Diskussion einklinken, aber seit ich bei Kabel Deutschland auch fürs erklären von Rechnungen und Mahnungen zuständig bin, finde ich es immer wieder erstaunlich wie viele Hartz 4 Empfänger sich leisten teure Internet und Fernsehverträge zu haben. Dabei möchte ich niemandem die Versorgung mit Internet + Fernsehen absprechen, aber für beides kommt man mit 40 Euro ganz gut rum, noch günstiger mit nur Internet + z.B. Netflix. Man braucht nicht unbedingt die dickste Leitung, den neusten Receiver mit allen Premium Sendern etc, sodass man am Ende bei 70-90 Euro landet, da ist dann eben mal irgendwie ein viertel der Leistungen einfach weg. Handy noch gar nicht mit eingerechnet. Dabei kommt man bei Zahlungsschwierigkeiten durchaus früher aus Verträgen raus wenn man Sozialleistungen empfängt, also z.B. kurzfristig seinen Job verloren hat, Vertragslaufzeiten sind hier also eher weniger das Problem.


    So was verstehe ich dann einfach nicht und da hält sich dann auch mein Mitleid in Grenzen, gerade im Gegensatz zu ner alten Oma die sich mit mickriger Rente hat was aufschwatzen lassen und das ganze moderne Zeug eigentlich gar nicht wollte.

  • Eine Lotto-Gewinn ist in der Regel schon mal weniger als lebenslang 10.000 Euro im Monat.


    Und wie viele von Heroin abhängige, sozial nicht verträgliche, unattraktive, aggressive Obdachlose kennst du die eine größere Summe im Lotto gewonnen haben?

  • Schwer Drogenabhängigen viel Geld in die Hand drücken?




    Das wird aus naheliegenden Gründen ohne andere Maßnahmen ziemlich desaströs bis tödlich enden.


    Mal von den anderen Probleme abgesehen die diese theoretische Person hat und die eben nicht so einfach mit Geld gelöst werden können.



    Ok, bis vielleicht auf das Aussehen. Da gehört dann aber auch Willen dazu und Mut.
    Dass Wille und Mut von Geld alleine kommt. ICh weiß ja nicht.

  • Lies Twiggels oder lies Bob, dann hast du deine Antwort. Der Sinn hinter dem Beispiel der gescheitertern Lotto-Millionäre? Nun, wenn es schon Nicht-Drogenabhängige immer wieder belegbar nicht auf die Reihe kriegen, mit teilweise mehreren Millionen Euro, ihr Leben dauerhaft zu verbessern und diese dann nach wenigen Jahren wieder zurück in die Armut fallen, teils in größere Armut als vorher, weil sie ihr Geld verprassten und ihre Arbeit aufgaben, dann zeigt das, dass Geld alleine die Probleme von Armut nicht löst.


    Armut hat oft sehr viel mit einer Lebenshaltung und Lebensführung zu tun. Das nicht vorhandene oder vorhandene Vermögen ist hingegen oft nur ein Resultat, ein Abbild dieses Lebensführung. Es nützt also nichts, gewisse Leute mit Geld zuzuschmeißen, solange sie nicht lernen, sinnvoll und vernünftig mit Geld umzugehen. Früher oder später landen sie doch wieder in der Armut. Das ist es, was Twiggels Euch nun seit mehreren Beiträgen zu erklären sucht und was ihr offensichtlich nicht begreifen wollt, weil es nicht in euer Argumentationsschema passt, dass man die Menschen einfach nur mit Geld zuschmeißen müsste und allen ginge es prima.


    Laut eurer Theorie ist Armut ja stets fremd erzeugt, durch die ausbeuterische Großfinanz, die das Volk knebelt, um sich selbst mittels ominöser Geheimorganisationen (Mont Pelerirgendwas usw.) zu bereichern. „Die Anstalt“ erklärt uns die Welt...
    Dass Armut in vielen Fällen aber auch selbst verursacht ist, durch falsche Lebensentscheidungen und eine falsche Lebensführung des Einzelnen, davor verschließt ihr konsequent die Augen. Die Beispiele des drogenabhängigen Obdachlosen oder des von Sozialhilfe abhängigen ehemaligen Lotto(multi)millionärs oder des Arbeitslosen mit 90€ Kabelanschluss sind da nur drei Beispiele, um das Argument zu untermauern, dass mehr Geld das Problem von Armut und Elend beim Einzelnen eben all zu oft nicht löst. Schlichtweg, weil manche erst einmal den Umgang mit Geld lernen müssen.


    Genau das ist es übrigens auch, was Karl Marx mit seinem „Lumpenproletariat“ schon vor ca. 150 Jahren relativ brutal umschreibt.
    Menschen, aus allen Klassenzugehörigkeiten (!), die zu einer geregelten Lebensführung nicht in der Lage oder Willens sind, die dadurch in Sucht, Elend, Glücksspiel, Kriminalität oder Prostitution abgleiten, die „arbeitsscheu“ sind und all zu häufig sehr bereitwillig anderen (Ausländern usw.) die Schuld an ihrer Misere geben. Marx nennt das dann „Rekrutierungspotential der Reaktion“. (Passt immer noch ganz gut zur heutigen AfD...)

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