Bildungsstreik!

  • @ Fairas: Abitur mögen heute mehr machen. Aber es ist LÄNGST nicht mehr so anspruchsvoll wie damals, was die Leistungsanforderungen angeht. Es heißt zwar noch Abitur, hat aber nicht mehr viel zu tun mit dem, was damals den Schülern abgefordert wurde. Und das ist bei den Zentralen Abschlussprüfungen im Jahrgang 10 ganz ähnlich. Einzig Bayern hat sich da vom Trend abgekoppelt.


    Ich würde mir ja mal Medien-Kampagnen über TV usw. dazu wünschen, das und wie man sein Kind erzieht und dass simpler Gehorsam nicht gleichbedeutend ist mit Untertänigkeit, sondern selbstverständlich gegenüber Erziehungsberechtigten und Weisungsbefugten. Anstatt dieses ganze „Schrei-TV“ wäre es mir mal lieber, man würde den Eltern vermitteln, dass Kinder auch Grenzen brauchen, die dann auch durchgesetzt werden.


    @ Bob
    Ich bin der letzte, der mehr Geld, Personal im Bildungssektor ablehnen würde. Aber das wird die Probleme trotzdem nicht lösen, wenn auf der anderen Seite schlichtweg nicht mehr oder falsch erzogen wird. Das kriegst du mit Geld allein nicht mehr geregelt.

  • @ Bob
    Ich bin der letzte, der mehr Geld, Personal im Bildungssektor ablehnen würde. Aber das wird die Probleme trotzdem nicht lösen, wenn auf der anderen Seite schlichtweg nicht mehr oder falsch erzogen wird. Das kriegst du mit Geld allein nicht mehr geregelt.

    Öh, wo hab ich denn behauptet, dass man nur Geld in den Bildungssektur pumpen muss und alles wird gut? ^^

  • Das ist schlicht falsch, die Zahl der Leute die Abitur machen und studieren hat zugenommen. Besonders bei den Frauen, die haben in den 50ern kaum studiert.

    Naja, beides ist nicht unbedingt ein Indikator dafür, dass sich ein Leistungsniveau gebessert hat. Dass deutlich mehr Frauen studieren ist mMn. eher ein Zeichen für einen gesellschaftlichen Wandel gegenüber den 50ern, ebenso, dass in der Schule nicht mehr geschlagen wird.


    Allerdings - ich würde an den 50ern und 60ern auch nicht alles schönreden, was unter den Deckmantel der Erziehung passiert ist.

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    And before he died, Taran-Ish had scrawled upon the altar of chrysolite with coarse shaky strokes the sign of DOOM.

  • Das ist schlicht falsch, die Zahl der Leute die Abitur machen und studieren hat zugenommen. Besonders bei den Frauen, die haben in den 50ern kaum studiert.


    Und die Eltern können nicht alleine in der Verantwortung genommen werden. Wenn man eine Gesellschaft als ganzes verändern will kann man nicht unten anfangen. Sondern dort wo die Verantwortung liegt, z.B. bei den Medien. Überlässt man die "Problem"-Familien sich selbst, werden deren Kinder wieder Eltern solcher Familien. Will man diesen Teufelskreis durchbrechen MUSS man von Außen darauf einwirken. Und das ist dann die Aufgabe von Erziehern, Lehrern, Sozialarbeitern. Aufgabe der Politik wäre es deren Ausbildung zu verbessern, ihren Beruf attraktiver zu gestalten und allgemein ihre Zahl zu erhöhen.


    Warum nicht ein Lehrer auf 15 Schüler, in einem top ausgestatteten Klassenraum, kostenlose Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung inklusive und dazu noch ein extra Sozialarbeiter der auch mal die Zeit hat die Familien zu Hause zu besuchen?


    Du hast in vielen Punkten recht, Fairas! Insbesondere mit dem Bildungsauftrag und Erziehungsauftrag der Lehrer.
    Was John aber gesagt hat zum Thema, kann ich definitiv unterschreiben.
    Ich versuche Eltern oft in Erziehungsangelegenheiten zu unterstützen, stoße dabei oft an meine Grenzen, physisch und psychisch. Einladungen meinerseits zu Elternsprechtagen werden nur noch zu 20% angenommen. Viele Eltern geht die Ausbildung ihrer Kinder schlichtweg am Arsch vorbei, und ich rede hier von Schülern eines Gymnasiums im ländlichen Niedersachsen. Als ich 2009 als Lehrer angefangen habe zu arbeiten, waren meine Elternsprechtage brechend voll, und ich unterrichte noch nicht mal ein Hauptfach.


    Ich habe 2010 meine ersten Abiturprüfungen abgenommen. Seitdem jedes mindestens jährlich eine Prüfungsklasse gehabt. 2012 und 2016 sogar zwei Prüfungskurse. Das schulischeNiveau der Kinder und Jugendlichen ist seitdem erschreckend abgesunken.


    Desweiteren beobachte ich, dass den Kindern im Elternhaus überhaupt kein Respekt mehr vor anderen Erwachsenen, insbesondere Lehrern, beigebracht wird.
    Das Problem ist aber auch, dass die Schüler auch untereinander Umgangsformen pflegen, die einfach nur noch beschämend sind.
    Es ist schon eine Sensation, wenn mir, oder anderen Kollegen, mal die Tür im Schulgebäude aufgehalten wird. Das ist keine Übertreibung.


    Ich habe mal einen Schüler rund gemacht, weil er meiner hochschwangeren Frau (auch Lehrerin) bewusst (!) die Tür nicht aufgehalten hat. Nach meiner Aussage „Da haben deine Eltern ja mal richtig schön beim Thema Manieren beibringen ins Klo gegriffen“, musste ich mir am nächsten Tag nen Hinweis von meinem Schulleiter abholen, dass der Vater des Jungen mit nem Anwalt kommen wird, wenn ich seinen Jungen weiterhin so belehre.
    Ich finde, dass das schulische Leistungsvermögen, auch wenn PISA inzwischen was anderes, in meinen Fächern einher mit den Manieren der Schüler sehr stark nachgelassen hat. Schade!


    Dein Vorschlag am Ende deines Kommentars, Fairas, wäre ein Traum für uns Pädagogen. Dieser Vorschlag ist aber leider (noch) utopisch.

  • Moin John,


    das

    Abitur mögen heute mehr machen. Aber es ist LÄNGST nicht mehr so anspruchsvoll wie damals, was die Leistungsanforderungen angeht

    kann ich so nicht bestätigen. Ich komme bekanntermaßen aus dem bildungsfernen Norden der Republik, wo über Jahrzehnte die Abiturnote vom Lehrer gewürfelt und der Schüler seine Abschlussprüfungen tanzen konnte.
    Was ich zur Zeit in Mittel- und Oberstufe in Punkto Leistungsanforderungen zu sehen bekomme, da sage ich nur holla the woodfairy. Das übertrifft die meinigen um Lichtjahre. Ob am Schulende dann nicht doch die Durchschnittsnoten angehoben werden, weil sonst nur 1% der Schüler die Schule mit der Hochschulreife in der Tasche verlassen würde, wird sich zeigen.


    Das gesunkene Bildungsniveau und die mangelhaften Umgangsformen und Respekt der Schüler kann ich hingegen bestätigen.
    Ob es an der fehlenden Wertevermittlung und Grundausbildung im Elternhause, der gesunkenen Professionalität und Inbrunst der Lehrerschaft, dem individualistischem Streben und Desinteresse der Schüler, der ewigen Einmischung der Helikopteretern und Medien, den gestrafften und gleichzeitig gestreckten Lernplänen, oder den ewig missglückenden Versuchen das Lernen und Lehren jedes Jahr neu zu erfinden oder halb ausgegorene Konzepte wie die Inklusion rauszuhauen und umzusetzen liegt, mit der Folge, dass die Schwachen und Unangepassten reihenweise hinten runterfallen und die Schul-"Karriere" als komplette Vollidioten beenden, sollen bitte die Gelehrten untersuchen und die richtigen Schlüsse ziehen.


    Hej hej, glædelig, hvid jul og godt nytår- Like

  • Seit Menschheitsgedenken erzählen sich die Alten, dass die Jugend entartet.


    Hervorgerufen wird das vor allen durch eine gehörige Portion Selbstbetrug, eine allgemeine absolute Unzuverlässigkeit was die menschliche Erinnerung betrifft, die Möglichkeit sich über andere zu erheben mit negativen Zuschreibungen, und Mechanismen im Gehirn, die dazu führen, dass man die Scheiße vergisst und sich nur noch an des Gute erinnert.


    Was jedenfalls auch feststeht ist, dass bei diesen ach so entarteten Jugendlichen der Grad ausgeübter Gewalt deutlcih zurückgegangen ist und dass sie wesentlich höhere Kompetenzen aufweisen wenn es gilt, selber zu denken.

  • Richtig,
    aber wenn man als Elternvertreter oder über diese mitbekommt, dass ein Großteil der Schüler die Grundschule ohne ausreichende Lese- und Höhrverstehenkompetenz verlassen, dann hat dies nichts mit mit der rosaroten Nostalgiebrille zu tun, sondern mit harten Fakten.

  • Und du meinst, dass das 1950 oder 1955 so anders war?



    Ich hätte da gerne mal harte Fakten und nicht nur Johns Eindruck, dass die Abituraufgaben für die damals 5% (angeblich) so viel schwerer waren wie für heute 52% des Jahrgangs.


    Wenne früher scheiße warst, warste halt scheiße. Kamst auf die Volksschule und hast dann mit 14 angefangen Bäume zu fällen, Tiere zu zerlegen, Kohle zu kloppen oder am Hochofen zu stehen. Und das alles in einer wesentlich weniger komplexen Welt.
    Zwischenzeitlich saßen sie hinten, wenn sie scheiße anstellten gabs Schläge, da waren sie ruhig (wenn sie dann nicht andere schlugen) und im Erwachsenenalter wurden sie dann häufig partielle Analphabeten.
    Gabs früher auch massenweise. Gibts heute noch.


    Wo kommen denn die bis zu knapp 8 Millionen funktionalen erwachsenen Analphabeten in Deutschland her? Haben die gerade alle erst die Schule verlassen?
    Ich glaube nicht.

  • Was 1950 war weiß ich nicht. Aber meine Klasse hat die Grundschule komplett mit dem Fibelabschluß verlasen :D
    Gut, das sind dann eher weiche Fakten und lokale Beobachtungen.


    Warten wir auf die folgende harten Fakten und nicht nur die Gefühle der Fachkräfte :kaffee:


    P.s.

    Zitat von Twiggles

    ...angefangen Bäume zu fällen, Tiere zu zerlegen, Kohle zu kloppen oder am Hochofen zu stehen. Und das alles in einer wesentlich weniger komplexen Welt...

    Das waren bei uns die Quartiersleute, Schauermänner und Pack- und Ladenutten.
    Alles Berufe, die im Zuge der komplexeren Welt verloren gegangen sind.
    Umso wichtiger, dass unserer Kinder die Schulen bestmöglich ausgebildet verlassen können.

    Militem aut monachum facit desperatio


    Guds hjælp, Folkets kærlighed, Danmarks styrke

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  • Was ich zur Zeit in Mittel- und Oberstufe in Punkto Leistungsanforderungen zu sehen bekomme, da sage ich nur holla the woodfairy. Das übertrifft die meinigen um Lichtjahre.

    Ist das die rosarote Rückblickbrille? :P
    Als ich mir mal die aktuellen Abiaufgaben vor etwa fünf Jahren angesehen hatte, dachte ich auch erst "oha, das ist schwer". Aber als ich dann mein eigenes Aufgabenheft vom Bio-GK-Abi gefunden hatte, habe ich auch nur Bahnhof verstanden. :grübel:
    Letztlich sind die beiden letzten Jahre vor dem Abi ja ein Drill für dieses. Da wird der relevante Stoff vermittelt, dir erklärt, was im Abitur erwartet wird, wie die Aufgaben formuliert sind und du kommst in so einen Lern-Tunnel hinein, dass du am Ende auch die Aufgaben schaffen kannst. Vieles ist dabei natürlich auch vom Lehrer bzw. Schüler abhängig.


    Ich verstehe aber auch nicht, warum in Bildungsfragen immer primär auf Schülern oder Lehrern herumgehakt wird. Die sind letztlich ja nur das untere Glied der Bildungskette. Ausbaldowert wird das Wesentlich ja mehr zwischen Kultusministerien, Eltern und Politik.

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    And before he died, Taran-Ish had scrawled upon the altar of chrysolite with coarse shaky strokes the sign of DOOM.

  • Berlin ist aufgewacht und plant seine Lehrer wieder zu verbeamten. Die Nicht-Verbeamtung sei zwar grds. richtig gewesen, man müsse aber erkennen, dass man schlichtweg zu viele Lehrer dadurch an andere Bundesländer verlieren würde.
    - Ja was ne Überraschung... :lol5:
    Da ist man also nach 15 Jahren doch mal darauf gekommen in die Statistik zu schauen und Lehrer zu befragen, warum sie denn eigentlich lieber in einem anderen Bundesland arbeiten wollen. Herrlich.


    Naja, für mich kommt es zu spät. Ich hätte Berlin damals mit Abstand favorisiert, aber nun haben mich eben andere. Im Nachhinein bin ich auch ganz froh drum, wenn ich mir die Berliner Schulen so betrachte... War die richtige Entscheidung. Viel Grün. Viel gesunde Luft. Gut sanierte Schulgebäude. Gutes Gehalt. Passt.

  • Brandenburg und sogar Sachsen-Anhalt waren aber auch in den letzten Jahren gezielt auf Kaperfahrt in Berlin. "Arm, aber sexy" stellt sich immer mehr als Rohrkrepierer für Berlin heraus.

    War die richtige Entscheidung. Viel Grün. Viel gesunde Luft. Gut sanierte Schulgebäude. Gutes Gehalt. Passt.

    Dazu kann ich dich nur beglückwunschen. Gute Wahl auch in meinen Augen. :thumbup:

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