Wieder nur eine Auflistung von Behauptungen, die meiner Ansicht nach allenfalls halb richtig sind. „Kinder in der Gosse, Rentner in der Mülltonne, Millionengeschenke statt Straßen- und Gebäudesanierungen“... Anscheinend leben wir in zwei unterschiedlichen Ländern. Und ich lebe in einem Landkreis mit der höchsten Arbeitslosenrate in Deutschland.
Nonsens macht sich wenigstens die Mühe und sucht Zahlen und Fakten raus, über die man diskutieren kann. Die Frage ist bei Nonsens bspw. halt, ob man Menschen in privater Vermittlung, Über 58-jährige, alleinerziehende Mütter, Arbeitsverweigerer usw. unbedingt als „arbeitssuchend“ zählen muss, selbst wenn diese nicht wirklich eine Arbeit suchen. Die Frage ist auch, ob man sie als vermittelbar rechnen muss, wenn sie dies defacto gar nicht sind. Dass sie trotzdem einen Anspruch auf Leistung haben ist dabei ja völlig unbestritten.
Ich unterrichte in einer Region, in der man durchaus mit Kinderarmut täglich in Berührung kommt. Das ist aber allenfalls eine relative Armut und keine absolute, die in der Gosse endet, so wie du es darstellst. Auch diese armen Kinder bekommen dasselbe Angebot an Schulausbildung, Fördermaßnahmen und Schulspeisung und Klassenfahrten wie alle anderen. In seltenen Fällen kann man die Armut an ihrer Kleidung erkennen. Was aber nahezu immer an den Eltern liegt und deren fehlender Fürsorge und nicht an den fehlenden Möglichkeiten angemessene Kleidung zu bekommen. Smartphones haben sie übrigens alle. Habe noch kein Kind ohne getroffen. Kinder „in der Gosse“ kenne ich gar nicht. Diejenigen, die es am schlimmsten trifft, sind Kinder, die nicht mehr Zuhause leben können und deswegen in von Erziehern betreuten Wohngruppen untergebracht sind. Anderseits wird dort dann allerdings eben auch ein menschenwürdiges und kindgerechtes Aufwachsen sichergestellt, was die Eltern, meist aufgrund von Suchterkrankungen und zerrütteter Beziehungsverhältnissse, nicht mehr leisten können.
Bei Langzeitarbeitslosen übernimmt der Staat nahezu sämtliche Kosten. Wohnungsgeld. Größere Anschaffungen wie Möbel oder Waschmaschinen. Kleidung. Schulbedarf. Kosten für Klassenfahrten. Öffentlicher Nahverkehr. usw. usf. Habe noch nie erlebt, dass da irgendwas gekürzt wurde. Sehr wohl aber, dass Eltern aufgrund ihres Zustandes nicht mehr in der Lage waren die nötigen Anträge zu stellen, mich mehrfach angelogen haben, so dass ich als Lehrer dann am Ende direkt mit der Sachbearbeiterin kommunizieren musste. Siehe da, alles kein Problem. Anträge gingen sofort anstandslos durch. Geld wurde überwiesen. (Geht dabei meistens um Gelder für Klassenfahrten, Jugendweihen oder Schulbücher.)
Mich regt es einfach auf, wenn ständig behauptet wird, unser Sozialstaat würde nichts tun, nicht funktionieren usw. Das stimmt einfach nicht. Nur muss der Einzelene eben auch eine gewisse Mindestbereitschaft zeigen, dass er willens ist, seine Situation auch selbst zu verbessern.