Sind Päpste jemals freiwillig zurückgetreten? - Ein historisches Beispiel

  • Hi,


    in der Zone hatten wir in einer Dilomatiekampagne das Problem, dass ein Spieler, der neben seiner Fraktion auch ganz zu Beginn die Rolle Gregors VII. übernommen hatte, diesen freiwillig zurücktreten lassen wollte. Der Grund: Alle bis auf seine Fraktion haben den neuen Gegenpapst anerkannt, doch dieser war durch das Kardinalskollegium ingame natürlich nicht bestätigt. Eine Legitimation musste er sich im Rollenspiel erwerben. Durch den freiwilligen Rücktritt Gregors (d. h. ingame durch den Selbstmord) wollte nun der Spieler ingame eine Kardinalswahl herbeiführen. Dies wurde aber als unmotivierte Handlung und schlechtes Rollenspiel abgewiesen, denn zunächst musste die Frage geklärt werden:


    Sind Päpste überhaupt jemals freiwillig zurückgetreten?


    Ich habe das recherchiert und will mal gern hier mein Ergebnis präsentieren. Ich find das Thema nicht uninteressant:


    Ein nachweislich freiwilliger Rücktritt kam in der gesamten Kirchengeschichte nur ein einziges Mal vor. Das Beispiel Coelestin V.
    gibt vielleicht Aufschluss. Dazu ist in der Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung ein Aufsatz von Martin Bertram erschienen mit dem Titel: Die Abdankung Papst Cölestins V. (1294) und die Kanonisten. Daraus geht folgendes hervor: Bei Fällen wie Benedikt IX. (1032-1044), Gregor VI. (1045-1046) ist der Begriff "Abdankung" laut Bertram höchst umstritten. [Schlägt man unter den genannten Päpsten nach, so stellt man fest, dass sie offenbar mehr oder weniger zum Rücktritt genötigt wurden]. Coelestin V. ragt heraus, da er diesen Schritt freiwillig unternahm. Sein Beweggrund war eher privater Natur: Als Einsiedler verspürte er in hohem Alter wieder den Wunsch die Zivilisation wieder zu verlassen und fühlte sich der Bürde seines Amtes wohl nicht mehr gewachsen. Daher setzte er sich mit seinen Rechtsgelehrten und Kardinälen zusammen, um darüber zu debattieren, ob er überhaupt zurücktreten könne. Im damaligen Kirchenrecht von Gratian und den Päpsten des 12. und 13. Jahrhunderts war eine Abdankung noch nicht vorgesehen. Bereits vor dem Pontifikat Coelestins V. hatten sich aber Kanonisten und auch Päpste mit der Möglichkeit der Abdankung beschäftigt und mit den entsprechenden Texten mussten sich die Gelehrten jetzt auseinandersetzen. In der Kanonistik wurden für einen päpstlichen Amtsverzicht Gründe wie Krankheit, Alter oder der Wunsch in ein Kloster einzutreten genannt. Der Kanonist Huguccio verwährt dagegen dem Papst ein Abdankungsrecht in der Krisenzeit von Schisma oder Verfolgung. Eine willkürliche Abdankung könne weder verhindert, doch bestraft werden, aber sie sei sündhaft. Darin stimmen Huguccio und Bernardus Compostellanus überein. Alle Dekretisten dieser Zeit gehen aber von der grundsätzlichen Möglichkeit einer päpstlichen Abdankung aus. So verfasste auch Coelestin V. eine Konstitution, in der die Rechtsgültigkeit der Abdankung festgeschrieben wurde. Im Nachhinein wurde diese jedoch von verschiedenen Seiten angefochten, setzte sich aber bis in das heutige Kirchenrecht durch. Bertram bringt das Problem auf den Punkt: "Im Mittelalter sollen die Kardinäle mehrere Päpste von ihren Abdankungsplänen mit dem Einwand abgehalten haben, eine Papstabdankung sei (...) eine unerhörte Neuerung. Damit ist in einer bis heute zutreffenden Weise der eigentümliche Widerspruch zwischen Kanonistik und historischer Erfahrung bezeichnet: die Papstabdankung ist erlaubt, aber sie kommt nicht vor."


    Vielleicht hat ja jemand sonst noch Erkenntnisse zu dem Thema. Wäre Dankbar für jeden Hinweis.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!